Auf ihrer Internetseite schreibt die Gemeinde Oberhachingen darüber, dass die meisten Straßen in der Gemeinde Tempo 30 Straßen seien und dort auf der Fahrbahn der Radverkehr stattfinden soll. "Seit dem Jahr 2003 gilt in Oberhaching nahezu flächendeckend Tempo 30. Diese Zonen sind ausdrücklich als Mischverkehrsflächen definiert, d.h., Radler und Autofahrer nutzen denselben Verkehrsraum."
https://www.oberhaching.de/de/Wirtschaft-…-in-Oberhaching
Ist ja ein guter Ansatz, der allerdings auch konsequent umgesetzt werden muss. Und zwar nicht nur in der Form, dass Fahrradfahrer*innen nicht mehr auf einem gemeinsamen Rad- und Fußweg fahren oder auf einem Fußweg, der für den Radverkehr freigegeben ist, sondern stattdessen auf der Fahrbahn. Mindestens genau so wichtig ist aber auch, dass Autofahrer den Fahrradverkehr auf der Fahrbahn als Bereicherung sehen. Und an dieser Einsicht scheint es in (nicht nur) in Oberhachingen zu mangeln.
Ich halte es für keine gute Strategie der Kommune, die Radfahrerschaft zu spalten in die "vernünftigen Radfahrer" und die "rücksichtslosen Sportradler": "Mit der Zunahme des Radverkehrs insgesamt nimmt leider auch die Zahl der sehr rücksichtlosen Sportradler zu.", heißt es auf der Internetseite der Gemeinde Oberhachingen. Und diesen "rücksichtslosen Sportradlern" droht man mit einer Kennzeichnungspflicht.
Ich finde es auch nicht gut, dass die Gemeinde auf ihrer offiziellen Internetseite Radfahrern empfiehlt besonders auf den "Toten Winkel" zu achten und Schutzwesten zu tragen:
"Worauf Sie besonders achten sollten:
Ausreichender Sicherheitsabstand beim Vorbeifahren an parkenden Autos
„Toter Winkel“ bei Lastkraftwagen
Fahren Sie bei Dunkelheit mit Licht (Rückstrahler, Speichenreflektoren)
Das Tragen einer Warnweste erhöht die Sicherheit:"
(ebenda)
Das kann man schnell auch so lesen: Radfahrer die von einem abbiegenden Fahrzeug umgefahren werden sind selber Schuld, weil sie nicht auf den "Toten Winkel" achten (den es so, wie er oft dargestellt wird, gar nicht wirklich gibt) und wenn sie keine Schutzweste getragen haben. ("Sonst hätte der Autofahrer sie ja gesehen.")
Der Hinweis, bei Dunkelheit mit Licht zu fahren, ist ebenfalls daneben. Wenn die Gemeinde Oberhachingen es wirklich erreichen will, dass Fahrradfahrer von Autofahrern ernst genommen werden, dann darf sie nicht so tun, als müsse man Radfahrern das erst noch mal erklären, dass sie mit Licht fahren müssen.
Problematisch bis falsch dargestellt ist auch dieser Hinweis an Fahrradfahrer*innen:
"Die Gehwege stehen allein den Fußgängern sowie Kindern bis 10 Jahre fürs Radlfahren zur Verfügung! Ein Erwachsener darf das Kind (bis zum 8. Lebensjahr) mit dem Fahrrad auf dem Gehweg begleiten. Aus diesem Grund sind innerhalb der Gemeinde die bisher als „Gemeinsamer Geh- und Radweg“ beschilderten Abschnitte in „Gehweg – Radfahrer frei“ umbeschildert worden."
Schon wieder diese Verniedlichung: Was machen Kinder bis 10 Jahre auf dem Fußweg nach Ansicht der Gemeinde Oberhachingen? "Radlfahren" Und was ist mit den 11-jährigen Kindern? Ist das dann immer noch "Radlfahrn"?
Die Gemeinde Oberhachingen tut so, als habe sie die Fußwege nur deshalb mit
+
ausgeschildert, dass die Eltern mit ihren Kindern bis 10 Jahren auf dem Gehweg fahren dürfen. Tatsächlich ist es aber so, dass Eltern auf allen Gehwegen ihre Kinder begleiten dürfen, auch dann wenn dort kein
mit dem Zusatz
aufgestellt ist.
Was will Oberhachingen? Radverkehr ja - Aber: Kennzeichenpflicht für Radfahrer und Schutzwestenpflicht, da kann man ja noch froh sein, dass wenigstens keine Helmtragepflicht gefordert wird.
Von einer Fahrradstraße für besonders stark vom Fahrradverkehr benutzte Straßen, will die Gemeinde nichts wissen, zumindest erst mal nicht:
"Deshalb wird zunächst von einem Fachbüro die Sinnhaftigkeit und Machbarkeit einer Fahrradstraße ergebnisoffen untersucht, sind doch bei der Einrichtung einer Fahrradstraße sehr viele rechtliche, gestalterische und verhaltensbezogene Aspekte zu beachten. Ein Schnellschuss verbietet sich von daher! Umso mehr, als dass es sich um die erste Fahrradstraße in Oberhaching handeln würde, die auch andernorts, wo diese bereits eingerichtet sind, viele Verkehrsteilnehmer eher irritieren und verunsichern, da sie häufig noch nicht wissen, welche Regeln in einer Fahrradstraße gelten." (ebenda)