Beiträge von CKO

    Heute hat Herr T. im Beirat den Beschilderungsplan für die Lobedaer Straße vorgestellt. Weil Schilder so einfach zu wechseln sind, liegt der Schwerpunkt auf:

    Aus [Zeichen 240] mach [Zeichen 239][Zusatzzeichen 1022-10]

    Dazu Bordsteinabsenkungen am Anfang und Ende der Saalebrücke (Nordseite) sowie der HInweis, dass der Gehweg auf der Brücke nicht freigegeben werden kann (zu schmal und v.a. Geländer nicht hoch genug).

    Eigentlich wollte er noch mehr Beschilderungspläne vorstellen, aber die Zeit ließ es nicht zu. Aber weil MTL hier so gut zugearbeitet hat, hat er mit der Lobedaer Str. angefangen.

    fährt er rechts ran (Halteverbot) und während ich an ihm vorbeifahre wieder los, drückt mich in den Gegenverkehr mit dem Auto, während er was von Radweg erzählt auf dem ich fahren müsste. Also, kein Lebensrecht für Nicht-Radweg-Benutzer.

    Triumphierend zeigt er kurz später auf, na was wohl:

    [Zeichen 239][Zusatzzeichen 1022-10]

    Me too. Allerdings wollte ich sowieso an der nächsten Einmündung links abbiegen, was ich auch getan habe. Er wollte die Polizei rufen, hat mich noch eine Straße weiter verfolgt aber dann aufgegeben. Ich hatte keine Zeit zum Diskutieren, da meine Tochter im Schulhort auf mich wartete.

    Die Forderung nach Radverkehrsförderung sehe ich deswegen auch eher als Greenwashing. Es wird unterwellig angedeutet, dass dann weniger Autos fahren, was ich nicht erkenne kann. Eher wird der ÖPNV geschwächt, was ich für problematisch halte.

    Was ich noch problematischer sehe, sind die E-Scooter. Die zielen auf Leute, die sonst viel ÖPNV fahren, nutzen die lokale Infrastruktur und ziehen das Geld aus den Städten ab. Und (zumindest hier in Jena) genießen sie völlige Immunität im ruhenden Verkehr.

    An anderer Stelle hatte ich einmal vorgeschlagen, dass man reine Angebots-Fahrradwege oder Fußwege mit Radfahrer frei nur noch für solche Fahrradfahrer*innen freigibt, die bei 50 Pedalumdrehungen pro Minute maximal 15 km/h schnell fahren. (Das entspricht etwa 1. bis 2. Gang bei einer Dreigang-Nabenschaltung) Oder bei denen die Motorunterstützung bei 15 km/h abschaltet. Das halte ich nach wie vor für erwägenswert, aber nur für die (noch) vorhandenen Angebotsradwege und nicht mit dem Ziel noch mehr Fußwege für den Radverkehr frei zu geben.

    Ja, das ist ungefähr die Grenzgeschwindigkeit. Die Erlaubnis zum Gehwegradeln an die Geschwindigkeit statt ans Alter zu knüpfen, ist sicher sympathischer.

    Es gibt aber auch viele Leute Ü60, die Jahrzehnte quasi nicht mehr Rad gefahren sind und sagen: "Bei dem Verkehr trau' ich mich nicht auf die Straße."

    Der bekannte Verkehrswissenschaftler Knoflacher sagt zu der Frage: "Welche Fortbewegungsart hat Vorrang?

    Das Gehen erhält oberste Priorität, das Rad mit seinen 12 bis 13 km/h Reisegeschwindigkeit steht an zweiter Stelle. Für höhere Geschwindigkeiten gibt es den öffentlichen Verkehr. Aber meistens brauchen wir keine höheren Geschwindigkeiten."

    Mmh, der Ansicht scheint (bis auf den letzten Satz) der Jenaer Nahverkehr auch zu sein. Leute wie ich, die ihren 10-km Arbeitsweg ohne Motor mit einer Reisegeschwindigkeit von 24-30 km/h zurücklegen, schädigen nur das Geschäft. Schließlich schafft die Tram nur 20 km/h. "Also muss der Radverkehr runter von der Straße", geben sie regelmäßig zu verstehen: "Vorfahrt muss der ÖPNV haben." ...

    Aber in der Generation meiner Großeltern sind die Bergmänner noch 15 km bis zum Schacht gelaufen. Unglaublich.

    Der von CKO zitierte Bericht kommt meiner Erinnerung nach zu dem Ergebnis, dass die Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht alleine nicht zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit beiträgt, solange man nicht dafür sorgt, dass die Leute anschließend tatsächlich auf der Fahrbahn fahren, bzw. dass das Fahrbahnradeln durch entsprechende Maßnahmen unterstützt wird. Das Gehwegradeln weiterhin offiziell zu erlauben, trägt aber sicherlich nicht dazu bei.

    Ja, die Studie "Unfallrisiko und Regelakzeptanz von Fahrradfahrern" aus 2009 hat zwischen benutzungspflichtigen und nicht benutzungspflichtigen Radwegen nur geringe Unterschiede festgestellt, sowohl Nutzung als auch Unfallhäufigkeit betreffend. Und die Studie aus 2013 hat geradezu resigniert festgestellt: Nichts zu machen! Der linke Seitenraum ist und bleibt gefährlich für Radfahrer.

    Doch bis heute nimmt kaum jemand wahr, dass die "Bekloppten", die trotz linksseitigem Radweg auf einer Hauptstraße fahren, das aus Sicherheitsgründen tun. Aber in Leipzig haben sie nun angefangen, es zu begreifen: https://www.lvz.de/Leipzig/Lokale…or-Unfallgefahr

    Was das Gehwegradeln betrifft, so denke ich inzwischen, dass man es für Senioren generell freigeben sollte wo Tempo 50 erlaubt ist. Also die Radfahrer nicht mehr als homogene Gruppe betrachtet. Schließlich sind sie diejenigen mit den größten Geschwindigkeitsunterschieden innerhalb der Stadt.

    Aber in kleineren Städten und auf Dörfern scheinen sich die Empfehlungen der BASt noch nicht sehr weit rumgesprochen zu haben. Aber immerhin prangen auch dort [Zeichen 240] mittlerweile etwas häufiger rechts als links. Bis 2050 wird die aktuelle VwV StVO vielleicht komplett umgesetzt sein.

    Was das Geisterradeln betrifft, so ist Jena zumindest groß genug, dass dabei regelmäßig Radfahrer von abbiegenden Kfz umgefahren werden, allein in Jena-Nord jedes Jahr mehrere. Da hat man erstmal eine Argumentationsgrundlage. In meinem Vortrag vor einem Monat habe ich dann mit Fachliteratur nachgelegt:

    Um die lokalen Unfälle und ihre Ursachen im nationalen Kontext einzuordnen, wurde Fachliteratur zu Rate gezogen.

    Die umfangreiche Studie aus 2009 (37000 Fahrten, 1100 Unfälle) brachte folgende Erkenntnisse:

    •Sichtbeziehungen / abbiegende Kfz als häufigste Ursachen

    •wenige Unfälle im Längsverkehr

    •Höheres Unfallrisiko auf Radwegen

    •Insbes. bei linksseitiger Radwegnutzung (mangelnde Wahrnehmung durch Kfz-Fahrer)

    Die Studie aus 2013 thematisiert das auch in Jena-Nord größte Unfallrisiko für Radfahrer.

    Die Ergebnisse der Studie wurden in Jena insofern beherzigt, dass die Benutzungspflicht linksseitiger Radwege an vielen Stellen aufgehoben wurde. Eine Aufklärungskampagne über die Gefahren des Linksfahrens steht noch aus. Diese Kampagne sollte auch Kfz-Fahrer mit ansprechen, um die Akzeptanz von Radfahrern auf der Straße auch bei vorhandenem, aber nicht benutzungspflichtigem, linksseitigem Radweg zu verbessern.

    Mal sehen, ob es gelingt, eine solche Kampagne zu motivieren. Immerhin haben wir hier auch einige Radfahrer, die in puncto Öffentlichkeitsarbeit was drauf haben.

    Die Fotos von Yeti zeigen schon so etwas wie eine Pervertierung der RWBP. Da wird man geradezu zu regelwidriger Fahrweise gezwungen.

    Dem Chef der Jenaer Straßenverkehrsbehörde habe ich neulich gesagt: "Wissen Sie, dass es immer mehr Radfahrer gibt, die sich vorgenommen haben, bis 2030 100% regelkonform zu fahren?" Und habe auch ergänzt, wie schwer das für uns Eltern ist, den Kindern zu erklären, dass sie hier und da sicherheitshalber regelwidrig fahren müssen.

    Es gibt also noch Hoffnung für Freie-Fahrt-Wer-bist-du-dass-du-mich-duzt-Bürger.

    Die Hoffnung, dass er einsieht, seine Strafe verdient zu haben, sollte man nie aufgeben.

    Sein Führerschein wurde ja gestern, also am Tag nachdem der Fall im Fernsehen kam, beschlagnahmt.

    Die mediale Aufmerksamkeit für den Fall ist schon enorm und überrascht auch mich. Ins Fernsehen zu kommen, ist gar nicht so leicht.

    Stern schreibt:

    Laut "Siegener Zeitung" wird gegen den 56-Jährigen wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und Gefährdung des Straßenverkehrs ermittelt.

    Also §315b *und* §315c. Da können sich die Richter aussuchen, ob es ein Inneneingriff (Pervertieren des Verkehrsvorgangs mit dem Auto) oder ein Außeneingriff (als er auf den Radsportler zugerannt ist) war. Beides war ja der Fall.

    Ich fände eine Sammlung von § 315c Abs. 1 Ziffer 2 StGB ehrlich gesagt spannender.

    In §315c ist der bewusste Einsatz des eigenen Fahrzeugs als Waffe nicht aufgeführt. Dafür steht bei Wikipedia unter §315b u.a. folgendes:

    In besonderen Fällen durchbricht die Rechtsprechung allerdings die im Gesetz angelegte Beschränkung des § 315b auf verkehrsfremde Eingriffe, indem sie auch Verhalten von Verkehrsteilnehmern unter § 315b StGB fasst. Dies hält sie für möglich, wenn der Täter einen Verkehrsvorgang zur Gefährdung Dritter in besonders grober Weise zweckentfremdet. Dies wird als verkehrsfeindlicher Inneneingriff bezeichnet.[16] Die Rechtsprechung argumentiert, dass sich der Täter durch den groben Missbrauch eines Verkehrsvorgangs nicht mehr wie ein Verkehrsteilnehmer verhalte, sondern wie ein Außenstehender, der in den Verkehr eingreift. Daher sei es nicht geboten, den Täter lediglich nach Maßgabe des milderen § 315c StGB zu bestrafen.[17]

    Urteil des 4. Strafsenats vom 20.2.2003 - 4 StR 228/02 -

    Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wird ein vorschriftswidriges Verkehrsverhalten im fließenden Verkehr nur dann von § 315 b StGB
    erfaßt, wenn ein Fahrzeugführer das von ihm gesteuerte Kraftfahrzeug in verkehrsfeindlicher Einstellung bewußt zweckwidrig einsetzt, er mithin in der Absicht handelt, den Verkehrsvorgang zu einem Eingriff in den Straßenverkehr zu "pervertieren", und es ihm darauf ankommt, durch diesen in die Sicherheit des Straßenverkehrs einzugreifen.

    So etwas krasses habe ich noch nicht erlebt. Beeindruckend, wie der Radsportler das rote Auto vor Kratzern bewahrt hat. Und gut, dass er nicht allein war.

    Dass hier eine Strafanzeige gestellt wurde, ist im Sinne aller, die ähnliches, wenn auch in abgeschwächter Form, erlebt haben. Hoffen wir, dass das öffentliche Interesse an dem Prozess anhält. Und dass das Strafmaß höher ausfällt als in folgendem Fall vor 10 Jahren:

    Gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr mit vorsätzlicher Körperverletzung
    AG Dachau - Az.: 1 Cs 53 Js 12791/11 - Urteil vom 12.09.2011 I. Der Angeklagte ist schuldig des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr
    www.strafrechtsiegen.de

    Malte: Gibt es hier im Forum einen Thread mit Urteilen zu gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr?

    Hat es jemals eine derart schnelle und massive Reaktion gegeben, wenn Lkws einen auf dem Hochbord mit [Zeichen 237][Zeichen 240][Zeichen 241-30] fahrenden Radfahrer an einer Einmündung umgebracht haben? Wurde da gesagt: "Die Schilder müssen weg, Radfahrer gehören im Mischverkehr auf die Fahrbahn, Rechtsabbiegen verbieten oder zumindest nur mit getrennten Ampelschaltungen erlauben"?

    Ein Beispiel aus Leipzig, wo ich auch gelegentlich langfahre:

    Mai 2019: Tödlicher Unfall an Einmündung (Hochbord, aber eigentl. gute Sichtbeziehungen. Radfahrerin war rechtsseitig unterwegs). Das Foto ist leider echt.

    Lkw überrollt Radfahrerin an Kleinmesse in Leipzig
    Am Mittwochmittag hat ein Lkw-Fahrer nahe der Kleinmesse Leipzig beim Rechts-Abbiegen eine Radfahrerin übersehen. Die Frau verstarb noch an der Unfallstelle.
    www.lvz.de

    Kurz danach: Furtmarkierung angebracht. Die einzige weit und breit:

    Google Maps
    Find local businesses, view maps and get driving directions in Google Maps.
    www.google.com

    Noch ein paar Wochen später: Leuchtende Warnschilder für Geisterradler:

    Stadt warnt Falschfahrer auf Radweg mit Schild vor Unfallgefahr
    Mit neuen Schildern versucht die Stadt Leipzig, die Unfallgefahren auf der Todes-Kreuzung an der Kleinmesse zu bannen. Dabei im Visier: Falschfahrer, die…
    www.lvz.de

    Der ADFC hätte gern den Cottaweg dicht gemacht. Das war und ist natürlich aussichtslos, u.a. hängt RB Leipzig hinten dran:

    Nach Unfällen: Cottaweg von der Jahnallee für den Kfz-Verkehr abhängen?
    In Leipzig auf der Jahnallee in Höhe Cottaweg haben sich zuletzt die Unfälle gehäuft, bei denen Radfahrer verletzt wurden. Geht es nach dem Allgemeinen…
    www.radioleipzig.de

    August 2020: Der Radverkehr wird auf die Fahrbahn geleitet! Um das Geisterradeln zu beschränken. An der Furt prangt jetzt ein Geländer (Bild 2):

    Was stimmt an den Wegebeziehungen rund um den Cottaweg nicht? – Nachrichten aus Leipzig - Leipziger Zeitung
    Als Radfahrer darf man sich in Leipzig durchaus als Testpilot betrachten. Der neueste Test läuft ja derzeit auf der Zeppelinbrücke, wo das Verkehrs- und…
    www.l-iz.de

    Und / oder man argumentiert, dass durch die Beschilderung im Zusammenhang mit der Absperrung nur der Gehweg gesperrt ist, da im Regelfall so nur Geh- und Radwege gesperrt werden. Das Benutzen der Fahrbahn ist dann vorgeschrieben und damit erlaubt.

    Das würde ich wahrscheinlich machen wenn ich dort lang müsste. Umsichtig und rücksichtsvoll. §1 StVO gilt immer.

    Aber dass dort ein "Verkehrszeichen" aufgestellt wurde, welches es in Deutschland gar nicht gibt, würde auch mich befremden.

    In Jena bemühen sie sich inzwischen, [Zeichen 254] ganz rechts aufzustellen, wenn sie den Gehweg ( [Zeichen 239][Zusatzzeichen 1022-10] oder [Zeichen 240] ) absperren. Um zu unterstreichen, dass es dem Gehweg gelten soll.

    Statt [Zeichen 205] stehen dort jetzt winzig kleine [Zeichen 206] plus große Bodenmarkierung, aber immerhin ist's kein benutzungspflichtiger Weg mehr.

    Das ist wahrscheinlich die sicherste Variante. Denn durch die Hecken sind die Sichtverhältnisse dort so schlecht, dass einem die StVO auch nichts mehr nützt, wenn man umgefahren wird. Unsere intelligente Stadt hat leider vor, an ähnlichen Stellen einfach [Zeichen 240] aufzustellen.

    Verkehrsbehörde an DMHH: Ich teile Ihnen dann zu gegebener Zeit unsere Ergebnisse telefonisch mit.

    Oh, weh! Das klingt alles andere als hoffnungsvoll. Habe vorhin in der Mittagspause mal das Thema angesprochen. Eine Kollegin fährt da täglich lang. Um dort ein Halteverbot durchzusetzen, braucht es Entschlossenheit. Ob es so gehen könnte?

    Vilnius mayor uses tank to crush car
    The mayor of Vilnius in Lithuania has used a tank to crush a car parked illegally in a cycling lane. Arturas Zuokas then tells the driver "next time you shou...
    www.youtube.com

    Leider wollen sie es dort weder anordnen noch durchsetzen. Lieber lassen sie sich von sachkundigen Bürgern piesacken.

    Dieses Schauspiel verfolge ich gern bis zum Ende.