Danke, Du warst 5 Minuten schneller als ich. Ich hätte es auch nicht gewusst, aber es stand heute auf Spiegel online.
Es ist also schlichter Pragmatismus. Die haben Daten, ob die Läden größer oder kleiner als 800 sind, und können auf dieser Grundlage entscheiden. Ob ein Laden 697 oder 703 - oder aber 975 oder 1.023 hat, weiß keine Behörde ...
Auf der Internetseite der nds. Landesregierung wurden die 800 m² so begründet: "
Warum dürfen Geschäfte nur bis 800 qm genutzter Verkaufsfläche öffnen?
Auch die 800 qm Grenze hat einen tieferen Grund: Die Rechtsprechung zu dem in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) genutzten Begriff „großflächige Einzelhandelsbetriebe“ sieht seit einem Grundsatzurteil des BVerwG vom 24.11.2005 Einzelhandelsbetriebe dann als großflächig an, wenn sie eine Verkaufsfläche von 800 qm überschreiten."
https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/an…faq-186686.html
Es ist spannend zu beobachten, dass Gerichte im Falle von Corona-bedingten Einschränkungen den Betreibern großer Einkaufsmärkte zustimmen, die sich dadurch benachteiligt fühlen: "Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hält die 800m²-Beschränkung für rechtswidrig. Dies hat der VGH heute (27.04.2020) entschieden. Die 800m²-Beschränkung stelle eine gleichheitswidrige Benachteiligung größerer Geschäfte gegenüber kleineren Geschäften dar, die verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt sei. Das Gericht stellte die Unvereinbarkeit der Regelung mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben fest, setzte die Vorschrift jedoch wegen der Pandemie-Notlage ausnahmsweise nicht außer Kraft." https://www.noerr.com/de/newsroom/ne…ndlungen-drohen
Seit Beginn der Corona-Berichterstattung hat der Podcast mit Drosten sich großer Beliebtheit erfreut und bei vielen Zuhörern und Zuschauern Anklang gefunden. Zur Ladenöffnungsorgie sagt Drosten: "Top-Virologe Christian Drosten begleitet und erklärt Deutschland die aktuelle Lage. Umso alarmierender klingt es, was der Experte jetzt sagt: Deutschland ist dabei, das bisher Erreichte bei der Corona-Bekämpfung zu verspielen. Der Virologe kritisiert die Ladenöffnungen und sieht fatale Folgen, sollten Interpretationsspielräume der neuen Bestimmungen ausgenutzt werden." focus vom 25.4.2020 https://www.focus.de/gesundheit/new…d_11911783.html Es kann sein, dass Drosten sich täuscht und die Folgen, die er befürchtet nicht eintreten. In einem aber täusche ich mich ganz bestimmt nicht:
Politik, Verwaltung und Gerichte lassen es durchgehen, dass um der Geschäftemacherei willen riskiert wird, die Corona-Infektionszahlen so weit nach oben zu treiben, dass ein Desaster droht. Gleichzeitig wird der Bevölkerung auferlegt, nur noch mit Schutzmasken einkaufen zu gehen und Bahn zu fahren. Diese Schutzmasken aber werden nicht in einer bewährten Qualität zur Verfügung gestellt, sondern jeder soll selber sehen, wie er irgendetwas schutzmaskenmäßiges sich organisiert oder zusammenbastelt. Und trotzdem es gar keine richtige Kriterien für eine funktionsfähige Schutzmaske gibt, sollen diejenigen, die keine tragen ab nächste Woche mit 150 Euro zur Kasse gebeten werden. "
In Mecklenburg-Vorpommern sei bei Verstößen gegen die Maskenpflicht künftig ein Bußgeld in Höhe von 25 Euro möglich, sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Das Bundesland Hessen, wo die Maskenpflicht ebenfalls am Montag in Kraft tritt, will wiederholte Verstöße mit einem Bußgeld von 50 Euro belegen, so die Staatskanzlei in Wiesbaden.
In Bayern hingegen können Verstöße gegen die Mundschutzpflicht wesentlich teurer werden. Das gehe aus dem aktualisierten Bußgeldkatalog hervor, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. "Wenn es jemand nach zwei, drei Tagen immer noch nicht kapiert hat, muss er damit rechnen, mit 150 Euro Bußgeld belegt zu werden", so Innenminister Joachim Herrmann."
Als ich am Freitag im Kundencenter des Nahverkehrsunternehmens meines Vertrauens (das gerade dabei ist schneller abzuschmelzen als Gletscher- und Pol-Eis) nach Schutzmasken fragte, damit ich auch Montag noch Bus und Bahn benutzen kann, wurde ich dort behandelt, als hätte ich da eine völlig maßlose und freche Forderung gestellt. "Eine Schutzmaske müssen sie sich selber besorgen, dafür sind wir nicht zuständig." Und das war die höfliche Zusammenfassung.
Das Schlimme ist: Obwohl ganz offensichtlich völlige Willkür regiert, es existieren keine festgesetzten schlüssigen Kriterien für die Beschaffenheit des Mundschutzes, die Bußgeldunterschiede sind bis zu 800 % (25 Euro in Mecklenburg-Vorpommern, 150 Euro in Bayern) und obwohl die wissenschaftliche Evidenz für die Schutzfunktion fehlt oder zumindest sehr stark widersprüchlich ist, wird auf die am stärksten Benachteiligte, die am ehesten auf den ÖPNV angewiesen sind mit drakonischen Strafen "eingeprügelt", während Politik, Verwaltung und Gerichte die Geschäftsinhaber Reibach machen lassen, obwohl sie damit alle gefährden.
Es ist selbstverständlich außerordentlich wünschenswert, dass die jetzt erfolgten Ladenöffnungen nicht zu einem Desaster führen, aber es gibt keinen vernünftigen Grund, einen solchen Höllenritt zu veranstalten und dabei auch noch einmal mehr diejenigen zu schröpfen, die ohnehin schon benachteiligt sind.
Das allermindeste wäre doch zum Beispiel, wenn die Nahverkehrsunternehmen anstatt Fahrkarten zu verkaufen, stattdessen Mund-Nasenschutze zum Selbstkostenpreis verkaufen, die dann als Fahrkarte gelten. So wie es jetzt geregelt ist, werden Bus- und Bahnfahrgäste doppelt zur Kasse gebeten, für den Mundschutz, und die sind derzeit nicht billig, und die Fahrkarten.