Die 10 km/h gelten dem Wortlaut nach für die Annäherung an „Radfahrerüberfahrten", nicht auf selbigen. Man lasse sich einfach mal den entsprechenden Paragraphen auf der Zunge zergehen:
(3a) Radfahrer dürfen sich Radfahrerüberfahrten, wo der Verkehr nicht durch Arm- oder Lichtzeichen geregelt wird, nur mit einer Geschwindigkeit von höchstens 10 km/h nähern und diese nicht unmittelbar vor einem herannahenden Fahrzeug und für dessen Lenker überraschend befahren.
Die autozentrierte Denke kommt wunderbar im letzten Halbsatz zur Geltung. Da könnte man auf ziemlich perverse Auslegungen kommen, wenn ein Unfall passieren sollte. Für den „Lenker“ des Fahrzeugs befahren Radfahrende ja immer „überraschend“ die Überfahrt, wenn er selbst nicht hingucken sollte … Ist das schon präventives victim blaming?
1960 war der Passus i. ü. noch nicht enthalten. Er wurde 1989 eingeführt (S. 5, linke Spalte).