Der §37 StVO schreibt dazu auch nichts.
Aber die Gerichte urteilen so.
Dass der §37 missverständlich formuliert ist, und dass es Radfahrern nicht auferlegt werden kann, zunächst einmal die gesamte Kreuzung zu analysieren, wo sich Verkehrswege kreuzen und danach zu entscheiden, welches Lichtsignal denn gelten könnte, sehe ich ja genauso.
Es wäre wirklich viel einfacher, wenn auf der Fahrbahn und allen fahrbahnseitigen Radverkehrsführungen (Mischverkehr + Schutzstreifen) immer und ausschließlich die Fahrbahnampel gelten würde und auf separierten Radverkehrsführungen (Radfahrstreifen, Radweg, Gehweg + Radverkehr frei) immer und ausschließlich eine separate Signalisierung, die VOR der Kreuzung steht und somit dort, wo man anhalten soll. Wer bei rot an einer solchen Ampel vorbeifährt, begeht einen Rotlichtverstoß. So einfach könnte es sein, aber dafür müssten tatsächlich überall separate Fahrradampeln aufgestellt werden, wo man möchte, dass Radfahrer wirklich dort anhalten.
So wie es derzeit ist, gibt es Missverständnisse und unterschiedliche Möglichkeiten, das zu interpretieren. Wir können sicher sein, dass es im Zweifelsfall immer gegen die Radfahrer ausgelegt werden wird.
Missverständnis Nr. 1: Ist ein Schutzstreifen eine Radverkehrsführung, auf der ich das kombinierte Lichtsignal eines parallel verlaufenden Angebotsradweges beachten muss oder die Fahrbahnampel?
Missverständnis Nr. 2: Muss ich immer die Fahrbahnampel beachten, wenn es kein eigenes Lichtsignal für den Radverkehr gibt? Auch, wenn ich keinen anderen möglichen Weg kreuze?
Dazu kommen dann noch Stammtisch-Meinungen, dass es davon abhinge, auf welcher Seite des "Radweges" der Ampelmast steht oder ob eine Haltelinie vorhanden ist. Dabei kommt das Wort "Haltelinie" im gesamten §37 überhaupt nicht vor, geschweige denn der Aufstellort des Ampelmastes. Das würde ja auch bedeuten, dass ich mir aussuchen könnte, ob eine Ampel, die man mitten auf den "Radweg" gestellt hat, für mich gilt oder nicht, je nachdem, ob ich links oder rechts am Mast vorbei fahre. OK, in diesem Beispiel könnte es rechts daneben etwas eng werden, ohne auf den Gehweg zu fahren.
Was ich dort aber auf jeden Fall tun dürfte: Vor der roten Ampel absteigen und das Fahrrad auf dem Gehweg um die Ecke schieben und in der abzweigenden Straße wieder aufsteigen und weiterfahren. Denn für (Fahrrad-schiebende) Fußgänger ist dort definitiv kein gültiges Lichtsignal, das mir das verbieten könnte. Warum sollte man es also nicht erlauben, dort unter Rücksichtnahme auf querende Fußgänger und Radfahrer auch auf dem "Radweg" rechts abzubiegen?
Mich würde auch mal interessieren, wer von euch beim Geradeausfahren schon vor der Fahrbahnampel anhalten würde, wenn das kombinierte Fußgänger- und Radfahrer-Signal im Hintergrund auf der andere Seite gilt und rot zeigt. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der das tut, aber schon einige, die sich wild klingelnd Platz verschafft haben gegenüber Fußgängern, die im Vordergrund von links an der Ampel die Fahrbahn überqueren. Für mich beginnt die Kreuzung an dem Ampelmast im Vordergrund, weil sich dort mein Weg mit den querenden Fußgängern und Radfahrern kreuzt.
Alleine die Tatsache, dass wir hier immer wieder darüber diskutieren und keine Einigkeit erzielen, zeigt mir, dass §37 (2) 6. überarbeitet werden muss. Bei der letzten Novelle hat man das leider versäumt. Man hat ja nicht einmal den Satz gestrichen, dass Fußgängerampeln noch bis zum 31.12.2016 für Radfahrer gegolten haben. Da hätte man ja stattdessen im Jahr 2021 einfach klarstellen können, dass Lichtsignale, die nur ein Fußgängersymbol zeigen, nicht für Radfahrer gelten.