Wenn wir unser Land weg von Fossilen hin zu Strom umbauen wollen, müssen Stromverbrauch und Stromerzeugung *steigen*, nicht *fallen*.
Eine Ursache warum das (noch) nicht klappt, dürften die teils hohen Stromkosten sein. Ist halt blöd, wenn man gleichzeitig russisches Gas boykottiert, Kohle/Kernkraft abschaltet, Infrastruktur privatisiert und den Ausbau von Windkraft verhindert.
Der Stromverbrauch ist aber noch nicht gestiegen und daher müssen wir auch nicht mehr Strom erzeugen. Aber natürlich hast du Recht, dass durch die steigende Elektrifizierung (E-Autos, Wärmepumpen, ...) künftig mehr elektrische Energie benötigt wird. Derzeit macht sich das aber noch nicht bemerkbar, da der neue Bedarf noch durch Einsparungen (aufgrund steigender Energiekosten) an anderer Stelle kompensiert wurde. Die Last ist im Jahr 2022 gegenüber 2021 von 504 TWh auf 482 TWh und 2023 nochmals auf 458 TWh gesunken, 2024 wieder leicht auf 464 TWh gestiegen.
Erfreulich ist, dass nicht nur der Anteil, sondern auch die absolute Produktion erneuerbarer Energie mit Ausnahme des kurzen Corona-Knicks beständig steigt, während nicht-erneuerbare Energie auch absolut weniger wird.
Der Rückgang bei den fossilen Energien ist dabei stärker als der Rückbau der Kapazitäten. Es ist also keinesfalls so, dass sich Deutschland nicht selbst mit Energie versorgen könnte. Jedenfalls, wenn man das Verbrennen von importiertem Öl und Gas als "sich selbst versorgen" betrachtet. Die Kohleverstromung war im Jahr 2024 auf dem Niveau von 1957.
In den letzten Monaten vor der Abschaltung haben die drei letzten AKW in Deutschland zusammen ca. 3 GW geliefert. Dies nur zur Einordnung.
So sah der Mix im Jahr 2024 aus:
Zum Dauer-Aufreger "Stromimport": Wir hatten im Jahr 2024 ein Import-Saldo von 24,8 TWh, das sind 5,3% des gesamten Stromverbrauchs. Zum Vergleich: Wir haben gleichzeitig fossile Energieträger mit einem Energieäquivalent von über 3000 TWh importiert. Auf einem europäischen Strommarkt kaufen wir Strom aus dem Ausland, wenn der billiger ist als der, den wir selbst erzeugen können.
Die Länder, aus denen wir 2024 am meisten importiert haben, waren Frankreich (vom französischen Steuerzahler subventionierter Atomstrom) und Dänemark (Windstrom).
Vielleicht dazu auch noch was zum Thema "Dunkelflaute": Es ist bekannt, dass die helle Tageszeit im Winter kürzer und auch Wetterlagen mit Sonnenschein seltener sind. Photovoltaik leistet daher in den Wintermonaten nur einen geringen Beitrag. Es ist auch bekannt, dass es im Winter Tage mit wenig Wind gibt, so dass dann gleichzeitig auch die Windenergie wenig liefert.
Eine solche Phase von drei Tagen gab es Mitte Dezember vom 11. bis 13.12.2024. Am 12.12. ist dann in der Zeit zwischen 17 und 18 Uhr der Börsenstrompreis auf über 900 EUR/MWh eskaliert.
Wir haben in dieser Stunde 14 GW importiert, während unsere fossilen Kraftwerke nur zu 50% ausgelastet waren. Da gab es also ungenutzte Kapazitäten von 36 GW. Die 3 GW der letzten drei AKW, die Anfang 2023 vomNetz gegangen sind, hätten dabei kaum eine Rolle gespielt.
Noch am selben Abend war es zwar noch dunkler und immer noch kein Wind, aber der Börsenstrompreis ist wieder auf das normale Niveau gefallen. Diese Eskapade war also nicht technisch bedingt, sondern eine Überreaktion am Strommarkt. Am darauffolgenden Wochenende hat die Windenergie in Deutschland bereits wieder den größten Anteil geliefert. Dass sich dann alle über die damit verbundenen niedrigen Preise gefreut haben (wenn sie einen flexiblen Tarif haben), war der Springer-Presse dann aber keine Meldung wert.
Was richtig ist: Wir brauchen mehr Speicher. Das wird jetzt auch langsam finanziell interessant, weil wir zunehmend Tage haben, an denen wir mehr Windstrom (im Sommer auch PV) haben als wir brauchen und weil die Kosten für Batteriespeicher ständig sinken. Wer eine eigene PV-Anlage auf dem Dach hat, hat in der Regel auch einen Batteriespeicher. Aber ich glaube, dass sich Speicher demnächst auch schon lohnen, wenn man keine eigene PV-Anlage hat, aber dafür einen flexiblem Stromtarif.
Derzeit entstehen auch Großspeicher: Energiewende: Riesige Speicher fürs Stromnetz - ein Batterietsunami rollt heran - DER SPIEGEL
Als Ergänzung brauchen wir aber auch weiterhin Gaskraftwerke, die perspektivisch mit Wasserstoff oder daraus basierenden synthetischen Gasen betrieben werden.
*edit: Quelle https://energy-charts.info/