Die formalen Mindestanforderungen dürften erfüllt sein, wenn die Begründung der Rechtsbeschwerde die Sätze
"Gerügt wird die Anwendung des materiellen Rechts" sowie
"Es wird beantragt, den Betroffenen freizusprechen"
enthält. Bei Geldbußen bis 100€ kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde nur zur Fortbildung des materiellen Rechts beantragt werden sowie wegen Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs. Bezüglich der Prüfung des materiellen Rechts reicht obige Formel im Prinzip aus, auch wenn man natürlich Rechtsausführungen machen sollte, um den eigenen Standpunkt zu begründen. Anders wäre es wenn man Verfahrensrügen erhebt, dann verlangt die Rechtsprechung sehr detaillierte Begründungen, welche Verfahrensfehler das Gericht gemacht hat und was anders gelaufen wäre, wenn das Gericht anders verfahren hätte z.B. noch zusätzliche Zeugen gehört, ein Sachverständigengutachten eingeholt etc. Bezüglich Verfahrensrügen sind die OLG's also sehr pingelig. Da solche Einwendungen aber im vorliegenden Fall ohnehin unzulässig sind, braucht man sich diesbezüglich keine Sorgen machen.
Der Antrag, welche Maßnahme das Gericht fällen soll, könnte u.U. auch entfallen, wenn klar ist, was gewollt ist. Aber warum sollte man den Freispruch nicht beantragen?
Dass die formalen Mindestanforderungen erfüllt werden, müsste aber der Rechtspfleger bzw. der Anwalt ohnehin sicherstellen.
Sinnvoll ist es meiner Meinung nach in jedem Fall, mal einen Entwurf für die Begründung der Rechtsbeschwerde aufzuschreiben gewissermaßen als Vorlage für den Rechtspfleger oder einen noch einzuschaltenden Anwalt.
Das könnte thematisch wie folgt gegliedert werden:
Zunächst die Begründung des Zulassungsantrags:
1. Kurze Zusammenfassung/Erläuterung des Urteils: Kombiampel ohne Gelbphase, 24 km/h und 4 Meter Entfernung beim Umspringen
2. Darstellung der Rechtsansicht des AG, warum eine Verurteilung erfolgt ist
3. Begründung mit Belegen, warum diese Ansicht (Schrittgeschwindigkeit oder sehr niedrige Geschwindigkeit beim Annähern an eine solche Ampel) keine isolierte Einzelmeinung ist, sondern weit verbreitet ist.
4. Auflisten von Fragen, die bezüglich der Problematik "Radfahrerampel ohne Gelbphase" klärungsbedürftig sind oder sein könnten.
Selbst wenn man der Ansicht des AG bezüglich einer niedrigen Geschwindigkeit folgt, stellt sich ja die Frage, ob ein entsprechender Rotlichtverstoß noch als Regelfall im Sinne des Bußgeldkatalogs anzusehen ist. Weiterhin wäre grundsätzlich zu klären, ob man grundsätzlich von einer fiktiven Gelbphase von 3 Sekunden ausgehen sollte und welche Feststellungen das Gericht für eine Verurteilung bei einem kürzeren Zeitabstand treffen muss: mit dem benutzten Fahrrad am betreffenden Tag erzielbare Bremsverzögerung? Länge des Überwegs, um die Zwischenzeit zu bestimmen? Reaktionsvermögen des Radfahrers? Existenz von bedingt vereinbaren Verkehrsströmen wie Rechtsabbieger aus derselben Richtung oder entgegenkommende Linksabbieger?
Dann die Begründung der Rechtsbeschwerde, also des eigenen Standpunkts:
5. Argumente, warum aus Rechtsgründen keine niedrige Annäherungsgeschwindigkeit gefordert werden kann
6. Argumente, welche negativen Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit ein Runterbremsen auf Schrittgeschwindigkeit haben kann.
7. Vergleich der "Gefährlichkeit" des Verstoßes von Malte im Gegensatz zu einem Gelblichtverstoß eines langsam fahrenden Radfahrers auf der Fahrbahn, um darzulegen, dass jedenfalls eine Ahndung nach Bußgeldkatalog grob ungerecht wäre, selbst wenn Malte zu schnell auf den Überweg zugefahren sein sollte.