Zufälligerweise war ich in den letzten Wochen recht viel mit dem Carsharing-Auto unterwegs. Ein Up, also durchaus großzügige Verglasung und recht gute Rundumsicht.
Drei unterschiedliche Rechtsabbbiege-Designs:
a) Radpiste verläuft direkt rechts neben der Autospur, egal ob Streifen auf Fahrbahnniveau oder Hochbord:
ich habe die Radfahrer "kilometerweit" im rechten Außenspiegel und komme gar nicht auf die Idee, schon mal ein wenig nach rechts einzulenken, bevor ich geschaut habe. Sicherheit: Prima.
b) Radpiste verläuft mehr als 5 Meter rechts verschwenkt über die Kreuzung: Ich kann so weit abbiegen, dass ich rechtwinklig zum Radweg stehe, und sehe die aus meiner ursprünglichen Richtung kommenden Radfahrer durch das Beifahrerfenster. Klingt gut, aber setzt eben voraus, dass ich anhalte. Das machen nicht alle. Und die Radfahrer müssen Zickzack fahren und sind im Prinzip schon nach rechts abgebogen, ehe sie einen 90-Grad-Haken nach links schlagen (ohne Arm raus, denn sie fahren ja geradeaus!). Sonderfall: Radweg verläuft so weit weg von der Fahrbahn (Berlin, Karl-Marx-Allee?), dass die Radwegführung geradlinig ist mit mehr als 5 m Abstand. Nächstes Problem: Ich mit meinem Pkw stehe da schon rechtwinklig. Aber kein Sprinter, kein LKW. Die stehen da alle schräg.
c) Radweg verläuft in 2-3 Metern Abstand von der imaginären rechten Begrenzung des Autofahrstreifens, egal ob mit Verschwendung (weil vorher an der Bordsteinkante) oder ohne: man biegt ein Stück weit ein - und sieht nix, weil die Radfahrer irgendwo hinter der C-Säule daherkommen. Das ist die Pest, und ich fühle mich als Autofahrer da immer sehr unwohl. Aber genau das ist das "holländische Modell".
Ich frage mich zwei Dinge:
1. Warum merken Herr Brockmann und die Studienautoren das jetzt erst? Das sind doch Offenbarungseide, die die da abliefern.
2. Warum sind diese Darmstädter so verbissen dafür? Ist das ein Phänomen auf der Ebene wie Klimawandelleugnen, Covidiotie oder Münsterlandradeln, oder würde da jemand am Kreuzungsumbau verdienen?
Dass das "holländische Design" in NL einigermaßen funktioniert, dürfte meines Erachtens an der eingeübten Fahrweise der dortigen Autofahrer und Radfahrer liegen. Man schaue mal x-beliebige Videos mit Kreuzungen ohne Ampel oder Rundumgrün für Radfahrer, oder auch Kreisverkehre. Ich habe beim Betrachten solcher Videos aufgrund meiner Deutschland-Erfahrung alle ein bis drei Sekunden die Erwartung "Jetzt kracht's gleich, das kann nicht gutgehen" - aber es geht gut, weil die NL-Autofahrer zurückstecken, wo die D-Autofahrer durchziehen würden, und weil auch die Radler gewohnt sind, sich zu bewegen wie Fische im Wasser und nicht wie Egoisten beim Zielsprint in Katowice.