Beiträge von Adsche

    Lauterbachs Stellungnahme in Anne Will am Sonntagabend (7.3.'21) halte ich für zutreffend: ""Wir werden in den nächsten Wochen stetig wachsende Fallzahlen sehen und deshalb gar keine Lockerungen bekommen."

    Soweit stimme ich ihm sogar noch zu.

    Zitat


    Schon Anfang April seien aufgrund der sich rascher ausbreitenden Mutationen des Virus Inzidenzwerte über 100 zu erwarten

    Wohl eher auf Grund der sich rasch verbreitenden Schnelltests. Wenn man das Dunkelfeld der bis jetzt unerkannten Infektionen plötzlich weitgehend ausleuchtet, dann steigt die gemessene Inzidenz halt um einen Faktor 3 bis 4, ohne das die tatsächliche Inzidenz dafür steigen muss.

    Hier eine grobe Modellierung der derzeitigen Lage:

    Daran sieht man, dass man schon recht viele positive Annahmen machen muss, damit es keinen Anstieg gibt, also sehr unwahrscheinlich.

    Zumindest wenn man sein Rechenmodell verwendet: Ja. Was er da genau für ein mathematisches Modell verwendet hat, schreibt er aber leider nicht. Von daher kann ich auch nicht beurteilen, ob das sinnvoll ist. Die bloße Tatsche, dass es für die bisher gemessenen Daten recht gut passt ist hier kein hinreichender Indikator, da es eine sehr große Anzahl verschiedener Funktionen gibt, die das tun.

    Kann es sein, dass du Modellierungen, deren Zweck und Aussagekraft nicht verstehst?

    Ich verstehe die durchaus. Ich habe eher den Verdacht, dass viele Medienleute und Politiker das aber offensichtlich nicht tun.

    ist klar, dass es seit zwei Wochen auch wieder aufwärts geht.

    Ist das so? Oder wird nur mehr getestet? Die Positivenquote ist (zumindest nicht signifikant, minimal schon von KW7 auf KW8) nicht gestiegen

    KalenderwocheAnzahl TestungenPositiv getestetPositivenquote (%)Anzahl übermittelnder Labore
    Bis einschließlich KW51/202034.141.0061.641.317
    52/20201.090.372141.41312,97208
    53/2020845.729129.93015,36205
    1/20211.228.604157.56912,83205
    2/20211.185.297123.85810,45205
    3/20211.107.404109.7649,91206
    4/20211.144.01496.8568,47204
    5/20211.096.55782.2507,50205
    6/20211.051.92567.3776,41207
    7/20211.087.89765.9646,06200
    8/20211.135.35569.2656,10192

    Quelle: https://www.rki.de/DE/Content/Inf…len-gesamt.xlsx

    Ich finde, die lagen einige Male sehr nennenswert daneben. Schon vergessen, wie man auf Grund solcher Modelle die Wirksamkeit eines kurzen Wellenbrechershutdowns propagiert hat?


    Zitat


    Wenn man bei konstanten oder bereits steigenden Zahlen lockert, steigen die Infektionszahlen halt (schneller).

    Nur, wenn man unterstellt, dass die Maßnahmen, die man lockert, überhaupt jemals wirksam waren. Dafür gibt es aber bei vielen Maßnahmen, wie z.B. der Schließung von Fitnessstudios und vom Einzelhandel, praktisch keine Evidenz.

    Wenn die Zusammenhänge so "einfach" sind, wundert es mich allerdings, dass viele Modellierungen über den Pandemieverlauf so arg daneben lagen.

    Doch, ich sehe einen sehr deutlichen Vorteil von hohen Inzidenzen: Die verstehen auch Richter. Es gibt immer jemanden, der klagt. Und bei niedrigen Inzidenzen ist Notwendigkeit nicht augenfällig.

    Irgendwie kommen mir in deiner Darstellung die Richter zu schlecht weg. Der Punkt ist doch nicht, dass diese bei niedrigen Zahlen, die Gefahr nicht sehen können. Der Punkt ist vielmehr, dass es sich bei niedrigen Zahlen ganz objektiv um eine recht abstrakte Gefahr handelt.

    Und selbst, wenn man die Einschätzung vertritt, dass es in der Sache besser ist die Gefahr an diesem Punkt bereits zu bekämpfen: Rechtlich haben Grundrechte eben (richtigerweise) einen sehr hohen Stellenwert. Und es bedarf schon einer recht konkreten (und nicht nur abstrakten) Gefahr, um Grundrechtseinschränkungen zu begründen. Selbst wenn man glaubt es sei gut sich einen Puffer bzw. Spielraum zu erarbeiten: Grundrechtseinschränkungen um sich einen Puffer zu erarbeiten gehen nunmal nicht.

    Ob man sich bei 200 oder bei 10 stabilisiert, dürfte sich bei den Gesamtkosten kaum bemerkbar machen.

    Nein, bei 200 kannst du nämlich das gesamtgesellschaftlich preiswerteste Mittel (nämlich Infizierte in Quarantäne zu schicken) nicht mehr effizient anwenden, weil du die gar nicht mehr effektiv nachverfolgen und finden kannst.

    Lauterbach bringt es ganz gut auf den Punkt:

    Lauterbach ist ein Dummschwätzer. Der hat letzten Sommer alle 2 Wochen vor der 2. Welle gewarnt. Im Mai: "Wenn wir jetzt öffnen gibts 2. Welle". Im Juni: "Wenn jetzt Menschen in den Urlaub fahren gibts die 2. Welle." Im Juli: "Wenn die Menschen demonstrieren gibts die 2. Welle."

    Passiert ist freilich erstmal nichts, sondern erst im September (also als es saisonal langsam richtung Herbst ging) gingen die Zahlen signifikant nach oben. Soviel zu Lauterbach und seinen Panikprognosen.

    Es gibt nach diesen Studien objektiv betrachtet absolut keinen Grund, die Inzidenz oberhalb einer sehr niedrigen Schwelle weiter wachsen zu lassen. Keinen.

    Auch das ist richtig. Wenn die Inzidenz einmal niedrig ist, dann ist es günstiger das zu verteidigen, als damit zu warten bis man tief im Schlamassel steckt.

    Wir sind aber derzeit nicht bei einer niedrigen Inzidenz, sondern müssten erstmal einen erheblichen Aufwand betreiben, um dahin zu kommen (falls das im Winter überhaupt praktikabel ist). Das ist eine andere Situation.

    Bereits im letzten Jahr sind Studien durchgeführt worden, ob hohe Inzidenzen irgendwelche Vorteile haben. Die Antwort ist klar und deutlich: nein.

    Natürlich hat eine hohe Inzidenz keine Vorteile. Schwerer nachzuverfolgen, höhere Krankenhausauslastung etc. Ich glaub auch kaum jemand würde sich, wenn wir hier bei "wünsch dir was" wären eine hohe Inzidenz wünschen. Die Realität ist aber nun einmal, dass wir eine hohe Inzidenz haben und sich das kurzfristig auch nicht ändern lässt. Und man natürlich ohne zusätzliche "Kosten" auch nicht auf eine niedrige Inzidenz kommt.

    Wir können die Parameter bestimmen, die wir möglichst optimieren (möglichst wenig Tote, Krankenhäuser nicht überlasten, Wirtschaft unterstützen, keine Einschränkungen, alles ein Wenig, ...).

    Richtig. Aus meiner Sicht müsste das Ziel sein: Triage vermeiden und dabei die Wirtschaft möglichst schonen. Aber da kann man natürlich auch anderer Meinung sein. Ein Problem ist, dass man diese Frage lange Zeit gar nicht diskutiert hat, weil jeder der in einem gewissen Ausmaß Erkrankungen und auch Tote in Kauf nehmen wollte (obwohl man das ja in anderen Bereichen wie z.B. Verkehr auch tut und dann eben einen Kompromiss zwischen Sicherheit und Mobilität findet(also z.B. Kfz ja, aber mit Geschwindigkeitsbegrenzung)) direkt mit der moralischen eins übergebraten bekam von den "Lebensrettern".

    Zitat

    Dann wird versucht, eben das mit den zur Verfügung stehenden Maßnahmen zu erreichen. Alles weitere bestimmt den Pandemieverlauf.

    Ja, das stimmt. Allerdings sind die zur Verfügung stehenden Maßnahmen auch keine Konstante. Und ich finde es durchaus legitim dann auch Politiker zu nennen, wegen deren Versagen uns gewisse Maßnahmen, die uns technisch zur Verfügung stehen könnten, nicht zur Verfügung stehen. Warum wurde die Kontakverfolgungskapazität z.B. seit letztem Frühjahr nicht ausgebaut? Warum will man erst jetzt Schnelltests nutzen, die es seit September/Oktober 2020 gibt?

    Das RKI fasst hervorragend zusammen, warum bei Tests mit einer Sensitivität und Spezifität von unter 100% (das sind übrigens alle) mehr Tests nicht unbedingt mehr Sicherheit bieten.

    Nein. Genau das sagt der Link eben nicht aus. Er sagt zwar aus, dass man ggf. bei einem "schlechten" Test und wenigen tatsächlich Infizierten ggf. mehr Falschpositve, als Richtigpositive hat. Das heißt aber nicht, dass diese Tests für die Sicherheit nichts bringen.

    Das heißt nur, dass du ggf. die meisten, die du weil sie vermeintlich coronapositiv sind, von einer Veranstaltung ausschließt zu unrecht ausschließt (nur 2% der positven in dem einen Beispiel tatsächlich infiziert).

    Aber trotzdem schließt du auch fast alle tatsächlich Infizierten aus (nur 0.01% der negativen infiziert in selbigem Beispiel). Es hilft also der Sicherheit durchaus.

    Das einzige, wo man aufpassen muss, ist wenn man mit diesen Zahlen dann eine Statistik macht. Da darf man dann natürlich nicht anfangen mit den vielen positiven Tests (von denen ja auch viele falsch positiv sind) Panik zu machen.

    Es werden also automatisch Daten gesammelt, übertragen und einer vielzahlan Behörden anvertraut, die noch Faxgeräte nutzen?

    Wo habe ich die Garantie, dass Unbefugte keinen Zugriff auf die Daten nehmen können?

    Berechtigte Punkte. Aber: Was ist die Alternative? Findest du den Datenschutz bei einer unbeaufsichtigt rumliegenden Zettelwirtschaft, wo jeder unbefugte rankommt wirklich besser?

    Mal eine Frage dazu: Inwiefern würde man sich eigentlich als anzeigender Zeuge selbst juristisch in die Bredouille bringen, wenn man irreführenderweise den Anschein erweckt, das Beweismittel sei ein Foto, wenn es sich tatsächlich um den Frame einer Dashcamaufnahme handelt?

    während gleichzeitig Leute mit falsch negativen Tests rumlaufen und munter weiter andere anstecken.

    Stimmt zwar. Du musst aber eigentlich anders rechnen: Selbst wenn der Test nur zu ca. 80% sensitiv ist, bedeutet das, dass du 80% der Ansteckenden aus dem Verkehr ziehen kannst. Das heißt, dass du trotz der recht niedrigen Sensitivität (bei ansonsten gleichbleibenden Kontakten der nicht positiv getesteten) eine um 80% geringere Reproduktionsrate erreichst. Selbst ohne großartige Nachverfolgung (die ja, wie du zurecht sagst bei derartigen Zahlen wohl schwierig wäre), sondern selbst wenn wirklich nur die Positiven zu hause bleiben.