Am Sonntag, den 20. November 2016, stand dann die Erkundung des ersten Kopenhagener Radschnellweges auf dem Programm. Die Dinger heißen dort Supercykelstier und sollen dort wie hier Radfahrer möglichst schnell in die Innenstadt bringen.
Wenn ich das richtig verstanden habe, ist bislang nur Albertslundruten C99 fertiggestellt, die von einem Golfplatz im Westen Kopenhagens bis in die Innenstadt führt. Das ganze Ding ist 17 Kilometer lang und führt tatsächlich relativ geradlinig bis zum Vesterport.
Wir stiegen allerdings erst knapp in der Mitte ein, weil unser Campingplatz dort in der Nähe der Route lag.
Ich fange ja hier schon mit dem Staunen an: Das ist noch gar kein Teil des Schnellweges, sondern einfach nur… ja, einfach nur eine Halbring, der in einiger Entfernung um Stadtzentrum herumführt. Teilweise komplett kreuzungsfrei ausgebaut, manchmal nur ein bisschen, stellenweise nicht, aber offenbar größtenteils beleuchtet und regelmäßig von Laub gereinigt. Puh, und hier in Hamburg feiert man es schon als Erfolg, dass die Stadtreinigung jetzt nach und nach einmalig (!) das Laub von den Radwegen entfernt.
Diese Ringstrecke wird dort im Hintergrund vom C99 gekreuzt, wir biegen erstmal nach links ab und bestaunen die stadtauswärts angelegte Infrastruktur — hier ein Tunnel unter der Autobahn:
Jenseits der Autobahn führt der Weg weiter durch die Siedlungen, allerdings sieht man auch hier am Dreieck, dass auch in entlegeneren Teilen der Stadt Radfahrer an dieser bummeligen Straße keine Vorfahrt bekommen:
Na gut, umkehren und in die andere Richtung. Wir fahrbahnradeln durch ein ruhiges Wohngebiet und haben plötzlich Angst, uns mit der Geschwindigkeit verschätzt zu haben, denn plötzlich werden wir auf einen Radweg in Kieler-Straße-Niveau gezwungen. Sowas hier ist ernsthaft Teil des Radschnellweges:
Ich habe mir sagen lassen, dass man hier wohl die Oberfläche noch austauschen will — da bin ich ja mal gespannt.
Für § 37 Abs. 2 Nr. 6 StVO geplagte Hamburger Radfahrer ein toller Service: Man kann sich abstützen, während man sich Gedanken macht, welcher Signalgeber denn zu beachten ist:
Auch ungewohnt für Hamburger Radlinge: In der Hansestadt hätte hier längst jemand die blauen Schilder in Grund und Boden geklagt.
Naja, weiter geht’s:
An Fußgängerüberwegen haben Fußlinge natürlich auch bei der Querung des Radweges Vorrecht. Das ist in Deutschland eigentlich auch so vorgesehen, aber weil kaum eine Behörde den Verwaltungsvorschriften folgt, spart man sich beim Applizieren der Überwege etwas Farbe und hinterlässt auf den Radwegen einen gewissen rechtsfreien Raum:
Dass es in Kopenhagen mit dem Rechtsabbiegen so prima funktionierte hat mich wirklich überrascht. In Hamburg hätte ich in so einer Situation zur Vermeidung einer mittlerweile dritten Gehirnerschütterung sofort die Notbremse gezogen, aber in Kopenhagen klappt sowas sehr viel besser. Tatsächlich wurde ich in vier Tagen Kopenhagen ein Mal (1!) beim Rechtsabbiegen übersehen — und das von einem Kraftfahrer, der ohnehin nicht alle Tassen im Schrank hatte und schon vorher auffällig unterwegs war. Ey, wenn ich an meinen Weg zur Arbeit denke, boah, da werde ich mit Sicherheit mindestens fünf Mal „übersehen“ — und traurigerweise immer an den selben Stellen, an denen die Infrastruktur teilweise erst vor kurzem saniert wurde. Nun ist es sicherlich nicht so, dass es in Kopenhagen gar keine Rechtsabbiege-Unfälle gäbe, aber die Quote derer, die keinen Schulterblick geregelt bekommen, scheint mir deutlich geringer zu sein.