Das mag sein. Es geht gerade aber um den Blödsinn des "weniger NO2 am Neckartor hilft viel!". Wer Autoverkehr abschaffen will, darf das gerne entsprechend rational nachvollziehbar begründen. Wer mich aber für den vermeintlich Guten Zweck unredlich mit unwissenschaftlichem Unsinn behumsen will, kriegt Gegenwind.
Das alternative Erklärungsmodell ist, dass NO2 kein eigenständig wirksamer Giftstoff ist, sondern lediglich eine einfach zu überwachende "Leitsubstanz" für (industriellen/verkehrlichen) "Dreck". Dieses Modell gibt es schon längst, aber Epidemiologen und die in deren Kielwasser segelnden Industrie-Feinde weigern sich standhaft, davon Notiz zu nehmen. Der Konsens, dass die Überwachung des NO2 zum Monitoring der allgemeinen Luftqualität vernünftig sei, stammt aus den Anfängen der Umweltschutz-Anstrengungen ab den frühen 70er Jahren. Damals hatten Industrie-Schlote weder Entschwefelung/Entstickung noch (Benzin-)Autos einen Dreiwege-Katalysator, und NO2 war daher damals durchaus repräsentativ für die allgemeine Luftbelastung. Das hat sich im Lauf der Jahre durch Entstickung und 3-Wege-Kat massiv geändert. NO2 hat seine Funktion als Indikator eingebüßt, und jede Anstrengung, dieses Spurengas spezifisch noch weiter zu mindern, vergeudet bloß kostbare Ressourcen, die man viel besser für die Reduktion anderer (tatsächlicher...) Giftstoffe eingesetzen würde.
Das heißt du plädierst dafür, andere Giftstoffe zu messen als NO2 und rechnest dann mit welchem Ergebnis?
Ob NO2 als repräsentativer Leit-Indikator heute nichts mehr taugt, kann ich nicht aus dem Stegreif beurteilen. Aber du schreibst ja selbst, dass sich NO2 als ein solcher Leit-Indikator etabliert hat, dass heißt, mann müsste in jedem Fall erst mal einen anderen Leit-Indikator etablieren, bevor man sich von NO2-Messungen einfach so verabschiedet. Im Zusammenhang mit NO2 und Dieselfahrzeugen ist mir besonders nachhaltig in Erinnerung, dass die Automobilhersteller es durchaus im Griff hatten, die NO2-Werte wirksam zu senken. Ihnen war aber wichtiger, dass kein so großer Add-Blue-Tank in die Fahrzeuge mit Dieselmotor eingebaut wird, bzw, dass Add-Blue nicht so oft nachgetankt werden muss. Deshalb wurde die Betrugs-Software eingebaut, die nur auf dem Prüfstand genug Add-Blue zuführt.
Mit deinem Hinweis auf die angebliche "Harmlosigkeit" von NO2 rechtfertigst du ja geradezu im Nachhinein das betrügerische Vorgehen den Autokonzerne. Das was du schreibst könnte man so zusammenfassen: "Da NO2 selbst harmlos ist, war es ganz okay, dass die Autokonzerne diesbezüglich die Behörden betrogen haben."
Oder siehst du da eher ein frühes Versäumnis der Behörden nach dem Schema: "Die Umweltauflagen hätten von vornherein sehr viele andere Schadstoff-Parameter enthalten müssen, die eine größere Aussagekraft als die NO2-Werte besitzen?"
Was mir mein ganz eigener "Schadstoffindikator-Saugrüssel" (=Nase) so sagt ist leider nicht relevant, aber ich bin nach wie vor alles andere als zufrieden mit der Luftqualität, auch wenn bestimmte Luftschadstoffwerte abgenommen haben mögen. Und ich bin ganz und gar nicht zufrieden mit einer Mobilitätsstruktur, die so stark und einseitig auf den Autoverkehr ausgerichtet ist.