Hatte die Sache für irgendwen irgendwelche Folgen oder seid ihr alle einfach weitergefahren?
Ich habe es dabei belassen. Die Fahrerin stand nach dem Zusammenstoß vollkommen unter Schock. Sie hatte selbst ein Kind im Auto. Und da mir §2 Abs. 5 Satz 7 sehr wohl geläufig ist, habe ich es dabei belassen.
Es war auch wirklich eine blöde Situation:
Zuerst einmal hat es geregnet und war dunkel. Dann war die reguläre Ampel außer Betrieb und durch Baustellenampeln ersetzt, die auf dem Gehweg in der Mitte der Verlängerung der Fußgängerfurt standen. Der Fuß bestand aus diesen "Baustellenschildergewichten". Aber so hoch gestapelt, dass ein Kind praktisch komplett verdeckt wird.
Und so kam es dann: Das Kind stand hinter diesen Gewichten und fuhr los.
Ganz ehrlich: Hätte mir im Auto auch passieren können.
In der konkreten Situation das Fahrrad wohl sogar eher hilfreich: Ein losrennendes Kind wäre wohl sogar schneller gewesen. Und es wäre nicht das Vorderrad gegen das Auto gestoßen, sondern das Kind von der Autoflanke umgerissen worden.
Zu §2 Abs. 5 Satz 7 StVO (Absteigen bei jeder Straßenquerung):
Wir haben uns entschieden, die Absteigeregelung nicht einzuführen, wohl aber den Nachrang.
Ich halte die Gesetzgebung für einen "Hotfix". Irgendwo in der Entstehung der Regelung hat wohl jemand bemerkt, dass auf dem Gehweg radelnde Kinder grundsätzlich die gleichen Rechte hätten, wie Radfahrer auf der Fahrbahn. Das hat wohl nicht gefallen und die "Absteigeregelung" war wohl einfach die schnellste Lösung für das Problem.
Auf unseren 900m Weg zur Kita sind insgesamt 8 Fahrbahnen zu queren. Würden wir an jeder Kreuzung absteigen, könnten wir das Radfahren auch gleich ganz lassen. Daher haben wir nur die Vorfahrtsregelung beigebracht, nicht aber das Absteigen. Der einzige Nachteil davon ist ein reduzierter Impuls, an jedem Bordstein anzuhalten. Allerdings sind meine Kinder Stadtkinder": die ersten Jahre wird quasi jede freie Minute auf dem Gehweg darauf verwendet, die Regel "An der Bordsteinkante halt" beizubringen. Das sitzt jetzt. Die halten sogar an jeder Einfahrt an und gucken. Die haben dadurch vor fahrenden Autos genauso viel Angst, wie unsere Vorfahren vor Löwen.
Ampeln sind aber ein anderes Problem:
Durch den externen Trigger "grün", ist es verdammt schwer, hier ein wirklich sicheres Verhalten beizubringen. Wir reden hier über 4-5 jährige Kinder. Die sind einfach nicht in der Lage, das Verhalten von Autofahrern einzuschätzen. Keine Chance. Diese ganzen Nuancen, ob ein Autofahrer nun anhält oder nicht, kapieren die einfach noch nicht. Also müssen klare und einfache Regelungen her.
Was nicht funktioniert: "Alle Abbieger durchfahren lassen". Zum einen dauert es dann oft mehrere Ampelphasen, um rüberzukommen. Aber viel gravierender: Die bekommen es noch gar nicht hin, aus welcher Richtung die Abbieger eigentlich kommen können.
Was auch nicht klappt: "Ignoriere die Ampel! Ich bestimme, wann es losgeht". Die Kinder sind ja nicht blöd. Die sehen auch, dass der eigentliche Trigger "Grün" ist.
Normalerweise passe ich deshalb einfach auf wie ein Schießhund, wenn meine Kinder bei Grün die Fahrbahn betreten, um sie zur Not noch stoppen zu können.
Und dann kommt halt der blöde Moment, in dem im Dunkeln bei Regen das eine Kind anfängt zu brüllen, während das andere Kind durch Ampelgewichte verdeckt von einem Abbieger angefahren wird.
Straßenverkehr mit Kindern ist einfach verdammt anstrengend.
Und auf der Meta-Ebene ist es einfach nur deprimierend: Wir bilden uns ein, zivilisiert zu sein. Aber bereits direkt vor der Haustür befindet sich ein Kind in unmittelbarer Lebensgefahr. Erst durch eine sehr stringente, nicht-triviale mehrjährige intensive Verkehrserziehung wird diese Gefahr auf ein halbwegs erträgliches Maß gesenkt. Und der ganze Aufwand nur dafür, dass das Kind das Haus verlassen kann.