Zunächst mal Tempo 60:
Wenn es mit der Verkehrswende klappen soll, dann ist es unumgänglich, möglichst viel Verkehr mit dem ÖPNV abzuwickeln.
Das ist machbar! Allerdings muss dazu der ÖPNV auch im ländlichen Bereich massiv ausgebaut werden.
Das wiederum funktioniert nur, wenn der Omnibusverkehr nicht länger massiv benachteiligt wird gegenüber dem Autoverkehr!
ÖPNV mit Omnibussen (und auch Bahnverkehr) funktioniert deshalb so effizient, weil in den Verkehrsspitzen durch die Stehplätze eine doppelt bis dreimal so große Transportkapazität zur Verfügung steht. Werden diese Stehplätze in Anspruch genommen, dann darf der Busverkehr max. 60 km/h schnell fahren. Deshalb Tempo 60!
Ich stimme dir allerdings zu: Radfahrstreifen sind problematisch bei 2,75 m je Fahrstreifen für den Autoverkehr, denn im Begegnungsfall von zwei Omnibussen, oder LKW, die ja bis zu 2,55 m breit sind, würde es eng werden, da Radfahrstreifen nicht überfahren weden dürfen. Für den Begegnungsfall muss es eine Möglichkeit geben, seitlich auszuweichen, so dass nur Schutzstreifen in Frage kommen. Aber die dürfen gerne etwas breiter sein, als in dem Modellversuch, den es dazu schon einmal gab: http://www.taz.de/!5524090/
Man müsste sich wohl alle Details dazu durcharbeiten. Vor allem auch im Hinblick der Tempolimit-Vorgaben!
Heute schon möglich sind natürlich auch schmale Autofahrbahnen mit befahrbarem Seitenstreifen zum Ausweichen + breite Radwege. Das Verrückte jedoch ist, dass Radwege nur dann bewilligt werden, wenn der Radverkehrsanteil sehr hoch und der Autoverkehr sehr stark. Bei starkem Autoverkehr jedoch gilt derzeit wiederum: Die Straßen müssen möglichst breit sein. Das ist ein Teufelskreis, der durchbrochen werden muss.
Aber wie schon weiter oben gesagt: Mit der Verkehrswende klappt es nur, wenn die Benachteiligung des ÖPNV gegenüber dem Autoverkehr beendet wird.
Das gilt insbesondere auch für die Haltestellengestaltung! Es ist doch wirklich maximal kurios, dass im ländlichen Raum selbst bei wenig stark frequentierten Buslinien, auf denen nur wenige Male am Tag die Haltestellen angefahren werden, die Haltestellen teuer und aufwendig als Bucht gebaut sind, so dass der Omnibus die eigentliche Fahrbahn verlassen muss, wenn er anhält. Und warum? Es darf ja nicht sein, dass im "Autofahrerland Deutschland" ein Omnibus womöglich einen Autofahrer ausbremst.
Genau das muss jedoch der Normalfall sein, dass der ÖPNV Vorrang hat, oder etwa nicht?
Bleibt die Raserei: Es geht mir nicht darum, "einzelne Raser" auszubremsen, wie du vermutest. Es geht mir darum, die Geschwindigkeiten aller Autofahrer ganz deutlich zu reduzieren.
Und ja, du hast recht, wenn man das alleine durch das Anordnen von Tempolimits versuchte, dann würde das vermutlich nicht funktionieren. Aber die modernen technischen Möglichkeiten geben doch viel mehr her. Eine fahrzeuggesteuerte Tempobegrenzung ist heute schon serienreif. GPS-Daten und Kameradaten werden vom Fahrzeug so verarbeitet, dass die maximal erlaubte Höchstgeschwindigkeit vom Fahrer nicht überschritten werden kann. Und man könnte diese Technik schnell verbreiten, wenn motorisierte Fahrzeuge, die damit nicht ausgestattet sind deutlich verteuert werden. Für einen längeren Zeitraum können so zusätzliche Finanzmittel aufgebracht werden, die einen entsprechenden Umbau der Verkehrsinfrastruktur ermöglicht. Und das würde auch gar nicht so sehr teuer sein. Denn es geht ja nicht darum, Straßen immer breiter zu bauen, um immer schnelleres Fahren zu provozieren. Sondern es geht darum, sie schmaler zu bauen, um das Fahrtempo zu reduzieren!
2,75 m ist übrigens ein "häufiger Querschnitt bei Ortsverbindungsstraßen oder Erschließungsstraßen in dünn besiedelten Gebieten." https://de.wikipedia.org/wiki/Richtlini…%93_Querschnitt
Da müsste man nur mal dünn besiedelte Gebiete neu definieren und Gebiete dazunehmen in denen der ÖPNV und der Radverkehr die allermeisten Mobilitätsbedarfe abdeckt. Und natürlich die breiten Schutzstreifen, die ja leicht hergestellt werden können, wenn die vorhandenen Fahrbahnen temporeduziert werden und die Fahrstreifen schmaler werden. Von z. B. 3,50 m je Richtung (gilt derzeit für Bundesstraßen als Standardgröße) auf 2,75 m. Dazu noch ein häufig bereits vorhandener Seitenstreifen, dann erhältst du breite Fahrrad-Schutzstreifen!