Ich persönlich habe noch keine eigene Erfahrung mit den genannten Ausstiegswarnern, hätte aber die gleiche Befürchtung wie bei Rückfahrassistenten, nämlich, dass sich zu sehr darauf verlassen wird. Stellt die einsekündige Verriegelung außerdem tatsächlich sicher, dass im Alltagsbetrieb die Tür bedachter geöffnet wird oder nicht eher doch viel energischer aufgestoßen, weil man ja schon die Wartezeit "verloren" hat. Wer es nicht schafft, vor dem Aussteigen in den Spiegel zu schauen oder mal kurz den Kopf zu drehen, wird wohl kaum wegen einer kleinen Elektronikspielerei umsichtiger und rücksichtsvoller.
Das selbe Problem sehe ich eigentlich auch mit den ganzen Assistenzsystemen: Sie könnten die Verkehrssicherheit erhöhen, wenn sie tatsächlich als zusätzliche Informationsquelle oder als Unterstützung eingesetzt würden. Es dürfte aber eher der Fall sein, dass sich die Leute blind auf solche Systeme verlassen und die eigene Verantwortung aufgeben.
Ein Blick zur Luftfahrt: Dort ist alles hochautomatisiert. Ein modernes Verkehrsflugzeug könnte eigentlich schon einen kompletten Flug automatisch durchführen, einschließlich Landung. Man hat aber Grenzen gesetzt und der Pilot muss das System penibel überwachen und jederzeit eingreifen können. Die Aufgabe eines Verkehrspiloten hat somit rein gar nichts mit dem Bild autonom oder teilautonom fahrender Fahrzeuge zu tun, in denen sich der "Fahrer" entspannt anderen Dingen zuwenden kann. Piloten sind für diese Aufgabe hoch qualifiziert und geschult und werden regelmäßig trainiert.
Eine weitere Kehrseite dieser Automatisierung ist, dass Piloten eigentlich fast immer nur noch dann eingreifen, wenn eines der Systeme nicht korrekt arbeitet. Übertrieben ausgedrückt: Immer wenn der Pilot selbst fliegt, ist irgendwas am Flugzeug kaputt, das sein Eingreifen erfordert. Aber selbst bei der Diagnose des Problems ist er auf die Informationen angewiesen, die ihm das teilweise defekte System liefert.
Wo der Vergleich hinkt: Ein Verkehrsflugzeug muss im Luftraum so gut wie nie mit anderen Luftfahrzeugen interagieren, weil die Flugsicherung dafür sorgt, dass alle einen ausreichenden Abstand zueinander haben. Aus diesem Grund ist auch die Integration autonomer Luftfahrzeuge im unteren Luftraum, in dem die Sichtflugregeln gelten, so komplex. Und das Ausweichen in der Luft ist aufgrund der geringen Verkehrsdichte in einem dreidimensionalen Raum, der nicht durch die Infrastruktur räumlich eingeschränkt ist, einfacher als auf der Straße. Jedenfalls, wenn man denjenigen, dem man ausweichen muss, rechtzeitig erkannt hat und auch der Andere sich regelkonform verhält und seinen Kurs beibehält. Das Erkennen wiederum ist in der Luft schwieriger, weil andere Luftfahrzeuge von überall herkommen können und die Annäherungsgeschwindigkeiten in der Luft viel größer sind.
Zurück zur Straße: Wenn Assistenzsysteme dazu führen, dass Autofahrer unaufmerksamer und sorgloser werden, und dass sie die eigene Verantwortung aufgeben, halte ich sie für kontraproduktiv. Wenn sie den aufmerksamen Fahrer bei der Wahrnehmung von Gefahren unterstützen und die Fahrer diese Unterstützung auch so annehmen, können sie die Verkehrssicherheit erhöhen. Nur daran mag ich nicht so recht glauben.