Die Walddörferstraße in Hamburg soll ja eventuell zu einer Fahrradstraße ausgebaut werden. Bei Google News finden sich dazu Dutzende Artikel.
Die Walddörferstraße ist bislang mit dem Rad eher… schwierig zu befahren. Es gibt stellenweise Flächen auf dem Gehweg, die den Anschein eines Radwegs machen, der allerdings an der nächsten Querstraße wieder endet, woraufhin sich dann ein reiner Gehweg anschließt. Dann gibt es teilweise „echte Radwege“ ohne Benutzungspflicht, die aber auch nicht besonders lang sind und dann eben nicht an der nächsten, sondern an der übernächsten Querstraße wieder enden.
Am westlichen Ende der Walddörferstraße ist diese Stelle legendär, bei der man als Radfahrer, der entgegen der Streetview-Blickrichtung fährt, zum Geradeausfahren dem verschwenkten Fahrstreifen folgen muss, während gleichzeitig die Kraftfahrer hinter einem endlich überholen wollen. Rein vom Gefühl her ging das jedes zweite Mal schief, als ich dort langgefahren bin, weil der Kraftverkehr auch keine Radfahrer auf der Fahrbahn duldet. Dementsprechend fahren ähnlich wie im Grandweg gefühlte 80 oder 90 Prozent der Radfahrer ordnungswidrig auf dem Gehweg herum und haben dort natürlich keine Probleme.
Die Walddörferstraße wird im Norden vom Friedrich-Ebert-Damm, im Süden von der ehemaligen Bundesstraße 75 flankiert — beides bestens ausgebaute und breite Straßen, die noch nach dem Vorbild der autogerechten Stadt entworfen wurden und eine entsprechend autozentrierte Aufteilung des Straßenraumes bieten. Für Radfahrer besteht innerhalb dieser Relation die Möglichkeit, teilweise ordnungswidrig, aber geduldet über die verschlungenen Wege entlang der Wandse zu fahren. Nach meiner Erinnerung ist dort mit wassergebundenen Oberflächen und mit Fußgängern zu rechnen, das ist also mehr eine sonntägliche Gute-Laune-Strecke als eine wirkliche Alternative für den Radfahrer, der einigermaßen schnell zum Ziel kommen will.
Gegen die Pläne einer Fahrradstraße hat sich die IG Walddörferstraße. Man mag ja gerade als Gewerbetreibender einer Fahrradstraße tatsächlich skeptisch gegenüberstehen, aber beim Durchlesen deren Webseite habe ich das Gefühl, dass die überhaupt nicht wissen, was eine Fahrradstraße überhaupt ist. Es geht ja gar nicht darum, jeglichen Kraftverkehr zu unterbinden und Anwohner und Gewerbetreibende zu zwingen, ihren Kram mit der Schubkarre nach Hause zu bringen und alles der Herrschaft der renitenten Radfahrer unterzujochen, sondern um eine Fahrradstraße, auf der nach meiner Kenntnis noch nicht einmal der Durchgangsverkehr verboten wird. Das ist also eigentlich nicht viel mehr als eine olle Tempo-30-Zone, nur das man anstelle des eben ein mit „Kraftverkehr frei“ aufstellen wird.
Das tut niemandem weh, das wird niemandem davon abhalten, trotzdem als Abkürzung mit dem Auto durch die Walddörferstraße zu fahren, eigentlich wird sich nichts ändern, denn an die Höchstgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde wird sich eh niemand richten.
Vielleicht ringt man sich ja doch zu einem durch — aber ich mag nicht so richtig glauben, dass man aus dem Desaster am Harvestehuder Weg tatsächlich gelernt hat.
BTW: Komisch, dass die IG Walddörferstraße zur Illustrierung ihres Anliegens kein anderes Symbolfoto gefunden hat als einen dunkel gekleideten Radfahrer, der an einer Kreuzung auf der falschen Straßenseite durch den fließenden Querverkehr düst. Da weiß man auch gleich wieder, woher der Wind weht.