zu 2. Fahrradinfrastruktur führt vor allem selbst bei einer Erhöhung des Radverkehrs nicht zu einer kompensatorischen Abnahme des KFZ-Verkehrs. Stattdessen rekrutieren sich die Radfahrer überwiegend aus Personen, die zuvor woanders geradelt sind und aus ehemaligen Fußgängern und ÖV-Nutzern.
Wenn es so ist, dass eine Erhöhung des Radverkehrsanteils durch Fahrradinfrastruktur nur dadurch zustande kommt, dass dann mehr Leute mit dem Fahrrad fahren, die vorher Bus und Bahn gefahren sind, oder zu Fuß gegangen sind, dann müsste unbedingt geprüft werden, ob folgender Effekt auftritt:
Es fahren dank hervorragender Fahrradinfrastruktur immer mehr Menschen Fahrrad anstatt Bus und Bahn zu benutzen oder zu Fuß zu gehen. Das führt dazu, dass es mehr freie Plätze in den Bussen und Bahnen und auf den Fußwegen gibt. Und das wiederum ermuntert Autofahrer*innen umzusteigen auf Bus und Bahn, also quasi "Mitglied" zu werden im Umweltverbund aus ÖPNV, Fußverkehr und Fahrradverkehr.
Ein weiterer Effekt, den du nicht genannt hast, ist zu prüfen: Durch eine hervorragende Farradverkehrsinfrastruktur werden Fahrradfahrer ermuntert noch deutlich häufiger das fahrrad zu benutzen, als sie es ohnehin schon tun. Fahrradfahren hat bekanntlich positive gesundheitliche Effekte, die vielen sog. Zivilisations-Krankheiten präventiv entgegenwirken. Eine geute Fahrradverkehrsinfrastruktur wirkt sich positv aus auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung.
Allerdings hatte Yeti auch gar nicht direkt geschrieben, dass Fahrradinfrastruktur mit einer Erhöhung des Radverkehrs eihergeht und damit wiederum eine kompensatorische Abnahme des KFZ-Verkehrs. Vielmehr hatte Yeti in diesem Zusammenhang geschrieben:
2. Separierte Fahrradinfrastruktur führt auch dort, wo es einen hohen Radverkehrsanteil gibt, nicht unbedingt zu einer Verringerung der Flächen für den MIV.
Wenn zum Beispiel an einer Bundesstraße ein breiter benutzungspflichtiger Fahrradweg gebaut wird, dann wird dadurch ja nicht die MIV-Verkehrsfläche eingeschränkt. Im Gegenteil: Weil durch den Radweg die Fahrradfahrer*innen dann nicht mehr auf der Fahrbahn sondern auf dem Fahrradweg fahren, entstehen Verkehrsflächen für den KFZ-Verkehr, die dem MIV dann exklusiv zur Verfügung stehen. damit einher geht die Gefahr, dass der KFZ-Verkehr sogar noch weiter zunimmt, wenn Fahrradwege gebaut werden.
Umgekehrt sehe ich allerdings auch nicht, dass durch ein Verzicht auf Radverkehrsinfrastruktur der Radverkehrsanteil gesteigert werden könnte. Im Gegenteil befürchte ich, dass der Verzicht auf Radverkehrsinfrastruktur den Radverkehrsanteil deutlich reduziert. Auf jeden Fall gab es in Frankfurt, Stuttgart und Wiesbaden, zwei Städte, die ich ein bisschen genauer kenne, bis vor rund 15, 20 Jahren einen deutlich niedrigeren Fahrradverkehrsanteil als zum Beispiel in Hannover. Der Grund ist m. E. dass es in Frankfurt, Stuttgart und Wiesbaden bis vo 15, 20 Jahren fast keine Fahrradverkehrsinfrastruktur gab und die vorhandene grottenschlecht war, während es in Hannover bereits seit mehreren Jahrzehnten eine Fahrradverkehrsinfrastruktur gibt.
Gibt es denn ein Beispiel für eine Stadt, in der der Radverkehrsanteil deutlich höher ist als in anderen Städten, weil es dort keine Radverkehrsinfrastruktur gibt oder die einmal vorhandene komplett zurückgebaut wurde?