Beiträge von Malte

    Nun bin ich am Montag beinahe an dieser Stelle tüchtig über den Lenker geflogen. Und wie ist das nun wieder passiert?

    Aufgrund der Baumaßnahmen in der parallel verlaufenden Bleckeder Landstraße wird der ganze Kraftverkehr durch die abgebildete Dahlenburger Landstraße geführt. Vorne an der Ampel staut es sich und diese eigentlich relativ kleine Kreuzung am Pulverweg hat plötzlich strategische Wichtigkeit erlangt: Der Verkehr von der Bleckeder Landstraße biegt bevorzugt hier ein, beziehungsweise in der Gegenrichtung ab.

    Und so düste ich halt im Lüneburger Trott mit dem Rad den Hang hinunter zu dieser Einmündung und hatte vor allem den Kraftverkehr von rechts im Blick. Dort war ein Kraftfahrer im Begriff, über den Gehweg nach vorne zu fahren, um direkt rechts abzubiegen und nicht noch mehr Lebenszeit in der Warteschlange der linksabbiegenden Kraftfahrer zu vergeuden. „Dich hab ich im Blick“, sagte ich mir, denn ich wusste, er würde mich ja „übersehen“, wie es in der Polizeipresse anschließend heißen würde.

    Dann bemerkte ich plötzlich im Augenwinkel die Reflektion einer Lichthupe am Heck eines Kraftfahrzeuges, das etwas weiter vorne im Stau stand und begriff, dass es nun Zeit für eine Vollbremsung war: Ein freundlicher Kraftfahrer wollte ein paar Linksabbieger aus dem Gegenverkehr durchlassen. Und die nahmen dieses Angebot natürlich gerne an, gaben Vollgas und achteten nicht auf bevorrechtigte Radfahrer. Und so wurde es etwas knapper, bevor ich beinahe unter dem Lieferfahrzeug eines bekannten Online-Warenhauses verschwunden wäre. Ich glaube, der gegnerische Fahrer hat’s noch nicht mal bemerkt.

    Bemerkt hat es aber eine Kraftfahrerin, die gerade den Fußgängerüberweg blockierte und direkt ihren Senf zum Vorfall abgeben musste: „Das ist ein Zebrastreifen! Sie müssen absteigen! Das ist gefährlich!“

    Wie oft wohl Kraftfahrer wütend ins Lenkrad beißen, dass ich irgendwo ohne absteigen über einen Fußgängerüberweg gefahren wäre, weil die einfach durch die Windschutzscheibe die häufig rot markierte Fahrradfurt nicht wahrnehmen oder nicht verstehen, wie das funktionieren soll?

    An dieser Stelle ist ein Unfall überdies ganz besonders delikat, denn hier gibt es solche Rüttelstreifen, um den Radverkehr auszubremsen und ein Schild mit roter Schrift, um den Radverkehr vor „Gefahr!“ zu warnen, da wäre in der öffentlichen Wahrnehmung wohl zweifelsohne der blöde Radfahrer schuld, wenn er irgendwo tot unter dem Kraftfahrzeug zu liegen gerät.

    Vielleicht ließe sich ja aber der Verkehrsfluss noch ein bisschen optimieren. Und sei es durch Aufstellung noch einer weiteren Lichtsignalanlage, die unterbinden könnte, dass hier allzu viele Kalamitäten passieren.

    Nach drei Monaten hat es sich ungefähr so eingespielt, dass bei jedem fünften Umlauf der erste Kraftfahrer bei rotem Licht losfährt, in der Regel zieht er dann auch gleich den zweiten mit sich mit, der dritte bleibt dann wiederum stehen:

    Lustig wir des dann, wenn der erste nicht losfährt und der zweite ganz entgeistert hupt, um dann links über den Fahrstreifen zum Geradeausfahren um das Hindernis zu manövrieren und dann beim doppelt ordnungswidrigen Rechtsabbiegen den nichtmotorisierten Verkehr noch mal extra-stark gefährdet.

    Aber vielleicht spielt sich das ja auch noch irgendwann mal ein.

    Offenbar war auch gar nicht die ursprüngliche Intention der neuen Schaltung, den Rad- und Fußverkehr zu schützen, sondern primär den Verkehrsfluss aus zu optimieren, da die parallel verlaufende Bleckeder Landstraße gerade baustellenbedingt gesperrt ist und quasi jedes Kraftfahrzeug hier durch und anschließend rechtsabbiegen muss. Das klappt eher so lala:

    Vielleicht gäbe es auch ein anderes Wort statt "missachten", das keine böse Absicht impliziert. Warum das passierte, wäre dann noch zu klären, ggf. vor Gericht. Stattdessen liefert die Polizei in ihren Pressemeldungen oftmals die Entschuldigung des Unfallverursachers auf Basis von Vermutungen gleich mit.

    … was sich ja auch bei der Unfallaufnahme niederschlägt. Das ist mir ja auch mal widerfahren: Da wird dann mitunter ganz genau nachgeforscht, ob der Radfahrer denn Licht am Fahrrad hat und alle Speichenreflektoren und ob er denn beweisen könne, dass er vor dem Unfall auch wirklich mit Licht gefahren ist, aber warum der Unfallgegner auf dem Geh- und Radweg entgegen der Fahrtrichtung mit dem Auto fährt, das interessiert irgendwie nicht so doll.

    Ist halt irgendwie so: Radfahrer halten sich ja angeblich nie ohne Regeln und führen immer ohne Licht, insofern ist es natürlich auch total plausibel zu behaupten, der radfahrende Unfallgegner wäre ohne Licht gefahren. Die Lebenserfahrung von Polizisten und Richtern wird bestätigen: Ja, so kennt man sie, unsere lieben Radfahrer.

    In Wahrheit dreht sich die vehemente Kritik an der „Übersehen“-Diktion doch darum, dass deren Kritiker unterstellen wollen, dass der Radfahrer bewusst ignoriert worden sei. Das wäre aber das genaue Gegenteil von „nicht geguckt“.

    Für mich persönlich ist „nicht geguckt“ tatsächlich das, was es aussagt: Jemand hat nicht geguckt. „Übersehen“ ist eher gucken, aber nicht wahrnehmen — übertrieben deutlich beschrieben: Das Bild kommt auf der Netzhaut an, wird auch irgendwie ins Gehirn geleitet, aber nicht ordentlich verarbeitet, weil entweder der Radling im grellen Gegenlicht auf der regennassen Straße im Außenspiegel tatsächlich nicht besonders gut zu sehen war oder weil das Gehirn auch schon wieder mit anderen Dingen beschäftigt war oder weiß der Geier was.

    Abgesehen davon habe ich den Eindruck, dass „übersehen“ (auch von mir) geradezu inflationär und im falschen Kontext benutzt wird. Wenn jemand beim Abbiegen aufs Handy schaut und darum einen nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmer auf die Hörner nimmt, dann ist das kein „übersehen“.

    Welche Vorfahrtsregel ist denn in der von dir genannten Fahrradstraße einschlägig

    Das ist in der Thadenstraße. Dort gibt es entweder eine ampelgeregelte Kreuzung oder hier und da Einmündungen mit § 10 StVO, so dass dort tatsächlich „rechts vor links“ keine Anwendung findet. Ist aber halt doof, dass dann auf ein solches Plakat zu schreiben und damit zu suggerieren, das könnte in jeder Fahrradstraße so gelten.

    Ich kennt ja sicherlich im Bezug auf Fahrradstraßen die Äußerung, dass Radfahrer dort „Vorrang“ hätten. Das sieht dann beispielsweise so aus:

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    Oder auf Blech auch so:

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    Nun ist „Vorrang“ ja ein Synonym für § 6 StVO, bezieht sich also auf darauf, ob der entgegenkommende Verkehr zuerst fährt oder ich. Das ist aber natürlich nicht, was „Radfahrer haben Vorrang“ in Fahrradstraßen eigentlich meint, es geht ja eher darum… ja, worum denn eigentlich?

    Bezieht sich „Vorrang“ wirklich nur darauf, dass eine Fahrradstraße in der Theorie nur Fahrrädern vorbehalten ist, obwohl eigentlich überall auch der Kraftverkehr per Zusatzzeichen zugelassen ist? Denn um den „Vorrang“ an Engstellen kann es ja kaum gehen, das gibt die Straßenverkehrs-Ordnung nicht her, aber es ist ja offenbar wichtig, dass bei jeder feierlichen Einweihung einer Fahrradstraße auf Neue betont wird, dass Radfahrer dort „Vorrang“ hätten — ohne genau zu erklären, was das nun eigentlich bedeutet.

    Was diesen Zielort angeht, wird sich, so fürchte ich, zusätzlich der Streisand-Effekt bemerkbar machen. Die Insel ist in den letzten Wochen aus meiner Sicht insbesondere in den letzten Wochen in den (sozialen) Medien schon fast pars pro toto für die Überfüllung der Züge durch das 9-Euro-Ticket geworden.

    Ich weiß gar nicht, ob dieser Thematisierung wirklich so große Auswirkungen haben wird.

    Da das 9-Euro-Ticket nur für den Nahverkehr gilt, ist man ja schon ab Hamburg-Altona knappe drei Stunden unterwegs plus noch die Anfahrt bis Altona, was ja auch noch eine Weile dauert; ab Berlin sind es knappe 8 bis 10 Stunden mit drei bis vier Umstiegen, ab Hannover 6 bis 7 Stunden mit zwei bis drei Umstiegen, ab Bremen immerhin noch 5 Stunden mit zwei Umstiegen. Da man ja auch wieder zurück muss, möchte ich behaupten, dass kaum jemand zu diesen Sylt-Erstürmungs-Tagen wieder als aus Hamburg anreisen wird. Da sitzt man ja locker einen halben Tag im Zug und verbringt kaum Zeit auf der Insel — außer man nimmt sich ein Hotel, aber wer sich dort ein Hotel leisten kann, fährt auch nicht mit dem 9-Euro-Ticket.

    Die meisten werden aber Stammnutzer sein und denen sind weder volle Züge fremd noch Verspätungen.

    Ich glaube auch nicht, dass der „eingefleischte Kraftfahrer“ jetzt wegen dieses Tickets auf die Bahn umsteigen wird, denn die üblichen Sorgen von wegen „da sind andere Leute“ oder „Nachbar isst Döner mit Scharf“ behalten ja dankenswerterweise ihre Gültigkeit.

    Ich gehe aber davon aus, dass etwa die Marschbahn nach Sylt an den Wochenenden regelmäßig bereits ab Hamburg-Altona überfüllt sein wird. Die operiert ohnehin an den Kapazitätsgrenzen, mit dem Neun-Euro-Ticket wird das sicherlich noch mehr Leute animieren, für einen schönen Tag auf die Insel zu fahren. Das dürfte ein Desaster werden, das in vermutlich nicht ganz so gräßlicher Ausprägung an der Ostsee zwischen Lübeck und Neustadt zu beobachten sein wird.

    Ansonsten dürfte es noch auf der Relation Berlin–Rostock eng werden und auf vielen anderen touristisch interessanten Strecken.

    Bei mir persönlich ist halt tatsächlich das Problem, dass die ganzen Leute dann in einen einzigen Metronom pro Stunde steigen müssen, weil ansonsten hier baustellenbedingt nichts fährt und das macht die Sache dann erst recht spannend.

    Da bist Du nicht zufällig über Hamburg-Bergedorf dorthin gelangt? Über die B207, die in Richtung Wentorf bergauf auf 1,5 km mit [Zeichen 239] [Zusatzzeichen 1022-10] beschildert ist?

    (Hamburg-Bergedorf war 1982 bis 2002 mein Wohnort)

    Na klar bin ich da langgefahren. Das war ja auch schon so ein Spaß, bei dem ich mir mehrfach die Hupe angehört habe.

    Polizei als Ansprechpartner der Presse: Niemals und auf gar keinen Fall mit dem Rad über den Zebrastreifen radeln! Immer absteigen und schieben!

    Straßenverkehrsbehörde:

    Drunterkommentator*innen: Radfahrers halten sich nie an die Regeln!!1

    Next level in Wentorf bei Hamburg. Kreisverkehre sind ja immer ein Quell der Überraschung für den lieben Radfahrer, denn eigentlich hat er entlang der Kreisfahrbahn Vorfahrt im Sinne von § 8 StVO, während Fußgänger nur gegenüber dem ausfahrenden Kreisfahrbahnverkehr kraft § 9 Abs. 3 StVO Vorfahrt haben.

    In Wentorf macht man erst einmal aus dem benutzungspflichtigen Fuß- und Radweg einen freigegebenen Gehweg mit Schrittgeschwindigkeit…

    … um dann Radfahrer und Fußgänger gemeinsam über diesen Fußgängerüberweg zu leiten. Und was wissen wir von der Polizei? Mit dem Rad auf gar keinen Fall und niemals über Zebrastreifen fahren. Der normale Kraftfahrer dürfte das hier auch entsprechend interpretieren, beziehungsweise an die Weisheit glauben, dass Radfahrer hier zwar fahren dürften, aber keine Vorfahrt hätten. Nun ja.

    Das geht auch noch eine Umdrehung lustiger:

    Natürlich kann man auch einfach auf der Fahrbahn fahren, um diese ganzen Probleme zu umkurven, aber ich durfte mich gestern davon überzeugen, dass man Fahrbahnradelei hier auch nicht so schön findet.

    Und dann gibt es eben weite Überlandstraßen, mit etwas, das durch die Windschutzscheibe nach einem bestens ausgebauten und breiten Radweg aussieht. In der einen Richtung ist das ein nach § 2 Abs. 4 StVO für den Radverkehr freigegebener Weg, in der anderen Richtung ein freigegebener Gehweg mit Schrittgeschwindigkeit.

    Wie gesagt: Man kann auch einfach auf der Fahrbahn bleiben, aber dann hat man halt nicht so eine schöne Erfahrung.

    Und solche Stellen sind für mich dann ein Indiz dafür, dass die Behörde auch gar nicht weiß, was sie hier eigentlich beschildert. Momentan befinde ich mich auf dem linksseitigen Weg mit Freigabe für den Radverkehr, der daraufhin zu einem linksseitigen Gehweg für Freigabe und Schrittgeschwindigkeit für den Radverkehr wird, anschließend kommt wieder die Freigabe aus § 2 Abs. 4 StVO ohne Geschwindigkeitsbegrenzung.

    Und sobald diese Beschilderung folgt, ist eh alles egal, dann wird aus der Freigabe aus § 2 Abs. 4 StVO plötzlich ein freigegebener Gehweg in beide Richtungen. Konsistent ist hier nichts.

    Luftlinie etwa 1,3 Kilometer. Das gehe ich in nicht einmal einer Viertelstunde zu Fuß, da steige ich noch nicht mal aufs Fahrrad.

    Heute hielt ich mich für ein paar Minuten in der Gegenwart von drei Männern auf, die über unsere grüne Oberbürgermeisterin schimpften. Denn während wir hier alle sparen sollten, wäre sie gerade im Urlaub in der Karibik. Stimmt zwar nicht so ganz, heute morgen war sie wenigstens noch im Rathaus, aber bei diesen Grünen, bei denen kann man ja nie wissen.

    Jedenfalls sollen wir ja alle sparen, aber wie soll man denn sparen, wenn der Sprit 2,20 Euro kostet, diese blöden Grünen, die wären ja zu dumm zum rechnen! Die hätten auch noch nichts geleistet im Leben, diese Grünen, Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal und so.

    Irgendwann kam dann raus: Der Weg zur Tankstelle, an der der Sprit 2,20 Euro kostet, ist ein Umweg. Aha, soso. Alle drei fahren nämlich ihren Wagen auf einer derart ultrakurzen Strecke durch die Stadt, dass sie nicht einmal an einer Tankstelle vorbeikommen. Und das war tatsächlich auch so gemeint, denn einer bekräftigte noch mal, dass er tatsächlich einen Umweg aus der Stadt rausfahren müsse, denn dank der doofen Grünen gäbe es in der Innenstadt ja gar keine Tankstellen mehr. Stimmt nicht so ganz, aber nun gut, ja, die Tankstellen befinden sich tatsächlich eher an den Ausfallstraßen in die umliegenden Dörfer.

    Ich behaupte mal, mehr als zwei Kilometer legen die drei zur Arbeit wohl eher nicht zurück. Womit wir dann wieder bei „zu dumm zum rechnen“ wären: Lohnen kann sich das ja nicht.

    Okay, Eckernförde, da waren wir ja schon mal, da kann man ja mal öfter hin:

    Dann gibt’s hier noch eine Bedarfsampel aufgrund einer Arbeitsstelle, die ich ganz interessant finde. Es gibt also einen baulich vorhandenen Radweg, der übrigens für beide Richtungen betrieben wird, und einen baulich vorhandenen Gehweg, beide eigentlich breit genug, trotzdem kommt man hier erstens noch mal mit der Benutzungspflicht vorbei und dann sollen die lieben Radfahrer bitte absteigen:

    Trotzdem gibt’s dann aber sogar einen separaten Signalgeber für Radfahrer, was ja einigermaßen witzlos ist, denn sobald ich auf dem Rad dem Sattel entsteige, bin ich ja gar kein Radfahrer mehr, insofern ist der schöne Signalgeber, mit dem man sich ja tatsächlich ein bisschen mehr Mühe gemacht hat, eher witzlos:

    Naja, und jetzt am Wochenende gab es auch das hier noch. Keine Ahnung, was das mal werden soll: