Lesewarnung: Der Beitrag ist jetzt sehr lang geworden. Ich habe mich da zugegebenermaßen ein wenig reingesteigert. Aber ich will ihn trotzdem hier veröffentlichen. "Möge die Redaktion mit mir sein!"
""Wer einen Radweg wolle, müsse auch mit anpacken, ergänzt Wichmann.", einer der Aktivisten für den Radwegebau in Eigenregie und auf eigene Kosten." Zitat aus dem von Fahrbahnradler verlinkten Spiegel-Artikel.
Solch' markigen Sprüchen beinhalten stets auch die Gefahr, des blinden Aktionismus.
Und wenn schon markige Sprüche, dann doch bitte auch in die andere Richtung:
"Wer einen Radweg wolle, müsse auch mit anpacken, ergänzt Wichmann." sagen die Radwegbauer.
"Wer Fahrradverkehr wolle, der muss den Autoverkehr in enge Schranken weisen." sage ich.
Zugegeben, da besteht auch die Gefahr von blindem Aktionismus. Aber eben nicht die Gefahr, dass die Eskapaden der Autofahrerschaft auch noch dadurch unterstützt werden, dass sich die Radfahrer*innen selbst aus dem Spiel nehmen und dann auch noch auf eigene Kosten ihr Reservat (sprich Radweg) errichten. Um diese Gefahr zu verdeutlichen bin ich einmal die geplante Radwegstrecke auf streetview abgefahren:
Das Foto in dem Spiegelartikel mit den Radwegebau-Aktivisten wurde hier aufgenommen:
Spiegel-Foto-Link:
https://d40f2pi0jn4k2n.archive.ph/xU27a/cabc5af43b0f0113330438dc002e4539ed85c929.webp
streetview-Link:
Der Startpunkt für den Radwegbau in Eigeninitiative ist hier an der Landstraße 581 zwischen Coesfeld und Billerbeck:
An dieser Stelle endet der vorhandene Fahrradweg zwischen Coesfeld und Westhellen. Ab Westhellen bis Billerbeck beginnt der Radwegebau in Eigeninitiative. Auf der Strecke gilt zunächst Tempolimt 50, das ist noch kurz vor den Gebäuden von Westhillern angeordnet an einer Stelle an dem noch der bereits vorhandene Radweg verläuft:
Dann kommt die Stelle, an der der Radweg endet und eine Einmündung von rechts.Hier müsste eigentlich auch noch ein Tempo 50 Schild stehen: Hier nochmal der streetview-Link von der Stelle, an der der Radweg im Selbstbau beginnen soll:
Vermutlich wurde an dieser Stelle auf ein weiteres Tempo 50 Schild verzichtet, weil kurz darauf das Tempolimit aufgehoben wird:
https://www.google.com/maps/@51.960086,7.2147171,3a,75y,78.44h,75.85t/data=!3m7!1e1!3m5!1sD0a6Q9d5wLjLdsNag3r0ww!2e0!6shttps:%2F%2Fstreetviewpixels-pa.googleapis.com%2Fv1%2Fthumbnail%3Fcb_client%3Dmaps_sv.tactile%26w%3D900%26h%3D600%26pitch%3D14.147814226487043%26panoid%3DD0a6Q9d5wLjLdsNag3r0ww%26yaw%3D78.44262875409284!7i16384!8i8192?entry=ttu&g_ep=EgoyMDI1MDcyMy4wIKXMDSoASAFQAw%3D%3D
Das heißt ab hier gilt lediglich das generelle Tempolimit 100 (?) und das Prinzip, dass man nicht schneller fahren darf, als die Verhältnisse es zulassen. Wer genau hingesehen hat, der hat ein
am nächsten Leitpfosten, also nur 50 m dahinter entdeckt: Hier die Stelle an der man dann das Zusatzschild zu
lesen kann:
Auf dem Zusatzschild wird vor "Straßenschäden" gewarnt! Das sollte eigentlich ein Grund sein, das Tempo zu reduzieren. Oder etwa nicht? Warum aber wurde genau 50 m zuvor das Tempolimit aufgehoben? Ich hatte oben ein Fragezeichen gemacht bei dem Satz: "Das heißt ab hier gilt lediglich das generelle Tempolimit 100 (?)" Tatsächlich stand ja auf dem Schild, dass das Tempolimit von Tempo 50 aufgehoben wurde. Aber schon weit vor dem angeordneten Tempolimit 50 ist Tempolimit 70 angeordnet. Das ist noch auf der Strecke auf der es bereits einen Fahrradweg gibt:
Danach kommen dann die Häuser und Tempolimit 50 und danach das Schild Tempolimit 50 endet. Es gilt also wieder Tempo 70 km/h. (Oder doch 100 km/h?) Und dann kommt die Warnung vor Straßenschäden. Eigentlich ein Grund, noch mal deutlich das Tempo zu reduzieren, also langsamer als 70 zu fahren. Aber vermutlich würde man jemanden als "lebensfremd" bezeichnen, der annimmt, dass dort tatsächlich langsamer gefahren wird nur wegen ein paar "Straßenschäden".
Hundert Meter hinter dem Warnschild "Straßenschäden" kommt eine Einmündung von rechts. Wer von dort auf die Landstraße auffährt, der sieht erst mal kein Tempolimit 70-Schild, weil da keines steht. Aber man ist ja ortskundig und käme niemals auf die Idee auf 100 km/h zu beschleunigen.
Oder vielleicht doch?
Nein - bestimmt nicht
, denn nur 50 m hinter der Einmündung weiter kommt erneut die Warnung
vor "Straßenschäden".
Und kurz darauf folgt noch eine Warnung wegen unebener Fahrbahn:
Und dann kommt noch die Warnung vor Wildwechsel auf einer Streckenlänge von 2 km:
Selbst jemand, der nicht ortskundig ist und deshalb nicht weiß, dass er eigentlich nur 70 fahren darf (siehe Problembeschreibung oben), der wir doch spätestens jetzt bei der Warnung vor Wildwechsel so gescheit sein, dass er mit höchstens Tempo 70 oder Tempo 60 die Fahrt fortsetzt, denn er muss ja mit Wildwechsel rechnen. (Oder mit Fahrradfahrenden?
)
Innerhalb dieser 2 km Wildwechselstrecke, auf der man sowieso schon langsamer fahren sollte, warnt dann nochmal eine breite
Richtungstafel in Kurven Zeichen 625-22 vor einer scharfen Rechtskurve:
Es wiederholt sich die Warnung vor Straßenschäden:
Und immer noch deutlich innerhalb der 2-km-Strecke mit dem Wildwechsel, wird dann an dieser Stelle, kurz vor den Häusern von Westhellen, vor Kindern gewarnt:
Und es wird dort erneut Tempo 50 max. angeordnet.
Es kommt dann 200 m weiter diese Einmündung von links, ohne dass das Tempo-50-Schild wiederholt aufgestellt wurde. Direkt dahinter eine fette Kurven-Richtungstafel, die diesmal vor einer Linkskurve warnt:
Warum dieses Kurven-Warnschild? Dort darf doch ohnehin nur 50 km gefahren werden. Oder wurde das Kurvenwarnschild für die Autofahrer*innen aufgestellt, die dort verbotenerweise deutlich schneller fahren? Huch, nur wenige Meter weiter sind ja gleich noch zwei weitere Kurvenwarnschilder:
Bei dem jetzt insgesamt dritten Kurvenwarnschild gibt es Einmündungen von links und rechts:
Und 200 m weiter kommt diese Bushaltestelle:
Ich bin nicht sicher ob da immer noch das Tempo 50 Schild mit dem Hinweis Achtung Kinder gilt, mit Kindern zu rechnen ist allemal im Bereich einer Bushaltestelle. Ich befürchte allerdings, dass nicht wenige Autofahrer*innen meinen, hier Tempo 100 zu fahren, sei erstrebenswert und mit haltenden Linienbussen und wartenden Fahrgästen sei eh nicht zu rechnen. Vermutlich haben sie damit sogar recht, zumindest an Ferientagen. "Ach wie gut dass jeder Autofahrer den Ferienplan im Kopf hat.
"
Beachtenswert ist auch die nächste große Kurvenwarntafel im Bild-Hintergrund, diesmal für die nächste Linkskurve. Also eines steht fest, Autofahrer*innen dürfen sich nicht beklagen, dass zu wenige Kurvenwarntafel aufgestellt seien. Andererseits frage ich mich, ob noch ein Autofahrer weiß, ob hier noch Tempo 50 gilt, oder Tempo 70, wie es weiter vorne vor dem Tempo 50 Schild mal angeordnet wurde oder das generelle Tempo 100 auf Landstraßen.
Da ist die Antwort:
Erst 250 m nach der Bushaltestelle ist Tempo 50 aufgehoben. Ab jetzt gilt wieder Tempo 70! Oder Tempo 100? Auf jeden Fall befinden wir uns noch im Gefahrenbereich "Wildwechsel", denn wir erinnern uns, der wurde für 2 km Streckenlänge ausgesprochen und die 2 km sind noch nicht vorbei. Die Wildwechselgefahr endet kurz nach dem landwirtschaftlichen Betrieb auf der linken Seite im streetview-Bild. Und in Anbetracht der schnurgeraden Strecke wäre es wohl "lebensfremd" anzunehmen, dass hier mit weniger als 100 km/h gefahren wird:
Hier kommt die Stelle an der die Wildwechselgefahr endet. Man sieht auf der Aufnahme die entsprechenden Schilder für die Gegenrichtung von der Rückseite:
Wenige hundert Meter weiter warnen die Schilder VZ 130-20 vor eine scharfen Rechtskurve:
Kurz vor der Kurve wird noch einmal vor Straßenschäden gewarnt:
Und in der Kurve steht wieder eine fette Kurven-Richtungstafel:
Es geht jetzt auf Osthellen zu, ein Tempolimit von 70 ist angeordnet:
Es kommt kurz danach dieses grüne Schild mit der Aufschrift "Osthellen". Das ist meines Wissens kein offizielles Ortsschild, das mit einem Tempolimit 50 km/h innerorts verbunden wäre. Es gilt also trotz der folgenden Bebauung rechts und links Tempo 70.
100 m nachdem "Schild mit Ortsangabe" wird vor landwirtschaftlichem Verkehr gewarnt und direkt bei der Bushaltestelle steht ein Tempo 50 Schild:
Das Tempo 50 Schild wird 100 m weiter ergänzt durch eine Warnung vor kurviger Strecke auf 900 m Länge:
Die nächste Bushaltestelle liegt imTempo 50-Bereich:
Hier wird die Tempo 50 Anordnung nochmal erneuert:
Es folgen zwei fette Kurven-Warntafeln, die vor einer Linkskurve im Tempo-50-Bereich warnen:
Kurz danach noch mal das Achtungsschild "Schlechte Wegstrecke" und das Ende des Tempo 50 Gebotes wird verkündet:
Danach kommen keine tempobegrenzende Verkehrsschilder mehr. Auch nicht an dieser Bushaltestelle:
Und dem darauf folgenden Wohngebäude:
Erst ab hier ist wieder tempo 70 angeordnet:
150 m weiter folgt ein Tempo 50 km/h Gebot und dann ein Vorfahrt-Achten-Schild mit der Entfernungsangabe 250 m.
Es folgt noch ein Achtung Fußverkehr:
Und nochmal 100 m weiter kommt die Stelle, an der das oben verlinkte Foto aus dem Spiegel-Artikel aufgenommen wurde.
Das ist jetzt alles sehr, sehr lang geworden. Aber es geht ja auch um die Initiative für einen Fahrradweg genau entlang der beschriebenen Strecke. Würde ich bei einer solchen Radwegebau in Eigeninitiative mitmachen wollen? Dazu braucht es wohl eine erhebliche Portion Lokalpatriotismus und trotzdem wäre ich mir nicht sicher, ob es das Richtige wäre. Denn die ausführliche Streckenbeschreibung hat gezeigt: Da werden Landstraßen missbraucht zum Rasen. Es gibt zahlreiche aufwendige Warnschilder vor gefährlichen Kurven, die die Landstraße die Anmutung einer Rennstrecke geben.
Es wechseln immer wieder die Tempolimits, so dass der Eindruck entsteht, es wurde nur deshalb kein durchgehend niedriges Tempolimit angeordnet, weil das aufgrund der einseitig autofahrerfreundlichen Verkehrsgesetzgebung von der "Raser-Lobby" ausgenutzt würde, um die Verkehrsbehörden mit Klagen gegen angeordnete Tempolimits zu überziehen. Vielleicht hat aber auch die Verkehrsbehörde da einfach nur "die Schere im Kopf"?
Und da soll ich jetzt in meiner Freizeit in Eigeninitiative mir den Buckel krumm schuften und Leib und Leben riskieren? Gibt es denn für die am Bau beteiligen freiwilligen Helfer eine Unfallversicherung, eine Berufsunfähigkeitsversicherung, eine Rentenversicherung mit Anspruch auf Witwenrente und Waisenrente für Hinterbliebene? Und das alles nur weil es Teilen der Autofahrerschaft gefällt, generell asphaltierte Flächen als ihre ureigenstes Besitztum zu betrachten mit "Recht auf Totfahren anderer Verkehrsteilnehmer"? Und dabei ist nicht einmal sicher, ob die Gefahren für Fahrradfahrende und Fußgänger*innen durch einen gemeinsamen 2,50 m breiten Fuß- und Zweirichtungsradweg gebannt sind.