Es ist zweifelsfrei so, dass ein Pedelec deutlich geringere CO₂-Emissionen pro Kilometer frei setzt als ein Auto. Das liegt auf der Hand. Es wäre absurd, das leugnen zu wollen.
Die CO₂-Emissionen zu vergleichen ist aber nur ein Faktor, für die Eignung eines bestimmten Verkehrsmittels für eine erfolgreiche Verkehrswende.
An der gegenwärtigen Diskussion kritisiere ich, dass häufig so getan wird, als sei CO₂-Neutralität das alles entscheidende, einzig relevante Kriterium für eine erfolgreiche Verkehrswende. Das ist ja der Kniff bei den tonnenschweren Elektro-SUV's.
Autogenix macht mit darüberhinaus mit seinem Einwand auf eine Form von "Schönrechnerei" bei der Eisenbahn aufmerksam:
Natürlich wird normalerweise der Strommix herangezogen, laut Eigenwerbung fährt die Bahn mit 100% Ökostrom
Andere Faktoren für eine erfolgreiche Verkehrswende als die Fixierung auf die CO₂-Emissionen einzelner Fahrzeug-Gruppen messe ich ebenfalls hohe oder gar höhere Bedeutung zu.
Wer den Bedenken Knoflachers gegen das Mobilitätssystem Auto folgt, der stellt sich auch beim E-Bike die Frage, ob es die von Knoflacher in Bezug auf den Autoverkehr beschriebene Virus-Gefahr in sich trägt. Und da folge ich Knoflacher, der über E-Bikes sagt:
"Das sind im Wesentlichen individuell motorisierte Verkehrsteilnehmer. Sie sind okay, wenn man das Auto ersetzen will, und auch für ältere oder weniger sportliche Menschen, die Höhenunterschiede überwinden wollen. Als allgemeines Verkehrsmittel sind diese Räder aber nicht besser als alle anderen Verkehrsmittel, die durch zusätzliche Energie angetrieben werden. Alles, was unserer Bequemlichkeit dient im Verkehr, belastet meistens die Umwelt oder andere Menschen. Ich weiß, das wird die Pedelec- und E-Bike-Freunde nicht gerade begeistern."
Verkehrsexperte Hermann Knoflacher: "Der Autofahrer ist absolut asozial" in Manager magazin vom 26.9.2019
Zugespitzt formuliert: Vom Auto auf das Pedelec umsteigen, das ist okay. Oder Pedelec fahren, um altersbedingte oder körperlich-konstitutionell bedingte Nachteile abzumildern, insbesondere im hügeligen Gelände, das ist okay. Aber diese Faktoren werden eben nicht in einer schlichten Statistik über CO₂-Emissionen abgebildet. Zum Radfahren schreibt Knoflacher: "Radfahren macht allen Menschen Spaß. Sie brauchen dazu lediglich Platz und ein sicheres Umfeld." Ich möchte da noch etwas mehr Wasser (meinetwegen auch Meerwasser) in den Wein kippen und darauf hinweisen, dass ein S-Pedelec bis zu 400 % die Muskelkraft der Pedalierenden verstärken darf. Und es darf bis 20 km/h mit einem "Gasgriff" beschleunigt werden. Dieses exorbitante Vervielfältigen der Körperkraft ist genau das, was laut Knoflacher die Gefahr des Virus Auto ausmacht. Beim Auto ist die Gefahr natürlich noch viel größer, denn schon beim leichten Antippen des Gaspedals vertausendfacht die Maschine die Bewegungsenergie des Menschen nicht nur um 400 %, sondern vermutlich um mehrere 1000 %. Bei welcher Fahrzeugart fängt der Nutzer an, absolut asozial zu werden, so wie Knoflacher die Autofahrer*innen beschreibt? Ich sag mal so: Beim Pedelec nicht so sehr wie beim S-Pedelec. Das E-Bike wiederum ordne ich dagegen eindeutig näher beim Auto ein als beim Fahrrad. Oder in Anlehnung an Knoflacher formuliert: "Der E-Bike-Fahrer ist auch schon ganz schön asozial."