Nachdem ich in den letzten Tagen mehrmals im öffentlichen Nahverkehr unterwegs war, ringe ich gerade um die Hoffnung, dass das 9-Euro-Ticket vielleicht doch noch kurzfristig im Bundesrat scheitert. Die Nahverkehrszüge waren überfüllt, auf touristisch interessanten Strecken quetschten sich alle Fahrgäste in eine Sardienenbüchse namens LINT 41 oder mit Glück LINT 54 und dann steht man auf dem Rückweg da am Bahnhof und wundert sich, ob man denn in den überfüllten Zug überhaupt noch reinkommt oder sich mitten im niedersächsischen Nirgendwo noch ein paar Stunden in ein Café setzen kann, bis die Züge ab 20 Uhr vielleicht wieder leerer werden.
Okay, hat alles noch geklappt. Aber ich vermute mal, das werden lustige drei Monate im Nahverkehr. Gewisse Strecken wie etwa der RE 6 von Hamburg nach Westerland oder dieser komische Nahverkehrs-InterCity von Bremen nach Emden-Außenhafen sind ja schon an normalen Wochenenden überfüllt, das wird ja ein Desaster — zumal man in Westerland ja mit Pech auch gar nicht ohne Nahverkehr abends von der Insel wieder runterkommt. Als ich parallel zum Abitur dort als Fahrgastzähler unterwegs war, konnten wir einige Züge nicht mehr zählen, weil wir einfach physisch gar nicht mehr in die Wagen passten.
Vor ein paar Tagen las ich dann die Einlassungen eines Landesverkehrsministers (?) irgendwo im Netz, man ginge davon aus, „die Bahn“ würde einfach noch ein paar zusätzliche Züge aufs Gleis bringen oder Wagen anhängen.
„Die Bahn“ ist aber nicht mehr die gute alte Bundesbahn, sondern jeweils ein Eisenbahnverkehrsunternehmen, das nur das fährt, was vom Land bestellt, beziehungsweise gestellt wird. Ich bilde mir ein, über die Situation in Schleswig-Holstein einen groben Überblick zu haben und wüsste dort nicht, wo noch zusätzliche Züge verkehren sollten, denn im Nahverkehr mangelt es an allem: An Zügen, an Wagen, meistens auch an freien Trassen. Der RE 6 nach Westerland marschiert zu den Stoßzeiten im Sommer mit zwölf Wagen nach Westerland und passt damit schon gar nicht mehr an alle Bahnsteige ran und trotzdem reicht die Kapazität vorne und hinten nicht.
Und der grüne Zug von Hamburg nach Kiel oder Flensburg? Da kann man ja froh sein, wenn die überhaupt noch rollen und nicht während der Fahrt auseinanderfallen, beziehungsweise wegen technischer Probleme den Dienst auf freier Strecke quittieren. Oh, oder mit der Bahn an die Ostsee? Von Hamburg nach Travemünde-Strand geht’s im Sommer mit langen Doppelstockzügen, die gerade so ausreichen, aber von Lübeck nach Norden an der Küste entlang fährt wieder nur die LINT-Sardienenbüchse.