Naja, sie schreiben auch:
"Die Ergebnisse zu den Radwegen haben in der Geschichte der Unfallforschung dazu geführt, dass diese in Ungnade gefallen sind, weil man den entscheidenden Fehler gemacht hat, die subjektive Sicherheit zu ignorieren. Das Fahren im Mischverkehr ist für die meisten Radfahrenden keine Lösung. Diese Führung scheidet daher schon vor den Betrachtungen der Verkehrssicherheit als Möglichkeit aus."
Da ist sie wieder, die Argumentation mit der subjektiven Sicherheit.
Ich denke, es kommt darauf an, welchen Personenkreis man betrachtet.
Betrachtet man den Personenkreis der aktiv Fahrradfahrenden, die mit viel Routine im Straßen-Verkehr unterwegs sind und denen es auch wichtig ist, mit einer Geschwindigkeit um die 25-30 km/h voranzukommen, dann ist die Bereitschaft zum Fahrbahn-Fahrradfahren vermutlich deutlich stärker ausgeprägt als bei einer großen Mehrzahl der Menschen.
Hat man diese Zielgruppe der aktiv und schnell Fahrradfahrenden mit viel Routine im Straßen-Verkehr im Blick, dann lohnt es sich vielleicht gar nicht, überhaupt über Radfahrstreifen, Radwege, Schutzstreifen, Angebotsradwege, Fahrradweichen, Kreuzungdesigns usw. nachzudenken. Stattdessen können sich die Interessensverbände der Fahrradfahrenden zurücklehnen und bräuchten in Richtung fahrradgerechte Infrastruktur kein Hirnschmalz zu investieren.
Faktisch würde das dazu führen, dass in Städten, in denen keine bis gar keine Formen von Fahrradinfrastruktur besteht, das Fahrradfahren für den genannten Personenkreis ein tägliches "Leckerli" wäre, während bei der Mehrzahl der Menschen das verfügbare Jahreseinkommen und das Angebot des ÖPNV (Kostenfrage, Verfügbarkeitsfrage) darüber entscheidet, ob das Fahrrad als alltägliches Verkehrsmittel in Erwägung gezogen wird. (Manche sind aber auch damit zufrieden, dass sie fast überall, wo sie hin wollen, zu Fuß hingehen können.)
Strebt man dagegen das Ziel an, das Fahrradfahren zu einer echten Mobilitäts-Alternative für alle Menschen zu etablieren (inkl. Fußverkehr und ÖPNV), dann lohnt es sich mittelfristig in eine gute Fahrradverkehrsinfrastruktur zu investieren, die von allen Menschen als eine sichere und komfortable Form von Mobilität erlebt wird. Langfristig betrachtet kann es dazu führen, dass alle vom Auto auf das Fahrrad und den ÖPNV umsteigen oder zu Fuß gehen, sodass man Infrastruktur nur noch für diese Bedürfnisse plus Warenverkehr planen muss.
Mir erscheint es am vorteilhaftesten, eine exzellente Fahrradwegeinfrastruktur als Angebot zur Verfügung zu stellen, ohne deren Benutzung zur Pflicht zu machen.