Wenn MTL meint, meine Vorschläge für eine Verkehrswende seien "realitätsferne Forderungen", dann wäre es doch eigentlich angebracht, dass er wenige realitätsferne Forderungen benennen kann. Oder hält er die Forderung nach einer nachhaltigen Verkehrswende ganz einfach für übertrieben?
Die Forderung nach einer nachhaltigen Verkehrswende halte ich nicht für übertrieben, allerdings habe ich mich von der Träumerei verabschiedet, dass sich die mit einer großen Maßnahme von jetzt auf gleich erreichen lässt. Vielmehr bedarf es vieler kleiner Schritte, die auf die individuelle Situation einer Region, Stadt oder Gemeinde abgestimmt sind und den Betroffenen Zeit geben, sich anzupassen und die Gelegenheit zu der gelenkten "Selbsterkenntnis", dass man davon profitieren kann.
Für Jena wäre es zum Beispiel eine Maßnahme, wenn der Nahverkehrsverbund aufhören würde, den Radverkehr als wirtschaftliche Konkurrenz zu verstehen und ihn entsprechend zu bekämpfen. Eine andere könnte sein, dass bei Neubauten je 20m² Wohnfläche mindestens ein sicherer Fahrradstellplatz (eventuell sogar mit Lademöglichkeit) zusätzlich zur Lagerfläche "Kellerabteil" zu schaffen ist. Ansonsten halt die üblichen Schritte, um das Autofahren in Städten weniger attraktiv als andere Verkehrsformen zu machen, z.B. durch bauliche Neugestaltung von Straßenzügen, nachvollziehbare Tempolimits innerorts, kostenpflichtige Parkplätze und realistisch ausgepreiste Anwohnerparkausweise, die sich am Preis gemieteter Außenstellplätze orientieren.
Alles verpackt in kleinen Maßnahmenpäckchen, die jeweils immer noch einen Aufschrei auslösen werden, aber bis zur nächsten Wahl dann kein Aufreger mehr sind. Die technische Entwicklung eines sehr verbreiteten Transportmittels durch völlig aus der Luft gegriffene Tempolimits um 90 Jahre zurückdrehen zu wollen, schafft hingegen nur kontraproduktive Widerstände; selbst von denen, die dem "großen Ziel" grundsätzlich aufgeschlossen gegenüberstehen.
Für Überlandfahrten abseits schneller Bahnverbindungen wird das Auto meines Erachtens immer (s)eine Rolle spielen, egal ob in Form eines eigenen oder eines "geshareten".