Mit den lokbespannten Bombardier-Doppelstockwagen sind wir bislang vier Mal gefahren.


Das Konzept hinterlässt uns ratlos: Es handelt sich nach unserem Empfinden um einen Nahverkehrszug mit Fernverkehrsanstrich, mit dem entsprechend knappen Stauraumangebot eines Nahverkehrszuges und den Sitzkomfort eines Nahverkehrszuges. Dass Fahrgäste in diesem Zug aber nicht nur eine halbe Stunde mit einem kleinen Rucksack zur Arbeit pendeln, sondern auch mal längere Strecken durch die halben Republik mit einem dicken Koffer fahren, passt mit dem Komfort- und Stauraumangebot dieser Züge nicht zusammen. Es gibt zwar pro Deck jeweils zwei Gepäckregale, aber auf dem Unterdeck passt nicht viel rein. Die Gepäcknetze, die in normalen Fernverkehrszügen auch mittelgroße Koffer aufnehmen, reichen aufgrund des beengten Platzangebotes im Doppelstockzug eher für eine kleine Handtasche.



In diesen Zügen gibt es zwei unterschiedliche Arten von Fahrradstellplätzen:
Die Stellplätze 201 bis 206 befinden sich in Wagen 1 im hinteren Bereich des Mehrzweckabteils. Dieses Mehrzweckabteil dient allerdings auch gleichzeitig als Abstellmöglichkeit für Kinderwagen und wird flankiert von insgesamt fünf Sitzplätzen. Man mag sich vorstellen, dass man hier in der Hauptverkehrszeit seine liebe Not haben wird. Noch lustiger wird es sicherlich, wenn hier nicht nur zwei, sondern noch ein paar mehr Kinderwagen stehen, man seinen reservierten Stellplatz nicht nutzen kann und im schlimmsten Fall ohne Anspruch auf Entschädigung am Bahnsteig zurückbleibt, weil Kinderwagen nunmal Vorrang vor reservierten Fahrrädern genießen. Nun ja.



Außerdem gibt es noch in den anderen Wagen jeweils einen Stellplatz mit der Nummer 211 direkt gegenüber der Toilette. Der Klappsitz ist zwar als Sitzplatz für den Inhaber des reservierten Fahrrades eine prima Sache, zieht aber natürlich auch fahrradlose Fahrgäste oder Koffer oder Kinderwagen an. Hier besteht für Fahrgäste mit reserviertem Fahrradstellplatz nach meiner Erfahrung und nach Berichten in den einschlägigen sozialen Netzwerken das ganz erhebliche Problem, dort sitzende Fahrgästen oder den Eigentümern der Kinderwagen oder Koffer deutlich zu machen, dass es sich um reservierte Fahrradstellplätze handelt und „Pech gehabt“ nunmal keine angemesse Antwort ist.
Leider ließ sich in der Vergangenheit das Zugpersonal nicht zum Eingreifen begeistern, entweder wurde ich auf das (bereits volle) Mehrzweckabteil verwiesen oder aber angewiesen, mich selbst mit den Fahrgästen auseinanderzusetzen, die ihren halben Hausrat dort abgestellt hatten:




Die Debatten verliefen entsprechend fruchtlos. Den Leuten war teilweise nicht einmal klar, dass es sich um eine Fahrradhalterung und nicht um einen Garderobenständer handelt, und eine vierköpfige Familie mit Kinderwagen aufzufordern, das Fahrzeug doch bitte woanders abzustellen, ist nunmal auch nicht jedermanns Sache — zumal dann plötzlich die sonst eher teilnahmslosen Fahrgäste im Umkreis des Streitgesprächs plötzlich Solidarität mit der Familie ausüben.
Im Endeffekt lässt man also entweder die Reservierung verfallen und quetscht sich zu den sechs anderen Stellplätzen in Wagen 1 oder verbringt die Fahrt stehend im Türraum, womit man natürlich den Missmut der übrigen Fahrgäste und des Zugpersonals auf sich zieht. Eine Zugbegleiterin drohte mir mal mit der Bundespolizei, wenn ich nicht die von einem renitenten Fahrgast mit Koffer blockierte Fahrradhalterung benutze, sah sich selbst aber ebenfalls außerstande, den Mann zum Gehen aufzufordern.
Will sagen: Von der Fahrradmitnahme im lokbespannten Intercity 2 habe ich erstmal die Nase voll. Das ist mir zu stressig.
Es gibt nämlich noch einen kleinen Bonus oben drauf: Auf einigen Linienästen verkehren die IC-Züge als Ersatz für den Nahverkehr, beispielsweise im Nordwesten von Bremen. Und das sieht dann regelmäßig so aus:


In solchen Fällen besteht dann im Sinne der Beförderungsbedingungen weder Anspruch auf Fahrradmitnahme noch auf Entschädigungen für eventuell verpasste Anschlusszüge. Insofern kann ich nur empfehlen, bei der Fahrradmitnahme im Fernverkehr darauf achten, ob sich eine IC-2-Verbindung eingeschlichen hat und entweder zusätzlich zum Fahrrad noch ein stabiles Nervenkostüm einzupacken oder aber wenigstens nicht in den Hauptverkehrs- oder Ferienzeiten zu reisen.
Für Familien mit Kindern und Kinderwagen gibt’s auch ein Kleinkindabteil oben im Wagen 1 mit zwei Stellplätzen und acht Sitzplätzen, allerdings a) muss man als bahnreisende Familie das erstmal wissen und b) diese Sitzplätze auch speziell reservieren und c) den Kinderwagen die Treppe hochschleppen und mit einer Glastür kämpfen — zumal man ja nicht nur eine einzelne Treppe hoch muss, sondern im barrierefrei ausgestatteten Wagen 1 im Unterdeck einsteigt und die relativ enge Wendeltreppe vorne beim Triebfahrzeugführer hochkraxeln muss. Also, ja, schön, dass es dieses Kleinkindabteil gibt, aber irgendwie… nein, danke.

