Die Kieler Hörnbrücke ist wegen ihres Faltmechanismus eigentlich ziemlich bekannt und sieht grundsätzlich so aus:
Abseits der Kieler Woche ist die Brücke weniger stark frequentiert und darf von Radfahrern grundsätzlich überquert werden; zur dazugehörigen Beschilderung gleich mehr. Während Wartungsarbeiten (oder falls die Brücke mal wieder klemmt, was insbesondere in der Anfangszeit des Betriebes gar nicht mal so selten passiert ist), kann die daneben befindliche Behelfsbrücke ausgefahren werden. Dort gilt allerdings und damit wird die Sache kompliziert.
Von Westen kommend, also von Seite des Kieler Hauptbahnhofes, sieht man zunächst diese Beschilderung. Zeichen 239 mit „Radfahrer frei“, Hafengebiet, besonderer Gefahrenbereich, bei Nässe und Glätte Rutschgefahr, Angeln verboten. Soweit ist alles klar.
Dann folgt der Übergang zur Behelfsbrücke, der Radfahrer zunächst mit „Radfahrer absteigen“ begrüßt. Wenn die eigentliche Faltbrücke geschlossen, also benutzbar ist, wird dieser Bereich mit einer Schranke verschlossen.
Aus der Gegenrichtung kommend ist es komplizierter, dort steht das gleiche Schild mit der Rutschgefahr und dem verbotenen Angeln, allerdings ohne Zeichen 239, ohne „Radfahrer frei“. Nun darf man wieder raten: Ist das so beabsichtigt? Hat jemand die Schilderkombination abgebrochen? Hat die Straßenverkehrsbehörde sich dabei etwas gedacht oder entspricht das gar nicht der eigentlichen Anordnung? Vielleicht ist auch einfach der Bauhof mit den Schildern auf der Ladefläche vorgefahren, hat zuerst den Hinweis mit dem Hafengebiet angeschraubt, dann den Wegweiter über die Hörnbrücke druntergesetzt und dann festgestellt, Shit, wohin jetzt mit den beiden anderen Schildern.
An der Behelfsbrücke wartet wieder „Radfahrer“ absteigen:
Die weiße Behelfsbrücke ist ungefähr zweieinhalb Meter breit und bietet damit gerade mal genügend Platz für die im Kontaktverbot geforderten anderthalb Meter Abstand, sofern Fußgänger hintereinander auf der jeweils rechten Seite laufen. Zweieinhalb Meter bieten allerdings längst nicht genügend Platz, um mit dem Rad zwischen Fußgängern herumzucruisen: Mal laufen dann doch zwei Fußgänger nebeneinander, dann führt jemand einen Kinderwagen mit, ein anderer schiebt sein Fahrrad und dann kommt vielleicht noch Gegenverkehr. Die Gegenwart von Radfahrern ist auf der Brücke ähnlich unangenehm wie Gehwegradler auf einem engen Gehweg, zumal man nicht einschätzen kann, ob derjenige nun in Schrittgeschwindigkeit mit viel Geduld hinter Fußgängern herrollen möchte oder bei der nächstbesten Gelegenheit dann doch lieber eng überholt.
Will sagen: „Radfahrer absteigen“ ist vielleicht gar nicht mal eine so schlechte Idee, wenigstens in der Gegenwart von Fußgängern.
Nun kennen wir natürlich alle die Straßenverkehrs-Ordnung und den Bußgeldkatalog (oder wenigstens Bernd Sluka und wissen, dass nur im Verkehrszeichenkatalog auftaucht, aber das dazugehörige Verhalten, das man sich freilich mit ein bisschen Grips schon überlegen kann, weder in der Straßenverkehrs-Ordnung spezifiziert noch im Bußgeldkatalog sanktioniert wird.
Momentan wird an der Brücke gearbeitet, währenddessen überprüft die Polizei Kontaktverbote und nicht-absteigende Radfahrer. Das sieht dann so aus…
… und resultiert in Bußgeldern, in denen Bezug auf einen Verstoß gegen Zeichen 239 genommen wird:
Ich halte das für eine günstige Gelegenheit für einen Einspruch, da ja Zeichen 239 offenkundig nicht in der sanktionierten Form aufgestellt wurde. Auf der einen Seite fehlt es komplett, auf der anderen steht es in Kombination mit Zusatzzeichen 1022-10, womit ja wenigstens die schwer messbare Schrittgeschwindigkeit erlaubt ist.
Auf das dünne Eis des „Radfahrer absteigen“ wird sich die Behörde wohl nicht begeben wollen, allerdings wundere ich mich, ob die weiße Behelfsbrücke womöglich eine andere „Widmung“ haben könnte als die für den Radfahrer freigegebene Faltbrücke? Ist die weiße Brücke eventuell so etwas wie ein reiner Gehweg, während sich die Freigabe für den Radverkehr nur auf die Faltbrücke bezieht?