Beiträge von mgka

    Ne, wir ändern jetzt einfach den rechtlichen Inhalt von VZ237, VZ240 sowie VZ241 und streichen die Benutzungspflicht komplett. Dann können die Behörden weiterhin ihrer systematischen Verweigerung frönen, allein, es interessiert schlicht niemand mehr.
    Und wenn sie doch meinen, dass es mit dem Radverkehr auf der Fahrbahn problematisch werden könnte, dann haben sie ja die Möglichkeit, dieses Problem beim Schopf zu packen und die Ursachen zu bekämpfen, anstatt mit rechtswidrigen Methoden an den Folgen herumzudoktern.

    Das Schilderchaos haben wir heute schon, und was wir ganz, ganz sicher nicht brauchen, sind weitere Verkehrszeichen, deren Inhalt weder die Behörden noch die meisten Verkehrsteilnehmer kennen.

    Weg mit der Benutzungspflicht aus der StVO und gut. Und natürlich regelmäßige Verbreitung dieser neuen Regel: es gibt grundsätzlich nur ein Benutzungsrecht von Radwegen, aber nie eine Pflicht.

    Ich war da zuletzt nur noch selten, und wenn dann via Google Groups. Letztere sind aber seit Februar quasi tot, weil es dort keine Updates mehr gibt und man auch nichts mehr posten kann.

    Ich denke, die strikte Beschränkung auf die unmittelbare Nachbarschaft der Anwohner soll Popularklagen vermeiden, die das deutsche Verwaltungsrecht ja explizit ausschließt.
    Nicht sehr sinnvoll, aber man könnte ja nun schauen, dass man sich in Straßenzügen geschickt zusammenschließt und Anträge stellt, welche in Klagen münden können, am besten mit „besonders betroffenen“ Personen wie Rollifahrern.

    Warum besonders betont wird, dass die Behörden auch „priorisieren“ dürfen, verstehe ich sowieso nicht, das ist doch ohnehin Teil des ihnen zugestandenen Ermessens. Und wie „gut“ das funktioniert, sehen wir ja seit mehr als 25 Jahren bei den Benutzungspflichten… :rolleyes:

    Das unterschiedliche Bedingungen für die Anordnung von Benutzungspflichten innerorts und ausserorts rechtswidrig sind.

    Zumindest, dass man keine unterschiedlichen Maßstäbe ansetzen kann. Und eigentlich ist ja allein die in § 45 Abs. 9 S. 1 StVO genannte Hürde wahrlich hoch genug:

    Zitat von § 45 Abs. 9 S. 1 StVO

    Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist.

    Außerorts wird ja immer so getan, als gäbe es

    1. "besondere Umstände" und
    2. eine "zwingende Erforderlichkeit"

    für eine Benutzungspflicht, sobald man da einen Weg neben die Fahrbahn gebaut hat. Eine Begründung und Abwägung findet gar nicht statt. Die müsste ja auch beinhalten, dass man vor dem Bau des Weges hätte doch eigentlich auch schon einschreiten müssen. Aber dann hätte es ja den "richtigen Verkehr" getroffen, und das wollte man ganz sicher nicht!

    Da bin ich ja ganz bei dir.

    Mir klingen immer noch die Worte von der Vorsitzenden Verwaltungsrichterin während meines erstens Verfahrens gegen eine Benutzungspflicht in den Ohren. Da hatte sich die Beklagtenvertreterin (ihres Zeichens Anwältin der bayerischen Landesanwaltschaft) darüber beschwert, dass Radfahrer ja soviel gegen die Benutzungspflichten klagen.

    Da sagte sie sinngemäß: "Solange den blauen Radwegschildern eine Benutzungspflicht innewohnt, ist eine Klage dagegen grundsätzlich zulässig. Und das wissen Sie ganz genau". Das war natürlich das genaue Gegenteil von dem, was die gute Damen vom Gericht hören wollte.

    Seitdem sind übrigens ziemlich genau elf Jahre vergangen. Hat sich seitdem viel geändert? Nicht dass ich es bemerkt hätte. Die Steigung der Lernkurve bei den Straßenverkehrsbehörden ist halt so flach wie die norddeutsche Tiefebene (ich wiederhole mich...).

    Das werden die Gemeinden an der StVO kritisieren, dass sie nicht einfach so tun und lassen können was sie wollen.

    Dann sollen sie schauen, dass mit den blauen Verkehrszeichen kein Benutzungszwang mehr verbunden ist.

    Tipp: dafür sind Bundesregierung und Bundesverkehrsministerium zuständig, also mal ran an die richtigen Gremien.

    Die meisten Gemeinden, die sich über die StVO beschweren, würden vermutlich vor allem kritisieren, dass die Anordnung solcher "Radwege" einfacher möglich sein sollte.

    Die Anordnung, welche ziemlich sicher nicht vor dem Verwaltungsgericht landen wird, steht in Randnummer 38a zu § 2 StVO in den VwV-StVO. Ganz easy-peasy.

    Es gibt da ja den alten Sponti-Spruch "Wenn Wahlen was ändern würden, wären sie längst verboten!". Auf dem Gebiet der Verkehrspolitik gilt entsprechend der zynische Satz "Wenn die Aufhebung der allgemeinen Benutzungspflicht umgesetzt worden wäre, wäre sie schon längst wieder zurückgenommen worden."

    Tatsächlich? Nachdem ja ein Großteil der Radfahrenden bei jeder sich bietenden Gelegenheit von der Fahrbahn irgendwohin flüchtet, während den allermeisten Leuten auf dem Rennrad die Benutzungspflicht am Allerwertesten vorbeigeht - was würde sich denn ändern? Exakt gar nichts!

    Aufgrund Art.19 GG ( Rechtsstaatsgebot) darf die Behörde nicht einfach rechtswidrige Anordnungen erlassen.

    Tja, erzähle das mal dem Gemeinderat von kleinen Kommunen, die oftmals auch über verkehrsrechtliche Anordnungen per Mehrheitsbeschluss entscheiden. Schon mangels Ermessensausübung dürfte solch ein Beschluss rechtswidrig sein (und daher müsste sich der Bürgermeister weigern, einen solchen auch umzusetzen).

    Sooo neu ist die Sache doch überhaupt nicht.

    Das "Problem" für die Kommunen heutzutage ist, dass Straßenverkehrsrecht Recht des sog. "übertragenen Wirkungskreises" ist. Das heißt: es ist Bundesrecht, das die unteren Straßenverkehrsbehörden vollziehen müssen, ohne irgendwie groß Gestaltungsspielraum zu haben (höchstens im Rahmen von Ermessenausübungen, welche ja aber bekanntermaßen selten stattfinden). Die übergeordneten Straßenverkehrsbehörden sind sogar weisungsbefugt, können also z.B. selbst für Straßen im Eigentum der Gemeinde Dinge auf Basis der StVO anordnen, ohne dass die Gemeinde in ihren Rechten verletzt wäre (also kein Verstoß gegen die kommunale Selbstverwaltung!). Ein Klage der Kommune dagegen ist bereits unzulässig, weil es bereits an einer entsprechenden Voraussetzung (mithin Zulässigkeit) fehlt, Urteil als Beispiel. Oder anderer Fall, welchen das VG München zu entscheiden hatte. Der Darstellung in dem Presseartikel ist unvollständig, denn auch hier war die Klage bereits unzulässig, allerdings hat die Kammer dann doch auch etwas zur Begründetheit gesagt (fehlende Voraussetzung nach § 45 Abs. 9). Ich kenne das Urteil, finde aber grad das Aktenzeichen nicht bzw. dürfte es ca. zehn Jahre alt sein und ist daher mittlerweile aus der Urteilsdatenbank des Freistaats verschwunden.

    Welche Strategie müssen die Gemeinden also fahren? Sie müssen schauen, dass sie die Sache aus dem übertragenen Wirkungskreis in den eigenen bringen. Letzterer betrifft u.a. das Bau- und Planungsrecht. Wenn also ein einheitliches Konzept für den Bau von Verkehrswegen (was freilich im wesentlichen nur für Gemeindestraßen funktionieren wird, aber nicht für größere Straßen, wo meist der Landkreis das Sagen hat - Ausnahme hiervon sind höchstens Großstädte) erstellt und im Gemeinderat beschlossen wird, dann könnte das funktionieren. Dabei geht es aber dann im wesentlichen doch um die Frage, wie Flächen auf verschiedene Verkehrsarten aufgeteilt werden. Da hat sich ja spätestens mit dem Aufkommen von "Protected Bike Lanes" in jüngster Vergangenheit doch schon der ein oder andere (Rechts-)Streit entzündet. Und diese Bike Lanes werden ja nur durch Aufstellen eines blauen Lollies dazu (was allerdings eben immer auch die Benutzungspflicht beinhaltet).

    Bei baulichen Radwegen ist das aus meiner Sicht aber anders: denn neben dem Straßenverkehrsrecht gilt ja grundsätzlich für alle behördlichen Entscheidungen, dass diese sich - gerade wenn sie in die allgemeine Handlungsfreiheit eingreifen - an das grundsätzliche Übermaßverbot halten müssen. Wenn man in einem solchen Bebauungsplan bauliche Radwege vorsieht, so heißt das noch lange nicht, dass diese auch benutzungspflichtig sei müssen, denn die Benutzungspflicht muss ja im Rahmen der Ermessensabwägung auch erforderlich sein. Das dürfte bei so gut wie keinen Gemeindestraßen zutreffen.

    Allerdings dürften halt den wenigsten Gemeinderäten diese feinen Unterscheidungen in diesem Umfang klar sein.

    Dann können wir uns also bald auf Rechtsprechung zu diesem Thema freuen?

    Ich weiß ja jetzt nicht, was du noch über diese (letztinstantlichen) Urteile hinaus für Rechtsprechung erwartest:

    Damit sind wesentliche Grundlagen für die Anfechtung von Radwegebenutzungspflichten (oder auch Radfahrverboten) vorhanden, und genau auf diese berufe ich mich bei meinen Verfahren immer. Manche dieser Verfahren schaffen es sogar mal in die örtliche Presse, die meisten werden aber mittlerweile eher geräuschlos zu Ende gebracht.

    • Meine erste Klage hat es damals in die Süddeutsche Zeitung geschafft. Das ist sogar außerorts, aber selbst nach der Rechtsänderung 2016 wird da ziemlich sicher die Benutzungspflicht nicht mehr zurückkehren. Gerade heute wieder dort mit dem Rennrad unterwegs gewesen, völlig problemlos auf der Fahrbahn.
    • Eine weitere Klage, die pressewirksam zu Ende ging. Auf dieser Straße verkehren täglich vielleicht 300 Fahrzeuge. Die Polizei war übrigens im Vorfeld schon befragt worden und hatte der Gemeinde die Aufhebung der Benutzungspflicht sogar nahegelegt!
    • Das hier (Paywall) war eine Klage von simon, da haben sich aufgrund der langen Verfahrensdauer von mehr als drei Jahren weder das Gericht noch die beklagte Stadt Burghausen mit Ruhm bekleckert. Im wesentlichen ging es um Benutzungspflichten in 30er Zonen, die ausnahmslos rechtswidrig sind. Ich hatte in derselben ostbayerischen Ecke eine Benutzungspflicht in Garching/Alz beklagt (auf eine erste Email meinerseits folgte das große Schweigen im Walde vonseiten der später Beklagten), das stand auch in der PNP (ebenfalls Paywall).

    Derzeit zumindest noch nicht vollständig abgeschlossen - zum Teil ist über die Kosten noch nicht abschließend entschieden - sind diese Verfahren:

    • Erneute Klage gegen die Landeshauptstadt München wegen einer mittlerweile vollständig aufgehobenen Benutzungspflicht am Odeonsplatz als Folge von Simons Klage im Jahre 2020: hier habe ich (u.a.) wegen einer völlig abwegig begründeten Kostenentscheidung Verfassungsbeschwerde zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof und zum Bundesverfassungsgericht erhoben. Die Bayern haben mir vor einigen Wochen mitgeteilt, dass es dazu in absehbarer Zeit eine Entscheidung geben wird.
    • Klage gegen eine Benutzungspflicht in Münsing (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen), die zunächst in 2. Instanz eskaliert ist, nachdem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das teilweise ablehnende Urteil des VG München im Rahmen der Zulassung zur Berufung wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit kassiert hatte. Das Verfahren war in der Zwischenzeit von der Landesanwaltschaft Bayern übernommen worden, welcher dann vom Verwaltungsgerichtshof ein doch recht deutlich formuliertes Schreiben zugestellt wurde - daraufhin ist der Freistaat von sich aus eingeknickt und hat die kläglichen Reste der dortigen Benutzungspflicht dann doch lieber schnell aufgehoben. Allerdings zieht sich die Rückzahlung der Kosten ein wenig, obwohl der Freistaat Bayern alle Kosten des Verfahrens - also beider Instanzen - auferlegt bekommen hat.
    • Klage vor dem VG München gegen ein offensichtlich rechtswidriges VZ 205 in Schongau. Derzeit warte ich da auf die Terminierung der mündlichen Verhandlung.
    • Klage vor dem VG Augsburg gegen eine sinnlose Benutzungspflicht in Vöhringen (Landkreis Neu-Ulm).
    • Klage vor dem VG Augsburg gegen eine sinnlose Benutzungspflicht in Illertissen (Landkreis Neu-Ulm). Das war bis vor ca. einem Jahr dort eine 30er-Zone, dann hat man die Stadt Illertissen wohl darauf gestoßen, dass das mit einer Benutzungspflicht unvereinbar ist, also hat man jetzt ein 30-er Schild (Einzelanordnung) aufgehängt. Aber nachdem das eine Sackgasse mit minimalem Verkehr ist, fehlt es halt immer noch an der tatbestandlichen Voraussetzung für eine Benutzungspflicht. Mithin wäre es 100x sinnvoller gewesen, die Benutzungspflicht aufzuheben und die 30-er Zone beizubehalten.
    • Widerspruch mit sich anschließender Klage vor dem VG Karlsruhe wegen einer völlig abstrusen Benutzungspflicht in der Gemeinde Keltern (Enzkreis, Baden-Württemberg). Der Widerspruch wurde schlicht und ergreifend nicht bearbeitet, was das Verwaltungsgericht nach Klageerhebung alles andere als gut fand. Auch die vom Enzkreis erhobene Forderung, den Streitwert des Verfahrens von 5.000 € signifikant zu senken, blieb unerhört. Dem Enzkreis (mithin dem Land Baden-Württemberg) wurden vom Gericht sämtliche Kosten in voller Höhe auferlegt. Mittlerweile ist das ganze blaue Geraffel rückstandsfrei entsorgt, ein Großteil der Kosten ist zurück, aber noch nicht alles.
    • Widerspruch gegen eine Benutzungspflicht in Blaubeuren (Alb-Donau-Kreis) in einer 30er-Zone / Sackgasse. Das ist noch nicht durch, aber was wollen sie bei einer 30-er Zone schon machen?

    Ansonsten noch mindestens ein Antrag auf Neuverbescheidung gegen die Landeshauptstadt München, dem dieser Tage noch ein zweiter folgen wird.

    Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit ;).

    Also so Leuten wie Burkhard Stork (ex-ADFC-Bundesgeschäftsführer) war dieser fataler Nebeneffekt durchaus bewusst, aber der musste halt wegen des Radweg-Radweg-Radweg-Credos seiner Ansicht nach hingenommen werden, denn ohnehin klagen ja nur Spinner gegen die Benutzungspflicht.

    Aber Burkhard war das sowieso als bekennender NIcht-Radfahrer alles egal.

    Tja, das könnt Ihr dann ja dem Richter erzählen.

    Keine Angst, zusammen mit simon mache ich das jetzt immer häufiger, und in den allermeisten Fällen auch mit Erfolg. Zur Nachahmung dringend empfohlen!

    Allerdings muss man damit rechnen, dass die Steigung der behördlichen Lernkurve in dieser Sache nur ein ganz kleines bisschen größer als null ist.

    Jaja, da wird in aller Regel ganz viel unterlassen, meistens übrigens eine Ermessensabwägumg bzw. Begründung in der verkehrsrechtlichen Anordnung für die Benutzungspflicht, so eine solche überhaupt je schriftlich vorliegt.