- Ort
- Schwerpunktmäßig das Bundesland Niedersachsen, aber auch weit über die Landesgrenzen hinaus.
Zugeparkte Gehwege und Bürgersteigabsenkungen. Das ist wirkliche Altersdiskriminierung und Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen:
Die HAZ berichtet heute (3.5.2023) in Ihrer Print-Ausgabe unter dem Titel, "Niedersachsen lehnt Führerschein-TÜV ab", über Pläne der EU für einen Gesundheits-Check-up für Autofahrer:
"Die EU-Kommission will die Fahrtauglichkeit von Senioren ab 70 Jahren regelmäßig überprüfen lassen. Dafür erntet sie aus mehreren Ministerien Widerspruch. Sozialminister Andreas Philippi sieht in dem Vorschlag einen Fall von Altersdiskriminierung." Der SPD-Politiker Andreas Phillipi ist niedersächsischer Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung. Philippi ist selbst Mediziner.
Auch ein anderes SPD-Regierungsmitglied spricht von Altersdiskriminierung:
"Wiebke Osigus (SPD), in der Landesregierung für die regionale Entwicklung und für Europaangelegenheiten zuständig, sieht die gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen in Gefahr."
Das ist dermaßen an den Haaren herbeigezogen, dass es bereits an den billigen Anti EU Populismus im Stile der AfD erinnert.
Schließlich wird in dem HAZ-Artikel nicht nur darauf hingewiesen, dass der Gesundheits-Check-up für über 70-jährige Führerscheinbesitzer alle fünf Jahre stattfinden soll. Auch für jüngere Führerscheinbesitzer*innen soll regelmäßig, wenn auch in größeren Intervallen ein Gesundheits-check-up Pflicht werden:
"Generell sollen alle nach dem 19. Januar 2013 ausgestellten Führerscheine nur noch maximal 15 Jahre gelten, die der Senioren nur noch fünf Jahre."
Und das ist gut so! Ich begrüße ausdrücklich diese Regelung. Aus vielen Gesprächen mit Bekannten und eigener Erfahrung weiß ich, wie schwer es ist, ältere Menschen in der Verwandtschaft, die nicht mehr wirklich in der Lage sind, mit dem Auto zu fahren, vom Autofahren zu entwöhnen. Auch von diesen vielen Menschen, die für ältere Verwandte Verantwortung tragen, gibt es viel Zustimmung für eine gesetzliche Verpflichtung zum Gesundheits-Check-up für Führerscheinbesitzer*innen, zumal die Krankenkassen ohnehin alle drei Jahre einen allgemeinen Gesundheits-Check-up für Menschen über 35 Jahre dringend empfehlen!
Vielleicht denkt der Mediziner und Sozialminister Philippi daran, dass es für Hausärzte nicht einfach werden dürfte, wenn sie dazu verpflichtet werden, ihren Patienten ggf. den Spaß am Autofahren zu zerstören? Es muss deshalb dringend ein Prozedere gefunden werden, bei dem die Hausärzte nicht zu "Spielverderbern" werden. Aber deshalb die dringend notwendige, von der EU angestoßene Gesetzesnovelle schleifen zu lassen, kann keine Lösung sein.
Wirkliche Altersdiskriminierung findet ohnehin nicht statt, wenn der Führerscheinbesitz an das von der EU geplante Gesundheits-Check-up gebunden wird. Zumal ja auch für jüngere Leute dieser Gesundheits-Check-up gilt. Altersdiskriminierung findet da statt, wo eine sichere Fahrrad-Infrastruktur fehlt und Fußgängern die Wege zugeparkt werden und sie um ihr Leben fürchten müssen, weil nicht ausreichend und nicht effektiv genug Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt werden. Bzw. keine ausreichend niedrigen Tempolimits angeordnet werden.
Freilich besteht die Gefahr, dass solche EU-Vorhaben von Parteien wie der AfD populistisch ausgeschlachtet werden. Aber diese Gefahr besteht vor allem deshalb, weil Parteien wie die CDU, die FDP, aber auch die SPD in Niedersachsen immer noch hemmungslos das Verkehrsmittel Auto als "Allheilmittel" vergöttern und Niedersachsen als "Autoland" bezeichnen:
"„Niedersachsen soll auch in Zukunft ein Autoland sein." (...) Diese klare Zielformulierung gab Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil heute in Hannover den Teilnehmerinnen und Teilnehmern in der digitalen Konferenz zum ‚Strategiedialog Automobilwirtschaft in Niedersachsen‘ mit auf den Weg." Ministerium für Wirtschaft Niedersachsen vom 24.11.21
Niedersachsen darf nicht länger "Autoland" sein, sondern muss endlich "Verkehrswendeland" werden.