End of an era: Jahrelang spielte die CDU den Anwalt der hanseatischen Kraftfahrer und wetterte quasi gegen alles, was irgendwie pro Radverkehr vom rot-grünen Senat unternommen wurde.Andauernd wurde jede Debatte über den notwendigen Mobilitätswandel von Mitgliedern der CDU gekapert und in Richtung der so genannten Parkplatzvernichtung verschleppt. Auf Bezirks- und Ausschussebene triggerte die CDU mit geschickt gewählten Signalwörtern ihre Anhänger, die lautstark die Sitzungen störten und auf diese Weise im Endeffekt dazu beitrugen, die autogerechte Stadt Hamburg über weitere Jahrzehnte zu zementieren. Dennis Thering, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, legte mit geschickt formulierten kleinen Anfragen die Grundlage für seine ständige Präsenz in Morgenpost, Abendblatt und BILD, wobei er verlässlich den Begriff „Fahrrad“ oder „Radfahrer“ zu vermeiden wusste und stattdessen ausgiebig aus dem Synonym-Wörterbuch rezitierte. Von „Aggro-Bikern, Radrambos, Kampfradlern und Zweiradraudis“ war da die Rede, Hauptsache der Wähler konnte sich mit dem Thema identifizieren. Für das viel gepriesene Miteinander draußen auf der Straße war das sicherlich ein Bärendienst.
Als Autofahrer wählte man in Hamburg CDU. So einfach war das. Die CDU bekannte sich in Ausschüssen und Sitzungen zum Rückbau von Fahrradstraßen, zur Umwandlung von Radfahrstreifen in Parkplätze, zur Konversierung der autogerechten Stadt. Darauf war Verlass.
Und nun das:
- Neues Mobilitätskonzept der CDU: HVV-Ausbau und Auto-Bekenntnis
- CDU will Hamburg zum Vorreiter der Verkehrswende machen
- ANREIZE STATT VERBOTE – UMSTIEG AUF BUS UND BAHNEN ATTRAKTIVER MACHEN!
Immerhin blieb man sich dem freidemokratischen „Anreize statt Verbote“ treu. Auch sonst denke ich nicht, dass hinter dem neuen Mobilitätskonzept so viel mehr steckt als ein plumpes Wahlkampfmanöver. Die CDU hat in Hamburg weder politisch noch thematisch momentan viel zu melden, das Verkehrsthema war der letzte Rettungsanker, weil fast jeder irgendwie Auto fährt und fast jeder irgendwie vom Stau und von Radfahrern genervt ist, darüber ließ sich eine verlässliche Wählerbasis aufbauen.
Nun will man sich vielleicht ein bisschen fit für eine Koalition mit den Grünen machen, die angesichts der Wahlprognosen bald einen Juniorpartner suchen, oder vielleicht hat man gemerkt, dass es mit dem Auto-Thema nichts mehr wird, aber ich nehme der CDU diese 180°-Kehrtwende nicht ab. Jahrelang wurde verlässlich gegen alles gewettert, was auch nur im Entferntesten mit dem Fahrrad als Verkehrsmittel zu tun hat, nun plötzlich — Schnipps! — von heute auf morgen will man dem Wähler ein neues Verkehrskonzept verkaufen? Das ist ja kein Prozess, der sich angesichts neuer Erkenntnisse oder Technologien über die Zeit so langsam entwickelt hat, nein, das kam einfach so von heute auf morgen — für mich ein recht deutlicher Hinweis, dass diese Wende in der Verkehrswende keiner rechten Überzeugung entsprungen ist, sondern eher einem Arbeitskreis für ein brauchbares Wahlprogramm.
Vielleicht kann man die CDU heute Abend, in einer knappen Stunde, ja mal fragen, was man sich von diesem Manöver verspricht:
Die Mobilität der Zukunft
Ansonsten gibt es das Konzept hier zum Nachlesen: https://www.cdu-hamburg.de/fileadmin/cont…aetskonzept.pdf