Also zurück zum Bus: 20% durchschnittlicher Auslastung sind furchtbar. Bei 200-300% Auslastung im Berufsverkehr (bitte auch hier genau: angegeben ist das immer auf die Sitzplatzkapazität, nicht auf das Presspackungsvermögen der Straßenbahn, die im Berufsverkehr eingenommen wird) reicht im Berufsverkehr eine Auslastung von 200% für 1,5 Stunden morgens und abends, damit die restlichen 21 Stunden ein leeres Fahrzeug herumfahren kann - und damit kämen Sie immer noch auf 25% Auslastung. Der von Ihnen beschriebene Bus (der typische Bus!) ist 21 von 24 Stunden leer unterwegs!
Ich habe das gerade noch mal nachgelesen, was Sie in ihrem Beitrag geschrieben haben und nachgeprüft:
"Aufgeteilt auf die einzelnen Beförderungsmittel gibt das Bundesamt die Auslastung bei Eisenbahnen und S-Bahnen mit 26 Prozent an, Straßenbahnen, Stadt- und U-Bahnen waren zu 18 Prozent besetzt. Mit 20 Prozent bewegt sich der Linienbus im Mittelfeld der Auslastungs-Statistik, die laut Destatis "seit Jahren relativ konstant" sind.
Den Auslastungsgrad der Sitz- und Stehplätze errechnet das Statistische Bundesamt mithilfe der Relation der tatsächlichen Beförderungsleistung (110 Milliarden Personenkilometer) zum möglichen Beförderungsangebot (496 Milliarden Platzkilometer). Die Fahrgastbesetzung der Verkehrsmittel im ÖPNV kann dabei selbstverständlich je nach spezifischer Strecke und Uhrzeit stark vom errechneten Mittelwert abweichen." Quelle Eurotransport.de vom 28.1.2019
https://www.eurotransport.de/artikel/auslas…t-10656410.html
Diese Angaben sind enorm wichtig, um beurteilen zu können, was möglich ist.
Bei dem was Sie schreiben entsteht leider der Eindruck, der ÖPNV sei im ländlichen Bereich ein extrem ineffektives Transportsystem. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Der ÖPNV ist ein echtes Massenverkehrsmittel, und der ÖPNV ist ökologisch und ökonomisch ein Erfolgsmodell. Dass ÖPNV in vielen ländlichen Gegenden unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht stattfindet, hängt damit zusammen, dass es ihn nicht gibt. Und es gibt ihn deshalb nicht, weil es das Auto gibt.
Genau das ist ja der Kern von Scharffenbergs Buch mit dem Titel No car.
Sind die Autos weg, dann wollen die Menschen ja trotzdem mobil sein. Und das ist kein Problem, denn es gibt ja den ÖPNV. Er ist aber noch nicht überall verbreitet bzw. nicht mehr überall verbreitet, weil der hohe Grad an privatem Autoverkehr dem im Wege steht.
Vielleicht kann man das damit vergleichen:
Viele Menschen denken, von vegetarischer Ernährung würden sie nicht satt werden. Das ist natürlich kompletter Unfug, weil vegetarische Ernährung ebenfalls satt macht.
Genauso glauben viele Menschen, dass sie ohne eigenen PKW nicht mobil sein könnten. Das ist ebenfalls kompletter Unfug, weil ÖPNV ebenfalls Mobilität ermöglicht.
Die Problematik in beiden Fällen ist es, den Transformations-Prozess hinzubekommen. Und da wird es ganz ohne Verbote nicht gehen.
Und das kann etwas Gutes sein:
"Maja Göpel im Interview: Verbote können Menschen befreien"
in taz futur2 https://taz.de/Maja-Goepel-im-Interview/!169655/
In dem Interview erzählt Göpel von einer Reaktion auf ihre Forderung im äußersten Falle auch bestimmte Formen von Konsum zu verbieten, dass dann schnell versucht wird mit dem Label Okodiktatur oder Ökostasi die Diskussion abzuwürgen:
"Die Reaktion eines Politikers einer Volkspartei war noch einiges imposanter. Er habe sich gerade einen SUV gekauft, einen Diesel, als Zweitauto und sei mindestens dreißigmal durch die Gegend geflogen dieses Jahr. Und er werde das weitermachen und diesen ökoirren Stasileuten den dicken, fetten Mittelfinger zeigen. Lebt eure Freiheit, postet eure Maserati-Fotos auf Insta, wo ihr über die Malediven ballert, lebt eure Freiheit, rief er."