"Tricks" der Planer und Wissenschaftler

  • Im Unterschied zum einfachen Fahrrad ohne Anhänger soll die Nichtbenutzung der benutzungspflichtig beschilderten Radwege (und also auch Schutzstreifen) durch Fahrrad-mit-Anhänger-Fahrer nicht beanstandet werden - siehe VwV-StVO! De facto greift also mit Anhänger keine Benutzungspflicht.

    Stimmt da war was, hatte ich verdrängt, weil's mich wohl nicht betrifft. Jedenfalls bezweifle ich, dass ich mit einem 45 cm breiten Singletrailer hinten dran bei Nichtbeachtung der RWBP ärgerfrei aus einer derartigen Ermessensentscheidung ("Einzelfall") vor Ort herausginge.

    Falls es noch jemand nachschlagen wollte:

    Zitat

    Die vorgegebenen Maße für die lichte Breite beziehen sich auf ein einspuriges Fahrrad. Andere Fahrräder (vgl. Definition des Übereinkommens über den Straßenverkehr vom 8. November 1968, BGBl. 1977 II S. 809) wie mehrspurige Lastenfahrräder und Fahrräder mit Anhänger werden davon nicht erfaßt. Die Führer anderer Fahrräder sollen in der Regel dann, wenn die Benutzung des Radweges nach den Umständen des Einzelfalles unzumutbar ist, nicht beanstandet werden, wenn sie den Radweg nicht benutzen;

  • Teil 3:

    In der in Posting 2 verlinkten Studie finden wir im Anhang auf Seite 79 einer Erläuterung darüber, wie die folgenden Grafiken aufgebaut sind. Zur Darstellung werden sogenannten Boxplot-Diagramme verwendet. Diese bestehen aus einem Rechteck, in dem 80% der Überholwerte liegen sowie den sogenannten "Whiskern", dass sind die Linien, die das Rechteck nach links und rechts verlängern und durch einen senkrechten Strich abgeschlossen werden. Der senkrechte Strich links und recht kennzeichnet jeweils die gemessenen Minimal und Maximalwerte. In den Bereichen der Whisker finden sich also die restlichen 20% der gemessenen Überholabstände. Die Erläuterungsgrafik auf Seite 79 suggeriert, dass sich die Minimalabstände und die Maximalabstände außerhalb des Rechtecks gleichmäßig verteilen, so dass beide Whisker 10% der Überholabstände repräsentieren. Dem muß nicht so sein! Angenommen wir messen 100 Überholabstände, bei denen 80 Autofahrer mit einem Abstand von 1 Meter überholen, 19 mit einem Abstand von 10 Zentimetern und einer mit einem Abstand von 3 Metern, würden wir nach dieser Methode ein Diagramm erhalten, bei dem wir nicht ablesen können, ob sich die Extremwerte in der Gesamtbetrachtung verbessert oder verschlechtert haben.

    Angenommen wir machen eine Vorher-Nachher Betrachtung, einmal ohne Schutzstreifen, einmal mit Schutzstreifen, und die Messung ergibt, dass vorher 19 Autofahrer 3 Meter Abstand hielten und einer nur 10 Zentimeter, und dass nach der Anlage von Schutzstreifen 19 Autofahrer 10 Zentimeter Abstand hielten und nur noch einer 3 Meter, so können wir mit dieser Methode zwei vollständig identische Diagramme erhalten, aus denen die Verschlechterung der Minimalwerte nicht mehr ablesbar ist (sofern weiterhin in beiden Beispielen 80 Autofahrer einen Meter Abstand halten)


    Auffallend ist auch, dass die Autoren der Studie keine direkten Vorher-Nachher Vergleiche bei Überholungen mit Gegenverkehr präsentieren (Seite 85). Die Hohenheimer und die Zoeritzstraße werden als Schutzstreifen-Cluster präsentiert und die Wollhausstraße und die Kehler-Straße als Ohne-Schutzstreifen-Cluster. Ein völlig unverständliches und unwissenschaftliches Vorgehen.

  • Hier noch eine Präsentation, die vor der Veröffentlichung der Studie entstand und in der noch einige Zusatzinformationen versteckt sind:


    Auf Seite 13 sehen wir, dass die Sicherheitsabstände beim Überholen von Radfahrern und gleichzeitigem Gegenverkehr alle im kritischen und gefährlichen Bereich liegen. Der Autor definiert dies aber nicht als Sicherheitsproblem, da solche Überholvorgänge nur sehr selten seien. Gleichzeitig versteckt er aber auf Seite 17 eine Warnung, dass die Begegnungshäufigkeit für jeden Einzelfall abgeschätzt werden müsse!

    Wenn ich da an manche Schutzstreifen in Ortsdurchfahrten mit hohem Durchgangsverkehr denke ist die Überholung von Radfahrern bei gleichzeitigem Gegenverkehr eher die Regel als die seltene Ausnahme...