Die Entscheidung von Putin, die Ukraine mit einem Angriffskrieg zu überziehen, hat zu weitreichenden Boykottmaßnahmen gegenüber der Russischen Föderation geführt. Gleichzeitig wurden in einem hohen Umfang Waffenlieferungen in die Ukraine in Gang gesetzt und zahlreiche weitere Unterstützungsaktionen angeschoben, nicht nur in Deutschland, sondern auch in zahlreichen anderen Staaten in Europa und der Welt. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass ein Aufbegehren gegen die damit verbundenen Einschränkungen berücksichtigt werden muss. Siehe zum Beispiel den Streit um die Gasumlage in Deutschland.
Besonders die sehr deutlichen und oft wiederholten Appelle Selenskyjs, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen, ist doch ein Hinweis darauf, dass Selenskyjs Entscheidungs-Freiheit Grenzen gesetzt sind.
Als Präsident in einem kriegsführenden Staat sind zwar die Grenzen, die Selenskyj durch das ukrainische Parlament gesetzt werden können oder durch die Opposition in den Hintergrund getreten, aber vermutlich muss er auch dort sehr genau abschätzen, wie viel er seiner Bevölkerung zumuten kann. Einerseits in Bezug auf die Menschen, die kriegsmüde sind, und andererseits in Bezug auf die Menschen, deren Verteidigungswille ungebrochen ist und immer wieder neue Höchststände erreicht.
Umgekehrt haben auch Putins diktatorische Machtbefugnisse ihre Tücken. Nach den erfolgreichen Teil-Rückeroberungen der Ukraine hoffen jetzt viele, dass Putin geschwächt sei und werten zum Beispiel seine Teilmobilmachung als Zeichen der Schwäche. Und es setzen einige Beobachter darauf, dass auch in einem diktatorisch regierten Staat wie Russland, politische Prozesse stattfinden, die den Präsidenten in seiner Entscheidungs-Freiheit einschränken oder ihn zu einem Umsteuern bewegen könnten.
Herr Kiesewetter ist in Deutschland in der Opposition und wir zwei nicht im Parlament und in keiner Regierungsorganisation vertreten. Aber selbstverständlich haben auch Herr Kiesewetter und wir beide mitzureden, wenn es um die Frage geht, mit welchen Waffen und mit welchen anderen Unterstützungsmöglichkeiten für die Ukraine es möglich ist, die Situation der Menschen zu erleichtern oder umgekehrt, was besser unterlassen werden sollte. Schließlich leben wir in einer Demokratie.
Diese Phrase, "da haben wir nichts mitzureden und mitzuentscheiden" ist eine Aussage, die Gift ist für eine lebendige Demokratie, die lebt nämlich davon, dass alle mitreden dürfen und keiner ausgeschlossen werden darf.