Was kaum jemand weiß:
Anders als etwa in den Niederlanden wurde der Aufstieg KPHs zur europäischen Radlerhochburg vor kaum 10 Jahren begonnen.
"Vor nicht allzu langer Zeit war die dänische Hauptstadt noch unbekannt im internationalen Ranking der Fahrrad-Metropolen, weit abgeschlagen hinter der ewig und weltweit führenden "Fiets"-Hochburg Amsterdam und anderen Kommunen der fahrradbegeisterten Niederlande, in den vergangenen acht Jahren aber hat sie sich nach vorn gearbeitet."1
Was viel mehr auffällt als das hier im Thread diskutierte Verhalten der Autofahrer in KPH:
Das Verhalten der Radfahrer. - Schon allein, aber nicht nur, weil es viel mehr sind als Autofahrer.
Niemand fährt rüpelig, niemand! witscht "noch schnell" an einem an der Haltestelle haltenden Bus vorbei, niemand radelt Geister, niemand fährt auf dem Bürgersteig, niemand nimmt Fußgängern die Vorfahrt. Das Höchste, was die Coolness einigen jungen oder "junggebliebenen" radfahrenden Männern abverlangt, oder, anders ausgedrückt, in einem Akt der Toleranz und der Nicht-Diskriminierung dem von Natur aus leicht zum Asozialen neigenden männlichen Radfahrverhalten zubebilligt wird, ist das Nichtanzeigen des Abbiegens.
Der Radfahrer im Allgemeinen ist dort kein "besserer" Mensch. Er sieht sich nicht als "Biker", der meint, sich aufgrund seines "Besserseins" (sei es wg. weniger Umweltverschmutzung, sei es wg. geringerer Gefährdung anderer, etc pp) Sonderrechte einräumen zu dürfen.
Diese in Dk unter den Radlern vorherrschende Sichtweise trägt viel zur Versachlichung in der Auseinandersetzung Kraftfahrer <-> Radler <-> Fußgänger bei.
"Die Zweiteilung des Verkehrs ist in Kopenhagen unbekannt. Helle Søholt, Geschäftsführerin des Architekturbüros Gehl ["Copenhagenize"], kann bei ihren Beratungen in Europa und Übersee stets auf einen psychologischen Vorteil Kopenhagens verweisen:
"Bei uns fühlt sich niemand als Biker, wir haben ein überaus pragmatisches Verhältnis zum Radfahren, es ist seit Langem Teil unserer Kultur. In allen Schichten und Altersklassen.""1
Interessant ist auch ein Blick auf die sog. Separation, die bekanntlich zu den Erfolgen in KPH und anderswo führt.
"Der Verkehrszähler an der Nørrebrogade, einer wichtigen Einfallstraße ins Stadtzentrum, kommt auf rund 35.000 Radler pro Tag – ein Wert, den der Autoverkehr selbst in Millionenstädten wie Berlin nur auf wenigen Hauptverkehrswegen erreicht."1
" ... Mehr noch, weil nach und nach der Autoverkehr von den großen Einfallstraßen verdrängt werde. Heute schon von jener Nørrebrogade mit den 35.000 Fahrrädern pro Tag aus dem Norden, die abschnittweise – abgesehen von Bussen – für den Kraftverkehr ganz gesperrt wurde. Als Nächstes ist die Amagerbrogade dran, die große Achse in Richtung Süden. "Warum lässt man die Autos nicht dort und verlegt den Fahrradverkehr auf die kleineren Nachbarstraßen?", fragt Automobilfunktionär Kudsk, ..."1
Der Arme, auch nur ein Opfer der Ökonomie, kann einem fast Leid tun.
Der MIV wird sukzessive durch die Separation in die Nebenstraßen gedrängt. Nicht aus ideologischen Gründen. Nein, sondern weil KPH sich für Separation entschieden hat. Das System ist derart erfolgreich, dass die ökonomischen Zwänge der Strassennutzung im Stadtverkehr, also der Vergleich Personenumsatz/Zeit/km, deutlich zugunsten des Radverkehrs ausschlägt. So muss aus stadtverkehr-ökonomischen Gründen dem Radverkehr immer weiter stark zunehmend Platz vom MIV, nun auch schon Hauptachsen, umgewidmet werden.
1 Die Zitate stammen aus dem lesenswertem "Die Welt" Artikel: Radwechsel