Die Kieler Autonachrichten besinnen wieder auf ihre Klientel und zählen nach: So viele Parkplätze mussten in Kiel für Fahrräder weichen
Angesichts der astronomisch hohen Zahl dürften bei den autophilen Lesern beim Morgenkaffee vor Wut die Teller an die Wand fliegen:
Es sind… sagenhafte 50 Parkplätze.
Eyke Bittner hat mal vorgerechnet, dass von den 111.116 in Kiel gemeldeten Kraftfahrzeugen 38 Prozent, also 42.224 an öffentlichen Straßen stehen. 50 entfallene Parkmöglichkeiten entsprechen also 0,1 Prozent.
Nicht mit eingerechnet wird in dieser Bilanz natürlich der währenddessen gewonnene Parkraum in Gestalt neuer Parkhäuser und zusätzlicher Parkflächen, so dass die Bilanz für den parkplatzsuchenden Leser insgesamt deutlich positiver aussieht. Allein: Nur Empörung klickt halt geil. Und Parkhäuser kosten nunmal Geld und sind darum für alle Parteien abseits der lieben Grünen keine Alternative zum angeblich im Grundgesetz verankerten und mit der Ewigkeitsklausel geschützten Recht auf kostenlose Parkplätze.
Autofahrer würden in Kiel benachteiligt, suggerieren pflichtbewusst auch die Kieler Autonachrichten in ihrer Leserumfrage. Man könnte diesen Themenkomplex natürlich auch aus einer Menge anderer Richtungen beleuchten, etwa aus Sicht der Verkehrswende, der Aufenthaltsqualität, der Lebensqualität, dem Freiraum für Kinder in den engen Wohnstraßen, der Möglichkeit für Senioren, Rollstuhlfahrern und Menschen mit Kinderwagen, überhaupt den zugeparkten Gehweg nutzen zu können, aber… klickt halt nicht, nicht wahr?
Die „elenden Fahrradbügel“ (SPD) vor dem Holsteinstadion sind übrigens immer noch da. Obwohl deren Rückbau trotz Protesten quasi beschlossene Sache ist: Wegen der Corona-Pandemie wurden die Abbauarbeiten bislang nicht begonnen.
Übrigens bekommen die armen benachteiligten Kieler Autofahrer nächstes Jahr für viel Geld ein neues Parkhaus ans Holsteinstadion gestellt: Neues Holstein-Stadion: Ende 2021 soll es losgehen
Dieses Spiel verlieren werden nicht nur die Verkehrswende, sondern auch die benachbarten Kleingärtner, auf deren Gelände das künftige Parkhaus mit 1.200 Stellplätzen thronen wird. Im Gegensatz zum Tesla-Parkhaus am Wissenschaftspark wird dieses Parkhaus wohl auch mehr als eine Ein- und Ausfahrt bekommen, so dass es den Andrang bei einem Fußballspiel bewältigen kann. Im Wissenschaftspark stehen bislang bei jedem Heimspiel aberhunderte Kraftfahrzeuge ordnungswidrig auf Geh- und Radwegen unmittelbar vor dem leeren Parkhaus herum — Falschparken wird hier zugunsten der Fans nicht sanktioniert.
Obwohl ich befürchte, dass die 1.200 teuer erbauten Stellplätze ohnehin 13 von 14 Tagen quasi ungenutzt sein werden, wird das Parkhaus die Verkehrswende torpedieren: Die Aussicht auf 1.200 Parkplätze wird natürlich dafür sorgen, dass weiterhin ein Großteil der Fans mit dem Auto anreist, wobei die durchschnittliche Anreisestrecke wohl kaum vier Kilometer betragen soll. Weil 1.200 Parkplätze aber längst nicht für 22.000 Fans genügen, wird eben auch künftig der überschüssige Parkdruck in die umliegenden Wohngebiete entweichen.
Insofern wird sich also wenig ändern, außer dass die „elenden Fahrradbügel“ weg sind. Wo Radfahrer parken sollen, ist übrigens nach meiner Kenntnis immer noch unklar. Vielleicht an den Bäumen entlang der Veloroute 10? Obwohl… geht ja auch nicht, denn spätestens zur Abreise ist die Veloroute 10 übersäht von zerbrochenen Bierpullen. Naja… vielleicht können Radfahrer ja auch zu Fuß kommen. Oder mit dem Auto!