"Wahlrechtsreform: Ene mene muh und raus ist die CSU" So ist es also nun nicht gekommen:
Aber ein bisschen draußen ist sie schon, die CSU:
"Laut der Entscheidung vom Dienstag beanstandete das Gericht nicht, die Regelung zu Überhang- und Ausgleichsmandaten zu streichen, die den aktuellen Bundestag auf 733 Sitze aufgebläht haben. Anders sieht das bei der Fünfprozenthürde in Kombination mit der geplanten Abschaffung der sogenannten Grundmandatsklausel aus, die das Gericht als verfassungswidrig einstuft."
Das heißt, es kann sein, dass ein CSU-Kandidat in einem bestimmten Wahlkreis die Direktwahl-Stimme gewinnt, aber er kann trotzdem nicht in den Bundestag einziehen, weil bei der Verteilung der Sitze entsprechend dem Ergebnis der Verhältniswahl-Stimmen nicht genug Sitze von der CSU gewonnen wurden.
Ich finde das Urteil sehr gut! Es ist absehbar, dass jetzt dran herumgemäkelt wird. Und gewiss werden manche Kommentatoren versucht sein, von der hervorragenden Bedeutung der "Erststimme" zu reden. Aber das ist meines Erachtens kompletter Zufall, dass die Erststimme so heißt. Das Kreuzchen für die Erststimme macht man halt links und das für die Zweitstimme rechts davon auf dem Wahlzettel.
Genauso gut hätte man von Kringel-Links-Stimme und Kringel-Rechts-Stimme sprechen können, das hätte sich aber vielleicht ein bisschen umständlich angehört und außerdem waren die Begriffe "Links" und "Rechts" in der Politiker-Sprache bereits vergeben.
Eigentlich müsste die Erststimme richtig "Direktwahl-Stimme" heißen. Und die Zweitstimme müsste Verhältniswahl-Stimme heißen! Und da kommt es schließlich darauf an, dass das Verhältnis der Wählerstimmen sich im Parlament widerspiegelt.
In diesem Zusammenhang ist diese Aussage in dem Urteil interessant:
"Die Fünfprozentsperrklausel sei "in ihrer geltenden Form mit dem Grundgesetz nicht vereinbar", hieß es nun in dem Urteil. Sie beeinträchtige den Grundsatz der Wahlgleichheit. Bis zu einer Neuregelung gelte die Grundmandatsklausel weiter, ordnete das Gericht an. Das ist vor allem für die im September 2025 geplante Bundestagswahl relevant: Gelingt es dem Gesetzgeber nicht, die Sperrklausel bis dahin etwa auf drei Prozent zu senken, und die Fünfprozenthürde besteht weiterhin, gilt für diese Wahl immer noch die Grundmandatsklausel."
Bisher gilt und nach dem neuen BVG-Urteil gilt das jetzt erst mal auch weiter, dass es genügt, wenn eine Partei in drei Wahlkreisen die Direktwahlstimmen-Mehrheit erringt, dann ist sie entsprechend dem Ergebnis der Verhältniswahl-Stimmen im Parlament vertreten. Das BVG fordert jedoch eine Neuregelung in dem Sinne, dass unabhängig von den Wahlkreisen mit gewonnenem Direkt-Wahlergebnis anstatt einer 5%-Hürde zukünftig eine 3%-Hürde ausschlaggebend dafür sein soll, ob eine Partei ins Parlament einzieht oder nicht.
Wahrscheinlich wird das eigentlich sinnvolle BVG-Urteil einen CSU-Ministerpräsidenten nicht davon abhalten, gegen das Urteil zu polemisieren. Aber dem sollte jedes Mal entgegengehalten werden, dass das unverhältnismäßige und nur schwer nachvollziehbare "Aufblähen" des Parlaments durch Überhangmandate und Ausgleichsmandate die Alternative wäre, die nun wirklich niemand haben will, und wo wir froh sein können, dass die Initiatoren der Wahlrechtsreform und das BVG jetzt damit aufgeräumt haben!