Beiträge von Malte

    Die so genannte Anführungszeichen-Fahrradstadt Münster scheitert gerade politisch an der Verkehrswende. Die Grüne, SPD und Volt haben ihre Mehrheit von einer Stimme verloren: Kersting wechselt von der SPD zur CDU

    Denn: „Eine nachhaltige Verkehrswende kann nur mit Angeboten für alle gelingen, eine Verbotspolitik mit dem Feindbild Auto reicht nicht aus.“

    Da bin ich ja mal gespannt, was aus den Verkehrswende-Ambitionen wird, mit der man letztes Jahr geworben hatte.

    weil man vermeiden wollte dass der Kunde den Harnstoff selber wieder auffüllen muss

    Wobei ich mich ja wundere, was dafür denn wohl die Motivation war. Da muss ja mehr dahinterstecken als diese Diskrepanz, dass ein Kunde einen Wagen für mehrere zehntausend Euro kauft und dann das Gefühl bekommt, Urin reinkippen zu müssen.

    Auch irgendwie passend zum Thema:

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    Geöffnete Außengastronomie in Lüneburg. Einerseits freue ich mich natürlich darüber, dass wieder Leben in die Innenstadt zurückkehrt und die Gastronomie mal wieder arbeiten kann.

    Andererseits dauert es auch nur ein paar Minuten, bis die ersten Gäste die Stühle verrücken und dann doch eng an eng mit fremden Nachbarn sitzen. Und überhaupt ist die Stadt so voll, als ob die Pandemie jetzt schon vorbei wäre. Und eigentlich befinden wir uns hier auch im maskenpflichtigen Bereich, aber wenn man beim Betreten dieses Bereiches schon mit maskenlosen Gästen in der Außengastronomie konfrontiert wird, dann scheint wohl die Bereitschaft zum Maskentragen schlagartig zu fallen.

    Ich weiß nicht, so richtig solide fühlt sich das für mich noch nicht an.

    Bei mir haben sich im letzten Jahrzehnt ja leider einige Aktenordner mit Korrespondenz mit Justitia angesammelt.

    Es handelt sich um

    • Zeugenaussagen als Geschädigter oder Unbeteiligter
    • Vorladungen
    • Korrespondenzen mit meiner Anwältin und der gegnerischen Versicherung bei Schadensersatzansprüchen als Geschädigter
    • Untersuchungs- und Entlassungsberichte des örtlichen Krankenhauses
    • Reparaturrechnungen und Kostenvoranschläge von diversen Fahrradwerkstätten
    • Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nach Unfällen
    • Nachfragen von der eigenen Krankenversicherung zu Unfallhergängen

    Ich möchte gerne Platz schaffen — was davon kann nach welcher Frist weg?

    Ich blicke da immer noch nicht durch: Ein breiteres Schutzblech geht dann auch mit einem leicht größeren Radius einher? Sonst würden dann ja keine Spike-Reifen passen.

    Was in der Zeitung steht, interessiert unter Fachleuten niemanden.

    Denke ich schon. Die Leute, die diese Zeitungen lesen und von der Berichterstattung geprägt werden, sind nicht nur jene interessierte Bürger, die Planungsworkshops oder kommunalen Versammlungen beiwohnen, sondern auch jene, die ihre Stadtpolitiker beeinflussen. Die Hamburger Debatten zu Straßenplanungen waren teilweise extrem geprägt von „in der Zeitung stand aber, dass…“, da wäre es meiner Meinung nach schon sehr hilfreich, wenn in der Berichterstattung wenigstens die einzelnen Straßenteile und ihre Bedeutung vernünftig erklärt würden, damit die Diskussion wenigstens auf solidem Grundlagenwissen fußt.

    Ursache für derartige Unfälle ist oft die Überforderung des Kfz.-Fahrers. Dem schlägt in seinem Sichtfeld eine Menge an Signalen, Verkehrszeichen, Markierung, Wegweiser und Werbung entgegen, was alles innerhalb kürzester Zeit geistig verarbeitet werden muss.

    Der Radfahrer befindet sich hingegen außerhalb seines Sichtfeldes.

    (…)

    Und ja, es mag auch rücksichtslose Autofahrer geben. Gegen die kann keine Straßenverkehrsbehörde dieser Welt etwas machen. Und die Wortwahl in der Berichterstattung ändert auch nichts daran.

    Ich würde es nicht in erster Linie Überforderung nennen, auch wenn sich viele Manöver sicherlich letzten Endes auf Überforderung zurückführen lassen. Ich halte aber die selbst erzeugte Überforderung mit Zeitdruck, schlechter Koordination oder einen dünnen Nervenkostüm für genauso problematisch wie eine Armada an Verkehrsschildern am Straßenrand.

    Und ich versuche gern noch einmal einen letzten Erklärungsversuch, bevor ich mich an diesem regnerischen Tag wieder der Arbeit zuwende:

    Es geht mir nicht nur darum, was in der Zeitung steht, sondern um ein allgemeines Bild des Straßenverkehrs. Ich wurde auch mit dem Vorurteil sozialisiert, dass sich Radfahrer nie an die Verkehrsregeln halten und es war immer für eine Anekdote gut, wenn jemand aus meinem Umfeld berichten konnte, irgendwo beim Abbiegen einen Radfahrer fast über den Haufen gefahren zu haben. Niemand machte sich damals Gedanken darüber, dass bei solchen Aktionen, von denen man locker um Zustimmung buhlend beim Kaffeekränzchen berichtet, auch mal jemand sterben könnte. Und es machte sich erst recht niemand die Mühe, die eigene Anekdote mit der Straßenverkehrs-Ordnung und den vorhandenen Beschilderungen abzugleichen: Radfahrer durften und dürfen in meiner Heimatstadt grundsätzlich auf beiden Straßenseite in beide Richtungen fahren. Schon das überfordert die Auffassungsgabe der meisten Führerscheininhaber, die sich aber ganz sicher waren: Der Radfahrer, den ich da eben fast überfahren habe, der wäre ja selbst schuld gewesen, der kam ja aus der falschen Richtung.

    Und wenn dann doch was passiert, dann steht halt in der Zeitung „der Autofahrer hat beim Ausfahren aus der Tiefgarage den Radfahrer übersehen“ und „die Polizei empfiehlt, eine Warnweste und einen Helm zu tragen“. Da kommt jetzt nicht so richtig zur Geltung, dass diese Larifari-Haltung einen Menschen ins Krankenhaus befördert hat. Und manchmal habe ich den Eindruck, das stört auch niemanden so richtig, denn die Versicherung wird das schon regulieren und eventuell gibt es noch nicht mal eine Anzeige wegen Körperverletzung, sondern nur ein Bußgeld.

    Und manchmal sind es auch nur sprachliche Feinheiten. Die Radfahrer, das sind zum Beispiel immer „die anderen“. „Dürfen die das eigentlich?“, nicht „dürfen wir das eigentlich?“ und Die Radfahrer spinnen! — sowas klickt halt gut und labt die Seele des Lesers, der sich in der Regel eher mit der motorisierten Fortbewegung identifiziert als mit Fahrrädern.

    Und so geht’s dann auch schnurstracks weiter bis zu Justitia: Ich war oft genug als Geschädigter, Zeuge oder Zuschauer bei Gerichtsprozessen und der vorangehenden Unfallaufnahme dabei, angefangen von der akribischen Kontrolle von Bremsen und Katzenaugen des Fahrrades, während sich für den motorisierten Unfallverursacher niemand so richtig interessiert bis hin zu dem geradezu verzweifelt anmutenden Versuch, dem beteiligten Radfahrer noch eine Ordnungswidrigkeitenanzeige anzuhängen, während der Kraftfahrer mit „Machen Sie sich keine Sorgen, Sie haben sich nichts zu schulden kommen lassen“ verabschiedet wird. Und wenn es dann tatsächlich soweit kommen sollte, dass man sich vor Gericht wiedersieht, muss man sich als geschädigter Radfahrer geradezu rechtfertigen, warum man denn überhaupt morgens aufs Fahrrad gestiegen ist, während ein aggressiver Fahrstil am Lenkrad als geradezu gottgegeben akzeptiert wird.

    Das beste an der Vernehmung bei der Polizei ist dann ja auch immer diese ganz väterliche Nachfrage, ob man denn selbst eine Fahrerlaubnis habe und um die Schwierigkeiten im Straßenverkehr wüsste — und dass man beim Ausfüllen des Vordrucks für eine Strafanzeige wegen Körperverletzung doch bitte bedenken möge, dass der unfallverursachende Kraftfahrer deswegen seine Fahrerlaubnis oder gar seine Arbeitsstelle verlieren könnte. Das rückt dann in einem Moment, in dem man dort mit kaputtem Fahrrad und blutigem Knie herumsteht, die Machtverhältnisse am Unfallort ein weiteres Mal zurecht: Dort das nützliche Mitglied der Gesellschaft, der einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgeht, hier nur ein Radfahrer, der ihm im Weg war.

    Ich für meinen Teil habe daraus gelernt und verzichte geradezu aggressiv auf meine Rechte im Straßenverkehr, wenn ich das Gefühl habe, mir könnte jemand dumm kommen. Sicherer bin ich damit allerdings nicht unterwegs und mit diesem unberechenbaren Fahrstil, bei dem ich aus heiterem Himmel an einer Kreuzung auf meiner Vorfahrt verzichte, weil neben mir jemand mit Handy in der Hand abbiegen möchte, tue ich anderen Verkehrsteilnehmern auch keinen Gefallen.

    Außerdem fehlt noch der Hinweis, dass innerstädtischer Straßenverkehr kein Wellnessurlaub ist, sondern eine gefährliche Sache, bei der man stets aufpassen muss. Es wird sich daran auch nichts ändern.

    Tja, was für ein Trauerspiel eigentlich. Seit Jahrzehnten richten wir unsere Städte auf die Bedürfnisse von Kraftfahrern aus (oder: auf Kraftfahrzeuge?) und unsere Kinder können mittlerweile nicht mehr alleine ihre Freunde besuchen, weil teilweise schon in Tempo-30-Zonen das Überqueren der Fahrbahn aufgrund mangelhafter Sichtverhältnisse zu gefährlich ist — und es ändert sich nichts, weil die Leute ja irgendwo parken müssen.

    Vorschläge von Aktivisten, welche ihre Qualifikation als Verkehrsexperte lediglich aus dem Umstand beziehen, dass sie das Gleichgewicht halten und strampeln können, sind in der Regel wenig hilfreich, sondern eher schädlich.

    Ich würde meine Kenntnisse jetzt nicht unbedingt als „Qualifikation“ bezeichnen. Aber wenn bei Planungsworkshops oder bei Diskussionen mit den Straßenverkehrsbehörden einige lose zusammengewürfelte Fahrrad-Gang mehr Fachwissen hinsichtlich der Verwaltungsvorschriften und der Bedeutung einzelner Verkehrszeichen aufbringen kann als die in jenem Bereich arbeitenden Experten, dann würde ich mir in der Tat Gedanken machen. Aber ich hefte mir gerne die Medaille ans Fahrradshirt, dass ich § 37 StVO erklären und auf vorhandene Kreuzungen übertragen kann. Daran scheitern auch nach Jahren noch viele Straßenverkehrsbehörden.

    Für die mutigen unter Euch, die mannhaft in den abbiegenden Lkw fahren und dort zwischen den Zwillingsreifen den ehrenvollen Tod finden, habe ich wenig Bewunderung übrig.

    Du weißt, dass das hier niemand fordert.

    Ich bin aber nicht der Meinung, dass sich Unfälle zwischen abbiegenden Kraftfahrzeugen und nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmern dadurch verhindern lassen, dass in der Unfallmeldung dazu aufgerufen wird, als Radfahrer oder Fußgänger eine Warnweste zu tragen und auf die Vorfahrt zu verzichten. Das klappt ja offenkundig nicht häufig genug.

    Ein erster Schritt wäre aber nach meinem Dafürhalten, das Problem zu benennen: Etwa parkende Kraftfahrzeuge in den Sichtdreiecken, großzügige Kurvenradien, die zum schnellen Abbiegen einladen, unklare oder auf der falschen Straßenseite geführte Infrastruktur. Wenn dann im Zuge der Berichterstattung über einen Unfall irgendwann deutlich wird, dass hier kein bloßes „Übersehen, kann ja mal passieren“ vorlag, sondern schlechte Sichtverhältnisse und eine unklare Verkehrsführung ursächlich waren, bekommt man solche Problemstellen viel besser wegargumentiert. Momentan wird aber in der Berichterstattung die zugrunde liegende Problematik allzu häufig hinter tiefstehenden Sonnen und „übersehen“ verborgen.

    Darf eine Ortschaft, in der so etwas passiert, sich überhaupt noch so nennen? Entsteht da nicht ein völlig falscher Eindruck?

    Ich schätze es durchaus sehr, wenn hier gänzlich gegensätzliche Meinungen in Diskussionen eingebracht werden. Wir sind hier nicht auf Facebook in den einschlägigen Fahrradgruppen, wo Meinungspluralität eher als Fremdwort aufgefasst wird. Wenn wir aber zu meiner langen Antwort auf deinen Beitrag nur ein solcher Unfug einfällt, bist du an einer Diskussion nicht interessiert. Dann kann ich meine Zeit auch anders verbringen.

    Wenn man die Dahlenburger Landstraße stadteinwärts fährt, wird man auf dem Rad von dieser Übersehstelle am Bahnhof erwartet:

    Ich dachte erst, hier würden abbiegewillige Kraftfahrer vor geradeaus fahrenden Radfahrern gewarnt, wobei mir ja überhaupt gar nicht klar war, was angesichts dieser traumhaften Aussicht im Beifahrerspiegel denn problematisch sein sollte.

    Tatsächlich funktioniert das aber andersherum: Das Signal leuchtet auf, wenn es Fahrräder auf dem Radweg oder auf dem benachbarten Gehweg registriert und die Rüttelstreifen auf dem Radweg machen unmissverständlich klar, wer der Adressat dieser lichttechnischen Einrichtung ist: Der Radverkehr, der hier auf seine Vorfahrt verzichten soll.

    Zur Hauptverkehrszeit sieht das nämlich so aus. Es geht nach meinem Dafürhalten, anders als es die Abbildung auf dem Schild suggeriert, keineswegs nur um abbiegende Kraftfahrzeuge, sondern auch um einbiegende Kraftfahrzeuge. Es entsteht aufgrund des Rückstaus auf der Dahlenburger Landstraße permanent die Situation, dass ein Linksabbieger aus dem Pulverweg warten muss, dabei wahlweise den Fußgängerüberweg, die Fahrradfurt oder beides blockiert, unsichtbar rechts vom wartenden Kraftfahrzeug aber fleißig stadteinwärts abgebogen wird — und zu just jenen Kraftfahrern bestehen aufgrund des wartenden Kraftfahrzeuges sehr schlechte Sichtverhältnisse.

    Momentan ist das Einbiegen nach rechts in den Pulverweg untersagt, was noch für viel gefährlichere Situationen sorgt, weil sich a) nicht jeder daran hält und b) plötzlich Vollbremsungen auf dem Radweg oder dem Fußgängerüberweg hingelegt werden und eventuell c) hastig und unaufmerksam ausgeführte Wendemanöver folgen.

    Ich habe erst einmal bei der Stadt um eine Freigabe der unechten Einbahnstraßenregelung für den Radverkehr gebeten, würde aber gerne noch weitere Vorschläge anbringen, wie sich dieser offenkundige Unfallschwerpunkt entschärfen ließe. Einfach nur ein Blinklicht für Radfahrer aufzustellen kann’s ja nicht sein. Das Einbiegen auf die Dahlenburger Landstraße zu verengen, um die Sichtverhältnisse zu verbessern, wenn sich niemand an wartenden Kraftfahrern rechts vorbeidrängen kann, wird sich im Interesse der Leistungsfähigkeit dieses Knotens nicht machen lassen.

    So viel mehr bleibt dann ja auch nicht mehr übrig — oder hat noch jemand realistisch umsetzbare Vorschläge?

    Die Dahlenburger Landstraße führt vom Lüneburger Stadtzentrum nach Südwesten hinaus nach… Dahlenburg. Das finde ich in Lüneburg ganz angenehm: Die Straßen, die sternförmig aus der Innenstadt hinausführen, sind nach der Stadt benannt, in die sie führten. Die Dahlenburger Landstraße beginnt an der Altenbrückentorstraße, unterquert die beiden Gleisstränge des Lüneburger Bahnhofs und führt dann mit dem üblichen Querschnitt einer Straße, deren Verkehrsaufkommen schneller gewachsen ist als die Fahrbahnbreite, aus der Stadt heraus und geht dann in die Bundesstraße 216 über, die wiederum in einer Ortsumgehungsstraße um Dahlenburg herumgeführt wird.

    Ich bin vor einiger Zeit mal stadteinwärts gefahren und kam aus dem Staunen nur mühsam wieder heraus. Das geht los an der Auffahrt zur Bundesstraße, bei der mir im Angesicht der berühmten tiefstehenden Sonne kein besonders gutes Foto gelungen ist. Aber: Wer soll denn jetzt dieses Zeichen 205 beachten? Der abbiegende Fahrbahnverkehr? Oder doch der Radverkehr? Oder wollte man sich ein Baby-Dreieck sparen und sowohl Kraftfahrer als auch Radfahrer sollen hier irgendwie warten, wobei Radfahrer laut dem OLG Hamm ja noch weniger Vorfahrt haben als gar keine Vorfahrt — aber für Fußgänger dann plötzlich § 9 Abs. 3 StVO auf jeden Fall durchschlägt? Das kapiert doch kein Mensch — vielleicht mit ein Grund, warum hier das lustige Blinklicht angepflanzt wurde.

    So lustig geht’s dann weiter, denn anschließend folgt eine ampelgeregelte Querung, die zwar mit kombinierten Signalgebern für Radfahrer und Fußgänger ausgestattet ist, obwohl gleich nebenan noch ein viereckiges Spiegelei lacht — hoffentlich gerät da niemand mit den Vorfahrtsverhältnissen durcheinander. Ich habe jedenfalls recht schnell gelernt, dass man in Lüneburg im Interesse seiner Gesundheit und der Fahrtüchtigkeit des Drahtesels in diesen Situationen im Zweifelsfall auf die eigene Vorfahrt verzichtet:

    Aufgrund von Bauarbeiten an der Bahnbrücke und Arbeiten an der Fahrbahn ist die Straße im weiteren Verlauf momentan gesperrt…

    … aber bestimmt soll Zeichen 250 mal wieder nicht für den Radverkehr gelten: Man sieht doch, was gemeint ist:

    Nun wird’s interessant: Der folgende Abschnitt wurde von der Bundesregierung und vom Land Niedersachsen gefördert! Das klingt wie eine Drohung und fühlt sich beim Fahren auch so an:

    Seit dem Umbau der Hamburger Osterstraße habe ich immer wieder den Eindruck, dass diese Fördermittel für den Radverkehr hier und da vor allem dazu verwendet werden, die Kosten einer ohnehin anstehenden Baumaßnahme zu drücken, indem in die Baumaßnahme noch irgendwas mit Radverkehr integriert wird, so dass die Fördermittel fließen. Nicht dass ich das der Hansestadt Lüneburg unterstellen möchte, es handelt sich nach meinem Dafürhalten eher um einen Fehler im gesamten Prozedere, aber manchmal wundere ich mich schon, was an der Neupflasterung eines Radweges von 60 cm Breite dann wohl als besonders förderungswürdig empfunden wurde.

    So richtig toll ist der Radweg dann auch gar nicht geworden — weder in der Breite noch in der Länge:

    Moment, falscher Alarm, vielleicht war das noch gar nicht die geförderte Stelle. Vielleicht ist es diese hier, wo der Baum rohe Naturgewalten ordentlich krachen ließ?

    Oder diese, wo der Radverkehr quasi durch die Bushaltestelle hindurch geführt wird?

    Oder diese mit der neckischen Kante links und rechts, die in Gegenwart von Geisterradlern so richtig krachen?

    Gut, Spaß beiseite, hier geht’s dann wohl los. Und natürlich habe ich sogleich etwas zu meckern:

    Öhm, schön, dass der Radweg jetzt so schön breit ist und schon mal den Mindestmaßen aus den Verwaltungsvorschriften genügt. Aber was macht dieser schmale Taststreifen für seheingeschränkte Personen direkt zwischen Rad- und Gehweg und warum ist der Gehweg überhaupt so schmal? Hier können sich auch nach der Corona-Pandemie nicht zwei Menschen begegnen, ohne dass einer von beiden auf den Radweg ausweicht. Warum wird so etwas im Jahr 2021 noch gebaut und vor allem: gefördert? Diese Bewässerung der benachbarten Bäume ist im Sinne des Umweltschutzes sicherlich wünschenswert, allerdings hätte sich der Baum nach meinem Dafürhalten noch mehr gefreut, wenn er auch zu den drei anderen Seiten etwas mehr Bewegungsspielraum bekommen hätte. Immerhin gibt es einen gewissen Sicherheitsraum zum Seitenstreifen, so dass man nicht direkt von unmittelbar geöffneten Autotüren kollidiert, allerdings scheint mir der Sicherheitsraum etwas schmal zu sein — auf der linken Seite des Radweges führe ich aus gesundheitlichen Gründen dann doch lieber nicht.

    So geht’s dann weiter — oder auch nicht. Zwischen einer Fußgängerampel, einer Bushaltestelle und einer Schule wird der Radweg kurzerhand unterbrochen. Mir ist nicht klar, ob hier noch Verbesserungen angestrebt werden, der Radweg womöglich noch weitergeführt oder ein Zeichen 240 aufgestellt wird, aber nach dem momentanen Stand werden Radfahrer hier zum ordnungswidrigen Gehwegradeln angehalten — ausgerechnet dort, wo mit an der Ampel wartenden und tobenden Kindern zu rechnen ist. Ich kann mir die Schlagzeilen über rücksichtslose Radfahrer bereits jetzt ausmalen:

    Ungenügende Sichtverhältnisse im weiteren Verlauf an der Kreuzung mit der Walter-Bötcher-Straße. Hier blinkt sogar ein Warnlicht, dass man bitte auf Kinder aufpassen möge — ich rate mal und formuliere es bewusst frech: Das Auflassen von einen oder mehreren Parkplätzen zur Verbesserung der Sichtverhältnisse im Umfeld dieses Fußgängerüberweges war keine Option?

    Weiter geht’s dann auf dem alten Buckelpisten, bei denen die Kehrmaschine kraft Unterlassung einen Sicherheitsstreifen zu parkenden Kraftfahrzeugen markiert hat:

    Die Radlinge, die hier ordnungswidrig auf dem Gehweg kurbeln, werden schon wissen, was sie da tun:

    Ich bin ja mal gespannt, wie es mit der Sanierung weitergeht. Mit den Breiten von Geh- und Radwegen wird sich wohl nicht mehr viel tun, es blieb also beim üblichen Dilemma, dass der Querschnitt der Straße an den Seiten durch die unverrückbaren Grundstücksgrenzen beschränkt war, gleichzeitig aber keine Parkplätze entfallen durften und der Radweg irgendwie breiter werden muss, weil sich die Verwaltungsvorschriften vor 24 Jahren dann doch mal geändert haben.

    Ich kann leider den Originalbeitrag nicht mehr auftreiben, aber hier gibt es noch ein Video von den lustigen Staubsaugern:

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    Von dem Umstand, dass ein Radfahrer ohne Licht oder ohne Helm gefahren ist, kann der geneigte Leser nichts wissen. Deshalb wird es erwähnt.

    Dass der Kraftfahrer hingegen beim Zurücksetzen nicht sorgfältig genug war, ist offenkundig.

    Zu der Schuldfrage ist in beiden Fällen nichts ausgesagt.

    Gut, der Punkt geht erstmal zu einem Großteil an dich. Ich bin dann aber der Meinung, dass in diesem System der Unfallmeldungen ein ganz grundsätzliches Problem steckt, denn wenn abends im Presseportal die Meldungen des Tages veröffentlicht werden, steht in den seltensten Fällen der Unfallverursacher oder der genaue Unfallhergang fest. So entstehen dann solche Phrasen wie „der Kleinwagen geriet aus ungeklärter Ursache von der Fahrbahn ab“ — man weiß zum Zeitpunkt der Veröffentlichung eben noch nicht, ob der Fahrer vom Smartphone abgelenkt oder betrunken war, ob er viel zu schnell gefahren ist oder aufgrund einer bislang unbekannten Erkrankung kurzzeitig ohnmächtig war.

    Aber es folgt in den seltensten Fällen eine Folgemeldung über einen Unfall, in der fünf Wochen später steht: Es war unangepasste Geschwindigkeit. Nichts ist uninteressanter als die Zeitung von gestern und gleiches gilt erst recht für Unfälle, die Wochen zurück liegen.

    Ich persönlich begreife diese Polizeimeldungen als einen Teil dessen, was in der Fahrschule als „lebenslanges Lernen“ bezeichnet wurde: Man lernt jeden Tag mit jeder Teilnahme am Straßenverkehr dazu. Die Meldungen von Unfällen sollten nach meinem Dafürhalten nicht nur aufzeigen, dass irgendjemand irgendjemanden angefahren hat, sondern auch dafür sensibilisieren, dass Unfälle eben nicht nur eine Randnotiz in der Lokalzeitung sind, sondern jeden von uns treffen können.

    Es gibt zum Beispiel den § 3 Abs. 1 StVO, der unter anderem besagt:

    Zitat

    Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Beträgt die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 m, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist. Es darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke gehalten werden kann. Auf Fahrbahnen, die so schmal sind, dass dort entgegenkommende Fahrzeuge gefährdet werden könnten, muss jedoch so langsam gefahren werden, dass mindestens innerhalb der Hälfte der übersehbaren Strecke gehalten werden kann.

    Es gibt drüben im Verkehrsportal Berechnungen, dass mit einem normalen Kraftfahrzeug auf einer Überlandstraße nachts ein Tempo von 60 bis 70 km/h das höchste der Gefühle ist, möchte ich dieser Vorschrift entsprechen. Jeder, der schon mal nachts auf einer Überlandstraße mit einem Auto gefahren ist, wird mir sicherlich zustimmen, dass das außer ein paar ganz hartgesottenen StVO-Liebhabern niemand praktiziert, sondern ganz im Gegenteil tendenziell eher deutlich schneller als 100 km/h gefahren wird.

    Kurz vor dem Abitur gab es in meinem Umfeld zwei schwere Verkehrsunfälle, im Laufe meines Studiums verunglückten außerdem insgesamt drei (?) Kommilitonen — allen Unfällen war eines gemeinsam: Sie trugen sich in den Nächten von Freitag auf Sonnabend oder von Sonnabend auf Sonntag zu und der Fahrer geriet jeweils aus ungeklärer Ursache von der Fahrbahn und landete im Feld. Glücklicherweise gab es noch eine Gemeinsamkeit: Alle haben überlebt.

    Und eigentlich war auch die Ursache ziemlich klar: Die jungen Herrschaften hatten ihre Fähigkeiten überschätzt, waren auf unbekannter Strecke zu schnell unterwegs und sahen nachts eine scharfe Kurve nicht frühzeitig genug, um noch rechtzeitig am Lenkrad drehen zu können.

    Und obwohl hinreichend bekannt ist, dass überhöhte Geschwindigkeit eine Hauptunfallursache ist, mangelt es nach meinem Dafürhalten an greifbaren Beispielen dafür. Ich kann mich tatsächlich nicht daran erinnern, dass irgendwo mal in einer Polizeimeldung stand, man möge doch bitte auf nächtlichen Überlandfahrten seine Geschwindigkeit im Sinne von § 3 Abs. 1 StVO anpassen.

    Was ich aber dauernd lese, obwohl die Schuldfrage nicht geklärt ist, sind kluge Ratschläge an nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer: Tragt eine Warnweste! Fahrt nur mit Licht! Setzt einen Helm auf! Verzichtet auf eure Vorfahrt! Steigt ab und schiebt!

    Denn selbst wenn ein verunfallter Radfahrer womöglich gar kein schuldhaftes Verhalten an den Tag gelegt hat, wird mit diesen Ratschlägen impliziert, dass er halt doch irgendwas falsch gemacht hat. Und sei es, dass er nicht rechtzeitig auf seine Vorfahrt verzichtet hat. Plus: Der Radfahrer ist immer eine Person, die aktiv etwas falsches tut. Der Kraftfahrer hingegen wird hinter der Windschutzscheibe verborgen und tritt mitunter gar nicht in Erscheinung, sein Auto handelt für ihn:

    Während Autos rote Ampeln übersehen, werden sie von Radfahrern in der Regel missachtet. Während Autos aus ungeklärter Ursache von der Fahrbahn abkommen, wechseln Radfahrer unvermittelt vom Radweg auf die Fahrbahn. Während Autos aufgrund der tiefstehenden Sonne einen Fußgänger auf die Motorhaube laden, werden Fußgänger von Radfahrern gerammt. Während Autos aufgrund von Glatteis nicht rechtzeitig zum Stehen kommen und ein anderes Auto touchieren, waren Radfahrer trotz schlechter Witterung unterwegs und krachen ineinander.

    Ich finde, das ist schon ein deutlicher Unterschied, der auch eine gewisse Schuldfrage impliziert, auch wenn sie dort nicht explizit erwähnt wird.

    Und daraus resultiert dann auch, dass ich dir hier nicht zustimme:

    Dass der Kraftfahrer hingegen beim Zurücksetzen nicht sorgfältig genug war, ist offenkundig.

    Wann immer ich mich im Verwandten- oder Bekanntenkreis unterhalte, mich an Diskussionen in gesellschaftlichen Netzwerken beteilige, als Geschädigter oder Zeuge vor Gericht aussage oder bei der Unfallaufnahme zugegen bin, es fällt mir immer wieder auf, dass in unserer Gesellschaft so gut wie gar keine Sensibilisierung dafür erfolgt, dass man mit einem Kraftfahrzeug jemanden gefährden kann. Ich erinnere mich daran, dass mal jemand aus meinem Umfeld beim Abbiegen ein Kind auf einem Fahrrad „übersehen“ und angefahren hat. Das war quasi das normalste der Welt — das Kind war ja auch ganz bestimmt ganz schön schnell unterwegs. Außerdem: Radfahrer! Erst letzte Woche beim Bäcker, da ist einer mit dem Rad falsch herum auf dem Radweg gefahren!

    Da hat keiner auf den Tisch gehauen und darauf hingewiesen, dass man nicht nur ein zwei Tonnen schweres Kraftfahrzeug, sondern auch eine gewisse Verantwortung besitzt und sich dementsprechend umsichtig beim Abbiegen lieber drei Mal aufpassen sollte. Stattdessen warf man sich gegenseitig die Anekdoten als Beruhigungstabletten ein, dass man als Kraftfahrer sowieso nichts machen könne, weil Radfahrer ja alle ohne Licht führen. Das war eine recht unangenehme Situation.

    Wenn ich dann aber in der Zeitung bei vergleichbaren Unfällen keinen Hinweis finde, dass ich als Kraftfahrer beim Abbiegen allerhöchste Sorgfalt walten lassen muss, wohl aber lese, dass Radfahrer bitte eine Warnweste tragen, mit Licht fahren und im Zweifelsfall auf die Vorfahrt verzichten sollen, dann ist das zwar in erster Linie nicht verkehrt, verfestigt aber das Bild im Kopf des Lesers, dass Radfahrer ja irgendwie schuld an solchen Unfällen wären.

    Und dementsprechend hast du auch wieder teilweise recht:

    Es wäre aber sinnvoller, wenn man die Kritik an denjenigen richtet, den sie betrifft und dies nicht bis zum Ende seiner Tage gebetsmühlenartig in einem Forum vorträgt, wo man sich der Bestätigung sicher sein kann. Da entsteht dann doch der Eindruck, dass hier lediglich eine kleine, geschundene Seele nach etwas Zuspruch sucht, um sich dann besser zu fühlen.

    Ja, ich sollte wieder häufiger Leserbriefe schreiben. Das habe ich in den vergangenen Monaten deutlich schleifen gelassen. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass es die meisten Journalisten auch gar nicht interessiert und die Polizei mit dieser Art der Kritik sowieso nichts anfangen kann. Letztere glaubt nach meiner Erfahrung, der Verkehrssicherheit einen großen Gefallen zu tun, so oft wie möglich auf Helme und Warnwesten hinzuweisen.

    Dennoch halte ich es nicht für überflüssig oder gar falsch, derartiges hier in diesem Thread aufzulisten: Irgendwo muss diese Gegenrede öffentlich gemacht werden. Es gab früher sogar ein eigenes Blog allein zu dieser Thematik, dessen Namen ich mittlerweile gar nicht mehr weiß (obwohl ich stets verdächtigt wurde, der Urheber des Blogs zu sein), jetzt steht es halt hier. Häufig genug verlinke ich in unterschiedlichen Debatten in den einschlägigen gesellschaftlichen Netzwerken in diesen Thread mit dieser Fülle an Beispielen, insofern ist es nicht so ganz sinnlos.

    Allerdings hast du recht: Bei den allzu tollen Beteiligungen mit der tiefstehenden Sonne geht es mitunter auch einfach erst einmal darum, etwas Frust loszuwerden.

    Was erwartest Du?

    Soll die Polizei oder die Presse die Schuld eines Verkehrsteilnehmers feststellen und dies schreiben? Sollen sie schreiben: "Hiermit wird zum Seelenheil der Radfahrer festgestellt, dass der Autofahrer schuld ist."

    Ist es dann besser?

    Die Polizei hat in der Regel wenige Probleme zu erwähnen, dass ein verunfallter Radfahrer ohne Licht oder ohne Helm oder nicht auf dem Radweg gefahren ist. Ich halte es nicht für allzu verwegen zu erwähnen, dass es eventuell unklar ist, ob ein Kraftfahrer sich vor dem Rückwärtsfahren hinreichend versichert hat, ob der Gehweg frei ist.

    Die Polizei hat sich gefälligst aus der Schuldfrage herauszuhalten, und die Presse darf schreiben, was immer sie will.

    Naja, klar. Aber ich darf die Formulierungen, nach denen sich mutmaßlich von Kraftfahrern verursachte Unfälle quasi aus reinem Schicksal ereignen („übersehen”, „tiefstehende Sonne”), während bei vermeintlich unfallverursachenden Radfahrern die Lage viel klarer scheint („missachten”, „achtete nicht auf den Verkehr”)), durchaus kritisieren.

    Uff — also wenn’s jetzt ums Bohren in diesem Material geht, dann ist das ja ohnehin ein Fall für die Werkstatt. Unser Haushalt ist jetzt zwar um eine Bohrmaschine angewachsen, aber ich bin dann halt eher der Typ, der erst in das eigentliche zu bearbeitende Material bohrt, dann durch die Unterlage und dann in den Boden hinein.

    Wenn ich das richtig sehe, ist aber die momentane Variante der Schutzbleche ohnehin nicht mehr im Verkauf, dann würde ich mir ja gleich für vorne und hinten neue anschaffen.

    Es passierte einfach so, als wäre es Schicksal, unabdingbar, vom Herrn persönlich angeordnet: Mädchen (6) auf Gehweg angefahren

    Zitat

    Er wollte wenden, legte den Rückwärtsgang ein und dann passierte es ... In Wilhelmstadt erfasste ein Autofahrer am Dienstagnachmittag ein Mädchen (6) auf einem Tretroller, wie die Polizei mitteilte.

    Immerhin wird der Vorfall noch soweit personifiziert, dass hier das Auto nicht autonom unterwegs war, sondern ein 44-Jähriger am Lenkrad saß. Ein in irgendeiner Weise schuldhaftes Verhalten konnte man bei der B.Z. nicht erkennen, denn der Fahrer wollte ja eigentlich nur wenden und hatte gar nichts böses im Sinn.

    Meines Erachtens fehlte es hier allerdings an einer ganz ordentlichen Portion „Rücksicht“ im eigentlichen Sinne des Wortes. Das junge Mädchen wird ja nicht aus heiterem Himmel mit einem Mordstempo auf dem Gehweg angerast gekommen, sondern muss schon vorher im Umfeld sichtbar gewesen sein.

    Wie ich schon auf Twitter schrieb: Verkehrswende, Klimaschutz und Aufenthaltsqualität haben viele Namen. Auf dem Altar des Clickbaits aber nur einen: Kieler Grüne wollen Autos verbannen

    Erstmal fordert hier niemand eine „autofreie Innenstadt“, denn Lieferverkehr, Buslinien, Rettungsdienste, Feuerwehr und so weiter werden weiterhin einfahren dürfen; nach meiner Kenntnis auch Fahrzeuge mit Versehrtenausweis. Und zweitens hat ja beispielsweise der Umbau der autogerechten Kreuzung am Berliner Platz in den lauschigen Kleinen Kiel-Kanal durchaus gezeigt, dass ein Weniger an Autos durchaus ein Mehr an Aufenthaltsqualität sein kann.

    Sofern aber der öffentliche Diskurs dadurch bestimmt wird, das alles, was in diese Richtung geht, als Verbot deklariert wird, brauchen wir diesen Diskurs nicht führen.

    Ich halte ja tatsächlich die Grünen für die einzige Partei, der in Zeiten der Klimakrise und Mobilitätswende eine entsprechende an Nachhaltigkeit und Umweltschutz orientierte Politik überhaupt zuzutrauen ist. CDU und FDP versuchen auf kommunaler Ebene hier wie dort aufgrund von Wahlkampftaktiken Kraftfahrer gegen alle anderen auszuspielen, die Linke mitunter gar nicht existent, Freie Wähler oder Wählervereinigungen oder unter welchen Bezeichnungen sie auftreten mögen sind ebenfalls dem Kraftfahrzeug verhaftet und dann gibt es noch die SPD, aber die besinnt sich dann doch plötzlich auf die Wurzeln der Sozialdemokratie und führt den Arbeiter an, der mittags von seiner Schicht aus der Werft nach Hause kommt und seinen Parkplatz braucht.

    Aber auch im Jahre 2021 des Herrn, im Zeitalter der Klimakrise und des Mobilitätswandels, stimmen die Kieler Grünen für ein neues Parkhaus am Holstein-Stadion in Kiel, der Landeshauptstadt im Klimanotstand. Das ganze wird in grüner Watte verpackt, damit es sich nicht so doof anhört: Für einen Nachhaltigen Ausbau des Holstein Stadions & Klimaneutralen Verein

    Toll, dass das Parkhaus begrünt werden soll. Bestimmt wird man dem Wähler ähnlich wie beim Möbel-Höffner-Skandal erklären wollen, dass es der Natur mit Bebauung aufgrund des grünen Daches und ein paar grünen Ranken an der Fassade viiiiel besser geht als vorher, als es sich noch um eine Kleingartensiedlung handelte.

    Neben den vielen tollen Vorhaben und Ideen, die man dann fordern, aber nicht durchsetzen können wird — die Anbindung an die Stadtbahn halte ich für geradezu ausgeschlossen, weil man dazu eine Stadtbahn bräuchte — sollen dann Anwohner einen Parkplatz im Parkhaus anmieten. Gleichzeitig sollen die Parkplätze in den angrenzenden Wohngebieten zurückgebaut werden, um dort die Aufenthaltsqualität zu erhöhen.

    Bevor wir nach Lüneburg gezogen sind, wohnten wir zwar nicht am Holstein-Stadion, aber unweit davon entfernt im Kieler Marineviertel, das dermaßen vom so genannten Parkplatznotstand gezeichnet war, dass nach Feierabend zu Fuß mitunter kein Durchkommen über bestimmte Kreuzungen war, weil jeder Zentimeter von Kraftfahrzeugen befalschparkt wurde. Ein paar hundert Meter entfernt hätten die Anwohner kostenlos im Kieler Wissenschaftspark oder sogar in dessen Parkhaus ihr Fahrzeug abstellen können. Aber nur weil in Wohnungsanzeigen damit geworben wird, dass die nächste Bushaltestelle 300 Meter weit entfernt ist, muss es ja noch nicht bedeuten, dass ein Parkplatz in 300 Metern Entfernung akzeptabel wäre.

    Ich halte es eigentlich aus meiner empirischen Beobachtung für mehr als abwegig, dass die Leute nach Rückbau der Parkplätze im Wohngebiet ins Parkhaus fahren, um dann zu Fuß oder — Gott behüte! — mit dem E-Roller oder mit einem Leihrad nach Hause fahren (wobei man das Leihrad im Gegensatz zum Leihroller momentan nur an ausgewählten Stationen abgeben darf).

    Und dann gibt’s noch den Bonus: An Spieltagen muss der Parkplatz im Parkhaus geräumt werden. Das kann, wenn diese Pandemie vorbei ist, also bedeuten, ein- oder gar zwei Mal pro Woche das Auto irgendwo anders parken zu müssen. Und dann ist der Parkplatz nicht mehr 300 Meter weit entfernt, sondern vielleicht mehrere Kilometer, weil ja mehrere hundert Kraftfahrzeuge plötzlich einen anderen Parkplatz brauchen, den es ja im direkten Umfeld nicht mehr gibt, denn dort wurden die Parkplätze ja zurückgebaut. Ich habe ja grundsätzlich wenig Mitleid mit Kraftfahrern, aber auf diesen Deal kann man sich nicht ernsthaft einlassen.

    Zumal mir im Endeffekt immer noch der Glaube fehlt, dass Fußballfans nicht einfach im Umfeld des Stadions kostenlos parken, etwa im Wissenschaftspark oder in den anliegenden Wohngebieten. Ebenjener Wissenschaftspark bietet ja bereits heute ein Parkhaus an, sogar mit Holstein-Kiel-Rabatt an Spieltagen, aber meistens parken da… naja, ungefähr… sagen wir mal… drei Autos.

    Und ich finde, das ist insgesamt ein ziemlich autogerechter Beschluss. Klar, Kiel braucht den Fußballverein, der Fußballverein braucht sein Stadion und für die Bundesliga ein neues Parkhaus, alles richtig, aber herrje, dann lasst das Marketing mit dem Klimanotstand bleiben, wenn wichtige Dinge wie die Stadtbahn nur als frommer Wunsch angesehen werden. Aus der Nummer kommt man dann auch als grüne Partei nicht raus. Aber dann sollten wir vielleicht mal die lustigen Ideen unterlassen, dass Anwohner abseits von Spieltagen dort parken können, sondern ganz klar hinschreiben: Wir wollen den Fußballverein, wir brauchen darum das Parkhaus, und das wird an durchschnittlich zwölf von 14 Tagen leer stehen. Aber immerhin hat es ein grünes Dach.