Beiträge von Malte

    Seit den letzten 120 Kilometern drüben in Dänemark hat die Schwinge (?) des Monoporters ein bisschen Spiel, so dass der Anhänger bei jeder Unebenheit knarzt und quietscht und lärmt. Ich habe das Teil einmal auseinander- und wieder zusammengebaut, ordentlich Schmiermittel auf die Achse geklatscht, konnte das Problem aber nicht abstellen. Nach meinem Dafürhalten ist da nach knapp zweitausend Kilometern (???) noch nichts verschlissen, aber so richtig gefallen tut’s mir natürlich nicht. Hat jemand eine Einschätzung, was sich da machen lässt? Quiddje vielleicht? Oder Patrick?

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    Der Weg zum Bahnhof ist für nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer gepflastert mit allerhand Hindernissen. Zum Bahnhof geht’s hier ganz hinten links, man muss eine im Endeffekt sechsstreifige Fahrbahn queren. Im Sommer mit entsprechend viel Urlaubsverkehr ist das sicher ein ganz großes Vergnügen.

    Weiter geht’s. Hier soll man wohl nach Vorstellungen der Straßenverkehrsbehörde weiter auf dem Gehweg pedalieren, das entsprechende[Zeichen 240] hat man sich hier vornehm gespart:

    Nun wird’s aber ganz witzig, man muss ja nicht jeden Spaß mitmachen:

    Geschafft. Der Eingang zum Bahnhof ist dort hinten beim Einsatzwagen:

    Man darf sich hier nicht irritieren lassen: Das Fahrradverbot ist nicht so böse gemeint wie es klingt. Es geht lediglich darum, dass der Landgang zur Fähre nur für Fußgänger geeignet ist und man sich mit dem Rad bitteschön am „Autoschalter“ anstellen möge. Der einzige Weg zum Bahnhof führt dennoch durch diese Tür:

    Super Timing, es passt mal wieder alles. In diesem Moment kommt der EuroCity aus Hamburg an und entlädt seine Fahrgäste an den für so ein Fahrgastaufkommen vollkommen unterdimensionierten Bahnsteig. Alle müssen durch dieses alberne Drängelgitter durch und wir hängen mitten drin fest. Für meinen Monoporter ist das Drängelgitter übrigens nicht geeignet, bei derart engen Hindernissen bleibt das Teil hängen.

    Ich frage mich tatsächlich, warum man das Drängelgitter nicht entfernt und das Gleisende auf die andere Seite des Überganges setzt. Man muss sich an dieser Stelle noch mal ins Gedächtnis rufen, dass dieser Bahnhof früher mit sechs Gleisen an drei Bahnsteigen für den Personenverkehr vorgesehen war und im Bahnhofsvorfeld erhebliche Mengen an Gütern abgewickelt wurden. Von der Brücke, die immer noch diese drei Bahnsteige verbindet, aber für die Öffentlichkeit geschlossen wurde, führte bis 1998 eine repräsentative Brücke direkt mittig zwischen die Fähranleger, dann wurde das Ding abgerissen und durch den kleinen Landgang an der linken Seite ersetzt. Die beiden übrigen Bahnsteige sind seit Einstellung dem Verfall preisgegeben, der mittlere, der früher die Urlauber mit Blumenbeeten begrüßte, ist jetzt ein überdachter Parkplatz für die Angestellten. Mal gucken, wie es hier in ein paar Jahren aussieht.

    Es ist schon irre: Früher hielten hier Dutzende Züge, nicht nur aus Kiel und Hamburg, sondern auch aus dem Süden der Bundesrepublik, von Rom oder Amsterdam nach København, um ihre Fahrgäste zum Schiff zu bringen. Urlaubsreisen begannen damals der Massenmotorisierung zum Trotz häufig noch mit der Bahn, deren lokbespannte Züge zum Aushängeschild einer modernen Reise gehörten. Und wenn’s das Auto sein musste, fuhren von hier aus Autozüge nach Lörrach und München

    Und nun? Ein paar EuroCitys halten hier auf der Durchfahrt kurz an, bis sie auf die Fähre fahren können, hin und wieder hält die kleine Regionalbahn aus Lübeck hier. Das ist schon ein bisschen traurig.

    Wir kamen dann doch noch nach einer Weile zum Bahnsteig. Ich überlegte tatsächlich die Zugbegleiter des EuroCitys zu fragen, ob sie uns mit nach Hamburg nähmen, ließ es dann aber glücklicherweise bleiben, das Ding wurde ein paar Minuten später gerammelt voll von Fahrgästen, die aus Dänemark Richtung Hamburg weiterfahren wollten.

    Das ist natürlich auch supergeil: Die sind aus Kopenhagen mit einem Zug bis Nykøbing F. gefahren, dort in mehrere enge Reisebusse nach Rødbyhavn gestiegen, dann zu Fuß auf die Fähre gelatscht, um schließlich in dieser Sardienenbüchse weiter zu fahren. Gebucht hatten die Leute übrigens eine durchgängige Fahrt nach Hamburg mit Platzreservierung ohne Umsteigen. Dass die Dänische Staatsbahn einfach mal so mit Bauarbeiten loslegt, dürfte für fast alle recht überraschend gekommen sein.

    Die Anzeige der Zugnummer ist ausgefallen, man weiß sich aber mit einem Wachsstift zu helfen.

    Naja, und sonst? Unser Zug legte erstmal mit einer Viertelstunde Verspätung los, weil wir den EuroCity zuerst ausfahren lassen mussten — obwohl wir die Strecke eigentlich gleich danach wieder freigeben und nach Burg fahren. Dort genehmigten wir uns noch mal eine kurze Pause, wenden und fahren bis Neustadt-Güterbahnhof, wo wir den ebenfalls verspäteten Gegenzug aus Lübeck durchließen. Laut Online-Auskunft wurde der Halt in Neustadt ohne Angabe von Gründen gestrichen, der Triebwagenführer rangierte dennoch pflichtbewusst hinein, hinaus, fuhr dann mit zwanzig Minuten Verspätung weiter nach Lübeck. Dort wurde es mit dem Anschluss etwas knapp, was die Online-Auskunft aber relativ mutig mit „Alle Anschlüsse werden erreicht“ quittierte.

    Naja. Das einzig aufregende war dann eigentlich noch eine Gruppe angetrunkener Fahrgäste ohne Gepäck, die sich an mir vorbei in den Fahrstuhl drängelte („Wir haben es eilig.“) und dann blöd fragte: „Warum steigen Sie jetzt nicht ein?“ Ja, weil das Bike mit Anhänger halt nicht passt. Aber egal, das ist ein anderes Drama. Mit Betrunkenen sollte man in Unterzahl lieber nicht streiten.

    Die Fahrt runter von der Fähre ist relativ unspektakulär, weil’s im Gegensatz zu Rødby keine Grenzkontrollen gibt und man auch nicht auf irgendeiner Art Autobahn landet.

    Man muss lediglich die Lastkraftwagen im Auge behalten, die gerne Kurven schneiden und Radfahrer naturgemäß „übersehen“…

    … und darauf achten, dass man plötzlich in der Mitte der Straße fährt und vom Oberdeck noch Kraftfahrzeuge rechts heranfahren könnten:

    Ansonsten folgt man einfach dem Straßenverlauf und kann beispielsweise den Wegweisern zum Border-Shop folgen, um sich dort entweder mit Süßigkeiten und Alkohol einzudecken, zum Bahnhof zu gondeln oder aber den Radweg abseits der Bundesstraße zu finden:

    Na gut, rauf auf die Fähre. Heute wird es auf der „Schleswig-Holstein“ offenbar etwas voller, dafür werden wir heute angewiesen, die Halterungen für Motorräder zu nutzen. Ich möchte Schneeweißchen II lieber an einer dieser Stangen in der Mitte parken, aber „Nein, nein, dort!“, ich soll die Motorradhalterungen nutzen.

    Das geht mit einem Fahrrad natürlich nur so mäßig, eigentlich soll man das Motorrad auf den Ständer stellen und dann mit dem Gurt niederzurren, aber man kann natürlich den Gurt auch nutzen, um das Rad an die Wand zu drücken:

    Der Blaue Blitz parkt etwas weiter vorn, dort ist es schon ziemlich eng:

    Ansonsten ist angesichts der Masse an Kraftfahrzeugen fahrradgeeigneter Platz eher knapp:

    Als Symbolfoto für die Überfahrt noch eine Aufnahme der anderen Fähre:

    Zurück nach Fehmarn. Wie gesagt, die Fahrt zum Autoschalter gestaltet sich dieses Mal ein wenig abenteuerlich, weil man gefühlsmäßig mit dem Rad auf die Autobahn fährt, aber immerhin wird die Anfahrt für Räder hier einwandfrei ausgeschildert.

    Hier geht’s los:

    Fahrräder geradeaus:

    Dieser Moment ist halt echt ein bisschen gruselig, weil man hier mit relativ schnellen Kraftfahrzeugen rechnen muss und einfach mal so als Querverkehr dort reinrollt:

    Am Ticketschalter das gleiche Spiel wie auf der Hinfahrt: Buch aufschlagen, Tastatur bedienen, Ticket drucken. Buch aufschlagen, Tastatur bedienen, Ticket drucken. Man kann übrigens auch mit Euro bezahlen.

    Wieder Warteposition 1, wieder warten wir artig, bis alle Kraftfahrzeuge auf der Fähre sind. Heute ist ein bisschen mehr los, ein paar Kraftfahrer missachten die Anweisungen des Hafenpersonals und müssen nach ausführlichen Diskussionen eine Ehrenrunde drehen. Jaja, wer ein Flex-Ticket bucht, der bucht halt nur seine Überfahrt, aber keinen festen Zeitpunkt.

    Los geht’s, wir sind dran:

    Hatte ich vor zwei Beiträgen noch etwas von einer Fahrt mit dem EuroCity von Nykøbing F. nach Hamburg erzählt?

    Am 22. März fiel der dänischen Staatsbahn dann mal ein, dass es jetzt Zeit für Bauarbeiten wäre: Die Strecken sollen ertüchtigt werden.

    Da habe ich ja echt Bauklötze gestaunt. Lischen-Radieschen und ich hatten im Vorfeld die DSB-Webseite ausführlich studiert und eine Woche vorher noch Verbindungen von Nykøbing F. nach Rødbyhavn herausgesucht, ich war auch einen Tag vorher noch zugange, um eventuelle Verbindungen für einen Besuch in København herauszusuchen — da war kein gelbes Banner oben zu sehen, da tauchten für den 23. und 24. März alle Züge ganz regulär im Fahrplan auf, da war keine Spur von Bauarbeiten oder Schienenersatzverkehr.

    Ich hätte gedacht, dass die Dänen ihre Züge besser im Griff hätten. Ich hätte echt nicht damit gerechnet, dass direkt in der ersten Hälfte der Urlaubshauptsaison erst einmal eine der wichtigsten Zugverbindungen zwischen Deutschland und Dänemark gestrichen wird. Vielleicht erkennt man aber auch daran den Stellenwert, den die Vogelfluglinie heutzutage hat: Es kommen eh alle mit dem Auto, das kann man schon mal machen. Hier rächt sich dann auch wieder, dass die Dänen ebenfalls dem Zeitgeist des Automobils gefolgt sind und eventuelle Ausweichtrassen zurückgebaut oder aufgegeben haben.

    Na ja: Dann geht’s halt mit dem Fahrrad wieder zurück. Ich glaube, es gibt schlimmeres.

    Nun gut, drüben in Rødbyhavn geht’s runter von der Fähre. Das ist nicht weiter spannend, einfach den Kraftfahrzeugen hinterher und auf Lastkraftwagen aufpassen:

    Ein bisschen witzig ist dieser Radweg auf der linken Straßenseite, der Lischen-Radieschen ziemlich verwirrt hat. Naja. Es stellte sich heraus, dass die Fahrradpiktogramme wohl falsch herum aufgetragen wurden:

    Hier rechts im Bild ist gerade der EuroCity in den Bahnhof Rødby Faerge eingefahren. Den Bahnhof hat ein ähnliches Schicksal ereilt wie seinem Kumpel in Puttgarden, vom einstigen Zugbetrieb ist kaum noch etwas übrig, außer dem EuroCity und ein paar Regionalverbindungen nach Lolland hält hier nichts mehr. Früher ging’s von hier im Hochbetrieb nach København, weiter nach Schweden und Norwegen, oder aber in die Gegenrichtung bis Süddeutschland.

    Weiter geht’s:

    Das ist die Brücke von Rødbyhavn rüber zum Bahnhof. Wenn man mit dem Rad in die Bahn steigen möchte, kann man von Rødbyhavn entweder über diese Brücke klettern oder den Weg nehmen, den wir gleich noch fahren:

    Weiter geht’s zur Polizeikontrolle. Am besten hat man seinen Ausweis griffbereit. Wir fahren einfach an den wartenden Autos vorbei und werden von einem freundlichen Dänen kontrolliert, der uns danach den…

    Weg raus vom Hafengelände zeigt. Man muss nicht unbedingt wie wir hier über den Kiesweg an den Polizeibaracken vorbeischieben, man kann auch hinter den Containern auf dem Parkplatz vorbeifahren. Man sollte eben nach Möglichkeit vermeiden, nach links auf die Autobahn zu fahren, die sich hier schon hinter dem Straßenbegleitgrün verbirgt:

    Hier geht’s dann weiter:

    Zurück zum Bahnhof, der schon recht traurig brachliegt. Rechts wurden offenbar Güter verladen, auf der linken Seite befinden sich zwei großzügige Bahnsteige mit jeweils zwei Gleisen, von denen die beiden Äußeren zu jeweils einem Fähranleger führen, die inneren zusammen mit zwei weiteren Gleisen an einem Prellbock enden:

    Der EuroCity hält sogar an einem Provisorium aus Holz, der eigentliche Bahnsteig ist aus mir unbekannten Gründen gesperrt. Vielleicht ist der Unterhalt eines „echten Bahnsteigs“ mit Zugzielanzeiger und Wartehäuschen schlichtweg zu teuer? Jedenfalls könnte man hier mit dem Rad in einen Zug steigen, wenn man Richtung Norden oder zurück nach Fehmarn möchte. Hier setzt sich der EuroCity nach København nach einer Polizeikontrolle in Bewegung:

    Wie gesagt: Vom einstigen Bahnhof ist nichts mehr übrig:

    Wenn der EuroCity mit offenen Türen lockt, dann kann ich natürlich nicht widerstehen, ich bin der Sache mal auf den Grund gegangen. Die Stufen sind ein bisschen lästig, falls man mit schwerem Gepäck oder Anhänger unterwegs ist, aber prinzipiell kein Vergleich zu einigen deutschen InterCity-Wagen, bei denen die Tür zum Fahrradabteil aus historischen Gründen noch viel schmaler ausgelegt wurde:

    Platz genug ist ja, es gibt allerdings nur Klappsitze mit Gurten zum Festmachen, keine separaten Halterungen. Momentan begeistert sich allerdings nur ein einsamer Koffer für das Fahrradabteil:

    Nach Auskunft des Zugbegleiters kann man Fahrradtickets für den EuroCity zwischen Hamburg und Kopenhagen nur an dänischen „Reisezentren“ oder Automaten kaufen. Das ist natürlich total super, wenn man von Deutschland aus reisen möchte, die Deutsche Bahn kann angeblich keine Fahrradkarten für diese Verbindung anbieten. Wie es dann mit den Reservierungen für Fahrräder läuft, wurde leider auch nicht klar, da die Fahrradstellplätze nunmal nicht nummeriert sind. Wir vermuten, dass einfach sechs oder zehn Fahrradkarten pro Zug verkauft werden. Naja.

    Und weg ist er:

    Gut zu wissen, das wäre aber immerhin eine Option von Nykøbing F. zurück nach Hamburg.

    Nun denn, auf zur Fähre. Dem Fähranleger Puttgarden nähert man sich als Radling von der Fährstraße (ja, man kann natürlich auch die Bundesstraße nehmen, das ist in Ermangelung der notwendigen Beschilderung nicht verboten, aber sicherlich kein Spaß).

    Weil man mit dem Fahrrad als Fahrzeug gilt, fährt man auch an den Autoschalter heran. Wir nehmen also die zweite Einfahrt auf der rechten Seite. Die erste führt zum Border-Shop, die dritte zum Bahnhof.

    Das Einfahren in diese Straße war am Montagmorgen total easy, im Sommer eher ein Erlebnis, weil von beiden Seiten mit erheblichem Kraftverkehr gerechnet werden muss — die Einfahrt zum Autoschalter ist an dieser Stelle immerhin schon sechsstreifig, da kann man viel erleben. Wichtig ist hier, sich mit dem Rad an einem der Schalter mit dem gelben „Service“-Symbol einzureihen. Die blauen Symbole für die jeweilige Fahrzeugart ignorieren wir einfach mal.

    Am Autoschalter spielt sich offenbar immer das gleiche Prozedere ab. Ja, mit dem Rad wäre man hier schon richtig, aber der Angestellte müsse dann erst einmal nachgucken. Dann wird in einem Buch nach dem richtigen Tarif geblättert, dann wird das Buch wieder weggepackt und im Computer herumgeklickt, dann bekommt man ein Ticket, einen Boarding-Pass und eine Art „Gutschein“ für Tabak. Weil wir zu zweit sind, wiederholt sich das Prozedere noch einmal, erst den Tarif im Buch suchen, dann in den Rechner klicken, dann drucken. Naja.

    Wir waren dann an der Nummer 1.

    Rechts im Bild ist übrigens das Tickethäuschen für Fußgänger, die entweder mit der Bahn angekommen oder auf irgendeine Weise zu Fuß zum Hafen gekommen sind:

    Nach Umschalten auf grünes Licht geht’s auf die Fähre. Mit dem Rad fährt man offenbar immer als letztes los und nimmt dann an Platz, was eben noch auf dem Fahrzeugdeck frei ist:

    Na guck, wer auch schon dort ist: Der EuroCity von eben.

    Nun dürfen wir auf die Fähre, aber aus versicherungstechnischen Gründen offenbar wegen der Schienen nur auf der linken Seite. Nun gut.

    Der EuroCity ist tatsächlich zentimetergenau eingeparkt:

    Und, welch eine Freude für einen Eisenbahnfan wie mich, unsere Räder parken direkt davor:

    Los geht die große Fahrt:

    Scandlines wird nicht müde zu betonen, wie umweltfreundlich diese Fähre doch wäre und dass aus dem Schornstein zum großen Teil Wasserdampf emporsteige, Schadstoffe und Ruß würden supereffizient auf magische Weise gereinigt. Den Vortrag muss man sich zu Beginn der Fahrt über die Lautsprecheranlage anhören, außerdem werden Details dazu regelmäßig auf den Informationsbildschirmen dargestellt. Andererseits: Wenn das wirklich so gut funktioniert, halte ich die Erwähnungen für vollkommen legitim:

    Letzten Montag ging es also mit den Rädern, der Bimmelbahn und der Fähre vom Eidelstedter Platz rüber nach Marielyst. Google Maps veranschlagt für diese Strecke relativ genau vier Stunden über die Vogelfluglinie, mit dem Rad ist das natürlich ungleich witziger.

    Erstmal stehen da elf Kilometer von meiner Bude zum Hauptbahnhof auf dem Programm, weil ich natürlich morgens mit dem Rad während der Sperrzeiten nicht in die S-Bahn steigen darf. Anschließend geht’s mit dem Doppelstock-Regionalexpress nach Lübeck, von dort aus gondelt man mit einem kleinen Lint bis nach Burg auf Fehmarn, weil der Zug letzte Woche nur in den Tagesrandzeiten die letzten sieben Kilometer bis Puttgarden fuhr. Irgendeinen Grund wird das schon gehabt haben, Bauarbeiten oder ähnliches konnte ich auf der Bahnstrecke allerdings nicht entdecken. Die sieben Kilometer kann man relativ locker mit dem Rad zurücklegen, es geht fast nur geradeaus, oder man wartet auf den Bus, dessen Fahrplan leider weder auf die Ankunft der Bahn noch auf die Abfahrt der Fähre abgestimmt ist.

    Gut, dann kommt man irgendwie auf die Fähre rauf und gondelt nach Rødbyhavn, von dort aus könnte man theoretisch mit der Regionalbahn weiter nach Nykøbing F. fahren, allerdings sind die Fahrpläne der deutschen und der dänischen Bahn nicht miteinander abgestimmt, so dass man zwangsläufig Wartezeiten von zwei Stunden überbrücken muss, egal wie man die Überfahrt mit der Fähre legt. Naja, und von Nykøbing F. sind’s dann noch mal zwölf Kilometer bis zur Hytter.

    Lischen-Radieschen und ich haben uns dann dafür entschieden, ab Rødbyhavn die ganzen fünfzig Kilometer bis Marielyst mit dem Rad zu fahren. Die Ankunftszeit an der Hytter hätte sich nicht wesentlich geändert, so hatten wir aber nicht zwei Stunden totzuschlagen.

    Dennoch: So eine Tour macht eigentlich kein normaler Mensch. Dem entgegen steht eine sehr viel bequemere Fahrt mit dem Auto, deren einzige Unterbrechung das Aussteigen auf der Fähre ist, die übrigens „nur“ doppelt so teuer ist.

    Mit dem Auto sind’s 230 Kilometer zu je 30 Cent, die mit insgesamt 70 Euro zu Buche schlagen. Dazu die Fährüberfahrt zu 88 Euro, macht dann insgesamt 158 Euro. Mit dem Rad brauchen wir zwei Fahrkarten für die Bahn und zwei Fahrradkarten zu jeweils 25 Euro, zahlen zwei Mal 8,50 Euro für die Fähre, dann noch optional 36 Euro für die Fahrkarten bis Nykøbing F, macht insgesamt 78 Euro, beziehungsweise in unserem Fall nur 42 Euro. Dennoch steht der ganze Aufwand mit dem ständigen Risiko, den Anschlusszug zu verpassen, mit dem Rad nicht in den engen LINT einsteigen zu können oder irgendwie liegenbleiben zu können, in gar keinem Verhältnis zur finanziellen Ersparnis.

    Eine Alternative wäre noch die Anreise über Rostock gewesen, dorthin fährt ja normalerweise der RE 1 von Hamburg alle zwei Stunden ohne Umsteigen, allerdings ist dort momentan aufgrund von Bauarbeiten ein mehrmaliges Umsteigen in Bahnhöfen nach DDR-Standard ohne Aufzug notwendig. Von Rockstock fährt die Fähre nach Gedser dann auch nur alle zwei Stunden in einem ungünstigen Verhältnis zum Fahrplan des Regionalexpress’, vom Hauptbahnhof zur Fähre sind’s dann auch noch mal 13 Kilometer, von Gedser noch einmal 15 Kilometer bis zur Hytter. Etwas besser, aber immer noch nicht so richtig geil.

    Nun muss man auch im Hinterkopf behalten, dass für den Bau der festen Fehmarnbeltquerung voraussichtlich für mehrere Jahre kein Zug nördlich von Neustadt in Holstein fahren wird, halb Ostholstein mitsamt der Insel Fehmarn vom Zugverkehr abgeschnitten sein wird. Das ist schon wirklich irre und ein ganz erheblicher Abstieg für den einst stolzen Fährbahnhof Puttgarden, der mittlerweile mit von drei auf einen halben trostlosen Bahnsteig reduzierten Angebot einen wirklich trostlosen Anblick bietet. Seit der Güterverkehr über die Storebæltsbroen geleitet wird, nimmt natürlich niemand mehr den bummeligen Weg mit Trajektierung und so weiter auf sich.

    Bei dem ganzen Diskussionen um die Trassenführung für die feste Fehmarnbeltquerung kommen ohnehin die ganzen Versäumnisse der Bahnpolitik aus den letzten Jahrzehnten noch mal ans Tageslicht. So führt die einzige Verbindung von der Insel Fehmarn herunter nach Lübeck, die ehemalige Querverbindung von Neustadt nach Eutin wurde vor langer Zeit aufgegeben und zurückgebaut (so konnte man früher nicht nur direkt von Kiel nach Puttgarden fahren, sondern auch von Hamburg-Eidelstedt), die Kleinbahn von Preetz nach Lütjenburg nie bis Oldenburg in Holstein verlängert. Auf dem Weg nach Fehmarn fährt die Regionalbahn in den Bahnhof Neustadt in Holstein rein, fährt rückwärts wieder raus und wendet anschließend zeitaufwändig im alten Güterbahnhof, weil die Ausfahrt Richtung Norden vor langer Zeit aufgegeben und für einen Supermarkt verkauft wurde. Um Zeit zu sparen, halten einige Züge direkt am alten Güterbahnhof, der sich aber außerhalb der Stadt befindet und… ach, die Fahrt mit der Bahn ist hier draußen wirklich ein Drama.

    Nun wird gebaut und die alte Bahnstrecke einfach… dichtgemacht. Der Radweg an der Fehmarnsundbrücke wird selbstredend… ebenfalls gesperrt. Als Radfahrer erreicht man die Insel nur noch mit dem Rad auf dem Fahrradträger eines Autos, denn es ist ja nicht davon auszugehen, dass ein mit Bussen geleisteter Schienenersatzverkehr für Radfahrer angeboten wird. Und selbstverständlich wird der Tunnel nicht mit einer Röhre für Fußgänger und Radfahrer ausgestattet: Wenn’s gut läuft, wird zwischen Burg (oder was auch immer der Endpunkt des Regionalverkehrs auf der deutschen Seite des Tunnels sein wird) und Rødbyhavn ein Busverkehr mit entsprechend reduzierter Beförderungskapazität eingerichtet, auf einen Pendelzug braucht man wohl nicht zu hoffen, wenn’s schlecht läuft, kann man den Fehmarnbelt nur mit dem Fernverkehr und entsprechenden Tarifen überqueren. In der Ausschreibung zum Elektronetz-Ost ist zwar die Idee eines Nahverkehrs zwischen Lübeck und Nykøbing F. angedacht (was ich übrigens endlos geil fände), aber dann hat man halt leider gemerkt, dass dafür nur die Dänische Staatsbahn imstande wäre und die ganze Sache überhaupt sehr kompliziert würde. Naja.

    Da blickt man als Nutzer des ÖPNV doch etwas neidisch auf den Kraftverkehr hinüber, der gerade eine Autobahn bis zum geplanten Tunnel gebaut bekommen. Ist halt alles etwas doll. Wer in ein paar Jahren an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste Urlaub machen möchte, ist ohne Auto aufgeschmissen. Wie sich dieses ganze ökologisch ohnehin recht problematische Tunnelprojekt mit Umwelt- und Klimaschutzzielen, CO2-Reduzierung oder dem Mobilitätswandel verträgt, ist mir schleierhaft.

    Aber gut, nun nutzen wir das Angebot noch einmal, solange es existiert.

    Mit dem RE 80 düse ich problemlos von Hamburg nach Lübeck, am frühen Morgen fährt außer mir kaum jemand in diese Richtung, da ist das Mehrzweckabteil vollkommen leer. Der Zugbegleiter macht ein bisschen Stress, wir müssen diskutieren, ob mein Fahrradanhänger als Fahrrad zählt oder nicht, er nimmt die Sache aber freundlich-locker und wir scherzen darüber, dass das Ding ja nur ein Rad hätte und nicht zwei.

    In Lübeck begegnet mir zum ersten Mal der EuroCity von Hamburg nach Kopenhagen, der da drüben angekündigt wird. Das wird später noch mal wichtig, denn der war für uns mit den Rädern nicht zu buchen.

    Weiter geht’s mit dem kleinen LINT als RB 85 hoch nach Burg auf Fehmarn. Der Zug weiß selbst noch nicht so genau wo er enden möchte:

    … und zwischendurch steigt noch eine Schulklasse mit drei Begleitpersonen ein. Der blanke Horror. Nicht nur laut und unruhig, sondern auch nachteilig für alle anderen Fahrgäste, unter anderem eine Gruppe Senioren, die mit ihren Rollatoren im Türbereich sitzen dürfen, weil niemand eine neue Platzverteilung innerhalb der Schulklasse auf die Reihe bekommt. Ich mische mich aber dieses Mal nicht ein, das ist nicht mein Problem, ich muss nicht immer den Helden spielen. Wenn die Lehrer schon Probleme mit der Durchsetzung ihrer Autorität haben, dann lasse ich die Finger davon. Außerdem passt bei uns alles einigermaßen und abgesehen von der Geräuschkulisse verläuft die Fahrt problemlos:

    Naja, fast problemlos, denn der Triebwagenfahrer muss in Neustadt zwei Mal zwecks des erwähnten Wendemanövers durch den Zug latschen und wie ein Bergsteiger über riesige Koffer klettern. Was im Herrgottesnamen nehmen zwölfjährige Schüler an Kram mit auf eine fünftägige Klassenfahrt?

    Nun gut. Der erst 2010 Jahren neu eröffnete Haltepunkt Burg auf Fehmarn ist klein, aber fein:

    Hier ging es vor langer, langer Zeit einmal weiter, der eigentliche Bahnhof befand sich etwa 200 Meter weiter südlich, von dort aus führten die Gleise der Inselbahn Fehmarn bis Burgstaaken und Fehmarnsund.

    Los geht’s mit dem Rad, die eigentliche Strecke ist angenehm unspektakulär.

    Der Klassiker: Benutzungspflichtiger Fuß- und Radweg, aber Gefahr aufgrund von Radwegschäden. Naja.

    Kurz vor elf Uhr saust der bereits erwähnte EuroCity nach Kopenhagen an uns vorbei. Neid kommt auf, denn an der Seite prangen zwei große Fahrradpiktogramme. Ich habe die Kamera leider nicht rechtzeitig zur Hand und konnte die Gumminase nur noch von hinten bei der Einfahrt ins Puttgardener Bahnhofsvorfeld knipsen:

    Tja, hätten wir das mal gewusst. Wir hätten offenbar relativ einfach von Hamburg über Puttgarden bis Nykøbing F. fahren und dann mit den letzten 13 Kilometern bis Marielyst den Kreislauf in Schwung bringen können.

    Ab übermorgen wird für die nächsten sechs Wochen der RE 7 in Neumünster enden. Alle Fahrgäste müssen dort in die RE70 nach Hamburg umsteigen.

    Das ist natürlich erheblich ungeil, vor allem weil diese Informationen bei nah.sh eher versteckt werden.

    Das mit der Fahrradmitnahme sehe ich eher locker, ich nehme das ja eher in den Tagesrandzeiten mit, weil die grünen Züge zwischen 6 und 20 Uhr ohnehin überfüllt sind. Bleibt aber dennoch die Frage, wie man das mit dem gebetsmühlenmäßig wiederholten Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel vereinbaren möchte, wenn nun angekündigt wird, dass Fahrgäste am Bahnsteig zurückbleiben könnten. Ernsthaft?

    Ich erkenne bei diesen Baumaßnahmen auch immer wieder die deutlich unterschiedliche Priorisierung von öffentlichem Personennahverkehr und dem motorisierten Individualverkehr. Bei den Straßensanierungen im Hamburger Umland macht man ja auch nicht einfach die Strecken dicht, sondern baut Ausweichstrecken, schildert Umleitungen aus und optimiert Ampelschaltungen.

    Nun ist mir ja klar, dass man nicht einfach vom Stillstandsmanagement ein paar dickbackige Hamster aus Rügen anfordern kann, aber man hat die Bahn ja grundsätzlich derart heruntergewirtschaftet, dass man den Fahrgästen nur Zugausfälle anbieten kann. Tja, hätte man vor vierzig Jahren nicht aberhunderte Streckenkilometer stillgelegt, käme man ja womöglich noch auf anderen Strecken ans Ziel.

    Und das direkt in der Osterzeit, beziehungsweise in der allgemeinen Ferienzeit Schleswig-Holsteins.

    Vom Fahrradland Schleswig-Holstein mal ganz zu schweigen.

    Und beim zweiten Tor hätte ich direkt nochmal angerufen und mich als Geschädigten angegeben. Hätte man spätestens bei den letzten Polizisten, die Malte vernommen haben, machen können.

    Im Nachhinein betrachtet: Ja. Hätte ich machen sollen. Ich war aber in dem Moment etwas zu fertig mit der Welt, um da vernünftig reagieren zu können.

    Andererseits: Es hätte im Endeffekt nichts geändert. Wir brauchen hier ja gar nicht erst anfangen zu überlegen, ob ich für die geprellte Hand womöglich Schmerzensgeld bekommen hätte, das ist vollkommen abwegig, aber es wäre mir ja schon wert, wenn man dem zuständigen Bauleiter einmal deutlich macht, dass er seinen Kram ordentlich absichern könnte. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass sich Teile einer Arbeitsstelle selbstständig machen und einen mittelschweren Verkehrsunfall verursacht.

    Wenn das Ding aber aktenkundig würde, käme auch gleich wieder die Frage auf, warum ich mich denn berufen gefühlt habe, unbedingt den Helden spielen zu müssen, denn die Gefährdung entstand im rechtlichen Sinne ja nicht durch die ungesicherten Tore, sondern weil ich der Meinung war, jetzt unbedingt eingreifen zu müssen.

    Whatever. Ich streiche den gestrigen Abend einfach aus meiner Biographie. So sehr habe ich mich schon lange nicht mehr zum Affen gemacht.

    Es ist ja immer wieder spannend. Nächstes Wochenende ist Krokusblüte in Husum, das ließe sich ja eigentlich mit einem Gran Fondo verbinden. Hmm, der Sylt-Shuttle-Plus rumpelt am Sonntag um 4 Uhr als D 1406 im Bahnhof Altona los und ist knappe zwei Stunden später in Husum, das ist doch geil, das ist doch ideal, das alles für 14,90 Euro im Sparpreis, da…

    … sind alle Fahrradstellplätze ausgebucht?

    Um vier Uhr morgens? Okay, Krokusblüte, verkaufsoffener Sonntag, das ist schon publikumswirksam, aber um vier Uhr morgens?

    Da frage ich doch mal morgen im Reisezentrum nach.

    Puh. Mir fällt da eigentlich nur diese Fahrradabstellanlage am DESY ein. Dort gibt’s allerdings auf dem weitläufigen Gelände allerhand unterschiedliche Abstellanlagen, von einfachen Querbalken aus Holz bis hin zu diesem Ding:

    Ansonsten kenne ich innerhalb von Bureaugebäuden nur den üblichen Kram in der Tiefgarage: Dort werden ein paar so genannter Felgenbrecher hingestellt, bei denen man zusätzlich Gefahr läuft, dass ein unachtsamer Kollege mit seinem Rad das Schaltwerk vom Rahmen trennt oder ähnliche Späßchen.

    Diesbezüglich möchte ich meinen Arbeitgeber loben: Dort parkt das Fahrrad oben im Aufenthaltsraum.

    Eines meiner größten charakterlichen Schwächen ist vermutlich das Bedürfnis, unbedingt den Helden spielen zu müssen. Wenn ich auf eine Situation treffe, in der irgendwie Not am Mann ist, dann greife ich ein, da kenne ich kein Wenn und Aber. Und das bringt mich meistens in Schwierigkeiten.

    Vor allem: Es geht bei mir nie ohne Drama. Nie.

    Heute Abend wollte ich eigentlich nur rüber zum Einkaufen und mir für den letzten Arbeitstag vor dem Urlaub eine prächtige, vor Fett nur so triefende Tiefkühlpizza gönnen. Ich wohne nicht weit vom Eidelstedt-Center entfernt, ich hörte bereits in meiner Wohnung wütendes Gehupe und wunderte mich, was denn nun wohl wieder los war, machte mir aber keine weiteren Gedanken und marschierte die 300 Meter rüber zum REWE. Am Eidelstedt-Center bot sich dann folgender Anblick:

    Die beiden Torflügel hatten sich ob des Sturmes offenbar selbstständig gemacht und genossen ihre neue Freiheit, indem sie fröhlich auf und zu schlugen und dabei in das Lichtraumprofil der Fahrbahn eindrungen. Das verursachte auch das dazugehörige Gehupe: Abbiegende Kraftfahrer blieben angesichts der Hindernisse stehen und kassierten dafür die Hupe des Hintermannes. Ich dachte mir nichts dabei, bis einer der Kraftfahrer um die Kurve kam und gerade noch im letzten Moment dem hier im Bild rechten Türflügel ausweichen konnte, weil dort auf dem Fahrstreifen zum Linksabbiegen weitere Kraftfahrzeuge standen. Als nächstes war ein Metrobus der Linie 21 an der Reihe, der ebenfalls nur mit einer ordentlichen Bremsung einer Ohrfeige des linken Torflügels ausweichen konnte.

    Und das war dann wieder der Moment, an dem ich das Superheldenkostüm anzog und der Meinung war, hier unbedingt eingreifen zu müssen.

    Den einen Torflügel arretierte ich mit einem Standfuß, den ich dort aufgetrieben hatte, wobei sich der Torflügel nicht so richtig beeindruckt zeigte und Anstalten machte, sich wieder loszureißen. Es dauerte nicht einmal zehn Sekunden, dann war mir klar, warum ich die Fußplatte dort gefunden hatte, wo ich sie gefunden hatte, denn der Wind drückte mit einer Kraft gegen den hölzernen Torflügel, die den Standfuß locker beiseite schob. Ich stellte beim zweiten Versuch den Torflügel senkrecht zum Wind, unterband damit jegliche Angriffsfläche und hatte erst einmal Ruhe vor diesem Monstrum.

    Für den anderen Torflügel fand ich keine passende Fußplatte, stattdessen drückte der Sturm, wo auch immer er direkt im Windschatten des Eidelstedt-Centers einen Angriffsvektor fand, die danebenliegende Wand mitsamt der Toiletten in Richtung Fahrbahn.

    Ich wusste mir in diesem Moment schlichtweg nicht anders zu helfen als die 110 zu wählen. Hier sollte bitteschön die Hamburger Polizei einmal anrücken, mit Blaulicht ganz kurz den Kreuzungsbereich sperren, so dass wir für einen Moment Ruhe vor den abbiegenden Kraftfahrzeugen hätten, und dann überlegen wir uns ganz in Ruhe, wie wir die Türen arretierten. Gesagt, getan, ich wählte die 110 und lieferte dem Beamten am Telefon ein bemerkenswertes Schauspiel, weil ich zwischendurch beinahe mein Handy verlor, als ein Windstoß den Torflügel erfasste.

    Naja. Man wolle sich drum kümmern.

    Es sollte eine knappe halbe Stunde dauern, bis ein Streifenwagen mit zwei Beamtinnen eintraf. Während dieser halben Stunde fror ich mir sämtliche Extremitäten ab, während ich mit Müh und Not diese blöde Tür festhielt…

    … damit sie möglichst keine Kraftfahrzeuge unter sich begraben möge:

    Das Problem war tatsächlich, dass es gar keine Gelegenheit gab, das Tor vernünftig zu schließen. Ich rechnete mir bei diesen Windverhältnissen einen Zeitaufwand von mindestens 15 Sekunden dafür aus und diese 15 Sekunden gab es einfach nicht, weil andauernd jemand um die Ecke kam.

    Und glaubt ja nicht, dass mal jemand anhält und hilft. Nö. Zwei Mal wurde ich angehupt, als sich die Tür losgerissen hatte, beziehungsweise meinen rechten Fuß eingequetscht hatte und einen Teil der Fahrbahn blockierte. Die einzige Rückmeldung der vorbeifahrenden Kraftfahrer war ein ganz toller Witzbold, der wohl irgendeinen Prostituierten-Witz machen wollte und mich nach meinem Preis fragte, während er mich mit dem Handy filmte. Und Handyfotos waren auch das einzige, was sich dort drüben aus dem gegenüberliegenden Haus an Hilfestellungen bot:

    Eigentlich wäre genau das jetzt der Zeitpunkt gewesen, diese blöde Tür in Ruhe zu lassen und zum Einkaufen zu gehen. Sollen die lieben Kraftfahrer doch sehen, wie sie mit dem Ding klarkommen. Wenn da jemand um die Kurve kommt und das Ding vor die Stoßstange bekommt: Pech gehabt. Sichtfahrgebot und so, nä? Ist doch nicht mein Problem. Soll halt jemand bei dieser Scheiße draufgehen, dann könnten wir ja endlich mal eine ordentliche Diskussion darüber führen, ob man Arbeitsstellen ordentlich absichert oder nicht, denn ich bin diesen ganzen Quatsch echt satt.

    So ging das dann eine Weile, bis gegen 20.45 Uhr besagter Funkstreifenwagen eintraf. Die beiden Damen hielten sich nicht lange mit Höflichkeiten auf, zauberten eine weitere Fußplatte herbei und arretierten den zweiten Torflügel.

    So einfach kann’s gehen, wenn man nur zu zweit ist. Das war für mich natürlich ein total toller Moment, denn natürlich war es in diesem Moment windstill, so dass die Dramatik der vorigen zwanzig Minuten ein bisschen an Geltung verlor, außerdem kam jetzt eine gefühlte Ewigkeit niemand um die Kurve gebrettert, so dass sie Beamtinnen auch nicht so recht verstanden, was denn nun eigentlich das Problem war. So blieb es bei einer recht kühlen Begegnung und einem „Danke!“, dann stiegen die beiden wieder ein und fuhren weiter.

    Ich hätte mich gern noch gerechtfertigt, warum ich es für notwendig hielt, hier den Notruf zu wählen, und warum ich die Sache nicht selbst in den Griff bekommen hatte. Und ja, ich hätte auch gerne erläutert, dass ich mir insgesamt eine gute halbe Stunde lang die Pfoten abgefroren hatte, anstatt im warmen Wohnzimmer zu hocken, einzig und allein um einen mehr oder weniger schweren Verkehrsunfall zu verhindern. Aber okay, so ist das halt, so zollt mir dann nur der blaue Fleck am rechten Fußknöchel Respekt.

    Naja, gut, was habe ich erwartet? Das Bundesverdienstkreuz? Eine Erwähnung im Polizeibericht als Beispiel für selbstlosen Einsatz? Wollen wir mal ehrlich sein: Ich habe die Polizei nur genervt. Hätte ich nicht den Notruf gewählt, dann wäre halt früher oder später jemand gegen dieses Tor geknallt oder es wäre überhaupt gar nichts passiert und die Welt hätte sich auch ohne meinen Einsatz weitergedreht. Nur weil ich der Meinung bin, ich müsste jetzt hier unbedingt einen Unfall verhindern, der sich ohne meinen Einsatz ohnehin nicht zugetragen hätte, naja, nur darum muss die Polizei ja nicht gleich meiner Meinung sein. Allerdings hätte ich es auch nicht verkehrt gefunden, wenn sich mal jemand die Mühe machte, den hier Verantwortlichen ein Bußgeld für die unsaubere Absicherung der Arbeitsstelle aufzudrücken. Dass es stürmisch würde, das war ja seit Tagen bekannt, da kann man sich mit der Verriegelung der Türen durchaus mal Mühe geben, gerade im Bereich der Fahrbahn.

    Ich marschierte dann tatsächlich etwas konstatiert weiter zum Einkaufen.

    Und ich wäre nicht Malte Hübner, wenn ich mir nicht noch eine schallende Ohrfeige eingefangen hätte. Als ich droben am Ende des gemeinsamen Fuß- und Radweges, der weiter oben hinreichend bebildert wurde, um die Ecke bog, bekam ich quasi die komplette Breitseite eines hölzernen Torflügels in die Fresse. Dort hatte sich nämlich ebenfalls die Zufahrt zur Arbeitsstelle selbstständig gemacht und wackelte fröhlich im Wind hin und her. Und es muss wohl irgendwie dieses Schicksal sein, über das ich häufiger klage, wenn ausgerechnet in jenem Moment, in dem ich etwas unachtsam um die Ecke latsche, der Torflügel mit Karacho in meine Richtung fliegt:

    Ich habe echt die Schnauze voll von diesem Abend.

    Gerade noch kurz vor Ladenschluss will ich bei REWE meine Pizza bezahlen und merke, dass die rechte Hand etwas schmerzt, aber das ist wohl der Preis für diesen unnötigen, aber selbstlosen Einsatz. Tjaja.

    Und nun wäre ich nicht Malte Hübner, wenn das Schicksal nicht noch eine Überraschung für mich vorgehalten hätte.

    Ich werde nämlich von der Polizei gesucht.

    „Der da“, ruft jemand, als ich wieder nach Hause watschle, und es nähern sich zwei Polizeibeamte mit einer Dame im Schlepptau. Jemand hätte den Notruf gewählt, weil sich eine Person mit blauer Mütze und roter Jacke auf dem Baustellenbereich aufgehalten hätte und das wäre alles sehr verdächtig gewesen.

    Ich tue freundlich kund, dass ich das alles grad echt nicht mehr aushalte und die Nase mehr als voll habe, doch diese beiden Polizisten sind etwas kommunikativer als ihre Kollegen von vor zehn Minuten und hören sich immerhin die Story an, warum ich denn meinen blödsinnigen Superheldeneinsatz für unbedingt notwendig hielte. Hey, immerhin nahmen die mich nicht mit aufs Revier, das ist ja schon mal viel wert.

    Und irgendwie fallen mir noch tausend Dinge ein, die ich zu solchen Sachverhalten tippen möchte, aber der Superheld legt sich jetzt erst einmal ins Bett, denn der Superheld hat sich an der rechten Hand verletzt.

    Keine Ahnung: Sowas passiert mir halt allzu regelmäßig.

    Und ich habe einfach die Schnauze voll. Das nächste Mal laufe ich einfach weiter, sollen sich die Leute halt an der blöden Tür zu Klump fahren.

    Undank ist der Welt Lohn.

    Möglicherweise gibt es passende Unterlegscheiben von der man eine drauf klebt, oder man müßte was aus

    Blech schnitzen. Ich hab hier Messing- und Alu-Blech.

    Wenn du willst tuhe ich davon was abhacken und drauf herum schlagen.

    Wenn ich das richtig sehe, müsste man aber diesen Plastikring mit so einer Scheibe ersetzen, oder? Ansonsten dürfte doch eine Metallscheibe von beliebiger Breite dafür sorgen, dass der Ständer überhaupt nicht mehr funktioniert?:/

    Naja, mit der Enge dieses Weges gab es Mitte Januar immer wieder arge Probleme:

    Besonders toll waren damals sicherlich die Sichtverhältnisse aus den immer noch geöffneten Seiteneingängen, von denen aus einige Wohnungen und Praxen (?) zugänglich sind. Man behalf sich damit, vor Radfahrern zu warnen:

    Vielleicht ist das hier ja die Maßnahme gewesen, mit der Radfahrer dann zum Absteigen ermuntert werden sollten:

    Mitte Februar dann wurde der Zaun schließlich etwas umgesetzt, so dass man auf den engen Schießscharten heraus wenigstens ein bisschen nach links und rechts gucken kann, ohne direkt auf dem Geh- und Radweg zu stehen:

    Damit es dann auch der Dümmste kapiert, wurden schließlich diese Schilder aufgestellt:

    Ich glaube allerdings nicht, dass es hilft: Hier wird man weiterhin als Fußgänger bedrängt und beiseite geklingelt. Das ging eine Weile gar so weit, dass ich von meiner Bude lieber zu Fuß zum S-Bahnhof Elbgaustraße gelaufen bin, weil mir dieser Spießrutenlauf entlang des Eidelstedt-Centers einfach zu dumm war. Nathanael hat da ein dickeres Fell und weicht den renitenten Radfahrern einfach nicht aus:

    Und eigentlich frage ich mich ja tatsächlich, ob abbiegende Kraftfahrer in solchen Situationen noch draufhalten könnten. Die Dame fuhr noch bei grünem Licht auf den Streifen, darauf will ich gar nicht hinaus, aber man könnte ja denken, sie führe auf einem Sonderweg, der für Radfahrer gar nicht freigegeben wäre und dementsprechend der sofortige Vollzug von Erziehungsmaßnahmen statthaft wäre. Man kann ja nie wissen, auf was für Ideen die Leute hier in Hamburg kommen:

    Schneeweißchen hat seit drei Wochen den Tubus-Ständer für Lowrider am Vorderrad. Das Teil ist eigentlich ganz praktisch, weil das abgestellte Rad mit Vorderradtaschen und Lenkertasche nicht mehr zum umkippen neigt. Ästhetisch ist es leider eine Katastrophe…

    … und technisch leider auch. Wie viele andere Ständer, gerade aus dem günstigeren Segment, wird bei diesem Ständer zwecks Arretierung ein Plastikring von einer Feder gegen die gegenüberliegende Metallhalterung gedrückt. Ebenjener Plastikring ist hier gut zu erkennen, er schaut ein bisschen schief aus dem Haus heraus:

    Heute Abend half keine rohe Gewalt mehr, der Ständer ließ sich nur noch bewegen, wenn der Plastikring mit einem Schlitz-Schraubendreher nach unten gezwängt wurde. Das war schon recht nah an dem, was ich als kaputt bezeichne, und leider ist die kurze Lebensdauer dieses Ständers nahezu legendär. Offenbar wurden hier für den einigermaßen stolzen Preis für 49,99 Euro UVP billigste Materialien verwendet, die sich schnell abnutzen und das Teil schlichtweg unbrauchbar machen.

    Das tolle ist aber: Mit ein bisschen Mut lässt sich das Ding wohl nicht reparieren im eigentlichen Sinne des Wortes, aber zumindest wieder in einen funktionstüchtigen Zustand versetzen — und das ist ja schließlich schon mal viel wert. Man braucht dazu nur ein bisschen Werkzeug und drei Minuten Zeit.

    Man muss einfach nur die einzelne obere Schraube lösen, dann fliegt das Ding, getrieben von der innenliegenden Feder, auseinander. Die Einzelteile sind recht übersichtlich, eine leicht rostige Feder, rechts darüber liegt ebenjener Plastikring zweifelhafter Qualität, dann der metallene Ständer und ganz unten dieses andere Plastikding, was als Umhüllung dient. Dort hatte sich dermaßen viel Dreck angesammelt, dass die Feder offenbar geradezu blockiert wurde:

    Ein bisschen putzen und auswischen, ein bisschen Rost von der Feder abrubbeln, dann ist das Ding zwar nicht wie neu, aber deutlich leichtgängiger als noch vor drei Wochen, jetzt genügt die Hebelwirkung zweier Hände, um das Ding ein- und auszuklappen:

    Im Bild ganz gut zu erkennen sind die ganzen Kunststoffspäne, die vom Plastikring abgehobelt werden. Da lässt sich wohl erstmal wenig machen, das Ding ist wohl auf eine bescheidene Lebensdauer ausgelegt. Wenn ich mal so ganz grob schätze, habe ich den Ständer in den letzten drei Wochen vielleicht… fünfzig Mal ausgeklappt? Viel häufiger wird’s nicht gewesen sein. Vielleicht reicht es jetzt für weitere fünfzig Male, dann lasse ich mir noch was neues einfallen.

    Hat da eventuell jemand eine Idee, was sich statt des Plastikringes dort einsetzen ließe? Kann man ein passendes Bauteil irgendwo bekommen? kiwi_kirsch ? Patrick ?

    Nächsten Montag geht’s wohl mit der „Deutschland“ von Puttgarden rüber nach Rødbyhavn. Der Drahtesel soll natürlich mit und insofern stellt sich natürlich die Frage, wie man den denn sicher über den Fehmarnbelt bringt.

    Im November 2016 waren Patrick und ich mit der „Prins Richard“ unterwegs. In Rødbyhavn sind wir ganz locker am Autoschalter vorgefahren, was ein bisschen lustig war, weil sich die Straße dort noch einigermaßen nach Autobahn anfühlte. Wie auch immer, das war wohl der Weg, mit dem man dort als Radfahrer an die Fähre herankommt.

    Im Gegensatz zu einer Überfahrt mit dem Auto kann man zu Fuß oder mit dem Rad offenbar keine Tickets online kaufen, sondern nur im Hafen — sagt jedenfalls die Scandlines-Website. In der Nebensaison sind Fußgänger und Fahrrad für insgesamt 8,50 Euro dabei, in der Hauptsaison vom 9. Mai bis 9. September für das Doppelte.

    Nun denn, dann geht’s los, wir warteten ganz alleine in unserer eigenen Schlange:

    Irgendwann durften wir dann den Lastkraftwagen auf die Fähre folgen:

    Im Gegensatz zu den Fähren, die zwischen Rostock und Gedser fahren, gibt es hier keine brauchbaren Möglichkeiten, um ein Fahrrad zu befestigen — wir haben unsere Drahtesel in unserer Not einfach auf den Boden gelegt:

    Für experimentierfreude Radlinge gibt’s noch diverse Säulen oder Halterungen zum Anlehnen…

    … beziehungsweise die Gurte für Motorräder, die ja theoretisch auch passen sollten, aber für Räder ohne Ständer natürlich nicht brauchbar sind:

    Wenn man mag, kann man ja ein Handtuch unterlegen, um empfindliche Bauteile vor Beschädigungen zu schützen.

    Auf der deutschen Seite der Querung ist noch wichtig zu beachten, dass die Züge der RegionalBahn 85 von Lübeck nach Puttgarden momentan (?) häufig nur bis Burg fahren. Von dort sind es noch sieben Kilometer bis zum Hafen, was man ja in maximal einer halben Stunde schaffen sollte, aber diese halbe Stunde, naja, kann schon den Unterschied zwischen einer Fähre und der nächsten machen. Da die Dinger aber alle 40 Minuten ablegen, hält sich der Schaden ja in Grenzen.

    Der einst relativ stolze und riesige Bahnhof Puttgarden ist mit vier Regionalbahn-Abfahrten am Tag deutlich geschrumpft, die Zugänge zu den drei Bahnsteigen mittlerweile geschlossen…

    … man muss sich mit dem Rad durch diese beiden Drängelgitter zwängen, was mit etwas Gepäck links und rechts schon… eine gewisse Herausforderung sein könnte:

    Ein kleiner Geheimtipp während der Wartezeit auf die nächste Bahn ist sicherlich der Border-Shop, in dem es günstige Süßigkeiten, Alkohol und eine Weinverköstigung gibt:

    Den ICE-TD, der damals noch regelmäßig hier verkehrte, gibt’s leider nicht mehr, mittlerweile wird die Strecke Kopenhagen–Hamburg nur von den üblichen dänischen „Gumminasen“ bedient — leider ohne Fahrradmitnahme: