Es ist schon spannend zu beobachten, wie das für heute oder die nächsten Tage anstehende Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes Leipzig zu Diesel-Fahrverboten die Politik beflügelt, alle möglichen "Heiligen Schwüre" abzulegen, nur um ein Dieselfahrverbot drum rum zu kommen. Der Gipfel der Absurditäten ist freilich, dass die Bundesregierung den kostenlosen ÖPNV einführen will, und dieser Gipfel ist vermutlich erst mal nicht zu toppen.
Aber auch im Klein-Klein tut sich was: "Eine grundlegende Änderung im Radwegekonzept gibt es: Auch Rot-Grün favorisiert jetzt eher separate Radwege als Radspuren auf der Straße. Das gab Spott von der CDU, die das schon lange fordert." HAZ vom 22.2.2018, Radverkehr in Hannover soll sicherer werden, http://www.haz.de/Hannover/Aus-d…cherheit-sorgen
Wie schon im vorangegangenen Beispiel mit dem angeblich nur 45cm breiten Schutzstreifen, der eigentlich eine Einfädelungshilfe darstellt und deshalb auch nur gerade mal rund 12m lang ist, versuchen hier die Autoverkehrs-Schergen von der CDU mit billiger Polemik "Witzpunkte" zu sammeln. Leider gelingt ihnen das nicht zuletzt deshalb, weil das Thema Schutzstreifen auch unter Radfahrenden kontrovers diskutiert wird. Trotzdem Schutzstreifen zweifelsfrei ihre gravierenden Schwächen haben, von denen in diesem Themenstrang bereits zahlreiche genannt wurden, halte ich es für richtig, immer wieder deutlich zu machen, dass ausreichend breit angelegte Schutzstreifen mit einem ausreichenden Abstand zu am Straßenrand parkenden Autos eine gute oder zumindest relativ gute Radverkehrsanlage darstellen. Voraussetzungen sind, dass ein Hochbordradweg nicht in Frage kommt, weil er Fußgängerverkehrsflächen und damit den autofreien Verkehr "kannibalisiert". Oder weil der Hochbordradweg dazu führen würde, dass Radfahrer hinter am Straßenrand parkenden Autos aus dem Blickfeld verschwinden, so dass Radfahrer zu Opfern von Abbiegeunfällen werden.
Dieser Hochbordradweg zum Beipiel kann eigentlich nur dann sinnvoll verbreitert werden, wenn die Stellflächen reduziert werden. Zumindest im oberen Teil könnte statt Querparken Längsparken angeordnet werden. Würde dann noch die Litfasssäule aus dem Weg geräumt werden. Aber was würden dann CDU und FDP wohl für einen Affentanz machen? (Nicht wegen der Litfasssäule, aber wegen der Parkplätze, die wegfallen.)

Häufig ist auch ein Radfahrstreifen, am besten mit zusätzlichen baulichen Abgrenzungen zur Fahrbahn nicht möglich ist, weil die Fahrbahn zu schmal ist und/oder die Aufgabe von Stellplatzflächen (um Platz zu schaffen) zeitnah politisch nicht durchsetzbar ist. Dann kann ein gut angelegter Schutzstreifen sinnvoll sein. Problematisch ist es außerdem immer wieder, wenn vorhandene Hochbordradwege, die eigentlich viel zu schmal sind und auch nicht verbreitert werden können, weil dann der ebenfalls zu schmale Fußweg noch schmaler würden, wegfallen sollen. Fehlt noch was?
Ja, ich weiß, diese ganzen Details sind in einer hitzigen Diskussion schwer zu vermitteln, aber ich halte es für falsch, wenn Schutzstreifen einfach nur "verteufelt" werden, ohne dass bessere Alternativen auch nur ansatzweise eine Chance hätten, umgesetzt zu werden. Und ja es ist besser auf Schutzstreifen zu verzichten. als solche anzulegen, die die Gefahr zum Beispiel von dooring-Unfällen noch steigern. Ich halte es aber vor allem deshalb für falsch, an dieser Stelle zu sehr in Polemik zu verfallen, weil sich die "Schergen der Autofahrer-Parteien" dann die Hände reiben und ihren politischen Profit damit machen, ohne dass der Radverkehr davon profitiert. Vielmehr wird das Zerrbild einer heillos zerstrittenen Radfahrerschaft gezeichnet, die niemand fürchten muss, wenn man ihr auf den Füßen rumtrampelt.
Gibt es zu Schutzstreifen eigentlich klare Aussagen oder Empfehlungen von Verbänden, z. B. ADFC oder VCD?
Schutzstreifenbreite laut ADFC auf seiner Internetseite "Verkehr und Recht": "Schutzstreifen sollen 1,60 m breit markiert werden (Mindestmaß 1,25 m)..."
https://www.adfc.de/verkehr--recht…-schutzstreifen Da steht aber leider nichts davon, dass bei am Straßenrand parkenden Autos es besser ist, den Schutzstreifen auch nach rechts mit einer Markierung abzugrenzen. Und zwischen Parkplatzmarkierung und Schutzstreifenmarkierung einen ausreichend breiten Abstand einzuhalten, ich würde mal von 50 bis 80 cm ausgehen. Oder dass am Fahrbahnrand am besten gar keine Autos parken.
Unklar bleibt auch, ob es Sinn macht, einen Schutzstreifen zu markieren, wenn absehbar ist, dass der vom Lieferverkehr oft zum Halten benutzt wird. (Was ja ein Autofahrer auf einem Schutzstreifen darf.) Und dann ist wohl wieder im Einzelfall zu prüfen, ob ein solches Halten des Lieferverkehrs zeitlich eingeschränkt werden kann, so dass der Schutzstreifen dann doch seine Berechtigung hat und sich positiv für den Radverkehr auswirkt.
Und zur farbigen Markierung, die ja abstrakt rechtlich betrachtet irrelevant ist, wird leider auch keine klare Aussage getroffen auf der angegebenen ADFC-Seite. In dem bereits weiter oben zitierten HAZ-Artikel heißt es zum Beispiel: "Rote Radspuren sollen künftig immer komplett über Straßenkreuzungen geführt werden,..." http://www.haz.de/Hannover/Aus-d…cherheit-sorgen
Wie das mit den rotmarkierten Radspuren aussehen könnte, habe ich mal am Beispiel Radwegeführung am Friederikenplatz in Hannover in ein Foto montiert. Dort exisitiert ein Zwei-Richtungen-Radweg Hochbord vor und hinter der gezeigten Radwege-Furt, die über die hier von rechts einmündende Straße Leibnizufer führt: