
Wegeführung 1 - Fahrbahn.
Wegeführung 2 - nicht benutzungspflichtiger, Richtlinienkonformer Radweg
?
joa, kann man machen
Die vorfindbare Wirklichkeit ist komplizierter als diese scheinbar klare Positionierung es suggeriert.
Der äußerst erfolgreich geführte jahrzehntelange Verdrängungswettbewerb der Autofahrerschaft hat an sehr vielen Straßen zu unzureichend dimensionierten Hochbordradwegen geführt, von denen inzwischen viele nur noch Angebots-Radwege sind. Unter anderem deshalb, weil sie zu gering dimensioniert sind.
Deine Überlegung ist interessant für Neuplanungen. Bei vielen Umplanungen dagegen wird es sehr schwer werden, einen breiten Hochbordradweg und ein Fahren auf der Fahrbahn zu ermöglichen. Die Autofahrerlobby kämpft verbissen darum, dass die Benutzungspflicht Bestand haben soll. Die Autolobby argumentiert, wenn ein breiter Hochbordradweg vorhanden ist, dann muss der auch benutzungspflichtig gemacht werden im Sinne der Doktrin, die Wege für verschiedene Verkehrsarten zu entflechten.
- bei T30 brauch ich gar-keine Radwege. Niemand braucht das. Weil die Differenzgeschwindigkeit einfach so gering ist.
Was ist für dich eine niedrige Differenzgeschwindigkeit?
Ich hatte schon an anderer Stelle davon gesprochen, dass man viele Menschen von der Benutzung des Fahrrades ausschließen würde, wenn man annimmt, dass Menschen mit dem Rad durchschnittlich 25 km/h fahren.
Da hat die Autofahrerschaft einen klaren Vorteil. Egal wie wenig jemand körperlich fit ist, im Auto gelingt es jedem, ohne Mühe das Gaspedal bis zum Bodenblech durchzudrücken. Die maximal erreichbare Geschwindigkeit und - noch sehr viel wichtiger - das Beschleunigungsvermögen sind völlig unabhängig vom Grad der körperlichen Fitness.
Im Vergleich dazu ist die maximal erreichbare Geschwindigkeit beim Fahrrad nicht nur deutlich unterhalb der des Autos, sondern außerdem extrem stark abhängig vom Fahrradtyp und von der körperlichen Fitness.
Ein "normales" Fahrrad ohne Gangschaltung ermöglicht bei einer Trittfrequenz von 1 Umdrehung pro Sekunde Geschwindigkeiten von 15 - 18 km/h. Dabei ist anzumerken, dass viele Radfahrer*innen langsamer treten, etwa in dem Bereich 40 bis 50 Umdrehungen pro Sekunde. Dass diese Radfahrer*innen dann trotzdem 15 - 18 km/h schnell sind, liegt daran, dass die meisten Fahrräder Gangschaltungen haben. Die nutzen sie aber nicht, um mit einer Trittfrequenz von 60 U/Minute durch Auswahl eines höheren Ganges eine höhere Geschwindigkeit zu erzielen. Sondern der höhere gang ermöglicht es. die Trittfrequenz zu vermindern. Und das wird als angenehm empfunden. Das Dargestellte basiert auf eigenen Beobachtungen und Gesprächen mit anderen Radfahrer*innen. Kennt wer Studien dazu? Für sehr viele Radfahrer gilt, dass die gefahrene Geschwindigkeit bei durchschnittlich 15 - 18 km/h liegt. Um so mehr gilt das für viele Noch-Nicht-Radfahrer*innen!
So lange keine wirksamen Maßnahmen ergriffen werden, um auf einer Straße mit Tempo 30 diese Geschwindigkeit auch tatsächlich durchzusetzen, kann man davon ausgehen, dass auf einer solchen Straße üblicherweise Geschwindigkeiten von mindestens rund 35 km/h gefahren werden. Das kann jeder ganz schnell überprüfen, wenn er mal bei einer Tempoanzeigetafel in einem Tempo 30 Bereich ein paar Minuten zuschaut, was dort für Geschwindigkeiten angezeigt werden.
Ich gehe deshalb davon aus, dass Autos auf Straßen mit Tempolimit 30 in der Regel doppelt so schnell unterwegs sind wie viele Radfahrer. Deshalb widerspreche ich deiner Aussage, dass die Differenzgeschwindigkeit zwischen Radfahrern und Autofahrern in Straßen mit Tempo 30 max. gering ist.
Noch etwas ist mir aufgefallen: Sehr viele Radfahrer*innen benutzen ihre Gangschaltung nicht zum Anfahren. Viele stellen einen bestimmten Gang ein, von dem sie meinen, es sei der optimale Gang für ihre Bedürfnisse und benutzen fast ausschließlich nur diesen Gang.
Fahrradmechaniker haben mir davon berichtet, dass bei Kettenschaltungen oft nur ein einziges Ritzel runtergefahren ist. Und auch bei mehreren Kettenblättern ist nur eines stark abgenutzt.
Manche Radfahrer*innen scghalten allerdings trotzdem; und zwar in kleinere Gänge wenn es bergauf geht.
Um nach einem Ampelstopp oder nach einem Halt vor einem Zebrastreifen wieder auf Fahrt zu kommen, benutzen nach meiner Beobachtung jedoch nur wenige Radfahrer*innen ihre Gangschaltung. Das ist zumindest meine Beobachtung in Hannover.
Besonders solche Radfahrerinnen, aber auch deutlich fittere sowohl im Umgang mit der Schaltung, als auch körperlich fittere, erreichen jedoch bei weitem nicht das Beschleunigungsvermögen von Autos. "Der durchschnittliche Neuwagen hatte nach Angaben des Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer im vergangenen Jahr bereits 159 PS. In diesem Jahr waren die zwischen Januar und Mai zugelassenen Fahrzeuge im Schnitt sogar 166 PS stark." (aus: KFZ-Betrieb,
Durchschnittliche PS-Zahl neu zugelassener Autos steigt weiter, 29.06.2020
https://www.kfz-betrieb.vogel.de/durchschnittli…eiter-a-943405/ )
Zwar geht ein Teil der zusätzlichen PS-Leistungen dafür drauf, das immer höhere Gewicht der KFZ zu kompensieren. Trotzdem steigt das Beschleunigungsvermögen immer weiter an. Und immer mehr Autofahrer*innen machen Gebrauch davon.
Durch ein starkes KFZ-Aufkommen von mehreren hundert KFZ in einer Fahrtrichtung ist das Fahren auf der Fahrbahn für viele Radfahrer*innen etwas, das vermieden wird. Und das kann so weit gehen, dass das Rad dann stehen bleibt. Besonders dann, wenn außerdem noch am Fahrbahnrand geparkt und gehalten werden darf, so dass viele Vorbeifahr-Mannöver zu tätigen sind.
Das ist keine Frage von "gefühlter Sicherheit", sondern das sind objektive, nachprüfbare Daten, die ich da genannt habe.
Vielleicht fehlt es dem Fahrradklimatest auch an solchen Fragestellungen? Zwar beziehen sich die ersten Fragen auf das eigenen Radfahrverhalten:
Wie oft fahren Sie mit dem Fahrrad?
O (fast) täglich
O (1-3x) wöchentlich
O (1-3x) monatlich
O seltener
O (fast) nie
Fahren Sie mit dem Fahrrad vor allem...
O auf alltäglichen Wegen
O in der Freizeit/auf Radtouren
O sowohl als auch
Aber es gibt im Fahrradklimatest keine Fragen nach der technischen Ausstattung der benutzten Räder und wie intensiv die technischen Komponenten (Gangschaltung!) genutzt werden. Und es gibt keine Fragen zur körperlichen Fitness.
Ich vermute, man würde sehr schnell herausfinden können, dass Radfahrer*innen, die die technischen Komponenten ihres Rades (Gangschaltung) kaum nutzen und zudem körperlich eher durchschnittlich oder sogar etwas weniger fit sind, signifikant häufiger nach getrennten Radwegen verlangen, als Radfahrer mit Gangschaltungs-Rädern, die die Gangschaltung regelmäßig benutzen und die körperlich eher überdurchschnittlich fit sind im Vergleich zur Gesamtbevölkerung.