Nunja, ich bin ne Zeit lang an den Wochenenden 330 km ein Weg gependelt. Bahnfahren war nicht, da ich an beiden Standorten ein Auto brauchte. Wenn da 100 km Landstraße dabei sind, würde Tempo 60 statt 100 die Fahrt schon drastisch verlängern. Das ist nicht zielführend. Mein Vorschlag zur zHG agO wäre 80 km/h für alle, also auch LKW. Die dürfen da nämlich nur 60 fahren. Das gäbe weniger Überholmanöver und mehr Sicherheit insgesamt. Auf Landstraßen passieren schließlich die meisten schweren Unfälle, oft wegen zu hoher Geschwindigkeit und/oder Überholmanövern.
Aber Landstraßen würde ich hier gar nicht betrachten, in der Pampa gibt es oft genug Platz für breite Straßen und begleitende Radwege, wenn man denn will. Am Geld liegt es auch nicht, wenn das nicht gebaut wird, sondern am politischen Willen. In Städten und Ballungsräumen dagegen ist der Platz knapp und kann auch mit viel Geld nicht beliebig vermehr werden.
Warum sträubst du dich so gegen Tempo 60 auf Landstraßen? In Frankreich hatte ich übrigens gerade zu Tempo 80 auf Landstraßen ein interessantes Foto gemacht. Dort wurder nämlich beschlossen, die Höchstgeschwindigkeit von 90 auf 80 zu reduzieren auf Landstraßen. Das Gesetz wurde jedoch nicht wie in solchen Fällen Usus vom Innenminister (der hatte Schiss vor dern Autofahrern) verkündet sondern vom Regierungschef. (Nicht Macron, das ist der Präsident, der Regierungschef heißt Edouard Philippe). Die FR vom 18.5.18 schreit darüber: "Der Automobilverein „40 Millionen Autofahrer“ geißelt die geplante Geschwindigkeitsbeschränkung als Missachtung einer weitgehend aufs Auto angewiesenen Landbevölkerung und die Verpflichtung privater Hilfspolizisten als „Big-Brother-Überwachungsmethode“.
Das mit der Big-Brother-Überwachungsmethode rührt daher, dass in Frankreich zukünftig private Firmen höchst effektiv das Tempolimit kontroillieren werden. Ich halte ja sonst eher nicht so viel von zu viel Privatisierung, aber das Ding werde ich weiterverfolgen. Zumindest habe ich mir das vorgenommen.
Wenn du dir mal anschaust, wie viele Bahnstrecken einmal im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts geplant waren, auf denen heute überall Regionalzüge fahren könnten, die die Landbevölkerung schnell zur nächsten Stadt bringen könnten, du würdest dich wundern! Ich hatte mich mal damit beschäftigt, als ich selbst noch auf dem Land wohnte und ein älterer Dorfbewohner davon berichtete, dass ja eigentlich mal die Eisenbahn den Ort anschließen sollte. Solche Ortschaften gibt es zu hauf! Statt Bahnstrecken auszubauen wurden jedoch Bahnstrecken still gelegt. Auch das kannst du vielerorts beobachten, wenn du auf dem Land unterwegs bist.
Ausgebaut wurden nicht die Schienenwege sondern völlig unvernünftigerweise die Landstraßen und dabei ertüchtigt für viel zu hohe Geschwindigkeiten, was den Ausbau so richtig teuer macht. Da müssen dann Kurven größere Radien erhalten die Straßen verbreitert werden usw. Alles für richtig viel Geld. Zum Teil müssen ganze Streckenabschnitte neu trassiert werden. Auch das kannst du immer wieder beobachten, wenn du im ländlichen Raum aufmerksam unterwegs bist. Besonders gut kannst du das übrigens vom Fahrad aus sehen. Zum Beispiel überwucherte Asphaltreste neben der aktuellen Fahrbahn.
Und wohin führte der gewaltige Straßenausbau für die Landbevölkerung? Die konnten dann schneller mit dem Auto in die Stadt fahrern und der ländliche ÖPNV wurde immer weiter abgebaut. Heute klopfen sie dann mit ihrem Autos an die Tore der Stadt und begehren Einlass mit ihren Blechmonstern. Man sollte ihnen die Tür vor der Nase zuhauen und die Zugbrücken hochziehen. Einlass nur für den, der ohne Auto rein will, mit dem Fahrrad kommt oder mit den Öffis.
Aber dann fängt sie ja an zu jammern, die verarmte Landbevölkerung, die sich die angeblich exorbitant hohen Öffipreise nicht leisten kann, oder bei denen ganz einfach keine Busse und Bahnen mehr fahren, weil sie irgendwann beschlossen haben, diese ganz einfach nicht mehr zu benutzen, weil das Auto ja angeblich so praktisch ist. Und auf dem Land ja angeblich genug Platz dafür sei, wie du ja auch selbst behauptest.
Von wegen! Schau dich doch mal um auf dem Land! In vielen Ortschaften sind inzwischen die Bürgersteige an den Hauptstraßen so schmal, dass du an Engstellen auf die Fahrbahn treten musst. Und viele Ortschaften sind durchzogen von "Todesstreifen", die ein Überqueren zu Fuß kaum noch zulassen.
Das ließe sich jetzt noch weiter ausspinnen, aber ich hatte ja ein Foto versprochen, das ich übrigens in einer Vorstadt von Lille aufgenommen habe:

Protestaktion der Autoraserfraktion gegen Tempo 80 auf Landstraßen, ein Tempo 30 Schild wird umgepinselt zum Tempo 80 Schild.