Hi
der Staat reklamiert das Gewaltmonopol für sich, um den sozialen Frieden zu wahren und damit alle bei Vergehen gleich bestraft werden.
Das ist gesellschaftlicher Konsens, denn Familienfehden und Scharia will hier keiner haben.
Das Ganze funktioniert aber nur mit der richtigen Balance aus Strafen und Resozialisieren.
Wenn auf Strafe zu sehr verzichtet wird oder sogar die Strafverfolgung, also Ermittlung, für bestimmte Delikte, nicht erfolgt, wird dieser Konsens gefährdet. Der Bürger sieht seine Interessen und Grundrechte auf Unversehrtheit der Person und seines Eigentums, und sein Grundrecht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit gefährdet.
Lässt man das zu, wird es Tendenzen geben, die fehlende Strafverfolgung oder das zu geringe Strafmaß selbst zu korrigieren. Nach dem Motto: verzichtet der Staat auf die Ausübung des Gewaltmonopols, fällt es an den Souverän, den Bürger, zurück.
Das kann niemand ernsthaft wollen.
Dem Munde nach sind seit über 20 Jahren fast alle Politiker darin einig, dass das Strafrecht reformiert gehört. Die Schwerpunkte stammen praktisch noch aus der Ständezeit. Eigentum hatten nur die gesellschaftlich Hochstehenden, und deren Interessen wurden geschützt. Vergehen gegen Leib und Leben gab es vor allem unter den unteren Klassen, deren Schicksal war den Gesetzesgebern weitgehend egal.
Diese Grundtendenz hat sich bis heute erhalten, auf die mündlich vorgetragene Reformwilligkeit folgt keine zielgerichtete Aktion. So kommt es, dass Wirtschaftskriminelle, die keinem auch nur ein Haar gekrümmt haben, auf Jahre in den Bau gehen und Schläger und Körperverletzer von einer Bewährungsstrafe in die nächste kommen. Ich habe nichts gegen Bewährung für Ersttäter, aber eine Kaskade von Bewährungsstrafen in fünf oder mehr Etappen, bis endlich mal ein paar Monate Bau verordnet werden, mutiert das Strafsystem zur Attrappe.
Mal schauen, wie die Verkehrspolitik hier handelt. Auf der einen Seite wird die Zunahme des Radverkehrs ausdrücklich begrüßt. Der Radler wird als schwacher Verkehrsteilnehmer erkannt und sein Schutz gefordert. Anstatt dann aber die Gefährder so zu lenken, dass die Gefährdung sinkt, werden die Radfahrer gegängelt und das Radfahren künstlich unattraktiv gemacht. Also das Gegenteil von dem, was ein halbwegs gebildeter Mitteleuropäer eigentlich erwarten würde.
Hier ist also die Gefahr besonders groß, das einzelne Verkehrsteilnehmer, nachdem sie Opfer einer Verkehrsstraftat wurden, die von staatlicher Seite nicht geahndet wurde, zur Selbstjustiz neigen. Das ist menschlich, aber ebenfalls nicht zu dulden. Sonst werden wir den vom Boulevard oft herbeigeschriebenen Krieg auf den Straßen wirklich bekommen.
Was hilft, ist politische Einflussnahme. Man kann nicht auf die Politiker schimpfen, selbst aber den Arsch nicht hochkriegen. Das Mindeste, was man machen kann, ist, seinen zuständigen Abgeordneten auf Bundes- und Landesebene ausfindig zu machen und auf Mißstände per Mail oder Brief aufmerksam zu machen. Steter Tropfen höhlt den Stein, wenn das genügend potenzielle Wähler machen, wird auch darauf gehört.
Wer die Zeit und Möglichkeit hat, sollte auch erwägen, selbst politisch aktiv zu werden. Den Parteien laufen die Mitgliede weg, das sollte es einem erleichtern, dort anzukommen und wenigstens im Kleinen Einfluss zu nehmen. Auch Orts- und Gemeinderäte sind durchaus zu erlangende Posten.
Ich weiß, das sind Wege, die nicht jeder gehen kann. Es sind aber auch Wege, die wir nicht nur den Großkopferten und Lobbyisten überlassen dürfen.
Jedenfalls sind es Wege, die legal sind und eher Aussicht auf Erfolg haben als die Wiedereinführung des Faustrechtes.