Der wesentliche Punkt: Keiner der Gründe hat irgendetwas mit so plumper Wahlfälschung zu tun, wie sie in Russland Alltag ist.
Das ist eine sehr vornehme Beschreibung für: "Mit äußerst hoher Wahrscheinlichkeit massiv gefälscht".
Das hört sich jetzt ein bisschen so an, als dass bei dir nicht sein kann, was nicht sein darf.
Ich habe ja gar nicht gesagt, dass 2014 auf der Krim zu hundert Prozent ein mit den feinsten demokratischen Schnörkeln ausgestattetes Referendum stattfand, mit dem sich die Bevölkerung der Krim von der Ukraine verabschiedet hat.
Bevor wir da jedoch weiter drüber streiten, lass uns mal einen Blick auf Schottland werfen:
Die hatten 2014 ein Referendum, bei dem eine knappe Mehrheit für den Verbleib im Vereinten Königreich abstimmte. Dass überhaupt ein solches Referendum stattfinden konnte, dem musste allerdings der damalige britische Premierminister zustimmen, was er auch getan hat.
Als die Briten mit einem ebenfalls knappen Ergebnis bei einem ganz anderen Referendum den EU-Austritt beschlossen, wollten die Schotten 2018 ein erneutes Referendum über den Verbleib im Königreich. (In Schottland stimmte ja eine Mehrheit für den EU-Verbleib. Und viele Schotten hofften, über den Umweg eines selbstständigen Schottlands in die EU zurückkehren zu können.)
Bislang verweigerten jedoch die Britische Premierministerin May und der Premierminister Johnson ihre Zustimmung zu einem Unabhängigkeits-Referendum in Schottland.
Und wie ist das in der Ukraine gewesen? Gab es da vielleicht schon einmal ein Unabhängigkeits-Referendum der Krim bevor 2014 das umstrittene Referendum stattfand, bei dem sich die Krim zu einem Staat erklärte, der Mitglied in der Russischen Föderation wird. Gab es überhaupt die Chance zu einem solchen Referendum, dem ja die ukrainische Regierung hätte zustimmen müssen?
Und dazu noch ein Vergleich: Im Baskenland wollte die Regionalregierung schon mehrfach ein Referendum für ein unabhängiges Baskenland durchführen. Das scheiterte jedoch bisher stets an der fehlenden Zustimmung der spanischen Nationalregierung.
Um nicht missverstanden zu werden: Ich finde es keineswegs erstrebenswert, dass sich Landesteile von einem Staat abspalten und ich bin ganz und gar kein Fan von solchen Nationalisten oder meinetwegen nenn' es Patrioten, die neue Staaten gründen wollen, oder eine Verschiebung des von ihnen gegründeten Staates in einen anderen Staat anstreben. Würden zum Beispiel die Bayern aus der Bundesrepublik Deutschland aussteigen wollen, und stattdessen eines oder mehrere österreichische Bundesländer werden wollen, dann würde ich von der Bundesregierung erwarten, dass sie einen solchen Quatsch nicht duldet und dagegen einschreitet, notfalls auch mit den Möglichkeiten der Staatsgewalt.
Trotzdem denke ich, dass es falsch wäre, das Krim-Referendum von 2014 einfach zu ignorieren. Und die militärische Eroberung der Krim durch die Ukraine sehe ich nicht als ein unterstützenswertes Kriegsziel. Die Frage ist allerdings, ob Selenskij überhaupt noch die Macht hat, sich in solchen Fragen gegen seine Militärs und die irregulären ukrainischen Militärs durchzusetzen. Das macht den Konflikt zusätzlich gefährlich.