Dieses "wenn zwei das gleiche tun, ist das noch lange nicht dasselbe" ist doch gang und gäbe und wird einem bis in die Regierungsspitze vorgelebt.
"Wenn es einem Leibeigenen im Mittelalter gelang vom Hof des Grundherrn in eine Stadt zu flüchten und dort ein Jahr lang zu überleben, dann galt er als frei. Daher rührt der Spruch „Stadtluft mach frei!“"
https://albrecht-duerer-gymnasium.de/?p=319#:~:text…t%20mach%20frei!
Damit ist der Zwist doch erst mal vorprogrammiert. Regieren, freie Entscheidungen treffen, bestimmen, wo es lang geht, das tun die Städter. Und die sind stolz drauf, dass sie "frei" sind. Im Mittelalter war das frei von einem Grundherren, dessen Leibeigene die Bauern waren. Und heute?
Die Leibeigenschaft ist abgeschafft, aber gebunden sind die Bauern doch, nämlich an Grund und Boden, den es zu bewirtschaften gilt. Und an die Kühe im Stall, die jeden morgen gemolken sein wollen. In mehreren Interviews mit Landwirten, die in den letzten Tagen gesendet wurden, wurde das überdeutlich herausgestellt. Da war dann oft von einer "Rund um die Uhr" Berufstätigkeit (24/7) die Rede.
Freilich wurde von den interviewten Bauern immer gleich betont, man wolle das so, es sei zwar auch eine Last, aber die trage man gerne. Und dann wird oft hinterhergeschoben: "Wenn bloß nicht diese blöde Bürokratie immer weiter zunähme. (Zwischen den Zeilen: Die sich von den Leuten in den Städten ausgedacht wird, die von der Landarbeit keine Ahnung haben.)"
Da werden viele Städter "weich", bedauern die Bauern und finden es okay, wenn sie mal ein paar Tage die Straßen blockieren.
So beschimpfte "Klimakleber" dagegen genießen einen viel schlechteren Ruf. Dass es ihnen ums Klima geht, nimmt ihnen fast keiner ab. Denn mit dem, was sie fordern, könne man ohnehin nichts ändern am Klimawandel. Und überhaupt: Viele bezweifeln ganz grundsätzlich, dass so was wie ein Klimawandel stattfände, oder halten es für ausgeschlossen, dass man z. B. durch eine Verringerung der Kohlendioxidemissionen oder einer Verkehrswende daran etwas ändern könne. Und arbeiten tun die ja auch nicht, diese "Klimakleber", sonst hätten sie ja keine Zeit für solche Aktionen. Auch so ein Vorurteil, dass gegenüber den demonstrierenden Bauern weniger verbreitet ist.
Was ein*e Stadtbewohner*in über das Leben auf dem Lande weiß, das hat sie*er im Kindergarten gelernt. Hier einige Zitate:
"Im Märzen der Bauer
Die Rößlein einspannt (...)
Er ackert, er egget
Er pflüget und sät
Und regt seine Hände
Gar früh und noch spät (...)
Auch pflegt er die Bäume
Mit edlerem Reis
Und spart weder Arbeit
Noch Mühe noch Fleiß (...)"
Und dass diese riesigen Trecker da irgendwie überhaupt nicht zu passen? Geschenkt. Der Bauer muss ja doch bald wieder zurück zu seinem Vieh und den Boden bestellen, und die Straßen freigeben.