... im letzten Jahr wurden mindestens 38 Menschen in der Bundesrepublik von rechts abbiegenden Lastkraftwagen getötet. Wenn Journalisten, Behörden und die Polizei über diese Vorfälle berichten, ist von »Unfällen« die Rede. Alles im Straßenverkehr sind anscheinend »Unfälle«: Wenn zwei Autofahrer in Berlin mit einer Geschwindigkeit von 170 Kilometer pro Stunde mitten in der Stadt ein Wettrennen bestreiten, vorbei an mehreren roten Ampeln, um am Ende einen vollkommen unschuldigen 69-Jährigen zu rammen, ist der Tod des Mannes ein »Unfall«. Es ist anscheinend auch ein »Unfall«, wenn ein betrunkener Autofahrer, der bereits seinen Führerschein abgeben musste, sich trotzdem ans Steuer setzt - und mit einem anderen Fahrzeug kollidiert. Selbst wenn ein Geisterfahrer in den entgegenkommenden Verkehr kracht, wird dies als »Unfall« bezeichnet.
Diese absurde Verwendung des Wortes »Unfall« verschleiert die Todesursache: dass jedes Todesopfer im Verkehr daran stirbt, dass jemand zu schnell oder unter Alkoholeinfluss gefahren ist, während der Fahrt Mitteilungen verschickt oder auf andere Weise die Tragödie verursacht hat. Alles verschwindet im toten Winkel der Sprache, wenn das Wort »Unfall« zur Routine wird. Diese Apathie verwundert: Flugzeuge stürzen ab, Schiffe havarieren. Nur auf unseren Straßen ist alles offenbar Gotteswille, sind alle Gesetze der Physik aufgehoben. Die Bezeichnung »Verkehrsunfall« signalisiert, dass nichts und niemand wirklich Schuld an einem Zusammenstoß hatte.
Es geht aber auch anders: ...