Ich schwanke die ganze Zeit zwischen westlicher Sicht und russischer Sicht.
Erstere ist recht simpel: es gilt Bündnisfreiheit und die Nato hat Russland in den letzten 30 Jahren mWn nicht bedroht. Also lässt man sich einfach in Ruhe und gut ist's.
Die russische Sicht ist schwieriger. Das Land war Bestandteil der UdSSR und damit eine der beiden Supermächte des kalten Krieges. Damals bestimmte das Land die Weltpolitik. Mit dem Zusammenbruch der UdSSR wurde aus der Supermacht ein besseres Entwicklungsland. Das Land stand 2020 auf Position 66 des BIP pro Kopf. Mit Tendenz zum schlechteren. Dementsprechend wird es politisch ziemlich stark ignoriert. Und der ehemalige (?) Feind, die NATO, hat inzwischen Bündnispartner direkt an der eigenen Landesgrenze.
Diese ominöse Zusage eines Verzichts auf eine Nato-Osterweiterung ist mMn auch keine Erfindung. Da wird es irgendwas auf mündlicher Ebene gegeben haben. Wie verbindlich es war, weiß ich nicht. Ist im Grunde auch egal. Wenn man gegen jemanden hetzen möchte, findet man immer Gründe.
Aktuell hat das Land keine großen Perspektiven: es kommt wirtschaftlich einfach nicht vom Fleck. Eher im Gegenteil. Dementsprechend geht es den Menschen immer schlechter.
Die ehemalige Supermacht ist gedemütigt. Und jetzt schaut die Welt bei der nächsten Blamage zu: ein ziemlich mieser Feldzug gegen die Ukraine. Vor diesem Krieg haben vermutlich die meisten hier gedacht, dass Putin in 1 Woche in Berlin stehen könnte, wenn er es nur wollte. Das ist wohl vorbei.
Diese Situation ist ein Problem. Denn wie wir aus der eigenen Geschichte wissen, sind gedemütigte Länder manchmal gefährlich.
Ich habe keine Ahnung, wie man aus der aktuellen Situation herauskommen kann. Schön ist sie aber für beide Seiten jedenfalls nicht.
Wichtig: Gründe für den Krieg zu verstehen, heißt nicht, ihn auch gut zu heißen!