16. April: Parkplatzvernichtung in der Martinistraße

  • Heute geht’s unter anderem um die so genannte Parkplatzvernichtung in der Martinistraße: https://www.facebook.com/CDUFraktionHam…?type=3&theater

    Die einschlägigen Bürgerinitiativen sind bereits am wutbürgern, es ist also allerbeste Unterhaltung zu erwarten. Gehörschutz wird dringend empfohlen.

  • So sieht es in der Martinistraße Freitag morgens um 4 aus.

    Auf der Nordseite zwischen UKE-Einfahrt und Fricke-Straße sollen 52 Parkplätze entfallen. 11 wurden heute Nacht genutzt.

    Auf der Südseite, also andere Straßenseite, waren 30 Plätze frei.

    In den anderen Bereichen (d.h. über die ganze Martinistraße verteilt) sollen 35 Plätze entfallen. Wenn die alle belegt waren (was ich bezweiflen möchte) würden nachts 16 Plätze fehlen. Zur Not hat das UKE noch eine Garage mit insgesamt 900 Stellplätzen. Davon könnte man doch 50 an Anwohner vermieten, kostendeckende Jahreskarte o.ä.

    Solange Dummheit als plausible Erklärung ausreicht, sollte man keinen Vorsatz annehmen.

  • 17.45 Uhr

    „Muss der wirklich mit rein?“, fragte der Typ am Eingang. „Wie bitte?“, entgegnete ich und sah mich erschrocken um, womöglich hatte ich einen Wutbürger im Schlepptau, „Was muss mit rein?“

    „Das da“, antwortete er. „Das da“, kniff ich beleidigt zurück, „ist Brompti und es muss mit rein. Die Autofahrer parken ja auch quasi im Sitzungssaal.“

    Das ist eben das Problem an meinem Humor: Ich find mich manchmal ein bisschen zu witzig, andere können nicht so doll lachen.

    So richtig viel zu lachen gab es auf dem Weg zur Sitzung allerdings nicht: Es regnete, was das „Übersehrisiko“ ohnehin erheblich erhöhte, gleich zwei Kraftfahrer mussten in der Eppendorfer Landstraße durch das geöffnete Fenster relativ unfreundlich auf den Radweg hinweisen.

    18.05 Uhr: Ö1: Bestätung der Tagesordnung

    Es geht los. Irgendjemand hat die Lautsprecheranlage nicht ordentlich eingestellt und wir hören seltsame Stimmen aus den entlegensten Winkeln des Äthers. Dann wird erstmal an der Tagesordnung gebastelt.

    18.07: Ö2: Aktuelle Viertelstunde

    Themen:

    Jarrestraße. Wann geht’s los mit der Umgestaltung? Man möchte sich einbringen, um die Parkplatzvernichtung zu verhindern.

    Die Umgestaltung geht später los, momentan ruht die Sache.

    18.08 Uhr: Ö4.1: Fußgängertunnel am Jahnring

    18.30 Uhr: Ö4.2: Switchh-Punkte

    Von der CDU mühsam angeleitetes Gelächter im Publikum über das Konzept des Switchh-Punktes, weil man lieber die vier Parkplätze behalten möchte und kein Car-Sharing an der Kellinghusenstraße möchte: „Wo sollen wir denn parken?“, „Sie vernichten Parklpätze!”, „Was ist mit uns Anwohnern?“

    Die anschließende Diskussion lässt sich auf Parkplätze reduzieren: Man findet zwar diese Switchh-Punkte gar nicht so schlecht, aber man könne nicht an allen möglichen Stellen zwei bis vier Parkplätze vernichten, wo sollen die Leute denn parken?

    Im Endeffekt möchte man also diese Switchh-Punkte einrichten, damit man vorgeben kann, irgendwas für die Umwelt zu tun, aber eigentlich möchte man von diesen Carsharing-Dingern nicht gestört werden, denn es kann sich offenbar niemand vorstellen, dass jemand diese Teile wirklich benutzt.

    Die CDU interveniert, dass man gerade in den Vierteln mit dem höchsten Parkdruck nicht an mehreren Stellen Parkplätze für Carsharing-Angebote vernichten könnte. Man müsse der Parkplatzvernichtung Einhalt gebieten, man könne den Parkdruck in diesen Vierteln nicht erhöhen. Mehrfacher, lauter Applaus.

    Weiteres Palaver über Parkplatzvernichtung und auf wie viel Quadratkilometern nun zwei, vier oder acht Parkplätze vernichtet werden. Jeweils lautes Gelächter, sobald sich jemand positiv über Carsharing äußert.

    Um 19.19 Uhr stehen noch 17 weitere Personen auf der Frageliste. Die Fragen drehen sich grundsätzlich immer um das gleiche Thema: „Was geschieht mit unseren Parkplätzen?!?“

    Toll wäre es, wenn das Fragerecht an die Pflicht gekoppelt würde, sich wenigstens rudimentär über das Thema zu informieren. Herr, gib mir Kraft!

    19.32 Uhr. Haas von den Linken ist die erste, die mal darauf hinweist, dass hier öffentlicher Grund für private Anbieter mehr oder weniger kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Gemeinhin gilt aber Carsharing als Ergänzung zum öffentlichen Personenahverkehr, während es ja aber eigentlich Werbung fürs Autofahren wäre.

    Weitere Fragen und so weiter und so fort. Eine Zuhörerin bringt es auf den Punkt: Mit solchen Maßnahmen bringe die Politik alle Autofahrer gegen sich auf. Die Carsharing-Nutzer bekämen einen freien Parkplatz geschenkt und müssten keine Abgaben und Steuern zahlen, was kann man tun, um den Autofahrern zu helfen? Bohlen (CDU): „CDU wählen!“ Applaus.

    Die beiden Herrschaften von der Hochbahn bemühen sich redlichen den vermeintlichen Nutzen des Carsharings darzustellen, kommen aber gegen die Parkplatzbeschützer nicht an. Mir ist auch nicht klar, was man gegen konstruierte Gegenargumente antworten sollte, dass man mit einem Carsharing-Fahrzeug ja nicht bis an die Algarve fahren oder täglich eine Waschmaschine transportieren könne.

    Schilf (Grüne) bekennt, er habe die letzten fünfzig Jahre ohne Auto überlebt und führt aus, wie das so funktioniert mit Leihwagen, Taxi, öffentlichem Personennahverkehr und Fahrrädern und so weiter und so fort. Seine Argumente stoßen auf wenig Gegenliebe: „Deshalb sind Sie bei den Grünen gelandet!“

    19.51 Uhr. Sorry, ich geh nach Hause. Ich kann mit meiner Zeit besseres anfangen als mir diesen Kram anzuhören. Es gibt sicherlich berechtigten Diskussionsbedarf um Switchh und das Konzept des Carsharings allgemein, aber, alter Falter, hier geht’s heute nur darum, Parkplätze zu retten.

    Ahahahahaha, als ob ich mir das entgehen ließe!

    Um 20.17 Uhr kommt der beste Vorschlag: Es würde immer darauf gedrängt, dass die Leute ihr Auto abschaffen! Warum würde denn nicht angeregt, dass endlich mal die lieben Fahrradfahrer ihr Fahrzeug abschaffen!!! Denn die Radfahrer, die stünden ja auch immer herum, also nein, nicht die Radfahrer, aber die Fahrräder!!!

    Gleich danach: Carsharing wäre wie Kommunismus. Die meisten Menschen wären auf ihr Auto angewiesen, die Leute, die Carsharing nutzen, hätten ohnehin kein eigenes Auto und erzeugten dann zusätzliche Fahrten. Und: Werden die Switchh-Punkte auch wieder verkleinert, wenn niemand Carsharing oder deren Parkplätze nutze? Oder werden dann womöglich dort FAHRRADSTÄNDER aufgebaut?????

    20.22 Uhr: Endlich geht’s zum nächsten Tagesordnungspunkt. Ö4.3: Park&Ride-Konzept an der Kellinghusenstraße

    Viele bunte Folien.

    Die Erweiterung wird auf 800 Stellplätze projektiert, davon 450 am Kellinghusenpark, weitere 350 am Loogeplatz.

    Es wird ausführlich dargestellt, an welchen Standorten rund um den U-Bahnhof Kellinghusenstraße neue Fahrradbügel aufgestelt werden und wo nicht und so weiter und so fort.

    Am Loogeplatz wird außerdem ein ordentliches Fahrradparkhaus gebaut, in dem auf zwei Ebenen in Doppelstockhalterungen insgesamt 600 Fahrräder aufbewahrt werden können. Das Parkhaus soll Ende 2019 fertig sein.

    Der lange Vortrag führt natürlich zu Unmut, denn Radfahrer bekommen ihre scheiß Parkplätze direkt in den Arsch geblasen, während Autofahrer stundenlang um den Block fahren müssen.

    Nach einem langen Monolog kommt Bohlen (CDU) noch zu seiner Primärforderung, dass für den Ausbau der 600 Fahrradstellplätze insgesamt acht Parkplätze vernichtet würden, das wäre leider nicht erwähnt worden. Könne man nicht ein drittes Stockwerk auf das Gebäude setzen, um die acht Parkplätze zu retten?

    In der Bürgerfragestunde wird noch nach Solarzellen fürs Dach und ähnliche Energiewendeköstlichkeiten gefragt. Das Publikum ist knapp vor dem totalen Ausrasten.

    CDU wünscht schließlich, dass irgendwo Stellplätze erhalten werden sollen, außerdem soll es noch eine öffentliche Vorstellung der Pläne geben. Naja: Ob gerade die CDU zeigen möchte, was Rotgrün dort geplant hat? Vermutlich wird man auch dort eher den Wutbürger rekrutieren wollen, der um seine Parkplätze fürchtet.

    Der CDU-Antrag wird mit Stimmen von SPD, Grünen und Linken abgelehnt, es wird keine Bewerbung mit Plakaten geben.

    22.00 Uhr

    Die nächsten beiden Tagesordnungspunkte zum Komplex der Kellinghusenstraße wird vertrag.

    Die CDU beantragt, den Kram mit der Martinistraße zu vertagen. Interessanterweise meldet sich keiner der Wutbürger zu Wort, normalerweise wird immer gebrüllt, wenn die interessantesten Tagesordnungspunkte noch nicht angesprochen wurden.

    Naja. Und anschließend standen die üblichen Verdächtigen noch eine Weile draußen vor der Tür und ärgerten sich über den rot-grünen Fahrradwahnsinn.

  • Nach einem langen Monolog kommt Bohlen (CDU) noch zu seiner Primärforderung, dass für den Ausbau der 600 Fahrradstellplätze insgesamt acht Parkplätze vernichtet würden, das wäre leider nicht erwähnt worden.

    Tja, CDU wirkt. Bei den Kommentaren beim NDR geht’s auch erstmal darum, dass für dieses Fahrradparkhaus, das „wir Autofahrer“ bezahlen, acht Parkplätze vernichtet werden: Eppendorf bekommt zweistöckiges Fahrrad-Parkhaus

    Die Sprache verrät schon so viel über die Denkweise: „Wir Autofahrer“ gegen „die Radfahrer“. Man fühlt sich als Kraftfahrer in den NDR-Kommentaren so sehr seinesgleichen und kann sich überhaupt nicht vorstellen, dass es womöglich Menschen geben könnte, die dieses Parkhaus gerne nutzen möchten.