... ich habe nichts gegen öffentliche Gelder in Maßen für ÖPNV, für den Radverkehr und auch für Straßen, denn es soll ja auch für den entlegenen Bauernhof eine Zufahrt für Rettungswagen und Feuerwehr möglich sein.
Ich glaube, wir müssen einen unideologischen Verkehrs-Mix erreichen, denn das Leben in der Stadt und auf dem Land braucht andere Lösungen.
Was aber bedeutet "öffentliche Gelder in Maßen"?.
Auf Landstraßen gilt ein generelles Tempolimit von 100 km/h in Deutschland.
Auf vielen Landstraßenabschnitten ist ein niedrigeres Tempolimit angeordnet, meistens 70 km/h.
Und dann gibt es noch sehr viele Landstraßenabschnitte, an denen kein niedrigeres Tempolimit angeordnet ist, wo es jedoch aufgrund der örtlichen Verhältnisse eigentlich richtig und wichtig wäre, deutlich langsamer als Tempo 100 zu fahren. Entsprechend § 3 StVO, Abs. 1:
"Geschwindigkeit
Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen."
Das steht ja nicht: Es soll immer so schnell gefahren werden, wie es die angeordnete Höchstgeschwindigkeit zulässt und dann nochmal rund 10 bis 15 % obendrauf gepackt werden. Das scheinen jedoch viele Autofahrende so zu verstehen.
Die Bauindustrie, die IG-Bau und zahlreiche Interessensverbände und Lobbygruppen der Autobauer und nicht zuletzt auch aufgebrachte (oder besser aufgehetzte) Autofahrer jedoch halten eisern daran fest, dass Tempo 100 als generelle Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen Bestand hat und nicht unterschritten wird. Denen bieten Unfälle auf weniger gut ausgebauten Landstraßen immer wieder ein Vorwand, die Straßen zu verbreitern, zu begradigen, die Kreuzungen umzugestalten (am besten wie Autobahnauffahrten), Standstreifen zu bauen oder auch möglichst weiträumig abgetrennte Radwege zu bauen.
Bis Anfang der 70er-Jahre gab es außerorts keine Tempolimits. Die wurden 1953 abgeschafft, unter anderem mit der Begründung, generelle Tempolimits seien Freiheitsbeschränkungen, die aus der NS-Zeit stammen.
Unfallverhütung bestand damals (und in vielen Köpfen ist das heute noch so) einzig und allein darin, Straßen zu begradigen, zu verbreitern und Alleebäume abzuholzen.
Die von dir aufgestellte Forderung, öffentliche Gelder in Maßen für den Straßenbau auszugeben, ist richtig, würde aber in meinen Augen bedeuten, ein generelles niedriges Tempolimit auf Landstraßen anzuordnen und die vorhandenen Straßen-Kapazitäten deutlich effizienter zu nutzen, wie es mit einem niedrigen Tempolimit möglich ist. Vor allem aber mehr dafür zu tun, den Autoverkehr zu reduzieren, indem ÖPNV-Angebote etabliert werden. Und die haben sehr gute Chancen bei einem niedrigen generellen Tempolimit.