Beiträge von Malte

    Nun ist man ganz betrübt, denn der Verkehr geht zurück, doch Corona-Effekt bleibt aus

    Ich habe mal kurz nachgeschaut und die Kurve zeigt meines Erachtens einen recht eindeutigen Trend: 84 µg/m3 am 11. April 2018 um 11 Uhr, 97 µg/m3 am 10. April 2019 um 11 Uhr, 44 µg/m3 am 8. April 2020 um 11 Uhr

    Dass wir auch bei einem deutlich geringeren Verkehrsaufkommen die Grenzwerte nicht von oben herab erreichen können, liegt wohl einfach an dem erhöhten Verkehrsaufkommen an dieser mehrstreifigen Hochstraße und der ungünstigen, einen Kanal-Effekt begünstigenden Bebauung. Ich finde, man kann die Effekte des gesunkenen Verkehrsaufkommens durchaus erkennen.

    Aber wenn Rad- und Fußverkehr auch in einer Stadt im Klimanotstand ständig unter den Tisch fallen, dann sollten wir uns vielleicht nicht wundern, wenn sich der Radverkehr, wie im eingangs erwähnten Artikel der Kieler Nachrichten bemängelt, tatsächlich seinen Weg sucht. Den Theodor-Heuss-Ring, der hier teilweise als Hochstraße auf einer Art Damm verläuft, kann man tatsächlich nur an einer recht übersichtlichen Anzahl Kreuzungen queren. Man fährt also entweder brav vom Baumarkt oder Supermarkt erstmal eine ganze Weile in der vorgeschriebenen Fahrtrichtung, um dann an einer geeigneten Kreuzung mit schlecht aufeinander abgestimmten Ampelphasen für nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer zu wenden — oder man fährt einfach auf der falschen Seite.

    Wieder ein halbes Jahr später:

    Nachdem mir die Straßenverkehrsbehörde nicht antworten mag, habe ich mal auf Twitter nachgefragt:

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    Ich weiß, man soll nach solchen Unfällen niemals die Drunterkommentare in den gesellschaftlichen Netzwerken konsumieren. Ich finde es aber interessant, dass sich in Zeiten wie diesen die Drunterkommentare bei Abendblatt und Morgenpost leicht geändert haben: Zusätzlich zu dem üblichen „Radfahrer halten sich eh nie an die Regeln und fahren immer über rote Ampeln“-Narrativ gesellt sich nun die Erkenntnis, dass LKW-Fahrer ja systemrelevant wären und Radfahrer schon deshalb auf ihre Vorfahrt verzichten müssten.

    Angeblich soll es sich bei der getöteten Frau um eine Mitarbeiterin des UKE handeln, was den ganzen Hass der Drunterkommentatoren auf eine ganz harte Probe stellen würde:

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    Das mag aus betrieblicher Sicht in Ordnung sein, zumal auch der Nahverkehr momentan beinahe leer durch die Gegend zu fahren scheint, allerdings wundere ich mich schon, warum diese Maßnahme gleich bis Anfang Juni gelten soll.

    Ah, aufgrund der Coronakrise befürchtet die Regionalbahn Schleswig-Holstein, dass für die grünen Züge keine Ersatzteile geliefert werden könnten und fährt daher vorsichtshalber das Angebot herunter: Ersatzteilmangel wegen Corona: Bahn halbiert Zuglängen zwischen Hamburg und Neumünster

    Ist ja echt irre, dass wir uns hier seit Jahren einen Nahverkehr leisten, der auseinander fällt, wenn nicht permanent Ersatzteile reingestopft werden.

    Tödlicher Unfall am Lattenkamp: Beim Abbiegen übersehen? Lkw überrollt Radfahrerin

    Der Unfall hat sich hier zugetragen. Bei Mapillary gibt es aktuelleres Bildmaterial, bei dem schon die Umbaumaßnahmen von vor ein paar Jahren zu sehen sind.

    Der genaue Unfallhergang steht noch nicht fest, in der Presse wird schon auf „Übersehen“ abgestellt. Das ist an dieser Stelle interessant, weil die vorgezogenen Haltlinien für Radfahrer in Kombination mit Fahrrad- oder Schutzstreifen bei Planungen immer als ganz besonders sicher gelten.

    Edit: Beim Abendblatt gibt es noch einen Artikel, aber kaum weitere Informationen, außer dass die Frau noch zehn Meter mitgeschleift wurde: Lkw erfasst Radfahrerin an der Bebelallee

    Ich habe eben noch mal eine kleine Runde durch die Stadt gedreht unter Berücksichtigung sämtlicher Vorsichtsmaßnahmen.

    Es ist echt sonderbar. Die Fahrbahnen sind teilweise leer, da fährt mitunter an vierstreifigen Straßen minutenlang kein Auto, wo man sonst zu Fuß aufgrund des starken Verkehrsaufkommens überhaupt nicht mal ansatzweise die Fahrbahn queren kann. Weil die Leute aber momentan nicht mit dem Auto aus der Stadt fahren, sind plötzlich die untermaßigen, teilweise zugeparkten Gehwege rappelvoll. Und weil momentan nicht nur Geschäfte, sondern auch Cafés und Restaurants größtenteils geschlossen sind, verlagert sich das Geschehen plötzlich an ganz andere Orte, die für diesen Andrang gar nicht ausgelegt sind.

    Hinzu kommt, dass Spielplätze, aber je nach Land und Stadt auch Parks plötzlich geschlossen sind. Kinder brauchen aber nunmal Spiel und Bewegung, da hilft nunmal auch keine Allgemeinverfügung, also finden Spiel und Bewegung plötzlich entweder auf ebenjenen untermaßigen Gehwegen statt oder auf Plätzen, die ohnehin schon überfüllt sind. Ich fürchte, all das wird sowieso dazu führen, dass in den Landesregierungen Ansatzpunkte für eine weitere Verschärfung des Kontaktverbotes gefunden werden, anstatt endlich mal vierstreifige Fahrbahnen, die momentan quasi an den Wochenenden ungenutzt brachliegen, als Lebensraum für Menschen freizugeben.

    Am Hamburger Klosterstern kollidierten ein Kraftfahrzeug und eine Radfahrerin: Radfahrerin (35) kollidiert am Klosterstern mit Pkw

    Viel mehr lässt sich allerdings der MOPO-Meldung nicht entnehmen, eine Meldung in der Polizeipresse habe ich bislang noch nicht gefunden.

    Die Google-Streetview-Aufnahme ist schon lange nicht mehr aktuell, aber angesichts des Fotos in der MOPO tippe ich mal auf ein „Überseh“-Manöver, bei dem die Radfahrerin bis in die Fahrbahnmitte katapultiert wurde?

    Traditionen müssen auch schwierige Zeiten überdauern: Auch wenn auf dem zum Parken freigegebenen Gehweg noch genügend Platz ist, stellt man sich lieber auf den linken Fahrstreifen:

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    Und es wird noch unübersichtlicher: Der ADFC rät von langen Radtouren ab mit der Begründung, dass „lange Radtouren“ momentan „nicht erwünscht“ sind. Leider gibt ADFC-Rechtsreferent Roland Huhn nicht preis, wer denn hier genau etwas wünscht, sondern bezieht sich nur recht allgemein auf die Erlaubnis in den verschiedenen Bundesländern, die ja bekanntlich eher unterschiedlich ausgestaltet sind.

    Das Thüringer Verkehrsministerium hingegen empfiehlt Radfahren in Corona-Zeiten, wobei in dem Artikel freilich keine lang ausgedehnten Radtouren angesprochen werden, sondern eher das Rad für die täglichen Wege für Besorgungen empfohlen wird. Insofern besteht da auch gar kein Widerspruch zur Position des ADFC.

    Nebenan in Sachsen will man offenbar Bürger bewusst im Vagen lassen, dort gilt angeblich ein ominöser Fünf-Kilometer-Radius für Spaziergänge und Ausflüge, bei dem auch keiner weiß, worauf der begründet wird.

    Ich empfinde momentan eine ganz große Unsicherheit, was ich als einfacher Bürger jetzt darf oder nicht darf, weil ich momentan geradezu erschlagen werde von der Masse an Allgemeinverordnungen und Bußgeldern, die aber jeweils nur in einzelnen Bundesländern oder gar auf kommunaler Ebene gelten und dann mitunter auch nur für einen bestimmten Zeitraum und so weiter und so fort.

    Vor nicht einmal drei Wochen stellten wir fest:

    Malte: Joggen und radfahren ist beides ok.

    Ich empfinde Radfahren auch nach wie vor als im medizinischen Sinne unproblematisch. Irgendwie muss man nunmal raus, um Einkäufe oder Arzt- oder Bankbesuche zu erledigen, und ohne Auto kommt momentan quasi nur das Fahrrad in Frage. So genannte sportliche Betätigung, die ja im medizinischen Sinne zur Stärkung des Immunsystems und der Vorbeugung von Depressionen anscheinend immer noch angezeigt ist, kommt ja quasi nur Radfahren und Joggen in Frage, weil Fitnessstudios und Sportplätze nicht geöffnet sind.

    Für Schleswig-Holstein trat vor zwei Tagen eine weitere Ersatzverkündung in Kraft, die das Verhalten während der Coronakrise regelt: Ersatzverkündung (§ 60 Abs. 3 Satz 1 LVwG) Landesverordnung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Schleswig-Holstein (SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung – SARS-CoV-2-BekämpfV)

    Dort heißt es in § 2 Abs. 1 SARS-CoV-2-BekämpfV:

    (1) Reisen aus touristischem Anlass nach Schleswig-Holstein sind untersagt. Dies gilt auch für Reisen, die zu Freizeitzwecken, zu Fortbildungszwecken oder zur Entgegennahme von vermeidbaren oder aufschiebbaren Maßnahmen der medizinischen Versorgung, Vorsorge oder Rehabilitation unternommen werden.

    Da steht aber „Reisen aus touristischem Anlass nach Schleswig-Holstein“, nicht „in Schleswig-Holstein“. Ich befinde mich bereits in Schleswig-Holstein, will also die Landesgrenze weder in die eine noch in die andere Richtung überfahren. Allerdings folgt dann noch Satz 2, der das Verbot unter anderem auf Reisen zu Freizeitzwecken ausweitet. Nun bin ich mir unsicher: Ist das nur eine Verdeutlichung, das auch Freizeitfahrten ohne Beherbergung oder Schlauchboot im Gepäck unter den Begriff „Tourismus“ fallen oder geht es hier auch plötzlich um innerländische Fahrten, ohne dass diese explizit genannt werden? Da sich das Ganze unter der Überschrift „Reisen nach Schleswig-Holstein“ abspielt, neige ich zur ersteren Interpretation.

    Es gibt aber noch eine Begründung weiter unten auf der Seite zu § 2 SARS-CoV-2-BekämpfV:

    Zitat

    Reisen aus touristischem Anlass in das Gebiet des Landes Schleswig-Holstein sind untersagt. Dies umfasst keine Tagesreisen innerhalb des Landes und keine Ausflüge von geringem Umfang wie Spaziergänge und -fahrten.

    Das verstehe ich so: Innerhalb Schleswig-Holsteins kann ich erst einmal herumfahren wie ich lustig bin („Spazierfahrten“), sofern ich nicht mit anderen Absätzen der Verordnung kollidiere wie beispielsweise § 4 Abs. 1, der das Betreten von Inseln, Halligen und Warften mit Ausnahme von Nordstrand verbietet.

    Nur: Was ist nun wieder ein geringer Umfang? Bezieht sich das auf die Entfernung? Dann hätte man diese Entfernung ja in der Begründung nennen können. Die Entfernung ist aber unsinnig, denn ich kann ja einen Ausflug mit dem Auto ans andere Ende des Landes unternehmen, um dort im Wald spazieren zu gehen, und bin dort dem gleichen Infektionsrisiko ausgesetzt als wenn ich an den Stadtrand latsche und dort im Wald herumlaufe. Aber das klingt für mich so, als ob eine einfache Radtour alleine und unter Einhaltung der einschlägigen Abstandsregeln zu Fußgängern weiterhin einigermaßen unproblematisch sind — ganz unabhängig davon, ob ich jetzt zwanzig Kilometer zurücklege oder einhundert.

    In den einschlägigen Fahrradgruppen in den gesellschaftlichen Netzwerken gibt es seit Wochen quasi jeden Tag ein neues Diskussionsthema zu dieser Problematik und man geht sich dort teilweise so richtig schön verbal an die Gurgel. Die einen pochen auf den Verordnungstext und brechen zur Radtour auf, die anderen sehen das quasi als Verrat an der „Gesundheit des Volkskörpers“, eieieiei, und bitten sich eine Selbstverständlichkeit aus, dass man in Zeiten wie diesen doch Bitteschön zu Hause bleiben und die Wohnung nur zum Einkaufen verlassen möge.

    Und ich bin mir nach wie vor unsicher: Fahre ich jetzt morgen noch mal eine größere Runde, um nach einer Woche Teleheimarbeit mal wieder ordentlich an die frische Luft zu kommen?

    Zwei Neuigkeiten zum Brompton:

    In Großbritannien gab es ein Crowdfunding, um insgesamt eintausend Brompton-Räder für NHS-Mitarbeiter zu organisieren: Wheels For Heroes: Brompton Crowdfunds To Provide NHS Staff With 1,000 Bikes

    Und: Es gibt jetzt das so genannte Brompton B75 für 989 Euro: Das B75 ist da!

    Den Preis — normalerweise kostet das günstigste Brompton mindestens dreihundert Euro mehr — kauft man sich mit einer sehr einfachen Grundausstattung von vor zwei Jahren und begrenzten Wahlmöglichkeiten hinsichtlich Zusatzausstattungen ein:

    [quote]Das B75 hat den originalen, "alten" M Lenker, der in den Rädern vor 2017 verbaut wurde, sowie die Schalt- und Bremshebel der vorigen Generation - die wir persönlich übrigens sehr schätzen. Es verzichtet auf Schutzbleche und Faltpedal, Pentaclip und Licht. Es kommt serienmässig mit 3 Gängen und 44Z Kettenblatt - und ist ausschließlich in der (wunderschönen) Farbe Water Blue erhältlich.[/url]

    Ein paar Erweiterungen lassen sich dazukaufen. Vielleicht ist das ja für den einen oder anderen interessant.

    Der ADAC sich gestern in der Verantwortung gesehen, angesichts des Frühlingsbeginns die obligatorische Pressemitteilung mit li-la-lustiger Überschrift zu verschicken: Auf das Fahrrad, fertig, los! Frühlingswetter lockt viele aufs Fahrrad: Diese Regeln gelten für Radfahrer

    Als regelkundige Verkehrsteilnehmer schütteln wir über die Liste der zu beachtenden, aber arg verkürzten Verkehrsregeln natürlich nur den Kopf und stellen fest, dass sich die Komplexität der fahrradrelevanten Regelungen wohl tatsächlich nicht sinnstiftend in verkürzter Form wiedergeben lässt. Dann gibt’s aber auch noch einen Absatz über Radfahrer und Fußgängerüberwege. Die Problematik lässt sich in verschiedenen Formen wiedergeben und eine der schlechteren klingt dann so:

    Zitat

    An Zebrastreifen müssen Autofahrer Radfahrern nur Vorfahrt gewähren, wenn sie absteigen und das Fahrrad schieben.

    Mich stört die aktive Formulierung des Satzes: Es wird aus der Windschutzscheibenperspektive beschrieben, wann man Radfahrern Vorfahrt gewähren muss. Die Formulierung lässt aber offen, was im Umkehrschluss passiert: Wenn Radfahrer nicht absteigen und schieben, muss man auch keine Vorfahrt gewähren und darf draufhalten.

    Eine andere Formulierung wäre beispielsweise folgende, die eventuelle Handlungsalternativen des Kraftfahrers gar nicht erst erwähnt und dementsprechend auch niemanden auf dumme Gedanken bringt:

    Zitat

    An Fußgängerüberwegen haben Radfahrer nur Vorrang, wenn sie absteigen und das Fahrrad schieben.

    Natürlich wird niemand mit einem Auto auf Radfahrer draufhalten, mag man jetzt entgegnen, aber nach meinen Erfahrungen leiten unübersichtliche Straßenstellen mit Fußgängerüberwegen und Fahrradfurten den Kraftverkehr durchaus an, theatralisch auf vermeintliche Regelbrecher zuzufahren, um dann im letzten Moment eine Vollbremsung hinzulegen und den sterbenden Schwan am Lenkrad aufzuführen.

    Und ich bin immer noch der Meinung, dass dieser ganze Kram mit kombinierten Fahrradfurten und Fußgängerüberwegen ohnehin eine Sache ist, die den normalen Verkehrsteilnehmer hinsichtlich der Bestimmung der Vorfahrtsbeziehungen vor erhebliche Probleme stellt. Es kapiert doch kein Mensch, in welchen Bereichen und welchen Fahrtbeziehungen hier § 8 StVO oder § 9 Abs. 3 StVO oder wenigstens § 1 StVO einschlägig sind.

    Als ich während meines Studiums vor ungefähr zehn Jahren in Wedel wohnte und hin und wieder in die Verlegenheit geriet, auf buckeligen, benutzungspflichtigen Radwegen zu fahren, kam ich hin und wieder mal an solchen Konstruktionen vorbei. Das war zufälligerweise auch die Zeit, in der der ACE problematische Pressemitteilungen zu diesem Thema verteilte und ihr könnt euch ja vorstellen, wie toll das Miteinander im Straßenverkehr funktionierte.

    „Aufgrund der aktuellen Situation“ verkehrt auf der Linie RE 7 nur ein jeweils Zugteil zwischen Hamburg und Flensburg, nach oder von Kiel muss in Neumünster umgestiegen werden. Das mag aus betrieblicher Sicht in Ordnung sein, zumal auch der Nahverkehr momentan beinahe leer durch die Gegend zu fahren scheint, allerdings wundere ich mich schon, warum diese Maßnahme gleich bis Anfang Juni gelten soll. Momentan wird hinsichtlich des Shutdowns bis zum 19. April geplant — dass sich der Termin nicht halten lassen wird, ist mir ja klar, aber gleich bis Anfang Juni das Angebot so sehr zu reduzieren? Puh.

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    In unmittelbarer Nähe zur Veloroute 10 wird seit ein paar Wochen gebaut und die Nähe zur Veloroute ist durchaus erwähnenswert, weil auch zu Nicht-Corona-Zeiten dort ein bemerkenswertes Radverkehrsaufkommen herrscht. Will sagen: Da kann man sich durchaus mal Mühe geben mit der Radverkehrsführung und der Absicherung der Arbeitsstelle.

    Vor ein paar Tagen sah es dann so aus. Ich denke mal, das geht besser, aber auch noch wesentlich schlechter:

    Für die Option „wesentlich schlechter“ entschied man sich zwei Tage später:

    Okay, was haben wir denn alles da? Zeichen 254 und 259, okay, dann jeweils ein laminiertes Schild mit „Geh- und Radweg gesperrt“, zwei Mal Zusatzzeichen 1000-12, „Fußgänger Gehweg gegenüber benutzen“ — und ein selbstgebasteltes Zusatzzeichen mit einem Fahrrad und einem Pfeil nach links.

    Wie schön: Es sind also mal wieder Norddeutsche „Der Radverkehr wird sich seinen Weg suchen“-Tage in Kiel. Die Bedeutung dieses kleinen Schildes darf ich mir nun selbst zusammenreimen: Soll ich links an der Absperrung auf der Fahrbahn vorbeifahren, muss ich dabei irgendwelche Lichtsignale beachten? Oder soll ich auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf dem linksseitigen Radweg weiterfahren, der in Ermangelung der notwendigen Beschilderung nicht dafür freigegeben ist?

    Oh, Mist, das war ja alles dreist gelogen — es gibt auf der anderen Seite ein einsames Zusatzzeichen 1022-10 „Radfahrer frei“ und ein umgedrehtes und teilweise abgeklebtes Zusatzzeichen 1000-11 „Richtung der Gefahrenstelle, linksweisend“. Mir war bei diesem Anblick aber tatsächlich nicht klar, ob mir die noch erkennbare geschwungene Form des Pfeils irgendwie mitteilen soll, dass ich in die für den Radverkehr freigegebene Straße einbiegen und einen 850 Meter statt 150 Meter langen Umweg bestreiten oder tatsächlich auf dem untermaßigen Radweg auf der falschen Straßenseite fahren soll, für den nach meinem Dafürhalten nach der Kreuzung ein weiteres Zusatzzeichen 1022-10 notwendig gewesen wäre. Das im Bild zu sehende Zusatzzeichen gibt nur die fünf Meter zwischen Schild und Querstraße frei.

    Ach, und beide Kreuzungsarme haben natürlich keine für den Radverkehr gültigen Signalgeber in dieser Richtung. Dafür lässt einen die Bettelampel schön erstmal zwei Strafminuten aufgrund der Behinderung des „echten Verkehrs“ absitzen. Wer meint, er könne sich auf dem Rad die zwei Minuten sparen, weil die Fußgängerampel eh nicht für Radfahrer gilt oder wer hier gerne auf die Fahrbahn einfahren möchte, hat aber seine liebe Not, weil sich die zurückliegende Straße überhaupt nicht einsehen lässt:

    Tatsächlich ist offenbar vorgesehen, sich auf diesem absolut untermaßigen Radweg zu begegnen, der für den Zweirichtungsverkehr überhaupt nicht geeignet ist. Der in der richtigen Richtung fahrende Radverkehr wird hier zwangsläufig bei Gegenverkehr auf den Gehweg ausweichen müssen und dort womöglich mit Fußgängern aneinander geraten. Das ist natürlich nicht erst seit der Implementierung so genannter Sicherheitsabstände in der Coronakrise eine blöde Sache:

    Blick in die andere Richtung: Sollen Radfahrer jetzt wieder die Straßenseite wechseln, natürlich wieder mit zwei Strafminuten an der Bettelampel, oder einfach weiter geradeaus bis zur nächsten großen Kreuzung fahren, weil jetzt eh alles egal ist und der Radweg sogar etwas breiter?

    In unmittelbarer Nähe zur Veloroute 10 wird seit ein paar Wochen gebaut und die Nähe zur Veloroute ist durchaus erwähnenswert, weil auch zu Nicht-Corona-Zeiten dort ein bemerkenswertes Radverkehrsaufkommen herrscht. Will sagen: Da kann man sich durchaus mal Mühe geben mit der Radverkehrsführung und der Absicherung der Arbeitsstelle.

    Es passiert das übliche: Der Radweg weicht unvermittelt einer Baugrube, die Straßenverkehrsbehörde schwankt zwischen „Der Radverkehr wird sich seinen Weg suchen“ und „man kann ja auch mal absteigen“ und im Endeffekt treiben renitente Radfahrer ungeschützte Fußgänger mit der Klingel vor sich her:

    Und wenn dann dunkelfarbige Baumaterialien mit einer lauschigen Warnbake als Absicherung auf dem Radweg abgestellt werden…

    … dann ist meines Erachtens der Weg zu § 315 Abs. 1 Nr. 2 StGB gar nicht mehr so ganz weit:

    Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

    1. Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
    2. Hindernisse bereitet oder
    3. einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,

    und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

    Im weiteren Verlauf gibt es dann zwar eine „Absicherung“ der Arbeitsstelle, die diese Bezeichnung allerdings nicht wirklich verdient, und mit der längs verlaufenden Bordsteinkante ein herrliches Unfallrisiko bietet, nicht nur bei Regen oder Dunkelheit. Vielleicht mal was für § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB?

    Für § 315b Abs. 1 Nr. 1 StGB gibt’s an dieser Arbeitsstelle auch noch ein tolles Beispiel. Es gab mal eine Zeit, in der laminierte Warnhinweise mit Kabelbindern mehrere Wochen vor dem Abbau von Fahrradständern angebracht wurden, aber nach meiner Kenntnis ist man von dieser Praxis wieder abgerückt. Wenn das Fahrrad während der Einrichtung einer unangekündigten Baumaßnahme im Weg herumsteht, hat man halt Pech gehabt.

    Das wurde wohl schon an mehreren Stellen im Stadtgebiet so praktiziert. Ein Teilnehmer der Critical Mass Kiel fand sein Fahrrad eines Morgens praktischerweise inklusive Fahrradständer im Straßenbegleitgrün liegen, beschwerte sich daraufhin bei den anwesenden Bauarbeitern und wurde angeblich gebeten, sich doch mal ein bisschen zu freuen, dass sein Fahrzeug nicht auf den Wertstoffhof verbracht wurde.

    Vielleicht könnte die Straßenverkehrsbehörde ja mal ein Auge auf diese Praxis haben.

    die Berliner Polizei scheint bei der Lektüre von §25 schon nach dem ersten Satz mit dem Lesen aufgehört zu haben

    Ich kann natürlich nachvollziehen, dass die Polizei keine Empfehlung abgeben kann, bei überfüllten Gehwegen einfach auf der Fahrbahn zu flanieren. Das verstehen einige nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer mal wieder ganz falsch und werden am Ende von Kraftfahrern angefahren, die ja momentan auch nicht gerade zimperlich unterwegs sind.

    Trotzdem habe ich bei solchen Aussagen immer wieder das Gefühl, dass an der Behauptung, als Polizeibeamter erlebe man den Straßenverkehr vor allem durch die Windschutzscheibe, müsse doch etwas dran sein. Selbst einmal kurz rüber zum Supermarkt bedeutet momentan zur Wahrung des Sicherheitsabstandes tatsächlich einen regelmäßigen Wechsel der Straßenseite oder das Warten auf Gegenverkehr im nächstbesten Vorgarten, weil auf den engen, zugeparkten Gehwegen einfach gar kein Platz ist. Das macht man zwei oder drei Tage lang, solange es noch ein bisschen witzig ist, aber dann läuft man wenigstens auf wenig befahrenen Straßen auf der Fahrbahn weiter.

    Das Problem kennt man natürlich nicht, wenn man nach Dienstende mit dem Kraftfahrzeug zum Supermarkt fährt.

    Die Angst einiger, das wäre jetzt der neue Superfaschismus und Beginn der dauernden Diktatur, ist aus drei Gründen hanebüchen: erstens sind gar keine neuen einschränkenden Gesetze verabschiedet worden, nur bestehende (sehr mild) umgesetzt worden, zweitens sind die Maßnahmen auf die Dauer der Epidemie begrenzt, und drittens wäre es für die Bürger ein Leichtes, einfach rauszugehen und das ganze zu beenden, wenn die Bedrohung vorbei, aber die Maßnahmen nicht eingestellt werden sollten. Das ist ja ein fest definiertes Problem - sobald die Zahlen fallen, die Krankenhäuser sich leeren, die Schutzausrüstung vorhanden und evtl. sogar Medikamente entwickelt sind, kann und wird niemand den Zustand aufrechterhalten - einfach weil kein Bürger mehr Angst hat, ihn zu brechen, da die konkrete Gefahr dann - anders als aktuell - nicht mehr existiert.

    Nein, das Erstarken von Faschismus und Diktatur befürchte ich nun auch nicht direkt. Ich befürchte eher, dass Werkzeuge wie die Handy-Ortung, die ja im Eilverfahren implementiert werden soll, wieder die üblichen Begehrlichkeiten wecken und schließlich aus dem Kontext des Infektionsschutzgesetzes herausgelöst werden. Diese Begehrlichkeiten waren ja bei Bundesjustiz- und Innenministern zuverlässig zu erkennen, wenn es in der Vergangenheit um Internetsperren gegen Kinderpornographie ging oder das Fotografieren von Kfz-Kennzeichen in Section Control: Wenn man diese Werkzeuge hat, warum sollte man sie nicht zur Verbrechensbekämpfung nutzen?

    Klingt doch eigentlich gar nicht mehr so übel, oder? Ich denke wir können durchaus mal einen Monat auf Parkbänke bei -5 bis +15 Grad Celsius oder Tischtennisplatten verzichten. Zumindest, wenn die Alternative ist, dass man beim Verlassen des Hauses von der Polizei aufgegriffen und in Quarantänelager verbracht wird. Die allermeisten Leute halten sich ja auch daran, weil sie instinktiv merken, dass lebenslang vernarbte Lungen und eine tote Oma schwerer wiegen als mal einen Monat Pause zu machen und ein paar weitere Monate vorsichtiger zu sein.

    Ganz bestimmt können wir darauf verzichten, das wollte ich gar nicht zur Diskussion stellen. Ich finde nur, das sollten wir dann auch entsprechend kommunizieren, beziehungsweise in den Regelungen des Infektionsschutzes festhalten. Mit meinem — hoffentlich — gesunden Menschenverstand ginge ich nämlich davon aus, dass das Verweilen auf einer Sitzbank in Ordnung ist, ganz egal, ob ich mir dazu ein Buch bereit lege oder die Blumen bestaunen möchte wie Ferdinand der Stier. Hier oben in Schleswig-Holstein wird nach meiner Kenntnis immer noch der Aufenthalt im Freien zur Stärkung des Immunsystems und zur Vorbeugung gegen Depressionen empfohlen und nach meiner Kenntnis ist es außerhalb von Berlin auch unproblematisch auf einer Bank zu sitzen.

    Wäre wie in Frankreich nur ein Spaziergang im Radius von einem Kilometer erlaubt, dann wäre mir angesichts dieser durchaus drastischen Maßnahme klar, dass ich wohl nicht unnötig lange im Freien sitzen sollte.

    Verständlich wäre ja, beim medizinischen Personal großzügiger zu sein, aber da kontrolliert glaube ich sowieso nie einer, so wie die Pflegedienste parken... Aber man lässt jeden parken, wie er will. Könnte sein, dass dann der Geweg schon zugeparkt ist, wenn das medizinische Personal ankommt.

    Ich bin da echt zwiegespalten. Einerseits sehe ich nicht nur seit der Coronakrise vollkommen ein, dass die Arbeit mobiler Pflegedienste sowohl schlecht entlohnt als auch äußerst undankbar behandelt wird, andererseits sehe ich auch nicht ein, dass aufgrund dieses moralischen Bonus des Pflegedienstes beim Falschparken alle Augen zugedrückt werden sollten, schon gar nicht, wenn wie in Kiel die Behinderung oder gar Gefährdung unmotorisierter Verkehrsteilnehmer quasi zum Geschäftsmodell gehören. Aber da kommen wir am Ende wieder bei der Diskussion raus, ob nicht die Stadt dafür Sorge tragen müsste, dass Lieferverkehr, Handwerker und Pflegedienste ausreichende Parkflächen finden. Und ich kann mir die Antwort schon denken: Es dürfen keine Parkplätze vernichtet werden und man käme ja noch vorbei. Wie immer.

    Ich habe mich übrigens gestern mal wieder mit einem Falschparker angelegt, der plötzlich brüllte, er wäre systemrelevant, er dürfe auf dem Gehweg parken. Nun besteht natürlich die Möglichkeit, dass es sich tatsächlich um einen Menschen mit systemrelevanten Aufgaben handelt, der von einer anstrengenden Schicht mit einigen Überstunden noch kurz einkaufen war und auf dem Gehweg parkend einige noch schnell erledigte Einkäufe ausladen wollte, aber so richtig nehme ich ihm die Story nicht ab. Erstens parkt seine Karre regelmäßig falsch, zweitens weist die Werbung auf der Heckscheibe ihn als Inhaber eines Geschäfts im nicht systemrelevanten Bereich aus.

    Ich finde es jeden Tag aufs Neue erstaunlich und beängstigend, welche teilweise drastischen Maßnahmen wir momentan nicht nur größtenteils widerspruchsfrei hinnehmen, sondern dass Widerspruch oder „unbotmäßiges Verhalten“ mittlerweile sogar gesellschaftlich geächtet wird.

    Das beobachte ich beispielsweise in den einschlägigen Fahrrad-Gruppen auf Facebook seit einigen Tagen: Früher waren die Diskussionen sofort vergiftet, sobald jemand die Radweg- oder Helmfrage stellte (und je nach Gruppe passierte das mehrmals pro Woche) — nun sind die Diskussionen sofort vergiftet, sobald jemand beispielsweise ein Foto hochlädt, das (meistens zu recht) vermuten lässt, da habe jemand eine Radtour unternommen. Und was fliegen da die Fetzen! Donnerwetter, da geht’s heißer her als 2013 bei der Critical Mass Hamburg. Sowas mag in einigermaßen anonymen Fahrradgruppen kein Problem sein, aber bei ortsbezogenen Fahrradgruppen, in denen man sich auch im echten Leben zu einer Radtour oder Rennradausfahrt verabredet hat, bin ich mir nicht sicher, ob da nicht auch langsam Freundschaften zerbrechen.

    Das geht auf ähnliche Weise auch an anderen Stellen im Netz weiter, etwa in den einschlägigen Stadtteilgruppen, in denen momentan bei Fotos von frühlingshaften Motiven ganz genau nachgeforscht wird, ob sich da wohl jemand ohne große Not vor die Tür getraut hat, um anschließend unfreundliche Belehrungen auszubringen. Ich staune, und zwar gar nicht mal wenig.

    Im öffentlich zugänglichen Internet sieht das beispielsweise so aus: Jemand stellt eine berechtigte Frage, nämlich warum in Berlin das Sitzen auf einer Bank aufgrund des Infektionsschutzgesetzes verboten sein soll. Die Drunterkommentaristen machen relativ deutlich, dass solche Maßnahmen momentan nicht in Frage zu stellen wären:

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    Alter Falter.

    In Flensburg gingen derweil etwa 25 Menschen zum zweiten Mal auf die Straße, um für die Versammlungsfreiheit und gegen Überwachung zu protestieren. Davon kann man in Zeiten wie diesen halten was man will, aber ich sehe noch gewisse Unterschiede zwischen einem wohlformulierten Kommentar zu solchen Demonstrationen und dem üblichen Bullshit, der da teilweise in den Drunkterkommentaren zu lesen ist:

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    Tjoa. Wir leben in interessanten Zeiten. Und wenn uns ein Virus nicht dahinrafft, dann wenigstens die gesellschaftlichen Verwerfungen.