Beiträge von Ullie

    Dann sollen die Kirchen ihren Schäfchen mal klar und deutlich empfehlen, andere Parteien zu wählen. Nicht nur in irgendeinem Brief, den eh niemand liest, sondern bei jeder Gelegenheit.

    "Die Kirchen sollen ihren Schäfchen also mal so richtig Bescheid sagen...?" Das ist Gott sei Dank nicht mehr so üblich in den Kirchen. Es lohnt sich allerdings zu schauen, welche Fürbitten für den heutigen Sonntag nach dieser schwarzen Woche für die Demokratie in Deutschland zum Vortragen in den katholischen Gottesdiensten vorgeschlagen wurden:

    "Fürbitten-Vorschlag für den 2. Februar 2025:
    (...)
    Simeon [eine Figur, aus dem Evangelium des Sonntages] preist Jesus als Licht für alle Welt.
    So bitten wir:

    Dass Licht werde
    für Geflüchtete und Gestrandete,
    für Verfolgte und für Menschen in Not,
    für alle, die keine Perspektive sehen.
    V: Herr Jesus Christus – A: Lass dein Licht leuchten.

    Dass Licht werde
    für alle, die unsere Demokratie verteidigen,
    für alle, die Verantwortung für unser Land übernehmen wollen
    und mit Herz und Verstand eintreten
    für Menschenwürde, Nächstenliebe und Zusammenhalt.
    V: Herr Jesus Christus – A: Lass dein Licht leuchten.

    Dass Licht werde
    für Menschen, die Gesetze und Regeln gestalten,
    für Menschen, die Recht sprechen und durchsetzen,
    für alle, die Gewalt erlitten haben oder erleiden.
    V: Herr Jesus Christus – A: Lass dein Licht leuchten.

    Dass Licht werde
    für Menschen, die Angst haben,
    für alle, die voll Sorge sind um die eigene oder die Zukunft der Gesellschaft,
    für alle, die anderen Vertrauen schenken.
    V: Herr Jesus Christus – A: Lass dein Licht leuchten."

    Fürbitten-Vorschlag für den 2. Februar 2025: Fest Darstellung des Herrn
    Debatten um Migrationspolitik, Wahlkampagne „Für alle. Mit Herz und Verstand“, Koran-Verbrenner Momika erschossen, 10jähriger Junge an Diphterie und 26jähriger…
    www.bistum-trier.de

    Ich weiß nicht ob alle Gemeinden diese Fürbitten übernommen haben. In meiner Kirchengemeinde war das der Fall. Und es ist üblich, dass die Kirchengemeinden die Vorschläge im Wesentlichen übernehmen.

    Es sind übrigens rund 1,3 Millionen Gottesdienstbesucher*innen, die sonntags regelmäßig die katholischen Gottesdienste besuchen.

    Katholiken und Gottesdienstbesuche bis 2023 | Statista
    Im Jahr 2023 gab es in Deutschland rund 20,4 Millionen Katholiken und durchschnittlich 1,3 Millionen katholische Gottesdienstbesucher.
    de.statista.com

    Altes Muster?!
    Früher war's 'der Jude', heute ist es dann 'der Ausländer' und 'der Migrant'.

    Und genauso wenig, wie es früher "den Juden" gab, gibt es heute "den Migranten". Dieses Aufteilen in die guten "Biodeutschen"*1) hier und die "bösen Anderen" da, ist ebenfalls eine Anleihe aus der Nazi-Zeit. Warum sehen Wähler und Sympathisanten der AfD nicht, dass das nicht gut gehen kann, was die AfD und jetzt auch noch Merz propagieren?

    *1) Zu Recht wurde "Biodeutsch" zum Unwort des Jahres 2024:

    "Nach "Remigration" im Jahr 2023 ist "biodeutsch" zum Unwort des Jahres 2024 gekürt worden. Der Begriff teile Menschen anhand "vermeintlich biologischer Abstammungskriterien" ein."

    Unwort des Jahres 2024 ist "biodeutsch"
    Der Begriff "biodeutsch" wurde von Sprachwissenschaftlern zum Unwort des Jahres 2024 gekürt. 2023 war es der rechte Kampfbegriff "Remigration".
    www.zdf.de

    Die Vorstellung von 3800 km eisernem Vorhang ist genauso absurd wie eine lückenlose Überwachung der StVO. Natürlich gibt es immer Verstöße, aber es gibt Möglichkeiten, sie zu reduzieren.

    Merz tut aber so, als gäbe es massenweise Verstöße, die dazu führen dass ein angeblicher Kontrollverlust eingetreten sei und der "Zustrom" von Migranten ungebremst und flutartig stattfände. Und er tut so, als ob das ein Zustand sei, der sich von Tag zu Tag verschlimmere. Genau das trifft nicht zu. Und es ist meines Erachtens nicht klug, diesen Eindruck zu erwecken.

    In welchem Maß Grenzverletzungen tatsächlich stattfinden und welches Maß bei strengeren Zuwanderungsregeln realistisch ist, wird gar nicht diskutiert, stattdessen wirft die CDU/CSU mit maximalen Forderungen nur so um sich.

    Bin schon gespannt mit welchem Kommunikationskonzept die Grünen sich nach den Wahlen an die Merz-cDU heranwanzen wollen. Da aber alle Restbestände von linken und halblinken aus den Grünen raus sind und etliche Realissimo Neueintritte mutmaßlich auf Schwarz/grün gebürstet sind wird das schon klappen ...

    Rot-Grün ist zurzeit leider keine Option und eine rot-grüne Regierungszusammenarbeit gab es aufgrund der Wahlergebnisse 2021 nur deshalb, weil die FDP 2021 dabei mitmachte. Und die machten auch nur deshalb mit, weil die FDP 2017 die Chance auf ein schwarz-gelb-grünes Regierungsbündnis ausschlug. (Lindner 2017: "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren." Das konnte er dann 2021 nicht auch noch gegen Rot-Gelb-Grün richten.

    Es kann passieren, dass nach der bevorstehenden Wahl nur noch drei demokratische Parteien im Bundestag vertreten sind. Plus die AfD. Und wenn es ganz blöd läuft, dann ist die Sitzverteilung so, dass ein schwarz-rot-grünes Dreierbündnis notwendig wird, um die AfD von der Regierung fernzuhalten. Dann wird es für die Grünen nicht darum gehen, mit welchem Kommunikationskonzept sie auf die Merz-CDU zugehen. Vielmehr besteht dann ein hoher Kommunikations-Bedarf, um die grünen Parteimitglieder und die Grünen-Wähler bei der Stange zu halten.

    Für nicht wenige in der SPD und auch bei den Grünen hat Merz sich gerade als Kanzler unwählbar gemacht. Dass sich auch in der CDU leiser Widerstand zeigt, ist erfreulich, aber reicht nicht aus. Die machen halt im Zweifel alles mit, was die Parteidisziplin von ihnen erfordert.

    Es sind verschiedene Szenarien vorstellbar, wie Merz' Abstimmung mit der AfD sich auswirkt. Ich befürchte, es war ein Probelauf mit dem Merz prüfen wollte, wieviel Gegenwind er erhält, wenn er eine AfD-CDU Regierungskoalition bildet. Ein durchaus realistisches Wahlergebnis (realistisch im Sinne von aktuellen Umfrageergebnissen + Zugewinne für die AfD auf Kosten der CDU aufgrund der Eskapade von Merz) ist eine Konstellation mit lediglich vier Parteien im Bundestag, bei der nur eine Dreierkoalition aus Grünen, SPD und CDU es ermöglicht die AfD aus der Regierung herauszuhalten.

    Und ich befürchte: Eine Dreier-Koalition schneidet grundsätzlich in der Wählergunst schlechter ab, als eine Zweierkoalition. Das weiß Merz. Und er hat es jetzt ausprobiert und gemerkt, dass er weitgehend unbeschadet durchkommt, wenn er mit der AfD kooperiert. Die paar Kopfnüsse von "Mutti" steckt er locker weg, ja er nutzt sie zur Eigenwerbung: Schaut mal Leute, von "Mutti lass ich mir schon lange nichts mehr sagen."

    Karikatur von Kostas Koufogiorgos: Merkel mit Omas gegen Rechts Schild tritt Merkel entgegen.

    https://de.toonpool.com/user/65/files/merkel_gegen_merz_4575635.jpg

    Merz' "Zustrombegrenzungsgesetz" wurde zwar abgelehnt. Aber ein Grund zum Jubeln ist das nicht. Für Merz ist es wohl eher ein Hinweis darauf, wer hinter ihm steht aus seinen eigenen Reihen und wen er versuchen muss loszuwerden.

    Merz' Paktieren mit der AfD schlägt sich auch auf Klo-Aufklebern nieder. Die Plakate-Aktualisierung erfolgte schon Anfang der historischen Woche.

    Verfolge gerade auf Bundestag.de die aktuelle Plenarsitzung.

    Es ist immer noch Sitzungsunterbrechung, die hervorgerufen wurde durch eine Bitte von der CDU-Fraktion um ca. 11:00 Uhr, die noch Klärungsbedarf vor der Abstimmung über das Zustrombegrenzungsgesetz geltend macht. Das hörte sich eher nach einer halben Stunde an, die die Sitzung unterbrochen werden sollte.

    Es ist jetzt 13:40 Uhr. Die Sitzungsunterbrechung dauert inzwischen schon rund zweieinhalb Stunden.

    Ein spannender Live-Krimi! Zu gerne würde ich jetzt Mäuschen sein!

    Ich bin ja bei der nächsten Wahl Wahlhelfer, in Köln. Man darf natürlich dabei keine Werbung für Parteien machen und sollte auch unpolitische Kleidung tragen, also kein Refugees welcome oder sowas.

    Das erinnert mich an die Bundestagswahl 1994 als CDU/CSU mit der Roten-Socke-Kampagne gegen Rot-Rot-Grün agitierten. Da war es natürlich Ehrensache, als Wahlhelfer Sandalen und rote Socken zu tragen kombiniert mit hochgekrempelten Hosenbeinen. Und ich war nicht die*der einzige Wahlhelfer*in, die*der auf diese Idee kam.

    Auf bundestag.de kann man nachschauen, wer mit Merz gestimmt hat, und wer aus der CDU dagegen gestimmt hat.

    Nicht nur Angela Merkel hat Merz' Schmierentheater angewidert.

    "Die Thüringer CDU-Abgeordnete Antje Tillmann hat nach der offiziellen Aufstellung der Bundestagsverwaltung gegen den umstrittenen Antrag ihrer Fraktion für mehr Zurückweisungen an den Grenzen gestimmt. Sie war damit die einzige Abgeordnete ihrer Fraktion, die den Antrag ablehnte. (...)
    Acht Abgeordnete der Unionsfraktion gaben ihre Stimme nicht ab, darunter prominente Politiker wie die frühere Integrationsbeauftragte Annette Widmann-Mauz, der ehemalige Ostbeauftragte Marco Wanderwitz, Bundestags-Vizepräsidentin Yvonne Magwas, der Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sowie die ehemalige Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters. Alle gehören der CDU an." https://www.mdr.de/nachrichten/th…ration-100.html

    "Kritik kam auch von mehreren Ministerpräsidenten der CDU. Der nordrhein-westfälische Regierungschef Wüst und Berlins Regierender Bürgermeister Wegner riefen dazu auf, Probleme aus der demokratischen Mitte heraus zu lösen. Wüst sagte, auch in der aufgeheizten Stimmung vor der Bundestagswahl gebe es eine Chance dazu."

    DLF vom 30.1.25 https://www.deutschlandfunk.de/kritik-von-mer…m-merz-100.html

    "Die AfD nutzt Probleme, Sorgen und Ängste, die durch die massenhafte illegale Migration entstanden sind, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen. Sie will, dass Deutschland aus EU und Euro austritt und sich stattdessen Putins Eurasischer Wirtschaftsunion zuwendet. All das gefährdet Deutschlands Stabilität, Sicherheit und Wohlstand. Deshalb ist diese Partei kein Partner, sondern unser politischer Gegner."

    Mit diesem Passus wollte Merz die AfD davon abhalten, dem von ihm 80 Jahre und zwei Tage nach der Befreiung des KZ Auschwitz inszenierten "Fünf-Punkte-Plan" zur Abriegelung der Staatsgrenze zuzustimmen. https://dserver.bundestag.de/btd/20/146/2014699.pdf

    Die AfD hat das nicht davon abgehalten, dem Merz-Antrag zuzustimmen und stattdessen den Passus dazu genutzt, sich erneut als Opfer zu stilisieren.

    Nebenbei bemerkt: In Portugal ist es verboten, in einem Parteinamen religiöse Begriffe zu verwenden.

    In Deutschland hat die CDU/CSU mit ihrem Pakt mit der AfD die Kirchen auf den Plan gerufen, die in einem Brief scharfe Kritik am migrationspolitischen Kurs der Unionsparteien üben. "Unterzeichnet wurde der Brief von den Leitungen der Berliner Büros der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anne Gidion, und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Karl Jüsten. Die beiden Kirchen äußern grundsätzlich tiefes Befremden über „Zeitpunkt und Tonlage“ der aktuellen Debatte. „Sie ist dazu geeignet, alle in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten zu diffamieren, Vorurteile zu schüren, und trägt unserer Meinung nach nicht zur Lösung der tatsächlich bestehenden Fragen bei“, heißt es darin. Die vorgeschlagenen Verschärfungen seien nicht zielführend, vergleichbare Taten zu verhindern und tragfähige Antworten auf das öffentliche Sicherheitsbedürfnis zu geben." taz vom 29.1.25 https://taz.de/Gotteshaeuser-…tte/%216065889/

    "Die Vertreter der beiden großen Kirchen in Deutschland warnen zudem vor einer kalkulierten Abstimmung mit der AfD-Fraktion. Das Schreiben, das Telepolis vorliegt und über das auch der Berliner Tagesspiegel berichtet, richtet sich an eine unbekannte Zahl von Abgeordneten. Der gemeinsamen Mail hing ein Rechtsgutachten an, das inzwischen auf der Seite des Kommissariats der deutschen Bischöfe einzusehen ist."

    Telepolis vom 29.1.25: Teufelspakt? Kirchen wenden sich gegen Merz-Gesetz zu Migration und AfD-Zusammenarbeit

    Teufelspakt? Kirchen wenden sich gegen Merz-Gesetz zu Migration und AfD-Zusammenarbeit
    Scharfe Kritik von EKD und Bischöfen. Brief an Abgeordnete warnt vor "Zustrombegrenzungsgesetz". Was die Kirchen befürchten, ist verheerend.
    www.telepolis.de

    Das ist die Gemeinsame Stellungnahme zum Zustrombegrenzungsgesetz, für das die CDU/CSU am Freitag erneut die AfD-Hilfe einkalkuliert. https://kath-buero.de/stellungnahme/…grenzungsgesetz Die Abgeordneten vom Bündnis Sarah Wagenknecht haben angekündigt, dem Zustrombegrenzungsgesetz gemeinsam mit den Abgeordneten von CDU/CSU, der AfD und der FDP zuzustimmen.

    Handelsblatt vom 29.1.25 https://www.handelsblatt.com/politik/deutsc…/100104145.html

    In dem Zusammenhang auch interessant: "Und danach waren die Dinge nicht mehr, wie sie vorher waren." Zitat aus dem WDR5 Podcast Zeitzeichen vom 18.1.25: Die "Hakenkreuzwelle" bei Minute 1:15

    Und bei Minute 3:45 heißt es in dem Podcast: "In den ersten Wochen 1960 werden die BRD und die DDR mit Hakenkreuzen überschwemmt."

    Podcast: Die "Hakenkreuzwelle" in Deutschland
    Es begann mit einer Schmiererei an Weihnachten und wurde im Januar 1960 zu einer "Hakenkreuzwelle" in BRD und DDR. Wie viele Nazi-Gedankengut hatte in der…
    www.ardaudiothek.de

    Ich kann nur hoffen, dass viele Menschen gerade die Bundestagsdebatte mithören, in der die CDU nicht nur von der AfD erheblichen Zuspruch und viel Beifall für ihren Versuch bekommt das Grundgesetz auszuhebeln, um pauschal Stimmung gegen Migranten zu machen.

    Nicht nur von der AfD erhält die CDU Zustimmung, sondern darüber hinaus auch von mehreren fraktionslosen Bundestagsabgeordneten, die auf einem AfD-Ticket in den Bundestag einzogen, die aber aus der AfD-Fraktion ausgeschlossen sind, weil sie selbst der AfD zu rechtsradikal waren.

    Der AfD-Abgeordnete Baumann kündigt an, dem CDU-Antrag zuzustimmen trotzdem die AfD in den Antragstext gedemütigt werden würde. Seine Begründung: Es gehe ja schließlich um Deutschland. Wenn die CDU tatsächlich gehofft haben sollte, so die AfD auszutricksen, dann ist der Trick misslungen.

    Direkt im Anschluss an diese AfD-Äußerung macht der CDU-CSU-Fraktionsangehörige Frei die SPD und die Grünen dafür verantwortlich, dass die CDU-CSU-Fraktion quasi gezwungen wurde einen Antrag zu formulieren, dem jetzt mit AfD-Hilfe zum Erfolg verholfen wird. Was für ein Schmierentheater Merz da bestellt hat ist unglaublich. <X

    Warum heißt die CDU eigentlich CDU und das österreichische Pendant ÖVP? Wegen der ÖVP jedenfalls müsste Jesus nicht seinen Nachnamen wechseln, denn da steckt ja nicht das Wort "christlich" drin.

    Bei ÖVP steckt das Wort "österreichische" drin.

    Bei CDU steht das D nicht für "deutsche" sondern für "demokratische". Und Union nennt sich die CDU wegen der Union aus katholischen und protestantischen Christen.

    In Österreich spielen die Protestanten dagegen prozentmäßig nur eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. Also machte es wenig Sinn in Österreich von einer Union von katholischen und evangelischen Christen zu sprechen.

    Es macht aber auch keinen Sinn, die CDU umzubenennen in DVP für Deutsche Volkspartei, sozusagen analog zu ÖVP (Österreichische Volkspartei). Vielleicht bräuchte Jesus dann nicht, wie im "Postillon" verkündet, aufgrund der Zusammenarbeit der AfD mit der CDU (umbenannt in Deutsche Volkspartei) seinen Namen wechseln.

    DVP geht wohl deshalb nicht als neuer CDU-Parteiname, weil es die DVP schon gab, nämlich in der Weimarer Republik als wirtschaftsliberale Partei, deren berühmtester Vertreter der langjährige und erfolgreiche Außenminister Gustav Stresemann war.

    Und so ein bisschen hege ich noch die Hoffnung, dass das "C" im Namen auf die besonneren Mitglieder in der CDU (und CSU) mäßigend wirkt. Auch wenn es zur Zeit keine Anzeichen gibt, die darauf hindeuten.

    Die CDU-AfD-Zusammenarbeit schlägt sich auch auf den Wahlplakaten in Hannover nieder:

    "Radfahrer ohne Helm abschieben
    Wenn man Ausländer nach dem zweiten Mal Schwarzfahren des Landes verweisen kann, dann vielleicht auch migrantische Autofahrer ab dem ersten Punkt in Flensburg? Oder Radfahrer ohne Helm? Ohne funktionstüchtige Luftpumpe?"

    aus: taz Kolumne Die Wahrheit von Hartmut El Kurdi vom 29.1.2025 https://taz.de/Die-Wahrheit/%216062188/

    Das Schlimme ist: Keiner kann mehr sagen, ob das noch Satire ist oder schon heute oder morgen Wirklichkeit.

    Und wer glaubt, als deutscher Staatsbürger sei er "safe", der möge sich daran erinnern, dass eine deutsche Regierung schon einmal deutschen Staatsbürger*innen aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen die Staatsbürgerschaft entzogen hatte. Und dass die CDU sich gerade anschickt, mit einer Partei zu regieren, die der damaligen deutschen Regierungspartei sehr nahesteht.

    "Am 19. April 1945, also nur wenige Tage nach der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald durch die amerikanischen Truppen, versammelten sich auf dem ehemaligen Appellplatz des Lagers Überlebende. Sie hielten die erste Trauerfeier für die Toten des Lagers ab und weihten ein provisorisches Denkmal für sie ein. Ihr Gelöbnis, gemeinsam die Grundlagen der NS-Verbrechen zu bekämpfen, legten sie in zahlreichen Sprachen ab. Laut des ehemaligen Buchenwald-Häftlings Heinz Brandt haben die Teilnehmenden auf dieser Gedenkversammlung lautstark „Nie wieder“ skandiert."

    Kriegsende am 8. Mai: Was das „Nie wieder!“ bedeutet
    „Nie wieder!“ Seit dem Ende der Naziherrschaft sind die zwei Worte ein klares Bekenntnis gegen den Krieg. Doch woher kommen sie? Eine Spurensuche
    vorwaerts.de

    Nie wieder wurde dann zum Ausruf, der ergänzt wurde mit "Nie wieder Auschwitz", "Nie wieder Faschismus" und "Nie wieder Krieg".

    "Deutlicher als jemals zuvor bezog sich Fischer dann 1999 auf die deutsche Geschichte. Eben erst als Außenminister der rot-grünen Regierung vereidigt, nahm er die Erinnerung an Auschwitz zur Begründung einer deutschen Beteiligung am Kosovo-Krieg in Anspruch."

    Merz' kopiert stetig zunehmend das AfD-Vokabular. Das fing mit "kleine Paschas" an. Jetzt ist er bei "Novemberbankrotteure" angekommen. Oder will er gar Weidel und Co. herausfordern in einem Duell, in dem es darum geht, Nazi-Vokabular zu nutzen, um damit ganz besonders forsch in der Disziplin "Das wird man ja wohl sagen dürfen." zu punkten?

    Das kann nur danebengehen, denn die AfD-Propaganda ist darauf angelegt, alle zivilisatorischen Errungenschaften zu zerstören. Auf diesem Feld einen Überbietungswettbewerb zu inszenieren ist brandgefährlich.

    Merz neueste Kreation, "Novemberbankrotteure" in Anlehnung an das Nazipropaganda-Wort "Novemberverbrecher", benutzt er für die Parteien und Politiker*innen der Ampelkoalition, aus der sich im November Lindner und die FDP verabschiedet hatte, mit dem Kalkül dann bessere Chancen bei einer baldigen Neuwahl zu haben als wenn die FDP weiter Regierungsverantwortung mitträgt.

    Friedrich Merz kämpft mit Politik von Rechts um Anerkennung der Mitte
    Der Wahlkampf geht in seine entscheidende Phase. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz versucht sich von der AfD abzugrenzen. Seine restriktiven Vorschläge zur…
    www.spiegel.de

    "Die Wehrpflicht soll in neuer Form zurückkommen." CDU-Position

    "Die SPD will einen flexiblen Wehrdienst einführen, der auf Freiwilligkeit basiert."

    "Die Grünen befürworten einen freiwilligen Wehrdienst, ..."

    "Eine allgemeine Wehrpflicht lehnen die Liberalen ab, sie setzen auf eine Freiwilligenarmee mit starker Reserve, wollen Wehrfähige aber in einer nationalen Datenbank erfassen."

    "Die AfD befürwortet die Wiedereinführung der Wehrpflicht."

    "Eine Wehrpflicht lehnt Die Linke ab."

    "Eine Wehrpflicht will das BSW nicht."

    Quelle: DLF vom 17.1.25 https://www.deutschlandfunk.de/bundestagswahl…olitik-100.html

    Nur mal so als Hinweis darauf, was CDU+AfD in Sachen Wehrpflicht mit sich bringt. Ob das die AfD-begeisterten Jungwähler*innen und die jungen "CDU-Brandmauer-Stürmer*innen" wissen, erhoffen, in Kauf nehmen, übersehen?

    In einem HAZ-Artikel vom 27.1.2025 wird ein Rückgang der Fahrrad-Quote in Hannover um 4% festgestellt.

    Als Hauptursache wird das schlechte Wetter im vergangenen Jahr genannt.

    Interessant ist der Hinweis am Ende des Artikels:

    "Zudem besteht die berechtigte Hoffnung, dass mit einer Verbesserung der Radinfrastruktur der Radverkehr weniger sensibel auf das Wetter reagiert. Bereits 2020 haben Forscher der Universität Münster herausgefunden, dass in Städten mit gut ausgebauten Radwegen und einer ausgeprägten Fahrradkultur der Rückgang bei Regen spürbar geringer ausfiel."

    Hier der Link zu einem Bericht über die Untersuchung in der Uni-Zeitung:

    Demzufolge ist es so, dass bei einer guten Ausstattung mit Radverkehrsanlagen (Münster, Oldenburg, Göttingen) nur 5% Rückgang des Radverkehrs stattfindet.

    Fehlen Radverkehrsanlagen (Herzogenaurach, Stuttgart, Würzburg) kann dagegen der Rückgang des Radverkehrs bei schlechtem Wetter bis zu 30% betragen.

    aus DLF vom 27.1.25 https://www.deutschlandfunk.de/bundestagswahl…olitik-100.html

    Bei den Umfragen werden die Zustimmungsprozente auf alle verteilt.

    Bei der Ermittlung der Abgeordnetensitze, für die kommende Legislaturperiode genau 630, fallen die Zustimmungsprozente der Wahlumfragen weg bei den Parteien, die unter 5% bleiben. (Und nicht von der Grundmandatsklausel profitieren können.)

    Mal angenommen BSW und Linke und FDP schaffen den Einzug in den Bundestag nicht, dann sind das

    100% - 6,0% - 4,5% - 4,5% - 5,0% = 80% (ohne die "Wackelkandidaten")

    Die CDU hätte dann 30 / 80 * 630 = 236 Sitze entspricht ca. 38%

    Die AfD hätte dann 22 / 80 * 630 = 173 Sitze entspricht ca. 27%

    Die SPD hätte dann 15,5 / 80 * 630 = 122 Sitze entspricht ca. 19%

    Die Grünen hätte dann 12,5 / 80 * 630 = 98 Sitze entspricht ca. 16%

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    In diesem Fall sind zwei mögliche Zweierkoalitionen gegeben ohne AfD-Beteiligung.

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    Kommen dagegen auch die weniger aussichtsreichen Parteien rein in den Bundestag, dann sähe die Rechnung so aus:

    100% - 5,0% = 95% (alle "Wackelkandidaten sind dabei) Ich rechne bei FDP und Linke mit 5% weiter.

    Die CDU hätte dann 30 / 95 * 630 = 199 Sitze entspricht ca. 32%

    Die AfD hätte dann 22 / 95 * 630 = 146 Sitze entspricht ca. 23%

    Die SPD hätte dann 15,5 / 95 * 630 = 103 Sitze entspricht ca. 16%

    Die Grünen hätte dann 12,5 / 95 * 630 = 83 Sitze entspricht ca. 13%

    Der BSW hätte dann 6 / 95 * 630 = 40 Sitze entspricht ca. 6%

    Die Linke hätte dann 5 / 95 * 630 = 33 Sitze entspricht ca. 5%

    Die FDP hätte dann ebenfalls 5/ 95 * 630 = 33 Sitze entspricht ca. 5%

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    Im zweiten Fall bietet nur eine Koalition aus mindestens 3 Parteien die Chance für eine Regierung ohne AfD-Beteiligung!

    Beim 'S' der sPD war das m.E. anders, da in den ersten Jahrzehnten nach dem vorerst letzten Weltkrieg die sPD noch eine eindeutig 'soziale' Ausrichtung im Sinne einer Ausweitung von Arbeitnehmerrechten, Verringerung finanzieller Ungleichheit, Ausweitung der Bildungschancen usw. hatte.
    Das hat sich ja erst in Stufe 1 mit Schmidt, und final(?) dann mit der 'neuen Mitte' unter Clement, Schröder und Co. geändert, so dass die Kleinschreiibung eher einen Verrat am alten 'Markenkern' markiert.

    Es gab m. E. immer schon teils dramatische Änderungen in der Haltung der politischen Parteien. Zum Beispiel hatte die SPD ursprünglich eine Militarisierung der jungen Bundesrepublik Deutschland verhindern wollen und doch 1956 dem Wehrpflichtgesetz zugestimmt:

    "Zweidrittelmehrheit für die Wehrverfassung - Nicht alle Abgeordneten der SPD ... stimmten für die Wehrverfassung. Insgesamt sprachen sich 390 Abgeordnete für die damit verbundenen Ergänzungen des Grundgesetzes aus. 20 Abgeordnete stimmten dagegen. Es gab keine Enthaltungen. Damit war die Wehrverfassung mit der für eine Grundgesetzänderung notwendigen Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Bundestages angenommen und trat am 22. März 1956 in Kraft." https://www.bundestag.de/webarchiv/text…rfassung-410404

    Und es gab dann Leute in den Parteien, die ausgetreten sind, andere, die eine neue Partei oder politische Bewegung gründeten und wieder andere, die mit "geänderten Vorzeichen" weiter gearbeitet haben, bzw. ihrer Partei treu geblieben sind.

    Es ist ein lustiges, bestenfalls nachdenklich stimmendes Zeichen, sPD statt SPD zu schreiben oder cDU statt CDU. Aber das war's dann auch.

    Apropos Wehrpflicht: Die Konzentration in diesem Wahlkampf auf das von der AfD initiierte Thema Migration lässt nach meiner Beobachtung das Thema "Wiederaufleben lassen der Wehrpflicht" in den Hintergrund treten. Dabei wäre es doch interessant, hier die Standpunkte und Absichten der Parteien zu erfahren.

    Einseitig und polemisch zugespitzt formuliert: "Es droht die Gefahr, dass die Eltern und Großeltern durch ihr Wahlverhalten ihre Kinder und Enkel zu Kanonenfutter machen." Und nicht nur ihre Söhne und männlichen Enkel.