Hahahaha:
Die Stadt Jena hat jetzt auch einen "Radentscheid" an der Backe kleben.
oh, moment:
weil: ja, einiges klingt ganz nett
... aber die geilen Stücke draus:
Allgemein:
- Jährlich mind. 5 km sichere Radwege schaffen.
Speziell an Hauptstraßen:
- Jährlich mind. 2 km sichere Wege an Hauptverkehrsstraßen schaffen
- Baulich getrennte, mind. 2,30 m breite, farblich markierte Radwege an stark befahrenen Straßen
und wenn das nicht klappt, dann:
- Sichere Alternativrouten wenn keine Radwege möglich sind
- Befahren und Halten von Kfz auf Radwegen zuverlässig verhindern
Kreuzungen:
- Parken in Kreuzungsbereichen zuverlässig baulich verhindern, jährlich mind. 20 Kreuzungen umbauen
- Jährlich mind. 2 gefährliche große Kreuzungen umgestalten
(und Einmündungen nicht?)
Schulwege:
- Gefahrlose Radwege für Kinder speziell im Umfeld von Schulen
Abstellanlagen:
- Jährlich 300 neue Fahrradstellplätze
Am unlustigsten finde ich den Part mit den "gefahrlosen(!) Radwegen für Kinder".
Wir reden also nicht von "sicheren" Radwegen, wo man Argumente bringen könnte und das als Relation zu bestimmten Situationen auf der Fahrbahn setzen kann, wo man also durchaus argumentativen Spielraum hätte; nein, es werden gefahrlose Radwege gefordert. Schade, gibt's nicht.
Auch diese absoluten Zahlenspiele sind gruselig. Jedes Jahr 2 Keuzungen umbauen. Mindestens! 5km Radwege schaffen! Mindestens! 300 Stellplätze schaffen. Mindestens!
Ist der Radentscheid auf 10 Jahre befristet? Oder fängt man dann im 11. Jahr an, Fahrradstellplätze irgendwo in Ortsrandlage zu erschaffen, um der Zahl genügee zu tun?
Mindestens(!) 2 gefährliche große Kreuzungen pro Jahr umbauen. Gefährlich und groß? Groß oder gefährlich? was ist gefährlich? woran bemisst sich das? Pro Jahr 2 Umbauten? Große Kreuzung? Ambitioniert.
Über absolute Streckenausbauten von Radwegen in einer Stadt wie Jena zu verhandeln, ist müßig. Weil die Flächen für Radwege schlicht nicht existieren. Es sind auf Grund der baulichen Situation in dieser doch tendenziell eng bebauten Stadt, die sich an den Hängen des Saaletals entlanghangelt, jetzt schon fast sämtliche Gehwege untermaßig, teilweise auch nur einseitig oder sogar gar nicht vorhanden. Wo man dort Radwege hinbauen will? keine Ahnung.
Und die Karte mit den "sicheren Alternativrouten"? Wie soll die gespielt werden? Wie immer: Radverkehr wird in Seitenstraßen verbannt (Hanglage! Höhenmeter!), die pro-Forma zu Fahrradstraßen (mit Freigabe KFZ!) gemacht werden.
Bah!
So sehr ich den Ansatz begrüße, dass "der Radverkehr" in Jena irgendwie gestärkt werden soll: das sind Forderungen, die ich aus Verwaltungssicht als geradezu realitätsfern einstufen würde.
Was ich vermisse:
- keine Forderungen nach geschwindigkeitsreduzierung
- keine Forderung nach Fahrradstraßen (meinetwegen sogar "unechte"...)
Selbst wenn(!) das Ding durchgehen sollte: man wird wie überall auch die unproblematischen "schnell-schnell"-Dinge anfassen wie z.B. eine Anbindung der ländlichen Ortsteile. Wo man einen Radweg noch irgendwo hinklatschen kann und dafür nur einem Landwirt bisschen Land abkaufen muss. Dann erklärt man die Strecke zum Radweg, macht noch eine Zufahrt zu Kleingärten oder sonstwas draus - fertig.
Und die richtigen Brocken, also Innenstadt, Bundesstraße usw, dort, wo halt einfach jetzt absolut kein zusätzlicher Raum zur Verfügung steht, weil zwischen Hauswand und Hauswand oder Bahnstrecke und Hauswand einfach nur 10m + 4m hohe Böschungskante ist: die wird man auslassen. Denn das würde eben richtig Geld und Aufwand kosten oder real nicht möglich sein.
Und so wird es dabei bleiben, dass die Hauptstraßen "für Autos!" da sind, der Radverkehr bitte irgendwelche parallelen Routen durch die Saaleaue oder zick-zack-Wege durchs Wohngebiet nehmen soll und sich nichts ändern wird.