Beiträge von Ullie

    "Am 9. Mai wurden dann sowohl Kandidat Scholz als auch das Programm auf dem Bundesparteitag offiziell bestätigt. 99 Prozent der Delegierten stimmten für das Programm, 96,2 Prozent bestätigten Scholz als Kandidaten."

    Auf deutschlandfunk.de gibt es eine Zusammenfassung des SPD-Wahlprogramms. Hier der Absatz zum Thema Verkehr:

    "Die SPD will den öffentlichen Nahverkehr ausbauen und Busse und Bahnen klimaneutral machen. Es soll mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer geben. Bahnfahren soll in Europa günstiger sein als Fliegen, dazu soll jede Großstadt wieder ans Fernzug-Netz angeschlossen werden. Die SPD will ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen."

    https://www.deutschlandfunk.de/bundestagswahl…ticle_id=493388

    Konkret heißt es im Wahlprogramm der SPD: "Dafür denken wir Mobilität neu: Nachhaltig, bezahlbar, barrierefrei und verlässlich. Und immer mehr Bürger*innen steigen auf Bus, Bahn oder das Rad um. Dennoch bleibt das Auto für viele Menschen wichtig. Aber der Schadstoffausstoß wird auf null reduziert sein. Unsere Mission ist eine klimaneutrale Mobilität für alle."

    https://www.spd.de/fileadmin/Doku…ftsprogramm.pdf

    Diese Mission, "eine klimaneutrale Mobilität für alle" ist nicht mit Autos zu bewerkstelligen. Auch dann nicht, wenn das alles Autos mit Elektro-Antrieb wären, denn Autos belasten die Umwelt und das Klima nicht nur beim Fahren, sondern auch in der Produktion.

    Und dann gibt es noch solche Faktoren zu berücksichtigen wie Umweltverschmutzung bei der Fahrt (Reifenabrieb, Lärm), Verkehrsflächen-Inanspruchnahme, und die zahlreichen nachteiligen Auswirkungen für Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit durch die Produktion der Fahrzeuge.

    Hier ein Link zu einem tagesschau.de-Video, der bei der Betrachtung der Energie- und Umweltbilanz die Produktion der E-Fahrzeuge mit einbezieht: Produktion von E-Autos verursacht erhebliche CO2- und Feinstaub-Emissionen vom 29.12.2019

    https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-639229.html

    Einen auf Null reduzierten Schadstoffausstoß, wie es das SPD-Wahlprogramm verspricht, wird es bei der Mobilität nicht geben, und zwar um so weniger, je mehr Autos dabei noch im Spiel sind.

    Ganz offensichtlich versucht die SPD mit ihrem Wahlprogramm den Eindruck zu erwecken, wenn wir hier ein bisschen was für den Radverkehr tun und dort ein bisschen was für den ÖPNV-Ausbau und dann noch den Eisenbahnfernverkehr stärken, dann werden die Menschen ganz von selbst auf nachhaltigere Verkehrsmittel umsteigen. Das werden sie auch, zumindest einige, besonders jene die heute schon Bus und Bahn und Rad benutzen, werden es dann noch häufiger tun. Aber es wird zu keiner Entlastung führen, wenn nicht die Autoverkehr-Infrastruktur entschieden zurück gebaut wird.

    Die am weitesten gehende Zusage im SPD-Wahlprogramm für eine Mobilitätswende ist: "Förderprogramme und ein geändertes Straßenverkehrsrecht sollen Kommunen dabei unterstützen, in Städten mehr Fläche für öffentlichen Verkehr, Fußgänger*innen und Radfahrer*innen zu schaffen." Mit viel gutem Willen könnte man da hinein interpretieren, dass die SPD bereit ist, auch Fahrspuren für den Autoverkehr dicht zu machen, um breite Radfahrstreifen auf der Fahrbahn zu ermöglichen, oder Fahrspuren für PKW umzuwidmen für Busspuren oder umzubauen für Straßenbahnen.

    Aber das alles wird nicht genügen. Was wirklich Not tut ist eine klare Absage an das Verkehrsmittel Auto. Es ist nicht viel erreicht, wenn es gelingt, einzelne Bürger*innen für den Umstieg aufs Fahrrad, den ÖPNV oder den Fußverkehr zu gewinnen. In dem Maße, wie das gelingt, freuen sich die sehr zahlreichen verbleibenden Autofahrer*innen über die dadurch frei gewordenen Verkehrsflächen, und die haben keinerlei Skrupel, diese sofort zu okkupieren. Was wirklich Not tut ist eine konsequente Politik ganz weg vom Auto.

    Wo wurde denn eine Fußgängerzone neu gebaut, die vorher keine Straße für den allgemeinen Verkehr war? Man kann Dinge verändern. Niemand redet hier (noch) davon, dass die Fußgängerzone eine PKW-Verbotszone ist.

    Ein berühmtes und bundesweit bekanntes Beispiel dafür ist das Frankfurter Nordwestzentrum.

    Hier ein Foto von einem Teil der Fußgängerzone von 1969, kurz nach der Eröffnung.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Nordwestz…:NWZ_Hertie.JPG

    Da ist ein eigener komplett neu gebauter Stadtteil entstanden für weit über 10.000 Einwohner und zugleich ein Einkaufszentrum.

    Oder das Main-Taunus-Zentrum von 1966, das ist allerdings ein reines Einkaufszentrum auf der grünen Wiese. Die Fußgängerzone befindet sich mitten zwischen den riesigen Kaufhausblöcken. Drumherum sind in einem weiten Umkreis Autostellplätze gebaut worden.

    https://s3.eu-central-1.amazonaws.com/static-2.malis…full/360506.jpg

    Im übrigen waren sehr viele Straßen in mittelalterlichen Städten (die wurden ja auch einmal neu gebaut) Fußgängerzonen. Und viele dieser Straßen sind heute wieder Fußgängerzonen.

    Wie ich schon auf Twitter schrieb: Verkehrswende, Klimaschutz und Aufenthaltsqualität haben viele Namen. Auf dem Altar des Clickbaits aber nur einen: Kieler Grüne wollen Autos verbannen

    Erstmal fordert hier niemand eine „autofreie Innenstadt“, denn Lieferverkehr, Buslinien, Rettungsdienste, Feuerwehr und so weiter werden weiterhin einfahren dürfen; nach meiner Kenntnis auch Fahrzeuge mit Versehrtenausweis. Und zweitens hat ja beispielsweise der Umbau der autogerechten Kreuzung am Berliner Platz in den lauschigen Kleinen Kiel-Kanal durchaus gezeigt, dass ein Weniger an Autos durchaus ein Mehr an Aufenthaltsqualität sein kann.

    Sofern aber der öffentliche Diskurs dadurch bestimmt wird, das alles, was in diese Richtung geht, als Verbot deklariert wird, brauchen wir diesen Diskurs nicht führen.

    Eine "Verbotsdiskussion" hast du von vorneherein verloren. Und wenn du eine Veränderung anschieben willst, bei der der politische Gegner die Chance hat, dagegen zu agitieren, indem er eine Verbots-Diskussion draus macht , kannst du dieses Vorhaben besser gleich ganz vergessen. Auf dieser Grundlage werden von auto-affinen Medien und Parteien seit Jahren Fortschritte bei einer echten Verkehrswende verhindert. Und diejenigen Parteien und gesellschaftlichen Gruppen, denen man noch am ehesten zutraut, eine echte Verkehrswende voranzubringen, sind sehr darauf bedacht, nicht als "Verbotspartei" in der Öffentlichen Meinung wahrgenommen und dargestellt zu werden.

    Aber ist das richtig?

    Ist es wirklich so, dass Verbote grundsätzlich immer nur als was Negatives wahrgenommen werden?

    Oder gibt es auch Beispiele für erfolgreiche politische Initiativen, bei denen es gelungen ist ein Verbot durchzusetzen?

    Und sind diese Beispiele auf das Auto-Verkehrsproblem übertragbar?

    Natürlich beklagst du zu Recht, dass mal wieder in der Zeitung Initiativen für eine Verkehrswende, für mehr Klimaschutz und mehr Aufenthaltsqualität zusammengefasst werden mit dem "hässlichen Wort" Verbot.

    Aber was wäre, wenn es gelingt, die befreiende Eigenschaft, die viele Verbote beinhalten, in den Vordergrund zu stellen?

    "Das heißt aber, meine Alltagspraxis ist in eine Struktur eingebaut, die mich in Richtung Zerstörerseite drückt. Ich glaube, viele Verbote würden sehr viele Menschen jetzt einfach mal befreien. Dieses schlechte Gewissen an der Kasse tilgen, wenn ich weiß, ich muss nicht immer mit meinem Smartphone alles erst mal scannen, um zu gucken, ob das Produkt jetzt das allerschlimmste ist. Oder zu wissen, dass nicht nur ich mich einschränke, sondern dass es alle tun. In vielen Umfragen ist das genau der Punkt: Warum soll ich das tun und die anderen machen es im Zweifel nicht und haben dadurch noch mehr Planet zur Verfügung?"

    aus taz vom 10. 3. 2021: Maja Göpel im Interview: Verbote können Menschen befreien

    Maja Göpel ist Expertin für Nachhaltigkeitspolitik und Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU).

    https://taz.de/Maja-Goepel-im-Interview/!169655/

    Eine Überschrift, wie die vom RND gewählte, "Kieler Grüne wollen Autos verbannen", hat dann einen sehr positiven Effekt, wenn die Leser*innen aufgrund einer solchen Überschrift aufatmen und sich sagen: "Endlich unternimmt mal einer was gegen diesen Autowahnsinn. Das ist eine echte Befreiung, wenn ich beim Einkaufen in Kiel nicht mehr diesen Zumutungen des massenhaften Autoverkehrs ausgesetzt bin."

    Sie verlagern hier die Schuld eines Menschen ohne Rücksicht auf technologische Möglichkeiten und die Verantwortung des Bedieners in ein mysteriöses "die Technik wars". Das ist ein unverantwortliches, unentschuldbares Verhalten gegenüber den Menschen, die andere Menschen gefährden, verletzen und umbringen.

    Sie beschreiben hier sehr genau eine der Gefahren, die daraus entstehen, wenn Fahrassistenzsysteme dem Fahrer dabei helfen, seiner Verantwortung gerecht zu werden. Denn es ist natürlich nicht auszuschließen, dass das Assistenzsystem versagt, der Fahrer aber auf die hundertprozentige Funktionssicherheit des Assistenzsystems vertraut. Kommt es deswegen zu einem Unfall, könnte der Fahrer versucht sein, seine Verantwortung abzuwälzen auf das Versagen des Assistenzsystems.

    Das haben auch die Autoproduzenten längst erkannt. Hier ein Zitat aus einer mercedes-Produktbeschreibung mit Bezug auf den Ausstiegsassistenten:

    "Die Ausstiegswarnung ist nur ein Hilfsmittel und kann die Aufmerksamkeit der Fahrzeuginsassen nicht ersetzen. Die Verantwortung beim Öffnen der Türen und beim Verlassen des Fahrzeugs liegt stets bei den Fahrzeuginsassen."

    https://moba.i.daimler.com/baix/cars/177.0_mbux-high_2018_a/de_DE/page/ID_680f413b4fde9a2b354ae36578d07aff-3f9c030daa093869354ae36528c4d931-de-DE.html#

    Andererseits bieten Assistenzsysteme selbstverständlich immense Vorteile. Und wenn alles gut geht, dann verhindert zum Beispiel der Ausstiegsassistent ein gefährliches Öffnen der Tür.

    "Radfahrer fährt gegen geöffnete Autotür

    Nördliche Innenstadt, Friedrich-Ebert-Straße Potsdam

    Kategorie Verkehrsunfall Datum 07.01.2021

    Ein 58-jähriger Radfahrer war am Mittwochmittag auf der Friedrich-Ebert-Straße in Richtung Nauener Tor unterwegs. Als er an einem geparkten PKW vorbeifuhr, öffnete dessen 61-jähriger Fahrer unvermittelt die Autotür. Der Radler konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen oder ausweichen und es kam zum Zusammenstoß. Der 58-Jährige stürzte und zog sich leichte Verletzungen zu."

    Quelle. https://polizei.brandenburg.de/pressemeldung/…-autotu/2359568

    Das Wahrscheinlichste und Beste was passieren kann, wenn alle PKW mit guten Ausstiegsassistenten ausgestattet sind, ist, dass wir solche Berichte wie den oben zitierten, nicht mehr lesen müssen, weil diese Unfälle dann nicht mehr passieren. Und dann stellt sich auch nicht mehr die Schuldfrage bei einem Dooring-Unfall. Bis es so weit ist, werden aber sicher noch Dooring-Unfälle passieren. Und es wäre eigentlich an der Zeit, dass die Presse endlich aufwacht und im Falle von Dooring-Unfällen darüber berichtet, ob ein Ausstiegsassistent den Unfall hätte verhindern können und wie der Ausstiegsassistent funktioniert.

    Die Forderung des ADFC ist: "Um Dooring-Unfälle zu verhindern, müssen Kraftfahrzeuge mit automatischem Stopp-System für Autotüren ausgestattet werden, die das Öffnen kurz vor und während des Vorbeifahrens eines Radfahrenden verhindern."

    ADFC-Berlin vom 13. März 2018

    https://adfc-berlin.de/radverkehr/sic…verhindern.html

    Leider wurde die Gesetzgebung, die unter anderem den Ausstiegsassistent ab 2022 vorschreibt, nicht dem Wunsch des ADFC entsprechend formuliert. Es genügen auch weniger anspruchsvolle Varianten eines Ausstiegsassistenten die lediglich akustisch und optisch warnen. Schade :(

    Moin, wenn ihr schon die Seefahrt heranzieht, dann auch richtig. Die Einführung des Kollisionsverhütungsradar ( ARPA) hat zu keiner Verringerung der Seeunfälle geführt, da die Risikobereitschaft gestiegen ist. Und die wichtigste Regel ist Segelfahrzeuge haben immer "Vorfahrt". Einzige Ausnahme, sie queren das Fahrwasser. Theoretisch muss eine 400m Containerinsel sogar einem Surfbrett ausweichen. Inwiefern das möglich ist steht auf einem anderen Blatt. Aber diese Regel gehört in den Straßenverkehr. Muskelkraft geht vor Motorkraft und alle Diskussionen sind vorbei.

    Gruß Delle

    Das habe ich auch häufiger schon über ABS und ESP gelesen. Deshalb sollte man keineswegs blind darauf vertrauen, dass ein Assistenzsystem wirklich hält, was es verspricht. Und auch damit rechnen, dass es das Autofahren (Schifffahren) vielleicht sogar noch gefährlicher machen könnte. Deshalb reicht es auch nicht einfach nur die Assistenzsysteme zu ersinnen, herzustellen und einzubauen, ohne solche Fragen mit zu bedenken wie die, welche zusätzlichen Gefahren möglicherweise heraufbeschworen werden.

    So frage ich mich manchmal, ob die Einführung der Sicherheitsgurte (ebenfalls ein Sicherheitssystem, dessen Nutzung von heutigen Autos in der Regel sogar durch Piepstöne eingefordert wird, in Verbindung mit einer Sitz-Belastungs-Elektronik) möglicherweise zu einer deutlichen Beschleunigung des Autoverkehrs mit nachteiligen Folgen für den Autoverkehr geführt hat.

    Aber es wäre auch fatal, die Assistenzsysteme in der Berichterstattung über Unfälle einfach unerwähnt zu lassen. Dass der Fahrer trotz aller Assistenzsysteme immer noch selbst die Verantwortung trägt, schließt ja nicht aus, dass Assistenzsysteme ihn wesentlich dabei unterstützen können, seiner Verantwortung gerecht zu werden. Ein Kapitän jedenfalls dürfte ganz wesentlich davon profitieren, dass zahlreiche Assistenzsysteme seine Arbeit unterstützen. Vielleicht muss gezielt nachgeschult werden, um zu verhindern, dass Assistenzsysteme für besonders riskante Fahrmanöver missbraucht werden. Eine technische Lösung, um das einzudämmen, ist die "Blackbox", die ebenfalls Vorschrift wird beim Neuwagenverkauf. So was wie eine Blackbox in Flugzeugen gibt es doch bestimmt auch auf großen Schiffen?

    Moin, wenn ihr schon die Seefahrt heranzieht, dann auch richtig. Die Einführung des Kollisionsverhütungsradar ( ARPA) hat zu keiner Verringerung der Seeunfälle geführt, da die Risikobereitschaft gestiegen ist. Und die wichtigste Regel ist Segelfahrzeuge haben immer "Vorfahrt". Einzige Ausnahme, sie queren das Fahrwasser. Theoretisch muss eine 400m Containerinsel sogar einem Surfbrett ausweichen. Inwiefern das möglich ist steht auf einem anderen Blatt. Aber diese Regel gehört in den Straßenverkehr. Muskelkraft geht vor Motorkraft und alle Diskussionen sind vorbei.

    Gruß Delle

    Ich fürchte das vorangegangene Prinzip im Straßenverkehr, Motorkraft geht vor Muskelkraft ist vielerorts noch sehr verbreitet. Zumindest spukt es bei vielen noch in den Köpfen.

    „Derzeit sind etwa 90 Prozent aller Verkehrsunfälle durch menschliches Fehlverhalten bestimmt, nur 10 Prozent durch technische Fehler“, sagt Allianz-Vorstand Alexander Vollert. Je stärker der Fahrer aber am Steuer von Assistenzsystemen unterstützt wird, desto geringer wird seine Bedeutung bei einem möglichen Unfall. „Das Risiko verlagert sich vom menschlichen Fehler seitens des Fahrers oder Verkehrsteilnehmers zum menschlichen Fehler des Entwicklers.“

    Die Welt vom 23.3.2015 https://www.welt.de/motor/article1…erursacher.html

    Das heißt, die Unfallberichterstattung wie sie heute stattfindet, in der immer wieder solche Floskeln auftauchen wie sie zum Beispiel Malte ganz am Anfang des Threads beschrieben hat, ...

    Manchmal wundere ich mich ein wenig, wie in den Polizei- oder Medienberichten zu Unfallursachen immer wieder bewusst oder unbewusst versucht wird, die Schuld oder Verantwortung von unfallverursachenden Kraftfahrern zu verniedlichen. Zum Beispiel: 80-Jährige in dichtem Nebel von Auto erfasst und tödlich verletzt

    ... diese Berichterstattung nähert sich der hier beschriebenen Wirklichkeit: "Ein selbstfahrendes Auto tötet eine Fußgängerin, die ein Fahrrad über die Straße schiebt - obwohl sogar ein menschlicher Fahrer als Absicherung hinter dem Steuer saß." SZ vom 6.11.2019

    Noch ist es aber längst nicht überall so weit wie in dem Beispiel aus der USA, das die SZ beschrieben hat. Sehr richtig stellt Schlau Meier fest:

    (...) Bisher hat der Fahrer immer noch die Verantwortung, egal wie tolle Assistenten es gibt. Und solange gibt es keine Ausreden für den Fahrer.

    Und genau an der Stelle ist eine Unfallberichterstattung unvollständig und zu Gunsten des Autofahrers geschönt, wenn nicht darauf hingewiesen wird, ob entsprechende Fahr-Sicherheits-Assistenten eingebaut sind (Viele sind bereits heute eingebaut und bald sind sie Pflicht beim Neuwagenverkauf.) Und ob sie aktiviert waren, so dass Unfälle möglicherweise hätte verhindert werden können, wenn die entsprechenden Assistenten aktiviert gewesen wären. Oder ob sie nicht aktiviert waren.

    Bei einem der größten Schiffsunglücke in den zurückliegenden Jahren wurde da ganz anders berichtet. Da wurde sehr ausführlich dargestellt, dass ein Schiff von der Größe der Costa Concordia mit zahlreichen Sicherheits-Systemen ausgestattet ist.

    In einem Bericht auf RiskNet.de vom 31.12.2024 heißt es:

    Der vierte Fehler betrifft die direkte Führung und Steuerung des Schiffes. Es war der entscheidende Fehler in der Kette der Ereignisse. Die nach den begangenen Fehlern noch vorhandenen Barrieren (INS-Navigationssystem) wurden teils außer Kraft gesetzt."

    https://www.risknet.de/themen/risknew…osta-concordia/

    Das INS (=Inertiales Navigations-System) ist nur einer von vielen Assistenten, die eine sichere Fahrt des Schiffes gewährleisten sollen.

    Neben all den anderen auch das INS ausgeschaltet zu haben, wird in dem verlinkten Bericht als "entscheidender Fehler" bezeichnet. Und letztlich wird der Kapitän der Costa Concordia ja auch zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

    Immerhin wird inzwischen vereinzelt bereits über den Abbiegeassistent berichtet, wenn es um Autoverkehr-Abbiegeunfälle geht:

    "Diskussion über Abbiegeassistenten nach tödlichem Unfall am Brill

    Bei einem schweren Unfall an der Brill-Kreuzung in Bremen ist am Mittwoch eine Radfahrerin gestorben. Der Vorfall hat in der Stadt die Debatte über Abbiegeassistenten in Gang gesetzt."

    Weser Kurier vom 4.4.2018 https://www.weser-kurier.de/bremen/diskuss…id,1716776.html

    Ullie

    1. Warum um alles in der Welt beziehst du es auf dich, wenn ich mich für meinen Offtopic-Beitrag entschuldige? Ich bin mir sicher, dass hat außer dir jeder hier richtig verstanden.

    2. Du hast von Wasserfahrzeugen gesprochen. Auch Tret-, Ruder- und Segelboote sind Wasserfahrzeuge. Und entgegen deiner Behauptung, haben die in den seltensten Fällen Radarsysteme an Board.

    Da wir mit dieser Diskussion schonwieder vom eigentlichen Threadthema abkommen, war es das dazu von mir.

    Du brauchst dich nicht dafür zu entschuldigen, dass du es angesprochen hast, dass viele Wasserfahrzeuge kein Radar an Bord haben als Kollisionswarn-System. Auch sehr viele Fahrzeuge, die am Straßenverkehr teilnehmen haben keine irgendwie gearteten Assitenzsysteme an Bord. Zum Beispiel die vielen, vielen Fahrräder, die es gibt. Und auch ich brauche mich nicht dafür zu entschuldigen, dass ich dazu etwas geschrieben habe. Aber einige Diskussions-Teilnehmer hier sind sehr empfindlich. Und manche nehmen es einem übel, wenn man Vergleiche anstellt, denen sie nicht folgen mögen. Deshalb habe ich mich zunächst mal entschuldigt, dass ich Kollisionswarnsysteme auf Schiffen als Vergleich herangezogen habe mit Kollisionswarnsystemen in LKW. Aber du hast natürlich recht, im Grunde genommen muss man sich dafür nicht entschuldigen. Und du musst nicht befürchten, dass wir damit vom eigentlichen Thread-Thema abkommen. Denn es ist absehbar, dass Fahr-Assistenzsysteme die Diskussion um Unfallursachenausreden "bereichern" werden. Für mich ist das von Malte gewählte Beispiel schon heute so ein Fall. Warum schreibt der Reporter nichts darüber, ob möglicherweise ein Rückfahr-Assistenzsystem eingebaut war, und ob es benutzt wurde?

    Siehe zum Beispiel diesen Artikel:

    "Weniger Gedanken macht man sich in der Fuhrparkpraxis jedoch darum, wer für Schäden und Kosten aufzukommen hat, die im Zusammenhang mit Fahrerassistenzsystemen stehen. Fahrzeuge mit entsprechender Ausrüstung müssen in Echtzeit eine Vielzahl von Daten verarbeiten und daraus selbsttätig Entscheidungen treffen. Es handelt sich dabei um eine höchst komplexe Angelegenheit. Nicht immer greifen die Systeme dann so ein, wie man sich das als Fahrzeugführer wünscht."

    https://www.fuhrpark.de/wer-haftet-wen…zsystem-versagt

    Das stimmt aber nicht.

    Die Binnenschiffe auf dem Rhein müssen damit ausgestattet sein:

    "Die Ausrüstungsverpflichtung für Inland AIS Geräte ist in § 4.07 der Rheinschifffahrtspolizeiverordnung (RheinSchPV) ausgeführt.

    Die Ausrüstungsverpflichtung mit einem Inland AIS Gerät gilt für alle Fahrzeuge, auch für Seeschiffe, Fähren und mit Radar ausgerüstete Kleinfahrzeuge der Polizei ..."

    https://www.ccr-zkr.org/files/document…chureAIS_de.pdf

    Und für viele andere Schiffe und auch für Flugzeuge gilt, dass sie mit Radarsystemen ausgestattet sein müssen. Das es für Tretboote auf dem Maschsee nicht gilt, habe ich bereits geschrieben. Du fliegst doch selber mit dem Segelflugzeug, was gibt es denn da für Vorschriften betreff der technischen Ausstattung, um Kollisionen zu vermeiden. Oder fliegt man mit einem Segelflugzeug ausnahmslos nur auf Sicht und es gibt keinerlei Vorschriften bezüglich einer Mindestausstattung mit Instrumenten?

    Eben das ist weit weg von "autonom". Bisher hat der Fahrer immer noch die Verantwortung, egal wie tolle Assistenten es gibt. Und solange gibt es keine Ausreden für den Fahrer.

    Das ist aber kein Grund, so zu tun, als müsse man sich nicht weiter drum kümmern, von welcher Beschaffenheit diese Assistenten sind. Dem Kind in Maltes Beispiel, das zum Glück "nur" Verletzungen davon getragen hat, nutzt es wenig, dass der Fahrer für seine Rückwärtsfahrt die Verantwortung trägt. Mit einem guten Rückfahrassistenten wäre der Unfall erst gar nicht passiert.

    Ein Rückfahrassistent, wie der von BMW, der in dem Video gezeigt wird, der bremst nicht automatisch. Obwohl er so konfiguriert werden könnte und man das auch entsprechend vorschreiben könnte. Wird in dem Video sogar thematisiert.

    Schonwieder so eine bloße Behauptung die wenig mit der Realität zu tun hat. Die wenigsten Boote auf z.B. Maschsee und Alster haben ein Radarsystem an Board. Auch nicht zu Alsterdampfer.

    Sorry fürs Off Topic.

    Warum Off-Topic?

    Lies doch bitte noch mal den Post von Yeti, auf den ich reagiert habe:

    Da du ja immer wieder darauf herumreitest: Auf dem Wasser und in der Luft gibt es den Begriff "Vorfahrt" nicht. Da gibt es bei Begegnung von zwei Wasserfahrzeugen oder Flugzeugen eins, das ist ausweichpflichtig und das andere ist kurshaltepflichtig. Wer nicht ausweichen muss, darf sich also nicht uneindeutig verhalten, damit der andere weiß, wie er ausweichen kann.

    Daraufhin habe ich darauf hingewiesen, dass Schiffe und Flugzeuge mit Radaranlagen ausgerüstet sein müssen. Dass ich damit nicht die Tretboote oder Ruderboote auf dem Maschsee meinte, versteht sich ja wohl von selbst. Bei manchen Beiträgen hier im Radverkehrsforum habe ich den Eindruck, dass elektronische Assistenzsysteme an Fahrzeugen unter dem Generalverdacht stehen, nicht zur Verbesserung der Verkehrssicherheit beizutragen. Diese Haltung ist die Steilvorlage schlechthin für "dreiste Unfallursachenausreden". Malte hatte auf den Rückwärtsfahr-Unfall hingewiesen. Und die Art und Weise kritisiert, wie die Zeitung darüber berichtete:

    Es passierte einfach so, als wäre es Schicksal, unabdingbar, vom Herrn persönlich angeordnet: Mädchen (6) auf Gehweg angefahren

    Immerhin wird der Vorfall noch soweit personifiziert, dass hier das Auto nicht autonom unterwegs war, sondern ein 44-Jähriger am Lenkrad saß.

    Kurios an Maltes Satz ist, dass genau diese Unfallursachenausrede, auf die die Zeitung (noch) verzichtete, nämlich dass das Auto autonom unterwegs war, schon heute Wirklichkeit ist: "BMWs neuer Rückfahrassistent speichert eine Strecke von ca. 50 Metern, die man vorwärts mit max. 35 km/h gefahren ist. Anschließend (und auch nach Stillstand) kann der Rückfahrassistent die exakte Linie wieder zurückfahren (bis max. 7-9 km/h.). Dazu speichert er die genaue Strecke / Lenkeinschläge. Der Fahrer muss allerdings Gas geben, bremsen und auf Hindernisse achten." Wie das funktioniert kannst du dir in diesem Video anschauen, aus dessen Beschreibung das Zitat stammt:

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    Deshalb ist es so wichtig, sich genau damit zu beschäftigen, was die elektronischen Helferlein , die bald serienmäßig in allen Autos verbaut sein müssen, so können. Oder besser können müssten. Denn leider lassen die Vorschriften viele Schlupflöcher.

    So ist zwar ein Rückfahrassistenz vorgeschrieben, aber keiner, der eine Zwangsbremsung ausführen würde, wenn zum Beispiel ein Kind in die Rückwärtsfahrlinie läuft. (Das wird übrigens in dem verlinkten Video mehrfach deutlich als Problem bei dem vorgestellten BMW-Rückfahrassistenten angesprochen!)

    In dem von Malte verlinkten Artikel heißt es: "Nachdem er den Rückwärtsgang eingelegt hatte und losrollte, erfasste er das Kind (6), das mit einem Tretroller auf dem Gehweg fuhr." Und Malte kritisiert zu Recht, dass der Unfallhergang so dargestellt wird, dass damit der Fahrer entlastet wird, weil "er kann ja nix für", dass ihm ein Kind auf Tretroller in die Rückwärtsfahrlinie steuert. Da hätte er besser noch langsamer rückwärts fahren müssen und noch genauer gucken müssen, notfalls auch mal aussteigen, um zu schauen ob von weiter weg sich Fußgänger*innen nähern. Und er hätte seinen Wagen mit einem wirklich guten Rückwärtsfahrassistenten ausstatten können. Und er hätte diesen aktivieren müssen, bevor er rückwärts fährt. Dann hätte der Fahrer mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit das Kind gesehen. Und sein Fahrzeug hätte sogar selbsttätig gebremst.

    So ein Rückfahrassistent entlastet den Fahrer oder die Fahrerin nicht davon, außerdem selbst einen Blick in den Rückspiegel zu werfen und auch mehrmals den Kopf zu drehen, um direkt nach hinten schauen zu können. Ganz so, wie auch eine Binnenschifferin oder ein Binnenschiffer auf die vorgeschriebenen Kollisionswarnsysteme nicht blind vertrauen darf: "Die durch das AIS Gerät auf dem elektronischen Kartenanzeigesystem angezeigten Informationen entbinden den Schiffsführer nicht von seiner Verantwortung, den Verkehr mithilfe des Radarbilds und mit einem Blick durch das Fenster des Steuerhauses zu überwachen, ..." AIS ist ein Gerät, das zusätzlich zum Radar den Schiffer auf andere Schiffe hinweisen kann, die ebenfalls auf der von ihm befahrenen Wasserstraße unterwegs sind. Und AIS ist zusätzlich zum Radar vorgeschrieben, weil das Radar zwar genauer arbeitet, aber mit einer geringeren Reichweite.

    Quelle: Zentralkommission für die Rheinschifffahrt, 2015: Erläuterungen zur Ausrüstungsverpflichtung mit Inland AIS Geräten

    https://www.ccr-zkr.org/files/document…chureAIS_de.pdf

    Man könnte auch so sagen: Für die Fahrzeuge der Binnenschifffahrt sind bereits zwei elektronische Kollisionswarnsysteme schon lange vorgeschrieben. Aber viele "Kapitäne der Landstraße" fahren immer noch ohne Abbiegeassistenten. Und die Notbremsfunktion am Abbiegeassistenten ist nicht zur Pflicht geworden.

    mdr vom 17.11.2020: Abbiegeassistenten für Lkw kommen - aber nur langsam:

    "Seit Jahren wird darüber diskutiert, doch eine generelle Pflicht für Abbiegeassistenten an Lkws ist nicht in Sicht. Für Radfahrer, die beim Abbiegen im toten Winkel leicht übersehen werden, können sie lebensrettend sein." Allerdings: Lediglich neue Fahrzeuge müssen damit ausgestattet werden.

    Immerhin: In Wien ist die Durchfahrt für schwere LKW ohne Abbiegeassistent verboten. Welche deutsche Großstadt hat sich bislang dem Wiener Vorbild angeschlossen?

    Quelle: https://www.mdr.de/nachrichten/de…fahrer-100.html

    "Nach Schätzungen von ADFC und Unfallforschung der Versicherer können durch elektronische Lkw-Abbiegeassistenten über 60 Prozent der schweren Unfälle verhindert werden. In Deutschland könnten jährlich etwa 28 Unfälle mit getöteten und 160 mit schwer verletzten Radfahrern durch rechtsabbiegende Lkw vermieden oder die Unfallfolgen deutlich gemildert werden."

    https://de.wikipedia.org/wiki/Abbiegeassistent

    Da du ja immer wieder darauf herumreitest: Auf dem Wasser und in der Luft gibt es den Begriff "Vorfahrt" nicht. Da gibt es bei Begegnung von zwei Wasserfahrzeugen oder Flugzeugen eins, das ist ausweichpflichtig und das andere ist kurshaltepflichtig.

    Bei Luftfahrzeugen und Wasserfahrzeugen sind aber auch Radarsysteme üblich, die vor ungewollten Begegnungen warnen!

    Genau das fordert der ADFC bereits seit vielen Jahren.

    Hier ein Zitat aus einem taz-Artikel von vor ungefähr 10 Jahren:

    "Auch möchte der Radfahrerverband Laster und Autos mit neuen technischen Geräten ausstatten lassen, die Unfälle mit Radlern vermeiden oder abmildern können. Dazu zählt der Verband Abbiege- und Bremsassistenten für Lkws, automatische Warnungen vor sich öffnenden Autotüren und Außenairbags vor der Windschutzscheibe.

    Besondere Gefahr für Radler sind Zusammenstöße mit rechtsabbiegenden Lastern. Hier kann der Abbiege- und Bremsassistent schützen. Er warnt den Lkw-Fahrer, wenn er beim Abbiegen einen Radfahrer übersehen könnte, und bremst bei Gefahr das Fahrzeug bis zum Stillstand ab. Der ADFC fordert die generelle Ausstattung von Lkws mit solchen Bremssystemen."

    taz vom 21.10.2011 https://taz.de/Sicherheit-im-Strassenverkehr/!5109318/

    Inzwischen sind zwar zahlreiche Assistenzsysteme ab 2022 für Neuwagen vorgeschrieben, aber dank der eifrigen Lobby-Arbeit der Automobilproduzenten und Autoclubs wird zwar der Abbiegeassistent verpflichtend, nicht aber die Zwangsbremse!

    Und obwohl zahlreiche Assistenzsysteme für PKW verpflichtend werden, wurde auf den Abbiegeassistenten mit Zwangsbremse bei den PKW's verzichtet.

    Selbst beim Ausstiegs-Assistent gibt es keine allzu konkreten Vorschriften, was der können muss. So gibt es Systeme die elektronisch die Tür für eine Sekunde blockieren, wenn sich z. B. ein Radfahrer von hinten nähert. So lassen sich Dooring-Unfälle vermeiden. Vorgeschrieben sind die Ausstiegsassistenten mit elektronischer Türblockade allerdings nicht. Leider genügen auch Modelle, die lediglich mit Lichtzeichen und Ton warnen.

    Wichtig ist, dass diejenigen, die am meisten von den Sicherheitsassistenten profitieren, Fußgänger und Radfahrer nämlich, sich nicht über's Ohr hauen lassen von einer Autolobby, die das Einbauen der Assistenten als Sicherheitsgewinn vermarktet, aber die Anforderungen an die Systeme und ihre verbindliche Anwendung möglichst niedrig halten will.

    Was in der Zeitung steht, interessiert unter Fachleuten niemanden.

    Ursache für derartige Unfälle ist oft die Überforderung des Kfz.-Fahrers. Dem schlägt in seinem Sichtfeld eine Menge an Signalen, Verkehrszeichen, Markierung, Wegweiser und Werbung entgegen, was alles innerhalb kürzester Zeit geistig verarbeitet werden muss.

    Und ja, es mag auch rücksichtslose Autofahrer geben. Gegen die kann keine Straßenverkehrsbehörde dieser Welt etwas machen. Und die Wortwahl in der Berichterstattung ändert auch nichts daran.

    Selbstverständlich ist es möglich, Fahrassistenzsysteme zur Vorschrift zu machen, die zum Beispiel beim Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit die Motorkraft sofort drosseln, so dass das Fahrzeug nur innerhalb der Höchstgeschwindigkeit gefahren werden kann.

    Wenn man diese Möglichkeiten nur ein bisschen weiter denkt, dann ist es nur ein kleiner Schritt zu einem echten Abbiegeassistenten für LKW, der für den Abbiegevorgang maximal Schrittgeschwindigkeit zulässt, so wie es vorgeschrieben ist.

    "Macht Tempo 30 innerorts die Straßen sicherer?

    In einer britischen Studie wurden die Unfälle nach Einführung von „20 Miles per Traffic Speed Zones“ über 20 Jahre systematisch gemessen. Das ist in etwa vergleichbar mit dem Tempo 30 in Deutschland. Insgesamt haben sich laut Polizeistatistiken in dieser Zeit die Verkehrsunfälle um fast 42 Prozent verringert.

    Untersuchungen aus der Schweiz haben gezeigt, dass die Unfallzahlen nach Einführung von Tempo 30 um 20 Prozent zurückgingen, die Zahl der Verletzten nahm sogar um 50 Prozent ab."

    Quelle: quarks vom 16.1.2020: Das wissen wir über Tempolimits

    https://www.quarks.de/technik/mobilitaet/faq-tempolimits/

    Wissenschaftlich ist längst erwiesen, dass Tempo 30 die Straßen sicherer macht.

    Warum darf dann aber auf so vielen Straßen innerorts immer noch Tempo 50 gefahren werden?

    "Tempolimit-Verschärfung - Tempo 30 statt 50 in Städten? Spanien macht es vor"

    aus: inFranke.de vom 12.5.2021

    https://www.infranken.de/ueberregional/…vor-art-5207035

    Spanien zeigt, was möglich ist!

    Tempo 30 innerorts ist aber auch in Deutschland vielen Menschen ein großes Bedürfnis, wie zum Beispiel dieser ndr-bericht vom 26.1.2021 zeigt:

    "Zu große Resonanz: Land stoppt Tempo-30-Projekt

    Mit dem Tempo-30-Projekt wollte die Region Hannover testen, wie sich das Tempolimit auf Verkehr und Umwelt auswirkt. Doch das Land hat das Projekt gestoppt: Zu viele Straßen wurden vorgeschlagen."

    https://www.ndr.de/nachrichten/ni…polimit310.html

    Diese drei jungen Frauen vom VCD zeigen wie man Straßen sicherer macht:

    "Wir sind Tanja Terruli, Lisa Kreft und Kyra Hertel vom VCD. Seit 2018 stellt der VCD auf strasse-zurueckerobern.de Geschichten über Initiativen vor, die sich für eine lebenswerte Stadt und nachhaltige Mobilität einsetzen. Im Rahmen des Projektes „Straßen für Menschen“ führen wir nun die Plattform weiter.

    Dabei haben wir festgestellt: Deutschlandweit gibt es zahlreiche tolle Aktionen, mit denen sich Menschen die Straßen zurückerobern. Viele von ihnen finden jedoch lediglich lokale Aufmerksamkeit oder bleiben für sich gestellt. Wir wollen, dass eure Geschichten von der Rückeroberung der Straße gehört werden und Menschen deutschlandweit erreichen.

    https://www.strasse-zurueckerobern.de/wer-wir-sind/

    Um im Rahmen der bestehenden rechtlichen Möglichkeiten Tempo 30 durchzusetzen, gibt es auf der angegebenen VCD Internet-Seite diese Anleitung:

    "TEMPO 30 SELBST EINRICHTEN

    Für mehr Sicherheit auf der Straße

    Mit Tempo 30 sind unsere Straßen sicherer und erheblich leiser. Das ist vor allem für Kinder und ältere Menschen wichtig und bringt allen anderen Menschen in den Städten und Dörfern mehr Lebensqualität. Du willst bei dir eine Tempo 30 Zone einrichten? Wir zeigen dir hier, wie du vorgehen kannst."

    Quelle: https://www.strasse-zurueckerobern.de/anleitungen/tempo-30/

    Es gibt drüben im Verkehrsportal Berechnungen, dass mit einem normalen Kraftfahrzeug auf einer Überlandstraße nachts ein Tempo von 60 bis 70 km/h das höchste der Gefühle ist, möchte ich dieser Vorschrift entsprechen. Jeder, der schon mal nachts auf einer Überlandstraße mit einem Auto gefahren ist, wird mir sicherlich zustimmen, dass das außer ein paar ganz hartgesottenen StVO-Liebhabern niemand praktiziert, sondern ganz im Gegenteil tendenziell eher deutlich schneller als 100 km/h gefahren wird.

    Nicht nur nachts, auch tagsüber ist Tempo 60 eine vollkommen ausreichende Geschwindigkeit auf Landstraßen. Und auf vielen Landstraßen gibt es ja auch immer wieder Abschnitte, auf denen dann Tempo 60 oder häufiger Tempo 70 als Geschwindigkeits-Höchstgrenze angeordnet ist. Daher spricht alles dafür, nicht nur nachts sondern auch tagsüber Tempo 60 als generelles Tempolimit auf Landstraßen anzuordnen.

    Einer der Gründe, warum dennoch in Deutschland an Tempo 100 als generelles Tempolimit festgehalten wird, ist das Vorhaben möglichst alle Landstraßen so auszubauen, dass darauf auch wirklich Tempo 100 gefahren werden kann. Die vielen Tempo 60 und Tempo 70 Schilder an Landstraßen sind aus Sicht der Bauwirtschaft und der Automobilproduzenten ein ständiges Menetekel, das auf die angeblich "grottenschlechte" Autoverkehrsinfrastruktur hinweist, die dringend ausgebaut werden müsse.

    Es passierte einfach so, als wäre es Schicksal, unabdingbar, vom Herrn persönlich angeordnet: Mädchen (6) auf Gehweg angefahren

    Immerhin wird der Vorfall noch soweit personifiziert, dass hier das Auto nicht autonom unterwegs war, sondern ein 44-Jähriger am Lenkrad saß. Ein in irgendeiner Weise schuldhaftes Verhalten konnte man bei der B.Z. nicht erkennen, denn der Fahrer wollte ja eigentlich nur wenden und hatte gar nichts böses im Sinn.

    Meines Erachtens fehlte es hier allerdings an einer ganz ordentlichen Portion „Rücksicht“ im eigentlichen Sinne des Wortes. Das junge Mädchen wird ja nicht aus heiterem Himmel mit einem Mordstempo auf dem Gehweg angerast gekommen, sondern muss schon vorher im Umfeld sichtbar gewesen sein.

    Hier fehlt in jedem Fall noch ein weiterer Hinweis, die Polizei hätte sich um diese Frage kümmern müssen bei der Unfallaufnahme und die Erkenntnisse in einer Pressemeldung weitergeben müssen: Hatte das Fahrzeug einen Rückfahrassistenten, war der mit Kammera ausgestattet und war der eingeschaltet als der Unfall passierte.

    Ein Rückfahrassistent ist schon heute in vielen Fahrzeugen verbaut. Man kann aber auch für wenige hundert Euro ein Fahrzeug mit einem Rückfahrassistenten mit Kamera nachrüsten.

    Beispiel:

    "AUTO BILD hat ein besonders preiswertes Modell in einen alten VW Bus eingebaut. Die Rückfahrkamera von Navgear kostet rund 70 Euro, sendet ihr Bild an einen speziellen Rückspiegel. Der funktioniert als Monitor und ermöglicht per Touchscreen, also durch Berühren des Spiegelglases, auch die Bedienung der zwei Kameras."

    Quelle: Auto Bild vom 23.8.2020

    Ab 2022 ist ein Rückfahrassistent mit Kamera verpflichtend beim Verkauf eines Neuwagenmodells ab 2024 bei allen neu verkauften Autos.* Leider weiß kaum ein Nur-Fußgänger-Radfahrer-ÖPNV-Nutzer über solche Assistenzsysteme Bescheid. Darüber wird hauptsächlich in Autofahrerkreisen diskutiert. Und oft werden dabei negative Beurteilungen verbreitet, weit unter Stammtisch-Niveau.

    Beispiel: Auf der Internetseite Firmenauto.de wird am 6.3.2020 vor allem über die angeblich immens hohen Zusatzkosten berichtet:

    "Ab 2022 werden etliche neue Assistenzsysteme Pflicht. Das ist gut für die Sicherheit, aber schlecht für den Fahrzeugpreis und eventuell sogar existenzgefährdend für Kleinwagen."

    https://www.firmenauto.de/assistenzsyste…s-11152859.html

    Schön wäre es ja, wenn die Vorschrift, dass ein Auto mit Rückfahrassistent ausgerüstet sein muss, tatsächlich existenzgefährdend für Autos wäre, die nicht damit ausgerüstet sind. Aber leider wird es für diese unsicheren Fahrzeuge voraussichtlich noch Jahre Bestandsschutz geben und es ist zu befürchten, dass das Nachrüsten nicht vorgeschrieben werden wird.

    Um so wichtiger wird eine Unfalldokumentation und eine Unfallberichterstattung, die auf solche Details achtet, ob zum Beispiel wie in diesem Fall ein Unfallverursacher-Fahrzeug mit Rückfahrassistent mit Kamera und Notbremsvorrichtung ausgestattet war.

    Keine Frage, eine Zeitung, die darauf achtet auch über solche Details zu berichten, wird sich bei Autofahrern unbeliebt machen, von denen viele so drauf sind, dass sie es ablehnen, dass ihre "Oberherrschaft über die vielen PS unter der Kühlerhaube" von einem Fahrassistenz-System, und sei es nur ein Rückfahrassistent, in Frage gestellt wird. Frei nach dem Motto: "Ich lass mir doch von meinem Auto nicht vorschreiben, wie ich damit fahren soll."

    * Rückfahrassistent

    Das System erkennt Passanten oder Hindernisse hinter dem Fahrzeug und warnt den Fahrer bei der Rückwärtsfahrt. Die Systeme basieren auf Sensor- und/oder Kamera-Informationen.

    Quelle: Diese Assistenzsysteme sind ab 2022 vorgeschrieben

    Auto Motor Sport vom 10.12.2020

    https://www.auto-motor-und-sport.de/verkehr/diese-…vorgeschrieben/

    Interessant ist, was die Internetzeitung inFranken.de zur Haltung der Kritiker an einem Tempo 30 innerorts sagt:

    "Generell mit Tempo 30 durch die Stadt: Wer dagegen ist - und wie das begründet wird

    Einen möglichen Schritt von 50 zu 30 km/h innerorts sehen vor allem die alteingesessenen Autoclubs kritisch. So lehnt der Automobil-Club Verkehr (ACV) Tempo 30 als Basisgeschwindigkeit in Städten klar ab. Ein Sprecher erklärte bereits 2016, als eine Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) anstand: "Eine bloße Anordnung von Tempo 30 bedeutet nicht, dass die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit nachhaltig gesenkt wird. Auf breit ausgebauten Straßen durch die Stadt empfinden Autofahrer diese maximale Geschwindigkeit als Gängelei."

    https://www.infranken.de/ueberregional/…vor-art-5207035

    Dieser Artikel macht einmal mehr deutlich, dass diejenigen, denen das Rasendürfen mehr am Herzen liegt als die Sicherheit und Gesundheit der Verkehrsteilnehmer, sich in der Funktionärs-Etage der Automobilclubs befinden. Und die haben ihr Klientel seit mehreren Jahren schon intensiv beackert, um auf jeden Fall zu verhindern, dass Tempo 30 flächendeckend in Städten kommt.

    Leider haben Radfahr- und Fußgängerlobby-Gruppen längst nicht die organisatorischen und publikatorischen Möglichkeiten wie die Automobilclubs. Und so streuen die Automobilclubs fröhlich das Gerücht, es handele sich um Gängelei, wenn Tempolimits angeordnet werden und beeinflussen so mit ihren potenten medialen Fähigkeiten die Politik und öffentliche Meinung. Dabei lässt sich das Problem mit der angeblichen "Gängelei" ganz einfach lösen, wenn das Auto nämlich so konstruiert ist, dass es dort, wo Tempo 30 angeordnet ist, auch nur Tempo 30 fahren kann.

    "Dem Europäischen Verkehrssicherheitsrat schwebt eine Lösung vor, bei der bei Geschwindigkeitsverletzungen der Widerstand aufs Gaspedal erhöht wird – oder grad gleich die Motorenleistung gedrosselt wird."

    Mit diesem Satz wird eine Umfrage eingeleitet. Und zwar auf "20 Minuten", eine kostenlose Schweizer Pendlerzeitung mit Internetauftritt.

    https://www.20min.ch/story/zwingt-d…uf-307818256965

    Bei dieser Straße würde ich mal darauf tippen, dass der gemeine Autofahrer die Tachonadel jenseits der 60, vielleicht sogar der 70 stehen hat. T30 als Norm würde das vielleicht auf 40-45 runterdrücken. Damit wäre auch schon viel geholfen.

    Müsste nicht so sein. Erstens ist Tempo 30 hier keinesfalls übertrieben langsam und es ist deutlich sicherer. Und deshalb muss man alles tun, um Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit auch wirklich durchzusetzen. Und nicht Tempo 30 anzuordnen, damit Tempo 40-45 gefahren wird. Zweitens gäbe es diese Möglichkeit auch, Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit wirksam durchzusetzen.

    Eine Möglichkeit ist: Ein Blumenpötte-Slalomkurs abstecken. Denn andernfalls ticken viele Autofahrer (und auch manche Autofahrerinnen) so, dass sie das Tempolimit ignorieren, weil Straße ist ja breit und frei und überhaupt, ich kanns ja! Tatsächlich können bauliche Maßnahmen ganz wesentlich dazu beitragen, das Tempo zu reduzieren.

    Aber es wäre sehr aufwendig, wenn man überall Tempo 30 einführen will innerorts, das dann auch gleich überall mit einer Blumenpötte-Aufstell-Orgie zu verbinden. Oder andere bauliche Maßnahmen durchzuführen.

    Deshalb liegt es auf der Hand, nach technischen Möglichkeiten zu suchen, die an das Fahrzeug geknüpft sind. Ist ja nicht so, dass es das nicht schon längst gäbe. Leider wird es vom ADAC und von der Autolobby abgelehnt, darüber ernsthaft nachzudenken.

    "Nur vier von 178 Fahrzeuge auf B 88 nicht zu schnell - 10 Fahrverbote

    Auf der B 88 in Schöps hatten es am Freitag gleich mehrere Fahrer ganz schön eilig. Von insgesamt 178 Fahrzeugen haben sich nur 4 an das Tempolimit gehalten. 10 Fahrer müssen ab jetzt sogar zu Fuß gehen."

    https://www.otz.de/regionen/jena/…d232255223.html

    Haben die alle kein ISA? Oder hatten sie's ausgeschaltet? Selbst bei einfachen Navi-Geräten ist es oft möglich, sich beim Einhalten von Tempo-Limits unterstützen zu lassen.

    Es scheint aber vielen Autofahrern nicht so wichtig zu sein, Tempolimits zu beachten. Um so wichtiger ist es, dass ISA als geschlossener Intelligenter Bremsassistent Vorschrift wird!