Beiträge von Ullie

    Das "Geheule" der ADFC-Frau, die sich offenbar mit 50 cm mehr Breite und einem entsprechenden Lolli zufriedengäbe, ist mir unverständlich. Aber das "Gegengeheule", dass es ja auch ohne die fehlenden 50 cm völlig OK ist, finde ich einfach nur doof. Denn jede Form von gemeinsam zu benutzenden Nebenanlagen transportiert m.E. nur den Prä-1998-Geist: Fahrbahn für Autos frei, alles andere hat sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit gefälligst irgendwohin zu verpissen.

    Genau genommen wird in dem Artikel nichts darüber geschrieben, ob die von der ADFC-Sprecherin geforderte breitere Nebenanlage benutzungspflichtig sein soll. (Ich habe den ganzen Artikel gelesen, weil ich Abonnent bin. Da steht nichts darüber geschrieben, dass die ADFC-Sprecherin für den geforderten breiteren gemeinsamen Rad- und Fußweg eine Benutzungspflicht sich wünscht.)

    Vermutlich wäre es schwieriger für die Verkehrsbehörde, eine breitere Nebenanlage nicht als benutzungspflichtig auszuweisen. Obwohl ja eigentlich die Benutzungspflicht davon abgeleitet wird, dass es auf der Fahrbahn zu gefährlich sei für Radfahrer*innen. So gesehen hätte die Verkehrsbehörde ja den breiteren Fuß- und Radweg bauen müssen, wenn es denn tatsächlich so gefährlich wäre auf der Fahrbahn.

    Meines Erachtens ist es durchaus statthaft einen hinreichend breiten Radweg als Angebotsradweg auszuschildern, so dass Fahrradfahrer*innen nicht gezwungen sind den Fahrradweg zu benutzen.

    Im vorliegenden Fall handelt es sich ja nicht um einen Angebotsradweg, sondern um einen Fußweg.

    Auf jeden Fall würden es wohl nur sehr wenige Fahrradfahrer*innen begrüßen, wenn die Verkehrsbehörde die sanierungsbedürftige Nebenanlage ersatzlos begrünt hätte, oder in dem Zustand belassen hätte und einfach nur Fußwegschilder aufgehängt hätte. Und es hätte dazu geführt, dass sehr viele Fahrradfahrer*innen die als reinen Fußweg ausgezeichnete Nebenanlage zum Fahrradfahren benutzt hätten. Das hätte dann tatsächlich eine große Anzahl Regelbrüche ausgelöst.

    ja, genau diese Regelbrüche. Schrittgeschwindigkeit ist dem Wortlaut immer einzuhalten. Auch wenn im Umkreis von 500m kein einziger zu Fuß unterwegs ist.

    Ob es vorwerfbar ist, in diesem Falle mit 30km/h da zu fahren: keine Ahnung. Aber die Diskussion ist dann ja ähnlich wie "wenn nachts die Autobahn frei ist, darf ich doch auch schneller als die dort angeordneten max 120!!!!"

    Das ist meines Erachtens nicht vergleichbar. Ein Fußweg mit Radverkehrsfreigabe zwingt nicht dazu immer mit Schrittgeschwindigkeit zu fahren. Diese Regel gilt ja ganz spezifisch für den Fußgängerschutz.

    Ein Tempo 120 max. auf der Autobahn hat auch noch andere Aspekte. Zum Beispiel Umweltschutz und/oder Lärmschutz. Und es geht nicht nur um Fremdgefährdung, sondern auch um eine erhebliche Eigengefährdung. Die sind in dem hohen Maße wie bei der Raserei mit Autos, beim gemeinsamen Fuß und Radverkehr nicht gegeben.

    Tempo 100 ist doch erstmal kein alleiniger Grund, nicht auf der Fahrbahn zu radeln.

    Wenn das so wäre, hätten wir flächendeckend an allen "guten" Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften ein [Zeichen 254] prangen.

    Tempo 100 als zugelassene Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen ist vor allem ein Grund dafür, für den Radverkehr Extra-Wege zu bauen, die es nicht geben müsste, wenn es auf Landstraßen ein deutlich niedrigeres Tempolimit gäbe. Aber selbst Tempo 80 max. auf Landstraßen in den Siebziger-Jahren wurde ja nicht dauerhaft umgesetzt. Nicht zuletzt weil der ADAC dagegen seinen Einfluss geltend gemacht hat und gleichzeitig erheblich die Öffentlichkeit dagegen aufgehetzt hat. Dabei ist es letztlich zweitrangig ob entsprechende Klagen von Privatpersonen geführt werden und der ADAC das "nur" unterstützt.

    Gäbe es ein Verbot für den Radverkehr auf Straßen, auf denen Tempo 100 max. gilt, dann wäre ich ganz sicher viele Fahrten nicht gefahren, die ich mit dem Rad gefahren bin. Was meinst du mit allen "guten" Straßen?

    Für mich ist eine Straße nicht automatisch gut, wenn dort Tempo 100 gefahren werden darf. Im Gegenteil!

    Richtig ist: wer eine Nebenfläche mit 2,0m Breite auf so einer Länge schafft und dann "Servicelösung" dranklebt, der akzeptiert Regelbrüche durch Rad Fahrende. Alles andere wäre Augen vor der Realität verschließen.

    So eine Lösung ist von der Sorte: dämlich

    Welche "Regelbrüche" meinst du denn damit?

    Auf der Strecke ist kaum Fußverkehr unterwegs, so dass der Fahrradverkehr die allermeiste Zeit nicht mit Schrittgeschwindigkeit, sondern deutlich schneller unterwegs sein wird. Ob das als Regelbruch zu bewerten ist? Das ist m. E. nicht der Fall. Erst wenn eine konkrete Gefährdung von Fußverkehr dazu kommt.

    Aber Fußgänger werden dort aus zwei Gründen eher selten anzutreffen sein. Da ist einmal der Autoverkehr mit Tempo 100, der an den Fußgängern ständig vorbeibrettert und dann stört der Radverkehr, der sich voraussichtlich überwiegend auf dem Fußweg abspielen wird, der ja für den Radverkehr freigegeben ist.

    Da muss noch nicht mal das erwartbare Gebrülle "Fuuuuußweeeeg" verbunden mit Hupen und Imponiergehabe ertönen, um Fahrradfahrer mit weniger dickem Fell auf die Nebenanlage zusteuern zu lassen. Die Auto-Raserei mit Tempo 70 und oft mehr als Tempo 100 tun ihr übriges.

    Es gibt unter anderem eine Gefahrenstelle an einer kurvigen Brückenüberfahrt und an einer Bushaltestelle, wo ein niedrigeres Tempolimit gilt. Die meiste Zeit gilt Tempo 100.

    Aber ich vermute mal, sehr viele Beobachter werden den Vorgang so bewerten, dass sie Annette Teuber vom ADAC mit mehr oder weniger viel Bedauern den Ratschlag geben, sie solle doch zufrieden sein, mit dem Spatz in der Hand anstatt nach der Taube auf dem Dach zu schielen. Wobei die meisten einen breiteren Radweg als die Taube auf dem Dach ansehen werden.

    Und nur wenige werden die Perspektive einer deutlich vom privaten Autoverkehr reduzierten Landstraße mit zuverlässig eingehaltenem niedrigen Tempolimit von Tempo 50 oder 60 km/h an Gefahrenstellen noch weniger, als Taube bezeichnen. Die einen weil sie es nicht wollen, zum Beispiel weil sie selbst Autofahrer sind, die anderen weil ihnen das Vorstellungsvermögen fehlt, dass so was möglich ist.

    Man könnte auch die Radverkehrsfreigabe für den Fußverkehr wegnehmen. Ich hielte es allerdings nicht für klug, wenn der ADFC das forderte. Nur wenige Menschen würden verstehen, warum das für den Fahrradverkehr möglicherweise von Vorteil sein könnte. Und es hätte zur Konsequenz, dass zahlreiche Regelverstöße durch Fahrradfahrer erfolgen würden, die dann unerlaubterweise den Fußweg benutzen würden.

    der ADAC klagt Tempolimits weg? Der ADAC verhindert Tempolimits auf ODs?

    Hab ich was verpasst? :/

    Sieht so aus! Lies mal hier nach, dann kannst du dir ein Bild von der ADAC-Denke machen:

    "Ähnlich äußert sich der ADAC. Ein Vorstoß wie in Frankreich sei für kurvige Landstraßen mit einer maximalen Breite von sechs Metern sinnvoll. Eine zusätzliche Überholspur oder die Sicherung von Hindernissen sind nach Ansicht des ADAC aber oft effektiver."

    Neues Tempolimit auf Landstraßen: Was dafür spricht und was dagegen
    Immer mehr Verkehrs-Experten sprechen sich für ein schärferes Tempolimit auf Landstraßen aus - auch der ADAC. Doch es gibt auch Kritik: Zu scharfe Limits wären…
    www.focus.de

    6 m Breite hat die Landstraße zwischen Hannover-Wülfel und Hemmingen für den ADAC breit genug zum Rasen. Und von ein zwei Kurven mit Überholverbot (durchgezogene Linie) abgesehen, darf dort überholt werden, was manche Autofahrer veranlasst auch mal über die Tempo 100 hinauszugehen, ist ja "nur für den Überholvorgang" was manche Autofahrer für erlaubt halten.

    Für den ADAC ist das ganz klar keine Landstraße mit Anwartschaft auf Tempo 80 oder noch niedriger.

    Als ich kürzlich mit einem ADAC-Vertreter darüber sprach, dass dort Tempo 60 gelten müsse, weil dort auch Linienbusverkehr stattfindet, der nicht schneller als Tempo 60 fahren darf, da musste ich mir dann anhören, dass es völlig unverhältnismäßig sei, den Autoverkehr "künstlich" zum Langsamfahren zu nötigen.

    Oder schau mal hier nach, da schreibt der Spiegel darüber, wie der ADAC in den 70er-Jahren mit seiner Parole "Freie Fahrt für freie Bürger" nicht nur Tempo 100 max. auf den Autobahnen, sondern auch Tempo 80 auf den Landstraßen erfolgreich bekämpft hat: "Dabei gab es eine Obergrenze von 80 km/h sogar schon mal, unter Bundeskanzler Willy Brandt und dessen Verkehrsminister Lauritz Lauritzen (beide SPD). Um in der ersten Ölpreiskrise infolge des Jom-Kippur-Kriegs 1973 den Erdölverbrauch zu drosseln, wurde ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen verfügt. Es war für zunächst sechs Monate geplant.

    Der Aufschrei war jedoch groß, insbesondere über die Autobahn-Regelung. Mehr als eine Million »Freie Bürger fordern freie Fahrt«-Aufkleber wurde der ADAC in Kürze los. Daraus entstand der noch heute verwendete Slogan »Freie Fahrt für freie Bürger«. Das Tempolimit hingegen wurde nach 111 Tagen Mitte März 1974 einkassiert. Seither gilt außerorts Tempo 100.

    Spiegel vom 21.82021 https://www.spiegel.de/auto/tempolimi…41-e5572675ff70

    Zum Thema Ortsdurchfahrten: "Tempo 30 in Ortsdurchfahrten: ADAC hält nichts von dem Experiment

    Die Region will eine Experimentierklausel der Straßenverkehrsordnung nutzen, um auf bis zu 40 Ortsdurchfahrten in Hannovers Umland Tempo 30 einzuführen. Der Autoclub ADAC stichelt nun gegen die Pläne."

    Tempo 30 in Ortsdurchfahrten: ADAC hält nichts von dem Experiment
    Die Region will eine Experimentierklausel der Straßenverkehrsordnung nutzen, um auf bis zu 40 Ortsdurchfahrten in Hannovers Umland Tempo 30 einzuführen. Der…
    www.haz.de

    In dem Artikel der HAZ vom 1.9.2020 heißt es außerdem: "„Der ADAC fordert eine ergebnisoffene Diskussion zur Gestaltung der Ortsdurchfahrten – ohne Limitierung auf den Faktor Geschwindigkeit“, sagt Kruse. Die Menschen würden sonst möglicherweise nicht verstehen, „warum auf einer gut ausgebauten Straße das Tempolimit einzuhalten ist, wenn es nicht durch Gefahrenpunkte ersichtlich wird“."

    Oder hier: "Verkehrssicherheit:

    ADAC gegen Tempo 30

    SZ vom 9. April 2021:

    "Mehrere Städte, etwa Freiburg oder Darmstadt, planen, Tempo 30 flächendeckend einzuführen - entsprechende Anträge haben einige Kommunen beim Bundesverkehrsministerium gestellt. Der ADAC Sachsen allerdings sieht darin keinen Nutzen für die Verkehrssicherheit."

    Tempo 30: ADAC spricht sich dagegen aus
    Mehrere Städte würden gerne ein flächendeckendes Tempo 30 ausprobieren. Der ADAC ist dagegen.
    www.sueddeutsche.de

    Oder hier: "ADAC gegen Tempo 30

    Der ADAC lehnt Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit ab. "Tempo 30 als innerörtliche Regelgeschwindigkeit ist nach Ansicht des ADAC allerdings weder aus Sicherheits- noch aus Umweltgründen zielführend."

    noz.de vom 6.6.2021

    Osnabrücks Grüne wollen Tempo 30 auf allen zweispurigen Straßen
    Die Osnabrücker Grünen fordern nun Tempo 30 auf allen zweispurigen Straßen im Bereich der Innenstadt. Umsetzbar ist das nicht.
    www.noz.de

    Es liegt doch auf der Hand, dass ein ADFC, der sich in einem Fall wie die hier angesprochene Landstraße zwischen Hannover Wülfel und Hemmingen dafür ausspricht, dass der Fahrradverkehr doch bitteschön ausschließlich auf der Fahrbahn stattfinden könne, damit keinen Blumenpott gewinnen wird. Auch wenn sich der ADFC dafür aussprechen würde, dass ein durchgängiges Tempolimit 60 und an den unübersichtlichen Stellen (Kurve auf Brücke, Bushaltestelle) von Tempo 30 gelten sollte, würde das nicht helfen, denn niemand glaubt daran, dass diese Rahmenbedingungen jemals umgesetzt würden. Aber selbst wenn das der Fall sein sollte, so würde niemand darauf vertrauen, dass Maßnahmen ergriffen werden, ein niedriges Tempolimit zu kontrollieren.

    "ADFC verärgert: Zwischen Hannover und Hemmingen fehlen 50 Zentimeter für Radweg

    Monatelang ist die Wülfeler Straße zwischen Hannover und Hemmingen saniert worden – einen separaten Radweg gibt es nun aber immer noch nicht, weil der Weg neben der Straße zu schmal ist. Der Fahrradclub ADFC ist entsetzt – die Landesstraßenbehörde spricht hingegen von einer guten Lösung."

    Das ist der alte Zustand (googlestreetview von 2008)

    Google Maps
    Find local businesses, view maps and get driving directions in Google Maps.
    www.google.de

    Der neue Weg hat eine Breite von 2,00 m. "Um einen Radweg mit Verkehr in beiden Richtungen einzurichten, hätte dieser eine Breite von 2,50 Metern haben müssen. Der neue Weg an der Wülfeler Straße hat allerdings nur eine Breite von zwei Metern."

    Die Landesbehörde spricht deshalb von einer guten Lösung, weil der neue Weg mit einem Fußwegschild gekennzeichnet ist und dem Zusatz "Radverkehr frei". [Zeichen 239] + [Zusatzzeichen 1022-10]

    Fahrradfahrer*innen, die auf der Fahrbahn fahren wollen, werden so nicht durch eine Benutzungspflicht für die Nebenanlage davon abgehalten. Darauf weist die Straßenbaubehörde in dem Artikel hin: "Im Ergebnis stehe „eine gut für Fußgänger und Radfahrende nutzbare Nebenanlage zur Verfügung“. Das Land verweist auch darauf, dass diese für Radfahrer „nicht benutzungspflichtig“ sei. Diese dürften also auch auf der Straße fahren."

    HAZ vom 10.1.2022: ADFC verärgert: Zwischen Hannover und Hemmingen fehlen 50 Zentimeter für Radweg

    ADFC verärgert: Zwischen Hannover und Hemmingen fehlen 50 Zentimeter für Radweg
    Monatelang ist die Wülfeler Straße zwischen Hannover und Hemmingen saniert worden – einen separaten Radweg gibt es nun aber immer noch nicht, weil der Weg…
    www.haz.de

    Die Klemme in der der ADFC steckt, ist offensichtlich:

    Selbstverständlich wäre es absolut richtig und zielführend, den Privat-KFZ-Verkehr auf der Straße zu verbieten und dafür den Ausbau des ÖPNV zu fordern. Dann könnte man auf die Nebenanlage vermutlich verzichten. Aber das ist ein ziemlich dicker Brocken. Die Aussichten das umzusetzen, sind gering.

    Annette Täuber vom ADFC fordert, Radfahrer*innen nicht länger systematisch zu benachteiligen: "Nach Einschätzung von Annette Teuber vom ADFC hat dieses Vorgehen System. Der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr fehle es beim Radwegebau an Geld und Personal. Bei einem ganz neuen Radweg dürften sie das so nicht umsetzen. Aber wenn sie in der bisherigen Breite der Straße bleiben, können sie das so machen. Da gibt es eine Klausel.“, heißt es in dem Artikel.

    Schockiert war ich von einem Leserbrief in der Printausgabe von heute. Darin greift der Schreiber, angeblich ein Autofahrer und Fahrradfahrer, die ADFC-Sprecherin völlig unverhältnismäßig scharf an.

    "Das Geheul und Gejammer dieses Radfahrer-Lobby-Vereins nimmt inzwischen immer unerträglichere Formen an! Ich nutze die erneuerte Strecke selbst mindestens so oft als Rad- wie als Autofahrer und bin hocherfreut, jetzt endlich auf einer schlagloch- und absatzfreien Bahn fahren zu können. Die Zahl der diesen Weg täglich benutzenden Fußgänger lässt sich vermutlich an zwei Händen abzählen, und auch die Begegnung mit anderen Radfahrern hat noch nie eine Schwierigkeit oder besondere (rad-)fahrerische Herausforderung dargestellt! Die im Pulk fahrenden Rennradgenossen benutzen hier ohnehin ausschließlich sich selbstgefährdend die Straße." Leserbrief: "Hocherfreut über neue Fahrbahn" in der Printausgabe vom 17.1.2022

    Es ist einfach widerwärtig von anderen Radfahrenden dermaßen angegriffen zu werden, wenn es darum geht deutlich zu machen, dass Fahrradfahrende regelmäßig und systematisch benachteiligt werden. Die Autofahrerlobby wird's erfreuen, aber der Schreiber ist ja selbst Autofahrer, möglicherweise einer von der Sorte, der sich drüber freut, wenn mal wieder irgendwo vom ADAC ein Tempolimit weggeklagt wird, oder verhindert wird, dass Ortsdurchfahrten auf Tempo 30 limitiert werden. Ob der Leserbriefschreiber tatsächlich im nennenswerten Umfang mit dem Fahrrad unterwegs ist, wie er behauptet? Ich wage das zu bezweifeln. Jedenfalls hat er überhaupt nicht verstanden, dass es sich bei der erneuerten Nebenanlage gar nicht um eine Fahrbahn handelt, sondern um einen Fußweg mit Radverkehrsfreigabe.

    Deine Beschreibung bringt es ziemlich genau auf den Punkt, was in der Region Hannover zwischen dem Stadtteil Wülfel und Hemmingen passiert ist.

    "ADFC verärgert: Zwischen Hannover und Hemmingen fehlen 50 Zentimeter für Radweg

    Monatelang ist die Wülfeler Straße zwischen Hannover und Hemmingen saniert worden – einen separaten Radweg gibt es nun aber immer noch nicht, weil der Weg neben der Straße zu schmal ist. Der Fahrradclub ADFC ist entsetzt – die Landesstraßenbehörde spricht hingegen von einer guten Lösung."

    Das ist der alte Zustand (googlestreetview von 2008)

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    Die Landesbehörde spricht deshalb von einer guten Lösung, weil der neue Weg mit einem Fußwegschild gekennzeichnet ist und dem Zusatz "Radverkehr frei". [Zeichen 239] + [Zusatzzeichen 1022-10]

    Fahrradfahrer*innen, die auf der Fahrbahn fahren wollen, werden so nicht durch eine Benutzungspflicht für die Nebenanlage davon abgehalten. Darauf weist die Straßenbaubehörde in dem Artikel hin: "Im Ergebnis stehe „eine gut für Fußgänger und Radfahrende nutzbare Nebenanlage zur Verfügung“. Das Land verweist auch darauf, dass diese für Radfahrer „nicht benutzungspflichtig“ sei. Diese dürften also auch auf der Straße fahren."

    Worauf die Straßenbaubehörde nicht hinweist: Auf der Landstraße gilt Tempo 100 max., wenn nicht ein niedrigeres Tempolimit angeordnet ist. Wenn man diese mapillary Mitfahrt macht, dann entdeckt man ein Tempo 70 Schild am Straßenrand kurz hinter Hemmingen. Ob das für die gesamte Strecke bis Hannover-Wülfel gilt? https://www.mapillary.com/app/?lat=52.31…100327646024158

    Die Klemme in der der ADFC steckt, ist offensichtlich:

    Selbstverständlich wäre es absolut richtig und zielführend, den Privat-KFZ-Verkehr auf der Straße zu verbieten und dafür den Ausbau des ÖPNV zu fordern. Dann könnte man auf die Nebenanlage vermutlich verzichten. Aber das ist ein ziemlich dicker Brocken.

    Annette Täuber vom ADFC fordert, Radfahrer*innen nicht länger systematisch zu benachteiligen: "Nach Einschätzung von Annette Teuber vom ADFC hat dieses Vorgehen System. Der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr fehle es beim Radwegebau an Geld und Personal. Bei einem ganz neuen Radweg dürften sie das so nicht umsetzen. Aber wenn sie in der bisherigen Breite der Straße bleiben, können sie das so machen. Da gibt es eine Klausel.“, heißt es in dem Artikel.

    Ich bin mir allerdings gar nicht so sicher, ob ich das möchte, dass der ADFC als mein Interessensverband das Abholzen von Bäumen einfordern soll, oder ob es nicht viel besser (wenn auch deutlich ambitionierter, andere würden sagen aussichtsloser) wäre, wenn der ADFC an dieser (und anderen) Stellen sich sehr viel entschiedener für eine Abbau des MIV einsetzten würde. Zumal ein 50 cm breiterer Weg auch nicht gerade "das Gelbe vom Ei" ist. Als Fahrradfahrer*in hätte ich wenig davon. Diese breitere Nebenanlage würde vermutlich mit einem "blauen Lolly" ausgeschildert werden [Zeichen 240] , so dass ich verpflichtet wäre, die Nebenanlage zu benutzen, und zwar auch dann, wenn viele Fußgängergruppen dort unterwegs sind.

    Mehr getrennte Radwege zu bauen, wird m.E. ziemlich sicher die Anzahl der Abbiegeunfälle erhöhen, aber kein einziges Auto aus der Stadt rauskriegen.

    Ob die Radwege getrennt sind in Form von Hochbordradwegen, oder als Radfahrstreifen ausgebildet sind spielt m. E. keine sehr entscheidende Rolle. Wichtig ist eine Kreuzungsgestaltung bei der der Radweg rechtzeitig ca. 10 m vor der Kreuzung an die Fahrbahn herangeführt wird, so dass keine parkende Autos mehr den Radverkehr verdecken.

    Und der Fahrzeugverkehr muss langsam fahren beim Abbiegen. Für LKW gilt seit einigen Monaten Schrittgeschwindigkeit beim Abbiegen.

    Warum nicht auch für den übrigen Autoverkehr?

    Sehr viel entscheidender ist der konsequente Rückbau von Fahrspuren für den Autoverkehr. Ob das für breitere Fußwege genutzt wird oder Grünstreifen oder Umweltspuren (Bus + Rad) oder Radwege oder Radfahrstreifen oder hinreichend breite Schutzstreifen muss von Fall zu Fall entschieden werden.

    Sorry, damit meinte ich alles, was heute tagtäglich an notwendigen Personentransporten anfällt, egal mit welchem Transportmittel. Das muss bewältigt werden, man kanns ja nicht einfach abstellen (geänderte Siedlungspolitik hat doch Auswirkungen bestenfalls in Jahrzehnten?).

    Es ist wichtig, alles gleichzeitig anzugehen, sonst passiert gar nix. Geänderte Siedlungspolitik ist ein wichtiger Baustein. Aber was erleben wir gerade? Viele sprechen davon, dass die Corona-Lockdown-Phasen angeblich gezeigt hätten, dass mit online-Web-Konferenzen viel mehr zu wuppen sei, als man bisher vermutet habe.

    Und schon jubilieren einige, dass damit ja auch wieder die Automobilität an erster Stelle stehen darf und der ÖPNV ganz eingestellt werden könne, weil man ja nur noch hin und wieder mal sein Haus verlassen müsse aber die meiste zeit online arbeite. Quasi: Weniger Autofahrerei kommt von ganz alleine und müsse nicht "herbeigezwungen" werden.

    Manche sehen schon die neue Stadtflucht, ganz viele wollen angeblich wieder auf dem Land wohnen und können das auch umweltverträglich und ohne lange Arbeitswege in Kauf nehmen zu müssen, weil der Weg ins Büro geht einmal über'n Flur.

    Wollen wir das überhaupt? Stimmt das überhaupt? Für alle? Für wenige? Für wie lange?

    Zum Südschnellweg-Umbau schreibt die taz vom 26.10.2020: "Der geplante Umbau beruht auf der Prognose, dass das Verkehrsaufkommen künftig steigen wird. Diese Prognose stammt aus dem Jahr 2016 und zählte für das damalige Vorjahr knapp 44.000 Fahrzeuge, die pro Tag die Straße befuhren. 2030 sollen es 55.000 Fahrzeuge sein – ein Anstieg um mehr als 20 Prozent."

    Hannovers Straßenplanung ohne Fahrräder: Autos über alles
    In der niedersächsischen Landeshauptstadt soll der viel befahrene Südschnellweg neu gebaut werden. Das wird noch mehr Autoverkehr ermöglichen.
    taz.de

    Ich bringe das mal in Beziehung mit diesem Foto, das ich neulich beim Sonntagsspaziergang aufgenommen habe:

    Die Leinebrücke ist eine der Brücken, die vom Umbau betroffen ist. Der Leinebrückenabschnitt ist ca. 100 m lang.

    Bei 50.000 Fahrzeugen täglich entspricht das eine Kilometer-Tagesleistung von 100 m x 50.000 = 5000 km

    Dazu dieser Artikel aus der Rheinzeitung vom 21.12.21

    "Rund 120 Gramm Mikroplastik aus Reifenabrieb erzeugt ein Pkw auf 1.000 Kilometern."

    Das heißt, jeden Tag werden im Durchschnitt 600 g Mikroplastik (5x120g) ins Leine-Wasser gespült. Mehr als 4 kg die Woche oder 200 kg im Jahr!

    Auf den Abschnitten des Südschnellweges, die auf dem Damm aufliegen, versickert das kontaminierte Wasser direkt in den Erdboden.

    In dem taz-Artikel über die Pariser Bürgermeisterin heißt es: "Man könnte sagen, sie hat die richtige Ansprache gefunden. Zwar holte Hidalgo vor ihrer Wiederwahl 2020 den bekanntesten französischen Klimaforscher Jean Jouzel in ihr Team, sie ist überzeugt davon, dass die steigenden Temperaturen Paris unbewohnbar machen könnten; aber darüber redet sie nicht, auch nicht von CO2-Emissionen, nicht von Unfällen und dem Widersinn spritfressender Geländewagen auf asphaltierten Stadtstraßen. Nein, die sozialistische Bürgermeisterin von Paris spricht über die Lungen von Schulkindern, darüber, dass SUVs aufgrund ihrer Größe Erstklässler übersehen könnten, über Asthma an Autobahnen. Aus »gesundheitlichen Gründen« soll die Hauptstadt bald nur noch für Fußgänger und Radfahrer attraktiv sein.

    Interessant ist, dass in Paris es offensichtlich möglich ist, dass die Argumente zum Gesundheitsschutz vor Autoabgasen (Lungen von Schulkindern, Asthma an Autobahnen) erfolgreich eingesetzt werden können, um den Autoverkehr zu reduzieren, während in vielen Städten in Deutschland diese Gesundheits-Argumente in Sachen Atemluft okkupiert wurden von den Befürwortern der uneingeschränkten MIV-Mobilität mit Elektroauto-Autos.

    Die Notwendigkeit der täglichen "Menschentransporte" ist gegeben und lässt sich nicht verändern. Wieviel ÖPNV und Fahrrad man dafür braucht, wird seit jeher unter der Nebenbedingung errechnet, dass möglichst viele Autos gleichzeitig auf den deutschen Straßen sind. Je mehr, desto besser. Das ist eine strikte Vorgabe des Wirtschaftsministeriums.

    Lässt sich doch verändern. "Menschentransporte", womit du vermutlich die Autofahrerei mit einschließt, würde ich allerdings als MIV-Mobilität ersetzen wollen. Durch die Reduzierung der MIV-Mobilität werden Freiräume entstehen, die für einen verbesserten ÖPNV und mehr Fuß- und Radverkehr nutzbar sind.

    "Verkehrswende" bedeutet momentan: "gleichzeitige Maximierung aller Verkehrsmittel, aber auf keinen Fall eine Reduktion des MIV". Bei gleichbleibenen Ausgangsbedingungen bedeutet das: Es passiert gar nix. Und genau das sehen wir.

    Der Vorwurf ist gerechtfertigt, aber auch ein wenig überspitzt, denn es gibt Beispiele für eine gelungene oftmals leider nur eine halbwegs gelungene Verkehrswende. Es wird einfach zu wenig getan für eine Verkehrswende, und das was getan wird, geschieht oft zu langsam und unzureichend.

    Allerdings ist die Gesetzgebung in anderen Ländern oft auch nicht besser oder viel besser.

    In Frankreich gilt zum Beispiel ein Tempolimit von 130 auf Autobahnen und ein Tempolimit von 80 auf Landstraßen. Letztlich sind das keine Maßnahmen, die eine Verkehrswende einläuten. Im Gegenteil. Die niedrigeren Tempolimits begünstigen noch den Autoverkehr, weil die vorhandenen Straßen so noch stärker ausgelastet werden können.

    Trotzdem gab es in Frankreich einen extrem irrationalen Protest gegen Tempo 80 auf Landstraßen, so dass die Regierung eingeknickt ist und den lokalen Verkehrsverwaltungen die Möglichkeit eingeräumt hat, stattdessen auch Tempo 90 zu gestatten, wenn die Straße zwei Fahrspuren je Richtung aufweist.

    "Ich glaube, dass der Radweg oder der Seitenstreifen der sicherste und am besten geeignete Ort ist, wenn UNTER ZEHN Meilen pro Stunde gefahren wird. Bei den niedrigeren Geschwindigkeiten haben Sie Zeit, die Bremsen zu betätigen, wenn Sie eine Tür bekommen und wahrscheinlich Trümmer sehen können, bevor sie Sie erreichen, und Sie behindern den Verkehr nicht. Jedoch, höher als 10, insbesondere wenn mehr als 14 mph, dann müssen die Fahrer Sie als VERKEHR akzeptieren." Dieses Zitat aus dem Link deutet darauf hin, dass der Autor für eine Radverkehrsinfrastruktur plädiert für Fahrradfahrer, die im Bereich um die 10 mph (entspricht 16 km/h) unterwegs sind.

    Das ist der Bereich, mit dem man mit einem Fahrrad als regelmäßiger Fahrradfahrer fährt. (Nicht als jemand, der es mit sportlichen Ambitionen betreibt.) Und es ist vor allem der Bereich, in dem die vielen Menschen Fahrrad fahren würden, die zur Zeit noch nicht oder nur selten oder sehr selten mit dem Fahrrad mobil sind. So gesehen ist der Artikel ein Plädoyer für den Radwegebau, weil damit mehr Menschen zum Fahrradfahren bewegt werden können.

    In dem Artikel heißt es auch: "... insbesondere wenn mehr als 14 mph, dann müssen die Fahrer (gemeint sind Autofahrer) Sie als VERKEHR akzeptieren." Das ist eine nicht ganz unproblematische Aussage, denn sie könnte auch von der anderen Seite aus betrachtet werden und würde dann bedeuten: "Fahrradverkehr unter 14 mph (das sind ca. 23 km/ muss nicht als "VERKEHR" akzeptiert werden und darf deshalb weggehupt werden, bzw. ist auf Radwege zu verbannen.

    Hinweis: Yetis Link hat mich auf die offensichtlich automatische deutsche Übersetzung geführt. Aber so weit ich das englische Original verstanden habe, sind die zitierten Inhalte im Wesentlichen richtig übersetzt.

    Die wichtigste Frage bleibt unbeantwortet: Warum eigentlich hat ein Auto, in dem nur ein einziges Manschgerl sitzt, mehr Platzanspruch als ein Fahrrad?

    In dem von Yeti dankenswerterweise verlinkten Spiegelartikel heißt es: "»Unser Verkehrsrecht ist von gestern – das Auto steht an erster Stelle, alle anderen Verkehrsarten sind marginalisiert«, sagte ADFC-Bundesgeschäftsführerin Ann-Kathrin Schneider. »Diese Unwucht passt nicht mehr in unsere Zeit.« Deutschland hinke im internationalen Vergleich hinterher."

    Abkehr von E-Fuels: Verkehrsminister Wissing warnt vor Kauf von Autos mit Verbrennungsmotor
    Volker Wissing verlässt überraschend die Linie seiner Partei: Der FDP-Minister setzt nun auch voll auf batterieelektrische Pkw und erteilt E-Fuels eine Absage.…
    www.spiegel.de

    Aber was genau ist denn nun die Position des ADFC? Und welche Punkte in der Verkehrsrechtssprechung anderer Länder sind es, die in Deutschland von gestern sind?

    Dazu ein Beispiel ebenfalls von dieser Woche aus Hannover, aus der HAZ vom 10.1.2022:

    ADFC verärgert: Zwischen Hannover und Hemmingen fehlen 50 Zentimeter für Radweg
    Monatelang ist die Wülfeler Straße zwischen Hannover und Hemmingen saniert worden – einen separaten Radweg gibt es nun aber immer noch nicht, weil der Weg…
    www.haz.de

    "ADFC verärgert: Zwischen Hannover und Hemmingen fehlen 50 Zentimeter für Radweg

    Monatelang ist die Wülfeler Straße zwischen Hannover und Hemmingen saniert worden – einen separaten Radweg gibt es nun aber immer noch nicht, weil der Weg neben der Straße zu schmal ist. Der Fahrradclub ADFC ist entsetzt – die Landesstraßenbehörde spricht hingegen von einer guten Lösung."

    ADFC verärgert: Zwischen Hannover und Hemmingen fehlen 50 Zentimeter für Radweg
    Monatelang ist die Wülfeler Straße zwischen Hannover und Hemmingen saniert worden – einen separaten Radweg gibt es nun aber immer noch nicht, weil der Weg…
    www.haz.de

    Leider ist der gesamte Artikel hinter einer Bezahlschranke, deshalb diese Kurzzusammenfassung:

    Dem ADFC ist der Radweg zu schmal. Es ist ein Zwei-Richtungsradweg auf der von Hannover aus gesehenen rechten Seite der Fahrbahn.

    googlestreetview:

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    googlesatellit:

    Dieselbe Stelle auf GoogleSatellit zeigt bereits den renovierten Zustand des Fußweges mit Radverkehrsfreigabe:

    Google Maps
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    "Nach Einschätzung von Annette Teuber vom ADFC hat dieses Vorgehen System. Der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr fehle es beim Radwegebau an Geld und Personal. Deshalb würden solche Lösungen wie bei Wilkenburg bevorzugt. „Bei einem ganz neuen Radweg dürften sie das so nicht umsetzen. Aber wenn sie in der bisherigen Breite der Straße bleiben, können sie das so machen. Da gibt es eine Klausel.“" (aus demselben Artikel)

    Die Straßenbaubehörde, hier Frau Fundheller, dagegen argumentiert damit, dass ein breiterer Radweg das ganze Bauvorhaben um Jahre verlängert hätte, weil Landschaftsschutzgebiet, private Grundstücke etc. dem im Wege gestanden hätte.

    „Vor dem Hintergrund des Straßenzustandes und der Risiken, die ein solches Planrechtsverfahren birgt, wurde hier zugunsten einer schnellen planerischen und baulichen Realisierung auf eine solche Planung verzichtet“, berichtet Fundheller. Im Ergebnis stehe „eine gut für Fußgänger und Radfahrende nutzbare Nebenanlage zur Verfügung“. Das Land verweist auch darauf, dass diese für Radfahrer „nicht benutzungspflichtig“ sei. Diese dürften also auch auf der Straße fahren.

    Interessant sind ja immer die Dinge, die nicht angesprochen werden in einer solchen Berichterstattung:

    In diesem Fall zum Beispiel:

    Warum, keine Komplettsperrung für privaten KFZ-Verkehr, Freigabe nur für ÖPNV und Versorgungsfahrzeuge sowie betriebliche Zwecke wie Handwerker oder Lieferverkehr mit Sondererlaubnis sowie Fahrradverkehr? Dabei Tempobegrenzung auf eine niedrige Höchstgeschwindigkeit, so dass Fußverkehr und Radverkehr auf der Fahrbahn stattfinden kann. Dann hätte man den Nebenweg ganz der Natur zurückgeben können.

    Oder: Tempobegrenzung, weil mit Fahrradverkehr auf der Fahrbahn im hohen Maße zu rechnen ist, weil die Fahrradfahrer*innen den Fußverkehr nicht stören wollen.

    Oder: Wie hätte der vom ADFC gewünschte breitere Zweirichtungsradweg denn ausgeschildert werden sollen? Die geltende Rechtsprechung hätte den Autolobby-Verband ADAC garantiert dazu veranlasst zu fordern, dass eine Benutzungspflicht anzuordnen sei. Und dass auf der Fahrbahn kein niedrigeres Tempolimit angeordnet wird, als die ohnehin auf Landstraßen generell geltenden Tempo 100.

    Oder: Hätte der ADFC Chancen gehabt im Falle dass ein breiterer Rad- und Fußweg gebaut worden wäre, dass dieser aufgetrennt worden wäre in einen Teil für Radfahrer, der aber nicht benutzungspflichtig ist und in einen Teil für Fußgänger?

    Auf den streetview-Aufnahmen von 2008 der Strecke kann man übrigens sehen, dass der Nebenweg früher als gemeinsamer Fuß- und Radweg ausgeschildert war:

    Google Maps
    Find local businesses, view maps and get driving directions in Google Maps.
    www.google.com

    Es gibt auf den streetview-Aufnahmen auch ein Tempo 70-Schild:

    Google Maps
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    www.google.com

    Das steht allerdings vor eine kurvigen Brückenüberfahrt und gilt vermutlich nur für diesen Brückenbereich.

    Wie die Strecke hinsichtlich Tempobegrenzung heute ausgeschildert ist, steht leider nicht in dem Artikel. Und ich hatte noch keine Gelegenheit, mir das vor Ort anzusehen. Ich vermute, wenn dort Tempo 100 erlaubt ist, dann ist es ziemlich schnuppe, dass dort Radverkehr auf der Fahrbahn stattfinden darf, weil nur wenige Fahrradfahrer*innen davon Gebrauch machen werden, dass sie außer auf dem Fußweg mit Radverkehrsfreigabe auch ganz ordnungsgerecht auf der Fahrbahn fahren dürfen.

    Würde allerdings die Fahrbahn mit Tempo 60 max. ausgeschildert werden. Und würde durch Zusatzschilder darauf hingewiesen, dass Fahrradverkehr auch auf der Fahrbahn stattfindet, dann gäbe es mehr Fahrradfahrer*innen, die die Fahrbahn nutzen würden. Außerdem könnte die Mittelstreifenmarkierung auf den Fahrbahn entfernt werden.

    Das Sie die Opfer eines Terroranschlages für Ihre weltfremde Werbung für ein imaginäres System benutzen finde ich wiederwärtig. Wenn Sie mir die Frage gestatten: Sind sie noch ganz sauber?

    So reden oftmals Autofahrer daher, wenn sie sich "ertappt" fühlen.

    Und hier geht es keineswegs um ein "imaginäres System," wie Sie vermuten. Lesen Sie selbst:

    "Der Bordcomputer des Terror-Lastwagens von Berlin hat bei dem Anschlag offenbar weitere Opfer verhindert. Nach Informationen des "Spiegel" löste der Notbremsassistent des Lkw, mit dem der mutmaßliche Attentäter Anis Amri über den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz raste, eine Vollbremsung aus."

    "Autonomes Bremssystem stoppte Berliner Terror-Truck" in: manager-magazin.de vom 29.12.2016

    Terroranschlag in Berlin: Notbremsassistent stoppt Todes-Lkw
    Der Bordcomputer im entführten Lastwagen hat nach Informationen des "Spiegel" offenbar verhindert, dass bei dem Terroranschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt…
    www.manager-magazin.de

    Ein anderer Vorschlag war, die bestehende Unterführung so um- oder auszubauen, dass sie zum Radfahren geeignet ist. Damit hätte man dann den Radverkehr von den unabhängig geführten Wegen komplett rausgehalten. Stattdessen soll aber auch die bestehende Unterführung komplett und ersatzlos abgerissen werden. Alle müssen dann oben durch den Kreisverkehr.

    Unterführungen für den Rad- und/oder Fußverkehr kann ich gar nichts abgewinnen. Da wird der Verkehr, den der Autofahrer als störend empfindet einfach verdrängt und dann auch noch auf Wege, die oft eine Zumutung darstellen. Bei Unterführungen kommt hinzu, dass sie oft nicht barrierefrei errichtet werden können, denn entweder verlängern sich dadurch die Wege enorm, oder sie werden zu steil.

    Rampensteigung maximal 6% und alle 6m ein mindestens 1,50 m langes Ruhepodest.

    Siehe zum Beispiel https://www.dguv.de/barrierefrei/b…ampen/index.jsp

    "Die Rampe darf danach eine max. Steigung von 6% haben. Am Anfang und am Ende der Rampe wird die erforderliche freie Verkehrsfläche von 150 cm x 150 cm gezeigt. Die Mindestbreite der Rampe beträgt 120 cm. Rampenläufe dürfen max. 6 m lang sein. Danach muss ein Podest vorgesehen werden, das mindestens 150 cm lang ist."

    Bei einer Unterführung darf man wohl eine Höhendifferenz von 3 m bis 4 m annehmen, zwischen Straßeneben und Unterführungsebene.

    Für 6 cm Höhendifferenz beträgt die Strecke 1 m. Nach 6 m Rampe ist die Höhendifferenz 36 cm. Dann kommt das Podest von 1,50 m. Das heißt für 36 cm Höhendifferenz ist die Rampenlänge 7,50 m. Für eine Höhendifferenz von 3,60 m müsste die Rampe also 75 m lang sein.

    Es wundert mich ein bisschen, dass niemand von den anwesenden Fachleuten in der Sitzung des Rates der Hansestadt Stade am 06.07.2020, im Hansesaal in der Fragestunde auf die entsprechende Frage eines Bürgers, diese Auskunft gegeben hat.

    Dort wurde nämlich gefragt:
    "Warum wurde die Option, den Tunnel unterhalb der Kreuzung für den Radverkehr auszubauen, um eine gegenläufige Führung durch den Kreisverkehr zu vermeiden, nicht in Betracht gezogen?"

    (Protokoll öffentlicher Teil unter 5), 2. Absatz)

    https://www.stadt-stade.info/downloads/datei/OTAwMDA5MjU2Oy07L3Vzci9sb2NhbC9odHRwZC92aHRkb2NzL3N0YWRlL3N0YWRlL21lZGllbi9kb2t1bWVudGUvcHJvdG9rb2xsX3JhdF9vZWZmZW50bGljaC5wZGY%3D

    Hätte man an der Stelle den Vorschlag des Fragestellers weiter verfolgt, dann wäre klar geworden, dass barrierefreie Rampen viel zu lang geworden wären und deshalb Aufzüge hätten gebaut werden müssen.

    In Hannover gibt es an einigen Stellen noch solche zu steile Rampen, die heute nicht mehr gebaut werden dürften. Sie sind keine gute Lösung.

    Für die gefühlte Sicherheit von Radweg-Lemmingen Befürwortern ist das egal. Da könnte man auch eine Pappwand aufstellen, damit die sich sicher fühlen. Gerne wird ja auch der Radfahrstreifen bei PBL-Aktionen mit Kuscheltieren abgegrenzt.

    Hoppla, warum liegt denn da ein Poller am Straßenrand?

    Ich verstehe ja in gewissem Maße deinen "Kreuzzug" gegen Fahrradwege und kann das Nachvollziehen. Aber mit der Abschaffung der Radwege alleine wäre es längst nicht getan. Ob auf einem Radweg oder nicht auf einem Radweg, wenn ein Zweiradfahrer sich zu sehr in den Seitenraum zurückzieht ist er gefährdet. Ab einer bestimmten Fahrbahnbreite wird der Verkehr aber ganz von selbst zweispurig, auch wenn dort nur eine Spur je Richtung markiert ist. Das beobachte ich immer am Rudolph-von-Bennigsen-Ufer in Hannover. Da sind keine zwei Fahrspuren je Richtung markiert. Trotzdem wird so gefahren, als gäbe es dort zwei Autofahrspuren je Richtung.

    Fahr dort mal auf google-streetview hin und her, dann siehst du was ich meine.

    Google Maps
    Mit Google Maps lokale Anbieter suchen, Karten anzeigen und Routenpläne abrufen.
    www.google.de

    Ganz so schlimm ist es nicht, es geht nur nicht ohne Verankerung. Der Amerikanische Test ist häufiger herangezogen: https://www.astm.org/f2656_f2656m-20.html

    Der Test unterscheidet dann, wie schnell und schwer das aufprallende Fahrzeug ist und wie weit es die Barriere durchdringen darf. Bei der höchsten Energie im Test muss dann ein 65000 Pfund LKW mit 50 Meilen pro Stunde in weniger als 3,3 Füßen aufgehalten werden (H50 - P1). Diese Barrieren sind dann aber nicht mehr mobil um mal kurz einen Weihnachtsmarkt zu schützen, sondern eher praktisch mittelalterlich mit Graben und an der Welt verankertem Stahlrohr mit Betonfüllung.

    Oh: Bilder gibt es auch noch. Hier verkauft ein Hersteller so ein Ding: https://www.guardiar.com/products/bloka…d-specification Das ist aber nur P2 (also zwischen 3,3 und 23 Füßen Stoppdistanz). So etwas fände ich zwischen Radweg und Fahrbahn doch etwas unpraktisch. Der Seitenaufprall sieht schmerzhaft aus.

    Nicht nur die Verankerung der Betonklötze macht einen Unterschied. Es macht auch einen entscheidenden Unterschied, ob das Fahrzeug mit einem Notbremsassistenten ausgerüstet ist oder nicht und wie der konfiguriert ist. Selbst bei dem schlimmen Terrorangriff auf dem Berliner Breitscheidplatz an Weihnachten vor 5 Jahren wurde eine noch höhere Anzahl von Opfern dadurch verhindert, dass der Notbremsassistent zumindest ein vom Täter nicht beabsichtigtes Abbremsen des Fahrzeuges eingeleitet hat. Insbesondere ergänzt durch einen intelligenten Geschwindigkeitsassistent kann einiges an zusätzlicher Verkehrssicherheit für andere Verkehrsteilnehmer geschaffen werden, wenn denn die Bereitschaft größer wäre hier entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.

    Für den Benutzer der Fahrbahn sind sie sicher. Aber für Verkehr der neben der Fahrbahn läuft ( z.B. auf "sicheren Radwegen" ) eben nicht. Wer den Kreisverkehr nur aus Windschutzscheibenperspektive sieht, verdrängt gerne das letztere.

    "Vor allem der "Kleine Kreisverkehr" gilt als sehr sicher. Er wird einspurig befahren, hat einen Durchmesser von mindestens 26 Metern und eine fest eingefasste Kreisinsel."

    So heißt es in dem weiter oben bereits einmal verlinkten SZ-Artikel: "Der Kreisel ist die bessere Kreuzung".

    Der Kreisel ist die bessere Kreuzung
    Immer häufiger ersetzen Städte und Gemeinden Ampelkreuzungen durch Kreisverkehre - und das aus guten Grund: Kreisel gelten als wesentlich sicherer.…
    www.sueddeutsche.de

    Der kleine Kreisverkehr wäre demnach ein Verkehr, bei dem die Fahrzeuge auf nur einer Fahrspur unterwegs sind. Gibt es eine Radweg, dann sind das bereits zwei Fahrspuren. Und dann gibt es ja auch noch die Fußwege. Die werden ja oft noch sträflicher vernachlässigt als Verkehrsteilnehmer als die Fahrradfahrenden.

    Wer weiß, vielleicht ist Stade eine Stadt die außer Autofahrern keine anderen Verkehrsteilnehmer will und baut deshalb so viele Kreisel?

    Selbst bei einem Kreiseldurchmesser von 26 m ist es bereits ein nicht unerheblicher Umweg, wollte man dem Kreisverkehr folgend einen Dreiviertelkreis fahren, anstatt einen Viertelkreis, wenn sich das anbietet. (Ca. 80 m anstatt 20 m)

    Was ich über die Verantwortlichen denke, darf ich hier nicht öffentlich schreiben, denn das wäre vermutlich justiziabel.

    Ich weiß ja nicht was du da über die Verantwortlichen schreiben wolltest. Ich bleibe bei meiner grundsätzlichen Kritik am Kreisverkehr. Wenn die Verkehrsplaner Kreisverkehre so planen, dass der Fahrradverkehr grundsätzlich nur auf einer Fahrbahn gemeinsam mit dem Autoverkehr stattfindet, dann mag das sicherer sein (siehe Zitat aus dem verlinkten Artikel), wenn sich denn alle dran hielten. Das würde aber auch bedeuten, dass auf dieser Fahrbahn Fahrradfahrer und Autos hintereinander fahren müssten und keine Überholmanöver durchgeführt werden dürfen. Das wiederum würde bedeuten, das alles findet bei einer Geschwindigkeit um die 15 bis 20 km/h statt. Wie realistisch ist das?

    Und wo in Stade oder anderswo gibt es einen solchen Kreisverkehr?

    Und dann gibt es da ja auch noch die Fußgängerinnen und Fußgänger.

    Wenn Kreisverkehre für Fahrradfahrer*innen nur dann sicher zu befahren sind, wenn sie sich wie Autofahrer verhalten und im "Autoverkehrsstrom mitschwimmen" sollen, dann halte ich das für eine völlig unrealistische Forderung, so lange es kein deutliches und von allen Verkehrsteilnehmer*innen respektiertes niedriges Tempolimit von max. 20 bis 25 km/h gibt und Fahrradfahrer*innen nicht gedrängt werden schneller zu fahren als sie das für gewöhnlich tun. Und das sind oft Geschwindigkeiten unter 20 km/h.

    Eine Verkehrsverwaltung, die mehr Fuß- und Radverkehr will, muss aufhören, Kreisverkehre einzurichten.

    Als Probleme an Kreisverkehren mit "Radwegen" werden die Nutzung in falscher Fahrtrichtung genannt, eine zu starke Verschwenkung der Radwege und die Lage des Verzweigungspunktes zu nah an der Radwegfurt. Alles das sind Merkmale der typischen Stader Kreisverkehre und beim aktuellen Neubau ist die Nutzung entgegen der Kreisrichtung ja sogar explizit vorgesehen, was Sie, Ullie ja auch ganz toll finden. Die Unfallforschung findest das eher uncool.

    Da muss ein Missverständnis vorliegen. Ich finde es nicht ganz toll, wenn für Radfahrer*innen die Nutzung des Kreisels entgegen der Kreisrichtung möglich ist. Aber es wäre noch schlimmer, wenn das nicht möglich wäre. Viele Radfahrerinnen würden nämlich damit dazu angestiftet, sich nicht ordnungsgerecht zu verhalten. Oder sie würden absteigen und schieben, was nicht dazu beiträgt den Radverkehr attraktiv zu gestalten. Das beste allerdings ist der Verkehrskreisel, der niemals gebaut wird. Übrigens eine Kritik, die man vortragen kann, ohne befürchten zu müssen, dass es "justiziabel" wird.