Beiträge von Ullie

    Ohne Maske ESWE fahren: 50 Euro

    Viele Leute schnallen nicht: Die vulnerablen Leute leben nicht in Altenheimem und Krankenhäusern. Sie fahren mit den Öffis, sie gehen zur Uni, sie wollen mal 'nen gemütlichen Abend in der Kneipe verbringen oder auf eine Party gehen. Sie sind nicht 90 Jahre alt und nierenkrank, sie sind manchmal erst 23 Jahre alt und wollen ganz normal studieren, bitte.

    Deshalb hat es mich sehr gewurmt, dass die Impfpflicht für alle nicht gekommen ist. Stattdessen die einrichtungsbezogene Impfpflicht für das Personal in Krankenhäusern, Rehaeinrichtungen, Pflegeheimen usw.

    Aber eben nicht die Impfpflicht für alle.

    Stattdessen die Maskenpflicht für alle in den Öffis (und in den genannten Einrichtungen.)

    Müsste vielleicht nicht sein, wenn die Impfpflicht gekommen wäre und mit dem Impfen eine so weit gehende und breite Immunisierung, dass man beim Bahnfahren nicht mehr an "Maske" denken muss und man nicht mehr übel hart zur Kasse gebeten wird, wenn man mal nicht dran denkt. In Wiesbaden zum Beispiel ist man mit 50 Euro dabei: Link zur Internetseite des Wiesbadener Verkehrsunternehmens ESWE: https://www.eswe-verkehr.de/corona.html#heading-12290

    De Gaulles Geburtshaus in Lille: (Aber vielleicht hätte der es heute auch anders gemacht.)

    Onkel Merzi fährt mit dem Schlafwagen nach Kiew, Onkel Scholzi mag nicht. Grosses Kino. Ich kann gar nicht sagen, wie wurst es mir ist, wo die beiden Haubentaucher "hinfahren". Von mir aus nach Honolulu? Interessiert das jemand im 21. Jahrhundert? Schon mal was von Teams oder Skype gehört? Oder gar vom Telefon (die Älteren erinnern sich)?

    Schon mal was von Zeitenwende gehört, Pepschmier?

    Vor 2 Jahren und 2 Monaten hielt ich eine Videokonferenz für "Kinderkacke".

    Aber dann holte mich die digitale "Zeitenwende" ein und seitdem habe ich deutlich mehr Stunden in Videokonferenzen zugebracht als mein nicht so ganz kurzes Leben davor. Nicht nur beruflich, sondern auch for fun, weil richtiges Zusammentreffen war nicht nur an der Arbeitsstelle, sondern auch im Hobby, in der Kneipe oder so, lange Zeit tabu. Ziemlich schnell lernte ich (notgedrungen), was jit.si, zoom, BigBlueButton usw. ist.

    Und dann Selenskyjs hochgejazzte und dabei doch möglicherweise zuvor klar choreografierte "supercoole" Antwort auf die vermutlich ebenfalls zur Choreografie gehörende Anfrage der Amerikaner und Briten, ob Selenskyj denn evakuiert werden möchte: "Ich brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit."

    (Dass er sich mit Munition alleine nicht sehr lange zufriedengeben würde, wissen wir inzwischen auch.)

    Kann sein, ich tu' Selenskyj gerade Unrecht. Und ja, der Superschurke ist nicht Selenskyj, sondern Putin. Kann aber auch sein, ich bin zwar hinreichend fantasievoll, um mir solche Vorgänge als choreografiert vorzustellen, aber zu naiv, um zu durchschauen, dass sie tatsächlich choreografiert sind. Und vielleicht auch ganz und gar zu naiv, um es für möglich zu halten, dass solche Choreografien dazu gehören, zum Kriegführen. Und jeder weiß, dass es Choreografien sind und trotzdem findet sie jeder toll.

    Trotzdem frage ich: Warum setzt sich der Präsident der Ukraine den nicht unerheblichen Gefahren einer Festnahme oder gar Exekution durch die Russen aus, anstatt das zu tun, was wir in zwei Jahren Corona in ganz vielen Berufen so oft getan haben, nämlich moderne Kommunikationssysteme nutzen, um den Laden ohne Selbstgefährdung am Laufen zu halten.

    Zum Vergleich: Charles de Gaulles gründete in London im Exil eine Regierung Frankreichs, die der Vichy-Regierung von Hitlers Gnaden trotzte. Siehe Bild oben: De Gaulles Geburtshaus in Lille

    Wie war das jetzt mit der "verdammten" Zeitenwende? Wendet die sich mal vorwärts (plötzlich heißt es Videokonferenz statt Zusammentreffen am Arbeitsplatz) und dann wieder rückwärts ("Ich brauche keine Mitfahrgelegenheit.")? :/

    Laut diesem Fokus-Bericht vom 29.4.2022 soll die Gefahr angeblich sehr konkret gewesen sein, dass russisches Militär Selenskyj hätte überwältigen können: "Selenskyj und seine Familie entgingen offenbar nur knapp russischer Gefangenschaft"

    Selenskyj und seine Familie entgingen offenbar nur knapp russischer Gefangenschaft
    Russlands Krieg ist ein Angriff auf die Ukraine und den Präsidenten selbst. Ein Bericht offenbart, dass Selenskyj in den ersten Stunden des Krieges russischen…
    www.focus.de
    Petition unterschreiben
    Offener Brief an Bundeskanzler Scholz
    www.change.org

    Das ist der Link zu diesem offenen Brief an Bundeskanzler Scholz:

    "Am vergangenen Freitag (29.04.) ist auf der Website des Magazins Emma ein Offener Brief von 28 Kulturschaffenden an Bundeskanzler Olaf Scholz erschienen. Die prominenten Erstunterzeichnenden, darunter die Feministin Alice Schwarzer, die Schriftstellerin Juli Zeh, der Sänger Reinhard Mey, der Autor Alexander Kluge und der Schauspieler Lars Eidinger, richten darin einen dringenden Appell an den Kanzler, nicht noch mehr schwere Waffen an die Ukraine zu liefern."

    Quelle: dw vom 1.5.22

    Nach Offenem Brief an Olaf Scholz: Debatte um Waffenlieferungen verschärft | DW | 01.05.2022
    Nach dem Erscheinen eines Offenen Briefs von 28 Kulturschaffenden an Bundeskanzler Olaf Scholz wird heftig über die geplante Lieferung schwerer Waffen an die…
    www.dw.com

    Auf die Gefahr hin, mir wieder die Keule des "Whataboutism" einzufangen: die territoriale Integrität von Jugoslawien und später von Serbien wurde nicht respektiert.

    Und Deutschland war das erste Land, und es war das Land, dem es gar nicht schnell genug gehen konnte, und das ohne Not oder einem hohen Bedarf an Dringlichkeit Slowenien und Kroatien anerkannte: "Anfang der 90er Jahre zerfällt Jugoslawien und es kommt zu blutigen Bürgerkriegen. Hat daran auch eine Entscheidung der Bundesregierung einen gewissen Anteil – oder ist es falsch, von einer deutschen Sonderrolle zu sprechen?"

    Die Rheinpfalz vom 23.12.2020 https://www.rheinpfalz.de/politik_artike…id,5148886.html

    Damals wurden sogar alte Verbindungen aus der Nazi-Zeit zur faschistisch-kroatischen Ustaša-Bewegung als mögliche Ursache für Deutschlands große Eile beim Zerschlagen der territorialen Integrität Jugoslawiens genannt.

    2014 beschloss das Krim-Parlament ein Referendum durchzuführen, bei dem sich am 16. März 2014 die Bevölkerung der Krim mehrheitlich für eine Lossagung von der Ukraine aussprach. Allerdings fanden sowohl der Parlamentsbeschluss für das Referendum, als auch das Referendum selbst unter Einflussnahme Russlands statt.

    Die NZZ wirft Russland in einem Artikel vor, die diplomatischen Optionen nicht genutzt zu haben und rabiat die Unabhängigkeit der Krim von der Ukraine vorangetrieben zu haben. NZZ vom 18.3.2014 https://www.nzz.ch/meinung/debatt…recht-ld.642804

    Ob allerdings jemals die Ukraine einem Unabhängigkeitsreferendum der Bevölkerung der Krim zugestimmt hätte, ist sehr zweifelhaft.

    Kurios ist, dass ausgerechnet die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP, deren Partei damals bei der völkerrechtlichen Anerkennung Sloweniens und Kroatiens den deutschen Außenminister stellte, jetzt vehement die Ukraine bei ihrem Anspruch unterstützt, die Krim zurückzuerobern.

    Warum können nicht einfach die gegebenen Grenzen von allen Seiten akzeptiert werden? Stattdessen toben sich die Nationalisten aus und kämpfen um Grenzen anstatt um eine lebenswerte Gesellschaftsstruktur, die auf einem gerechten und ressourcenschonenden Wirtschaften basiert. In allen Ländern!

    Übrigens gehöre ich zu denen, die damals im Jahr 2008 den Wehrdienst verweigert haben. Im Gegensatz zu meinen Mitschülern kopierte ich mir keine Vorlage aus dem Internet, sondern formulierte meine eigenen Gedanken und Eindrücke von den Erzählungen meiner Großeltern, die ich schon damals auf vielen Seiten auszuwalzen verstand (diese Tradition führte ich schließlich damals auf Radverkehrspolitik.de fort). Nach wie vor halte ich Krieg für eine der schlimmsten Ideen, auf die der Mensch in den letzten Jahrtausenden gekommen ist, aber meine Entscheidung hinsichtlich einer Verweigerung wäre heute eine andere.

    Schon in den 80ern und erst recht seit den 90er Jahren war es nach meiner Erinnerung so, dass Kriegsdienstverweigerung längst nichts mehr etwas Anstößiges oder Ungewöhnliches war. Die meisten damals, die zumindest ein bisschen politisch interessiert waren, selbst viele Anhänger konservativer Parteien mieden den Wehrdienst und bevorzugten den Zivildienst, manche auch die Verpflichtung bei der Freiwilligen Feuerwehr.

    Das Kriegshandwerk wurde vielfach als etwas völlig Nutzloses gesehen, dass aufgrund seiner Inhaltsleere und der Kasernierung zu Saufexzessen verleitet. Zivildienst wurde schon deshalb von vielen bevorzugt, weil es den weiteren Aufenthalt in einem oft gar nicht schlecht ausgestatteten Zuhause ermöglichte. (Das war in den Anfangsjahren der Bundeswehr noch ganz anders. Da wurden auch Zivildienstleistende kaserniert.)

    Wie ist das eigentlich heute (nach der "Zeitenwende")? Bei dem mir unverständlichen Jubel über den Versuch der Ukraine, Widerstand bis zur Selbstvernichtung zu leisten, könnte man doch eigentlich annehmen, dass sich neue Vorbilder auftun, wie die Besatzung des Patrouillenschiffes, die einen aussichtslosen Widerstand gegen ein deutlich überlegenes russisches Kriegsschiff leistete, anstatt ihren sinnlosen Widerstand aufzugeben. Und wer damals den Kriegsdienst verweigerte, der könnte ja heute auf den Gedanken kommen, seine Entscheidung zu revidieren. Allerdings habe ich noch nichts von einem Run auf die Kreiswehrersatzämter vernommen, von Männern, die - jetzt im besten Alter - ihre einst getroffene Entscheidung gegen den Kriegsdienst revidieren. Dabei wird es heutzutage selbst in grünen Kreisen auch schon mal als "feige" bezeichnet an der Kriegsdienstverweigerung fest zu halten.

    Die Nachfolgeorganisationen der Kreiswehrersatzämter sind übrigens die Karrierecenter der Bundeswehr. Gibt es da gerade einen Run? Und wie verhalte ich mich als ein "Spätgeborener", der nie einen Einberufungsbescheid erhalten hat, weil er Ende der 80er, Anfang, Mitte der 90er Jahre geboren ist? Ist es angeraten einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung zu stellen, weil es jetzt (noch?) problemlos möglich ist, aber vielleicht aufgrund der "Zeitenwende" in wenigen Monaten schon ganz anders hingeschaut werden wird? Inklusive Gewissensprüfung im Inquisition-Stil?

    Oder ist es besser seine Berufskarriere gleich beim Karrierecenter der Bundeswehr zu beginnen, weil zu befürchten ist, dass man bei der Stellenbewerbung gefragt wird, wo man gedient habe?

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    ich hab mich auch erst über das 9EUR-Ticket gefreut.

    Mittlerweile befürchte ich an Samstagen und Sonntagen auch gnadenlose Überfüllung.

    Und das auch im dünn besiedelten Thüringen. Ich mein: hier wohnen knapp so viele Einwohner wie in Hamburg + enger Speckgürtel.

    Aber in den Thüringer Wald, in die "großen Städte" (Leipzig, Nürnberg und Erfurt, Hannover) führen genau 2 Strecken.

    Deja vu? "Vor 24 Jahren wurde das Schönes-Wochenende-Ticket zum 01. Februar 1995 eingeführt und war anfangs ein toller Erfolg. Die Kunden buchten das Ticket zum Pauschalpreis sehr gern und häufig. Für nur 15 D-Mark konnte man mit diesem Ticket zwischen Samstag 0:00 Uhr und Sonntag 24:00 Uhr beliebig viele Fahrten in Regionalzügen unternehmen, und das bundesweit.

    Allein bis Mai 1995 wurde das Schönes-Wochenende-Ticket rund 1 Million Mal verkauft und viele, die es nutzen, waren Neukunden. Die Strategie der Bahn, Nahverkehrszüge, wie Eilzug (E), Nahverkehrszug (N), S-Bahn (S), Citybahn (CB), Stadtexpress (SE) und Regionalschnellbahn (RSB) – viele von diesen Gattungen gibt es heute nicht mehr – am Wochenende besser auszulasten ging voll auf.

    Allerdings hatte die Bahn nicht die große Leidensfähigkeit ihrer Passagiere einkalkuliert. Eigentlich war geplant, vor allem Familien zu Kurzreisen am Wochenende auf die Schiene zu locken. Das hat zu großen Teilen auch funktioniert. Allerdings nutzen unerwartet viele Kunden das Wochenendticket auch für Fernreisen quer durch Deutschland, und das in Nahverkehrszügen. Das hatte die Bahn nicht einkalkuliert und so kannibalisierte das Pauschalticket zunehmend die Ticketverkäufe im Fernverkehr."
    Quelle: https://www.weltansehen.de/2019/06/11/das…ist-geschichte/

    Ich teile deine Befürchtung und viele Nahverkehrsunternehmen haben genau davor gewarnt, was du befürchtest.

    Möglicherweise ist eine Sache jetzt anders: Corona hat die Züge leerer gemacht. Das 9 Euro-Ticket soll sie wieder voll machen.

    Hinterher ist man bekanntlich immer schlauer. Der Spiegel-Artikel bündelt die in den zurückliegenden Jahren immer mal wieder aufgeploppten Hinweise der Einflussnahme Russlands auf vor allem rechtspopulistische Parteien in Deutschland und Europa. So wird deutlich, wie sehr Russland von einem ultranationalistischen Regime regiert wird.

    Allerdings habe ich mich in den letzten Wochen auch gefragt, ob diesem Nationalismusdenken nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht auch dadurch Vorschub geleistet wurde, dass das Auseinanderbrechen Jugoslawiens und später Serbiens jeweils in mehrere eigenständige Kleinstaaten zu sehr unterstützt wurde, gerade auch von Deutschland zu sehr unterstützt wurde.

    "Anfang der 90er Jahre zerfällt Jugoslawien und es kommt zu blutigen Bürgerkriegen. Hat daran auch eine Entscheidung der Bundesregierung einen gewissen Anteil – oder ist es falsch, von einer deutschen Sonderrolle zu sprechen?

    Ein plausibler Grund für die Eile ist bis heute nicht zu erkennen. Aber einen Tag vor Weihnachten 1991 musste plötzlich alles ganz schnell gehen. Am 23. Dezember trat das Bundeskabinett in Bonn zusammen. Der Ministerrat mit Kanzler Helmut Kohl an der Spitze erkannte Kroatien und Slowenien als eigenständige, unabhängige Staaten an. Damit war die Auflösung des Vielvölkerstaates Jugoslawien auch politisch-diplomatisch besiegelt."

    aus: Die Rheinpfalz vom 23.12.2020

    Deutschland erkennt Slowenien und Kroatien als Staaten an - Kalender
    Anfang der 90er Jahre zerfällt Jugoslawien und es kommt zu blutigen Bürgerkriegen. Hat daran auch eine Entscheidung der Bundesregierung einen ...
    www.rheinpfalz.de

    Gleichzeitig war für viele Deutsche Russland immer noch irgendwie die Sowjetunion und was da im Einzelnen vor sich ging, irgendwie zu kompliziert, um sich damit genauer auseinanderzusetzen. Zumal es sich ja um eine deutlich geschwächte Sowjetunion handelte: Soviel war allen klar: "Der Westen hatte gesiegt und das war ja auch dann erst mal gut so", dachten viele lange Zeit.

    Ach und du glaubst das ist die eine Grenze die Putin nicht übertreten würde?

    Wenn Putin einen Nato-Mitgliedstaat angreift, ist es alleine schon deshalb ein Unterschied, weil in dem Fall die Nato-Bündnispflicht in Kraft tritt. Und ich sehe keinen Grund so zu tun als gäbe es da keinen Unterschied. Denn würde man keinen Unterschied machen, dann hätte die NATO immer dann, wenn ein Land völkerrechtswidrig angegriffen wird, eine Rechtfertigung, in den Konflikt einzugreifen. Alleine deshalb, weil es ein starkes Militärbündnis ist.

    Und das müsste man dann umgekehrt auch für das Militärbündnis OVKS gelten lassen, dem Russland, Armenien, Weißrussland, Kasachstan, Kirgisien und Tadschikistan angehören.* Macht die Sache jedenfalls nicht leichter.

    *Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit

    Putins völkerrechtswidriger Überfall wirkt wie ein Katalysator dafür, Staaten zu Bewerber für eine Nato-Mitgliedschaft zu machen. Aber wird die Welt dadurch sicherer? Ich befürchte nicht.

    Was denn nun?

    Selenskyj erwartet möglicherweise eine hundertfünfzigprozentige Unterstützung seiner politischen Ziele in Bezug auf die Zukunft der Ukraine. Dazu zählt er sicher auch eine Rückeroberung der Krim. Was noch alles und in welchem Kontext lässt sich so genau nicht immer sagen, denn was bisher von Selenskyj formuliert wurde, ist mitunter auch unklar.

    Am 1.3.22 forderte Selenskyj als Voraussetzung für Verhandlungen über einen Waffenstillstand die sofortige Einstellung der Bombardierungen in der Ukraine durch russische Truppen.

    Ukrainekrieg: Selenskyj fordert Waffenstillstand – Putin gibt nicht nach
    Ukraines Präsident Selenskyj will Gespräche mit Russland nur führen, wenn zunächst die Bombardierungen eingestellt werden. Präsident Putin besteht weiterhin…
    www.spiegel.de

    Das hört sich vernünftig und maßvoll an. Aber im selben Kontext fordert Selenskyj die Einrichtung einer Flugverbotszone: "Selenskyj forderte die Nato auf, eine Flugverbotszone über der Ukraine einzurichten, um russische Luftangriffe zu verhindern." (ebenda) Die Ukraine ist kein Nato-Mitgliedsstaat und ich halte es für fahrlässig auf diese Weise die Nato-Staaten zu Kriegsteilnehmer werden zu lassen.

    Er erwartet möglicherweise auch militärische Unterstützung bei der Rückeroberung der Krim.

    "Es laufe der "Countdown für die De-Okkupation" der von Russland annektierten Halbinsel, sagt der Präsident der Ukraine."

    Die Zeit vom 23. August 2021 https://www.zeit.de/politik/auslan…erung-rueckgabe

    Doch gerade da hatte Putin es ja deutlich gerissener verstanden, seine Interessen durchzusetzen. Womit ich Putins Vorgehen keineswegs rechtfertigen will. Seine ekelhafte Motorrad-Sieges-Parade zur Okkupation der Krim ist einfach nur abscheulich.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Es ist nicht richtig eine Äqui-Distanz gegenüber Russland und der Ukraine walten zu lassen. Aber das bedeutet noch nicht automatisch eine hundertfünfzigprozentige Unterstützung der Ukraine mit allen Mitteln.

    Lass mal die baltischen Staaten außen vor, denn die sind seit 2004 Nato-Mitglieder.

    Und gönne mir eine polemische Antwort auf Kasachstan. tagesschau vom 13.1.2022:

    "Das von Russland angeführte Militärbündnis sieht seine Mission erfüllt und zieht seine Truppen wieder aus Kasachstan ab."

    Militärbündnis beginnt mit Abzug aus Kasachstan
    Das von Russland angeführte Militärbündnis sieht seine Mission erfüllt und zieht seine Truppen ab. Nach den tödlichen Zusammenstößen scheint sich die Lage zu…
    www.tagesschau.de

    Und jetzt die Polemik: (Und dazu braucht es eigentlich nicht mehr als den Hinweis auf die Ziele der Protestler in Kasachstan bei den Unruhen im Januar 22):

    "Gewaltsame Proteste gegen hohe Preise an den Tankstellen haben das Land Kasachstan in Zentralasien in eine Krise gestürzt. Am Mittwoch trat die Regierung zurück. In mehreren Landesteilen der autoritär geführten Republik wurde der Ausnahmezustand verhängt. Die Sicherheitskräfte nahmen nach Angaben des Innenministeriums mehr als 200 Menschen fest."

    Berliner Zeitung vom 5.1.22

    Kasachstan: Gewaltsame Proteste gegen hohe Energiepreise, Regierung tritt zurück
    Bei Demonstrationen gegen zu hohe Preise an Tankstellen kam es zu heftigen Krawallen. Demonstranten stürmten ein Rathaus.
    www.berliner-zeitung.de

    Willst du einen Unterbietungswettbewerb bei den Spritpreisen anstoßen, dann unterstütze weltweit Oppositionelle Gruppierungen zur Senkung von Tank-Preisen. Ich vermute dass auch dieses Ziel der kasachischen Opposition (billiges Tanken) dazu beigetragen hat, den Protest gegen Moskaus Eingreifen in Kasachstan nicht allzu laut werden zu lassen.

    Der Titel des Threads heißt ja:

    "Die Waffen nieder - ziviler Widerstand gegen Putins Angriffskrieg"

    In dem bereits weiter oben erwähnten Offenen Brief an Bundeskanzler Scholz wird auf das berühmte Zitat "Die Waffen nieder" Bezug genommen:

    "Es ist richtig, die Forderung "Die Waffen nieder!" in erste Linie an die russische Seite zu stellen. Doch müssen gleichzeitig weitere Schritte unternommen werden, das Blutvergießen und die Vertreibung der Menschen so schnell wie möglich zu beenden."

    Hier der Link zum Brief auf heise.de:

    Teil 1:

    Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz: "Deeskalation jetzt!"
    Telepolis dokumentiert offenen Brief an das Bundeskanzleramt. Schreiben fordert Schritte zur Entschärfung der Krise und Vorrang für den Schutz der Bevölkerung
    www.heise.de

    Teil 2:

    Reelle Chance für ein Ende des Konfliktes
    Telepolis dokumentiert offenen Brief an das Bundeskanzleramt. Schreiben fordert Schritte zur Entschärfung der Krise und Vorrang für den Schutz der Bevölkerung
    www.heise.de

    Unterschrieben haben den Brief unter anderem:

    Christoph Krämer, Chirurg, Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges IPPNW (deutsche Sektion)

    Ruth Misselwitz, evangelische Theologin, ehem. Vorsitzende von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste

    Dr. Antje Vollmer, ehem. Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages

    Konstantin Wecker, Musiker, Komponist und Autor (Redaktion Telepolis)

    Selbst wenn Putin wie auch immer verschwindet, wird ja die aktuelle politische Situation in dem Land nicht verändert.

    Das ist einer der Gründe, warum ich es für falsch halte Hitler-Putin Vergleiche anzustellen. Oder Putin als den ultimativen Bösewicht anzuprangern. Wer weiß was nach Putin kommt und ob er sehr bald schon verschwindet ist höchst ungewiss.

    In einem Interview mit dem ehemaligen Kasseler Kasseler Politologen Werner Ruf, der in einem Offenen Brief an Bundeskanzler Scholz gemeinsam mit anderen Persönlichkeiten, darunter Antje Vollmer und Konstantin Wecker den Stopp der Waffenlieferungen und damit verbunden einen sofortigen Waffenstillstand fordert, heißt es: "Die Nazi-Barbarei war bisher die einzige Ideologie, die Völkermord zu ihrem Programm gemacht und das auch umgesetzt hat. Und nicht nur gegenüber den Juden und Sinti und Roma, sondern auch gegenüber den „slawischen Untermenschen“. Wie anders hätten sie sonst 27 Millionen Menschen in Osteuropa umbringen können? Gerade deshalb können wir nicht alles mit Hitler vergleichen. Ich habe so viele Hitler in meinem Leben erlebt: den echten Hitler, den Hitler vom Nil, wie Gamal Abdel Nasser genannt wurde, den Hitler von Bagdad und den Hitler von Belgrad. Es geht in der internationalen Politik nicht um Personen und Psychologie, sondern um Interessen von Staaten. Darum gilt: Wenn wir Menschenrechte schützen wollen und das oberste Menschenrecht, das Recht auf Leben, sollten wir vermeiden, Waffen zu verteilen."

    Hessische-Niedersächsische Allgemeine vom 26.4.2022

    Putin? Wir sollten über einen "clear exit" von Russland reden. Und das geht nur ohne Putin. Alle die Putin decken bzw. nicht aktiv gegen ihn vorgehen sind in meinen Augen Kriegsverbrecher und sollten entsprechend behandelt werden.

    Genauso hätte man vor 80 Jahren fragen können, wie man Hitler einen "clean exit" geben könnte.

    Wie gut, dass wir hier im Forum alle aktive Fahrradfahrer*innen sind und so die Bedingungen für einen gegen Russland gerichteten Energierohstoffboykott begünstigen, und dadurch aktiv gegen Putin vorgehen! ;)

    Putin? Wir sollten über einen "clear exit" von Russland reden. Und das geht nur ohne Putin. Alle die Putin decken bzw. nicht aktiv gegen ihn vorgehen sind in meinen Augen Kriegsverbrecher und sollten entsprechend behandelt werden.

    Genauso hätte man vor 80 Jahren fragen können, wie man Hitler einen "clean exit" geben könnte.

    Mit Hitler-Vergleichen sollte man besser sparsam umgehen. Nicht zuletzt deshalb, weil es die ungeheuerlichen Verbrechenden des Naziregimes relativiert.

    Aber was vielleicht noch problematischer ist an dem Vergleich:

    Hitlers Macht und die des Nazi-Regimes wurde erst gebrochen, nachdem Deutschland 1945 von den Alliierten vollständig besetzt wurde. Damals (zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1939) war Deutschland ein Land mit einer Fläche von rund 600.000 km² und mit rund 80 Millionen Einwohnern.

    Liste der Volkszählungen in Deutschland – Wikipedia

    Dagegen ist Russland mit etwa 17 Millionen Quadratkilometern der größte Staat der Welt und umfasst etwa ein Neuntel der Landmasse der Erde. Mit 144,5 Millionen Einwohnern (2019) steht es an 9. Stelle der bevölkerungsreichsten Staaten.

    Das heißt, das heutige Russland ist etwa 30x größer als Deutschland 1939 und hat etwa doppelt so viel Einwohner (sehr grob gerechnet).

    Obwohl die Alliierten im Zweiten Weltkrieg deutlich mehr Einwohner hatten, als Deutschland, hat es mehrere Kriegsjahre gedauert, bis Deutschland kapitulierte. Man könnte einwenden, dass mit Japan ein größerer Verbündeter an der Seite Deutschlands stand, als zum Beispiel Belarus, das an der Seite Russlands steht. Vielleicht ist es auch so, dass die schiere flächenmäßige Größe eines Landes militärisch eher von Nachteil ist, wenn es um die Landesverteidigung geht und man könnte sicher noch weitere Spekulationen anstellen.

    Aber ganz sicher reicht der ganz einfache Zahlenvergleich am Anfang aus, um die Dimensionen aufzuzeigen, die sich daraus ergeben, wenn man das Ernst nähme, dass Hitler und Putin einfach mal eben so gleich gesetzt werden müssten.

    Um noch auf einen anderen Umstand hinzuweisen: Amerika hatte 1945 die Atombombe, während die Achsenmächte keine Atombombe hatten. Derzeit meinen manche, man müsse das ganz einfach ignorieren, denn Putin würde ja nicht ernsthaft auf die Idee kommen ...

    Gleichzeitig wird eben diesem Putin vorgeworfen, dass er völlig unberechenbar geworden sei und man sich bei Russland auf nichts mehr verlassen könne usw.

    Ich hoffe sehr, dass es doch noch einige rote Linien gibt. Und wenn ich mir den Überbietungswettbewerb Hofreiter gegen Scholz anhöre, dann frage ich mich, ob es nicht reichlich unsinnig ist, dass sich die beiden, Hofreiter und Scholz, einen solchen Überbietungswettbewerb mit umgekehrten Vorzeichen leisten. Immerhin arbeiten sie in derselben Regierungskoalition zusammen.

    Scholz warnt vor dem Atomkrieg, und plädiert deshalb für ein vorsichtiges Vorgehen bei der Unterstützung der Ukraine mit schweren Waffen.

    https://www.spiegel.de/politik/olaf-s…73-fbcd0bd8791c (Spiegel-Artikel vom 22.4.2022: Bundeskanzler Scholz im SPIEGEL - »Es darf keinen Atomkrieg geben«)

    Hofreiter warnt umgekehrt davor, zu zögerlich bei der Unterstützung der Ukraine mit schweren Waffen vorzugehen und befürchtet in diesem Zusammenhang, dass dadurch ein Dritter Weltkrieg droht.

    https://www.tagesspiegel.de/politik/deutsc…g/28262936.html (Der Tagesspiegel vom 20.4.22: Deutsches Zögern bei Waffenlieferungen - Hofreiter warnt Regierung vor einem „De-facto-dritten-Weltkrieg“)

    Dazu hat jemand aus meinem Bekanntenkreis, tägl. Arbeitsweg 10 km pro Strecke (Lobeda <-> Stadtroda) mit Marke Eigenbau kräftig Futter geliefert:

    https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/126722/5149430

    Ich hatte ihn aus der Polizeimeldung sofort erkannt und seiner Frau mein Beileid ausgesprochen. Der Fall wurde am folgenden Wochenende auch im Radio ausgebreitet (MDR).

    Ist das mit dem Mitleid so gemeint, dass du die Frau bemitleidest, weil sie einen Mann hat, der so verrückt ist, dass er mit einem selbst gebastelten Speed-Pedelec ohne Zulassung und Versicherung fährt?

    Vielleicht bekomme ich dort nebenbei etwas mit, wie die nun oftmals getrennten Familien den Krieg emotional bewältigen. Obwohl einige Männer auch mitgekommen sind. Ab 3 Kindern hat es die Ukraine auch Männern erlaubt, mit ihrer Familie das Land zu verlassen.

    "Selbstverständlich gibt es ein Recht auf Verteidigung. Das gilt für jede angegriffene Person. Und auch für einen Staat wie die Ukraine. Sie darf sich mit allem, was sie hat, dem russischen Überfall­ entgegenwerfen. Aber resultiert daraus eine Pflicht zur Verteidigung? Nein.

    In der Ukraine aber gibt es sie, wie in vielen anderen Staaten auch. Seit dem Angriff Russlands dürfen männliche Staatsbürger zwischen 18 und 60 Jahren das Land nicht mehr verlassen, um für die Verteidigung herangezogen werden zu können. Wer es doch versucht, dem droht die Festnahme. Der ukrainische Grenzschutz meldete wiederholt, dass Mobilisierungsverweigerer an der Grenze festgenommen und den Militärbehörden überstellt wurden. Wer Nein sagt, ist illegal."

    Quelle: taz vom 14.3.22

    Deserteure in der Ukraine: Das Recht, Nein zu sagen
    Männer im wehrpflichtigen Alter dürfen die Ukraine nicht verlassen. Doch das Recht, nicht zu töten, muss auch und gerade im Krieg gelten.
    taz.de

    Die Haager Landkriegsordnung und die Genfer Konventionen bestimmen, dass alle Personen eines besetzten Landes als Kämpfer ihres Landes, das sie verteidigen, agieren dürfen und als sogenannte Kombattanten denselben Bestimmungen unterliegen wie reguläre Soldaten, wenn die Kombattanten sich durch Uniform oder mindestens eine Armbinde als solche kenntlich gemacht haben.

    Das heißt aber auch, dass sie dann von den Angreifern bekämpft werden dürfen wie Soldaten, während Zivilisten zu schonen sind.

    Aber das bedeutet nicht, dass alle Menschen eines angegriffenen Landes von ihrer Regierung dazu verpflichtet werden dürfen zu kämpfen.

    Leider ist in dem taz-Artikel kein Hinweis darauf, wie das genau in den Genfer Konventionen und der Haager Landkriegsordnung geregelt ist, mit der Wehrpflicht, bzw. der Verpflichtung zum Kriegsdienst. Immerhin scheint es so zu sein, dass Väter mit drei Kindern von der Ukraine nicht an der Ausreise gehindert werden. Du schreibst das und ich hatte es auch wo gelesen. Allerdings steht in dem zitierten taz-Artikel: "Denn kein Staat, nicht einmal der theoretisch perfekte, sollte Menschen zwingen dürfen, ihr Leben für ihn aufs Spiel zu setzen. Und erst recht nicht, für ihn zu töten." Aber da gibt es ja viele "Spielräume". In der ehemaligen DDR etwa wurden junge Männer, die keinen Kriegsdienst leisten wollten, als sogenannte Bausoldaten verpflichtet.

    Noch ein anderer Aspekt ist wichtig: Die Kriegspartei, die ein anderes Land besetzt hat, darf nicht die Bevölkerung zum Kriegsdienst zwingen. Es gab in den letzten Tagen entsprechende Berichte, dass das russische Militär versucht haben soll, in den von ihm besetzten Gebieten Soldaten mit Zwang zu rekrutieren.

    Frage:

    Was hätte den Grenzschützern gedroht, oder womit haben sie gerechnet, für den Fall, dass sie der Aufforderung sich zu ergeben, nachgekommen wären?

    Das erinnert mich ein bisschen an die vielen frühen christlichen Märtyrer-Geschichten. Ich bin "katholisch genug", um so was irgendwann hinterfragt zu haben. Kann es sein, dass solche Märtyrer-Geschichten in einem neuen Kontext stehend, eine neue Konjunktur erleben?

    Vom Heiligen Laurentius beispielsweise wird berichtet, dass er auf einem Rost gebraten wurde, um ihn zu töten. Dabei soll der Sterbende dann gescherzt haben, er sei jetzt auf der einen Seite schon ganz gut durchgebraten und es sei an der Zeit, ihn zu wenden.