Als "Kriegsziel der Ukraine" im Abwehrkampf gegen den Angriffskrieg der russischen Föderation formuliert CDU-Chef Merz in einem Interview mit NDR-Info am 24.2.23, dem Jahrestag des Beginns des Angriffskrieges, Folgendes: Der Reporter stellt fest, dass es der ukrainischen Armee vermutlich nicht gelingen wird, jeden russischen Soldaten aus dem ukrainischen Staatsgebiet zu vertreiben.
Dazu Merz: "Das Ziel, das realistisch sein müsste, wäre, die sogenannte Kontaktlinie vom 23. Februar 2022, also vom Tag vor dem Kriegsbeginn, wiederherzustellen als die Linie, über die dann anschließend auch verhandelt wird. Aber davon sind wir wahrscheinlich noch ziemlich weit entfernt, ist das Land, wir, ist die Ukraine noch ziemlich weit entfernt, das zu erreichen." Minute (4:25 bis 4:50)
Merz bleibt, möglicherweise bewusst ein bisschen unklar, wen genau er mit "wir" meint. Im weiteren Verlauf des Interviews schließt Merz allerdings einen Kriegseintritt Deutschlands oder der westlichen Verbündeten aus. Betont aber die Notwendigkeit, die Ukraine mit Waffenlieferungen in ihrem Abwehrkampf gegen den Angriffskrieg der Russischen Föderation zu unterstützen.
Aber wie weit geht diese Unterstützung? Merz zufolge bis zu einem Zurückdrängen der Angreifer auf die "die sogenannte Kontaktlinie vom 23. Februar 2022". Die Ukraine dagegen erwartet eine weitergehende militärische Unterstützung. Die "russische Kontaktlinie vom 23.2.2022", die Merz anspricht, beinhaltet auf der Seite der Angreifer die im Osten der Ukraine von prorussischen Separatisten kontrollierten sogenannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk und die Krim. Die hatte sich in einem zweifelhaften Referendum der Russischen Föderation angeschlossen, was von einer deutlichen Mehrheit der UN-Mitgliedsstaaten verurteilt wurde.
Nach den Vorschlägen Chinas für eine Friedenslösung gefragt, antwortet Merz, dass man sich hier nicht in derselben Weise falsch verhalten dürfe gegenüber China, wie man sich jahrelang gegenüber Russland falsch verhalten habe. Und dann wörtlich: "Auch China ist ein totalitärer kommunistischer Staat, der ausschließlich seine eigenen Interessen wahrnimmt." (Minute 8:56 bis 9:01)
Und noch eine Stelle ist interessant: Merz hält es für ausgeschlossen, dass die Russische Föderation ihren Angriffskrieg gegen die Ukraine so weit eskaliert, dass es zum Einsatz von Atomwaffen kommt. "Im übrigen: Die Behauptung, dass Atommächte keine Kriege verlieren, ist falsch: Russland hat den Krieg in Afghanistan verloren, ..." Minute 9:46
NDR-Interview mit Merz vom 24.2.2023
Tatsächlich hat nicht Russland in Afghanistan-Krieg geführt, sondern es war die Sowjetunion, die in Afghanistan in einen Bürgerkrieg eingegriffen hat, um die kommunistische Regierung zu stützen.
Ist das jetzt eine kalkulierte Ungenauigkeit, oder einfach nur "Wurstigkeit", dass Merz (und viele andere) so wenig differenzieren, zwischen Russland, Sowjetunion und Russische Föderation? Außerdem ist die Russische Föderation kein "totalitärer kommunistischer Staat", obwohl ganz klar ist, dass es sich bei Putin nicht um einen "lupenreinen Demokraten" handelt, wie es Ex-Kanzler Schröder mal in einer Fernseh-Diskussionssendung bejaht hatte.
Die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik war ein Teil der Sowjetunion und auch Soldaten aus der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik kämpften in Afghanistan. Will Merz solche Zusammenhänge in Vergessenheit rücken?
Siehe auch: Spiegel vom 11.8.2013